Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Banken-Boom – Tanz auf dem Vulkan; Umverteilung in Deutschland: Das gefährliche Dogma; Deutschland ist bei der Euro-Rettung isoliert; Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-IV-Reform; Ohne Überstunden reicht es nicht; Mehr Psycho vom Netto; Drohen, tricksen, verzögern – wie RWE die Energiewende bei den Kommunen bekämpft; Verjährtes Misstrauen; Elektronische Gesundheitskarte – Mega-Flop im Massentest; Abhaken und durchwinken – wie das Finanzamt bei den Reichen wegschaut; CDU rückt offenbar von schnellem Atomausstieg ab; Italiens Gewerkschaftsbund CGIL protestierte mit Generalstreik gegen Wirtschaftspolitik der Regierung; Wolfgang Nešković: Würde des Wilhelminismus; Vernichtendes Urteil; Reinfall für Rechtsextreme; Die Grünen machen alles mit; „Henri-Nannen-Preis (KR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Banken-Boom – Tanz auf dem Vulkan
  2. Umverteilung in Deutschland: Das gefährliche Dogma
  3. Deutschland ist bei der Euro-Rettung isoliert
  4. Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-IV-Reform
  5. Ohne Überstunden reicht es nicht
  6. Mehr Psycho vom Netto
  7. Drohen, tricksen, verzögern – wie RWE die Energiewende bei den Kommunen bekämpft
  8. Verjährtes Misstrauen
  9. Elektronische Gesundheitskarte – Mega-Flop im Massentest
  10. Abhaken und durchwinken – wie das Finanzamt bei den Reichen wegschaut
  11. CDU rückt offenbar von schnellem Atomausstieg ab
  12. Italiens Gewerkschaftsbund CGIL protestierte mit Generalstreik gegen Wirtschaftspolitik der Regierung
  13. Wolfgang Nešković: Würde des Wilhelminismus
  14. Vernichtendes Urteil
  15. Reinfall für Rechtsextreme
  16. Die Grünen machen alles mit
  17. „Ich sehe keinen Grund, den Preis zurückzugeben“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Banken-Boom – Tanz auf dem Vulkan
    Hat die Finanzwirtschaft zur Normalität zurückgefunden? Mitnichten. Das System ist genauso anfällig wie vor der großen Krise. Es wird wieder munter gezockt und die Chance für eine Reform verspielt. Ohne eine rigide Umkehr vom bisherigen Kurs droht schon bald ein neues Finanzdesaster. […]
    Weniger Spaß macht es, dem Treiben des Geldgewerbes zuzuschauen. Gerade einmal zweieinhalb Jahre sind es her, seit mit der Pleite von Lehman Brothers das globale Finanzsystem vor dem Kollaps stand. Doch gelernt hat die Branche offenbar nichts aus dem schlimmsten Crash seit 1929.
    Der Habitus der Masters of the Universe wird wieder geprägt vom branchentypischen Überlegenheitsgefühl. Man hat, so wird dem Publikum selbstgewiss vermittelt, alles im Griff. Die Party geht weiter, als wenn nichts gewesen wäre. “Wir tanzen auf einem Vulkan”, sagt selbstkritisch ein Schweizer Banker.
    Quelle: SPIEGEL Online
  2. Umverteilung in Deutschland: Das gefährliche Dogma
    Politiker und Ökonomen erzählen ständig, wie schädlich Umverteilung von Vermögen doch sei. Diese These ist erstens unsinnig und zweitens extrem gefährlich. Deutschland sollte den Irrweg Amerikas vermeiden – und dringend gegen eine Spaltung der Gesellschaft ankämpfen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung KR: Für NachDenkSeiten-Leser nichts Neues, als Artikel in der SZ aber durchaus beachtlich.

