„Ich fühlte mich regelrecht geistig erfrischt und beschwingt“ – ein Fernsehtipp
„So macht Journalismus Spaß“. Das musste unser Autor Udo Brandes unwillkürlich denken, als er mehr zufällig als absichtlich Sonntagabend beim Zappen auf das Interview von Richard David Precht mit Pankaj Mishra stießt. Er empfiehlt: Schauen Sie sich das Interview in der Mediathek des ZDF an. Es lohnt sich.
Ich bin eigentlich kein Fan von Richard David Precht, hatte ihn wegen diverser seltsamer Äußerungen für einen Opportunisten gehalten. Aber der Mann überrascht in letzter Zeit immer wieder mit seinen vom Mainstream abweichenden Beiträgen zu öffentlichen Debatten. Und mit diesem Interview ist es genauso. Er bringt damit Überlegungen in die öffentliche Debatte, die in den großen deutschen Medien praktisch ein Tabu sind.
Pankaj Mishra ist ein indisch-britischer Intellektueller und denkt deshalb – für deutsche und europäische Verhältnisse – sehr unorthodox über die Weltlage. Es ist ein großes Vergnügen, ihm zuzuhören. Er ist u.a. der Meinung, Deutschland sollte sich aus der Abhängigkeit von den USA lösen und dem globalen Süden auf Augenhöhe begegnen. Wenn man dieses Interview sieht, dann merkt man, wie sehr Politik und Journalismus Spaß machen könnten, wenn in beiden „Branchen“ frei gedacht und debattiert würde. Und was für eine Bereicherung und Belebung das für die Demokratie wäre! Ich fühlte mich nach dem Interview regelrecht geistig erfrischt und beschwingt – und empfehle deshalb: Schauen Sie sich das Interview in der Mediathek an. Es lohnt sich!
Im Folgenden ein Auszug aus der Beschreibung des ZDF zur Sendung. Die Sendung selbst können sie über diesen Link finden und schauen.
Auszug aus der Beschreibung des ZDF
„Sei es die Klimakrise, Corona oder die Maßnahmen gegen den Ukraine-Krieg – der globale Süden verweigert Europa und den USA immer häufiger die Zustimmung. Während wir uns hier im vorwiegend demokratischen Westen immer noch für den Nabel der Welt halten, entfalten vor allem die Staaten Asiens ein neues Selbstbewusstsein. Westliche Werte wie Demokratie, Freiheit oder Nachhaltigkeit gehören dabei nicht zwangsläufig zu den Prioritäten. Nach Jahrhunderten europäischer Wertedominanz möchte man heute vor allem wirtschaftlich vorankommen und sich auf die eigene Geschichte und Kultur besinnen.
Deutschland als möglicher Vermittler
Diese Veränderungen, so Mishra, seien aber im Bewusstsein des Westens noch nicht angekommen. In Europa halte man immer noch schlafwandlerisch an der Gefolgschaft zu den USA fest, anstatt dem globalen Süden auf Augenhöhe zu begegnen. Laut Mishra sollte sich Deutschland dem dramatischen Niedergang westlicher Dominanz entgegenstellen und sich als Mittler positionieren. Durch die vorbildhafte Aufarbeitung des 3. Reiches und dem bürgerorientierten Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft sei Deutschland bestens geeignet, um als vertrauenswürdiger Vermittler aufzutreten.
Deutschland könnte aus seiner eigenen Erfahrung eine Tugend machen und sich selbst als unabhängige, souveräne Nation mit einer besonderen Geschichte sehen und darstellen. Deutschland könnte seine so besondere historische und wirtschaftliche Entwicklung eben nicht als etwas durch den Nationalsozialismus Geprägtes darstellen, sondern als Folge des so erfolgreichen Sozialstaats, durch einen Staat, der auf die Belange seiner Bürger eingeht und sie ernst nimmt.
Doch ist ein Alleingang Deutschlands wirklich ratsam? Das alte Europa wird nach Mishra lernen müssen, umzudenken. Mögen wir hierzulande noch so überzeugt sein von unseren moralischen Werten, die wir dank unseres Wohlstandes entwickeln konnten, so unterschätzen wir jedoch das wachsende Bedürfnis der restlichen Welt, sich nicht länger vom Westen bevormunden zu lassen.“