  3. Deutschland ist bei der Euro-Rettung isoliert
    Griechenlands Haushaltsloch ist größer als erwartet. Berlin dringt auf einen Schuldenschnitt für den Pleite-Staat. Die EZB und EU-Partner sind dagegen.
    Deutschland plädiert für einen Schuldenschnitt Griechenlands für den Fall, dass die Hellenen ein weiteres Hilfspaket der EU bekommen. Geht es nach Berlin, sollte sich die Regierung in Athen jetzt mit seinen privaten Gläubigern zusammensetzen und längere Laufzeiten für seine Bonds verhandeln, erfuhr “Welt Online“ nach den Geheimverhandlungen am Freitagabend. […]
    Die anderen, das sind die Europäische Zentralbank (EZB), die EU-Kommission und auch andere Regierungschefs innerhalb der EU. Seit Wochen warnt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vor einer Umschuldung, in welcher Form auch immer, weil sie die Stabilität des europäischen Finanzsystems gefährden könnte – und vermutlich auch, weil sie die Notenbank selbst Milliarden an Abschreibungen kosten würde. Die Griechen selbst sind zwar für einen Zahlungsaufschub. Allerdings denken sie dabei weniger an die Anleihen, die ihre privaten Gläubiger – zumeist griechische Banken – halten, sondern an längere Zahlungsfristen für die Hilfskredite von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF).
    Quelle: WELT
  4. Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-IV-Reform
    Die Verkürzung individueller Arbeitslosigkeitsphasen war ein zentrales Ziel der Hartz-IV-Reform. In dem Beitrag wird die Dauer der individuellen Arbeitslosigkeitsphasen vor und nach der Hartz-IV-Reform vergleichend untersucht. Datengrundlage ist das SOEP. In einem ersten Schritt geht es um die Frage nach der Existenz einer “Arbeitslosigkeitsfalle” im Schnittbereich von Sozialtransfers und Arbeitsmarkt für die Zeit von 2002 bis 2004 und von 2005 bis 2007. Diese Analyse zeigt, dass das Problem überlanger Arbeitslosigkeitsphasen, auf das die Hartz-IV-Reform zielte, vor 2005 kaum bestand. In einem zweiten Analyseschritt kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sich die Arbeitslosigkeitsphasen nach der Hartz-IV-Reform kaum verändert haben.
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  5. Ohne Überstunden reicht es nicht
    Leiharbeit und Lohndumping bei Versandzentrum Hermes an der Tagesordnung
    Das weltweit größte Versandhandelsunternehmen OTTO hat in den 90ern dringend benötigte Arbeitsplätze in die sachsen-anhaltische 19000-Einwohner-Stadt Haldensleben gebracht. Mittlerweile sind es rund 3000 Stellen. Allerdings gliederte der Konzern das Haldenslebener Versandzentrum zwischenzeitlich in seine Logistik-Tochter »Hermes Fulfilment« aus und senkte damit die Löhne drastisch. Zudem läßt Hermes heute einen großen Teil der Arbeit von Zeitarbeitern erledigen. Neues Personal, vorrangig für die Kommissionierung im Schichtbetrieb, aber auch für die Führungsaufgaben, wird fast ausschließlich über das Zeitarbeitsunternehmen »Randstad« rekrutiert. Die Löhne der Leiharbeiter sind so niedrig, daß viele sie vom Jobcenter aufstocken lassen müssen. Zusätzlich kursiert das Gerücht, daß Hermes 120 bis 150 polnische Leiharbeiter in die Hallen holen will, weil die Zeitarbeitsfirma zu wenig Arbeitskräfte zu Verfügung hat.
    Quelle: Junge Welt
  6. Mehr Psycho vom Netto
    Vor zwei Jahren hat Netto die Filialen des Discounters Plus übernommen, zusammen mit den Angestellten, in deren Arbeitsverträgen ein höheres Gehalt festgeschrieben war. “Wir kündigen euch nicht”, hat laut O. ein Vorgesetzter zu ihr gesagt. “Wir kriegen euch auf andere Weise raus.” Mobbing sei für diese MitarbeiterInnen tägliche Erfahrung. …
    Solche Verstöße sind allerdings schwer zu beweisen. “Die Position der Arbeitnehmer ist so schlecht, dass sie gar nicht bis zu den Arbeitsgerichten durchkommen”, sagt ein Arbeitsrichter. Vor Gericht gebe es höchstens Aussicht auf einen “billigen Vergleich”, meist würden die Verfahren jedoch eingestellt. Anwalt Hjort würde dennoch prüfen, ob er helfen kann. Er sagt aber: “400-Euro-Kräfte gehen typischerweise gar nicht zum Anwalt, weil sie nicht den Impetus haben oder die Hürden zu hoch sind.” Ein grundsätzliches Problem sei auch, dass sich der Staat “aus der Kontrolle der Arbeitsbeziehungen verabschiedet” habe, sagt Hjort. Kein Arbeitgeber müsse mehr mit ernsthaften Kontrollen rechnen.
    Quelle: taz
  7. Drohen, tricksen, verzögern – wie RWE die Energiewende bei den Kommunen bekämpft
    Lange hatten die großen Energiekonzerne quasi ein Monopol auf den Betrieb der Stromnetze. Doch vielerorts laufen die Verträge dafür in den nächsten Jahren aus – und nun wollen etliche Kommunen die Netze selbst betreiben. Zum Beispiel, um eine klimafreundliche Energiewende einzuleiten, oder einfach, um die Milliardengewinne aus dem Betrieb der Stromnetze in die kommunalen Haushalte zu lenken. MONITOR zeigt, wie der Energiekonzern RWE versucht, das zu verhindern und seine Marktmacht zu sichern: Mit Lobbyarbeit, mit Drohungen und mit Gerichtsprozessen.
    Quelle: Monitor

    dazu: Stadtwerke nutzen Atomausstieg
    Stephan Weil, Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen, kündigt Milliarden-Investitionen in die Stromproduktion an. Die Stadtwerke greifen die Vormachtstellung der Stromriesen an.
    Die Stadtwerke wollen im Falle eines schnellen Atomausstiegs in den kommenden Jahren zusätzlich Milliarden investieren und damit die Vormachtstellung der vier Stromriesen angreifen. Der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Stephan Weil, sagte der Frankfurter Rundschau: „Wird die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke zurückgenommen, dann investieren die Stadtwerke bis 2020 zusätzlich sechs Milliarden Euro.“
    Der Marktanteil der Stadtwerke an der Stromerzeugung werde sich so von zuletzt 9,2 Prozent verdoppeln.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

  8. Verjährtes Misstrauen
    Vor 30 Jahren ist ein Teil des Volks gegen seine Zählung auf die Straße gegangen. Heute veröffentlichen viele Menschen sorglos private Daten im Internet. Der Zensus erregt nicht mehr. Das Geld für diese Straßenaktion hätte sich der Staat, also wir alle, glatt sparen können. […]
    Es ist Volkszählung, Stichtag 9. Mai 2011, und wenn sich überhaupt jemand aufregt, dann höchstens einige Kommunalpolitiker über ihren Kostenanteil. Die Interviewer, die an den Wohnungstüren läuten, werden nicht als Heimsuchung betrachtet, sondern schlimmstenfalls als lästige Gäste am Feierabend. Die wird dann schnell wieder los, wer den Fragebogen in eigener Regie ausfüllt und Versand gelobt.
    War da was? Ach ja, dieses uralte Misstrauen gegen eine wissbegierige Obrigkeit, lange verjährt und fast vergessen. Volkszählung – das Stichwort rangierte vor dreißig Jahren ungefähr auf einer Stufe mit Atomkraft, Startbahn-West und Pershing-Raketen. Ein bunter Reigen von Anarchos über aufstrebende Grüne bis zu Anwältinnen mit FDP-Parteibuch vollbrachten ein Werk, aus dem heutige Wutbürger lernen können.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Jens Berger: Es fällt in der Tat schwer, sich in einer Zeit, in der viele Bürger ihre privaten Daten freiwillig Konzernen wie Facebook, Amazon, Google oder den unzähligen Bonus-Karten-Anbietern geben, über den Zensus zu echauffieren. Das eigentliche Problem ist weniger das statistische Interesse des Staates, sondern vielmehr die zahlreichen datenschutzrechtlichen Probleme des Zensus.

    dazu: Eine Scheinwelt aus Daten
    Früher galt der “gläserne Bürger” als die Hauptgefahr des amtlichen Datensammelns. Heute ist die größte Gefahr der Irrglaube, dass es diesen Gläsernen längst gibt. Digitale Resignation hat sich breitgemacht.
    Quelle: Tagesspiegel

  9. Elektronische Gesundheitskarte – Mega-Flop im Massentest
    Horrende Kosten, kein Zusatznutzen: Seit Jahren finanzieren die gesetzlich Versicherten ein Mammutprojekt namens elektronische Gesundheitskarte. Einst sollte diese das Gesundheitswesen revolutionieren, nun entpuppt sie sich als absoluter Flop. Eingeführt wird das Placebo-Kärtchen trotzdem.
    Die Regierung hatte sich alles so schön ausgedacht. Eine kleine Karte, die ins Portemonnaie der Patienten passt, sollte die unzähligen großen Probleme des Gesundheitswesens lösen. Weniger Missbrauch, keine Doppeluntersuchungen mehr, im Notfall der Zugriff auf die relevanten Daten des Versicherten. Und vor allem: Einsparungen durch mehr Transparenz.
    So weit die Theorie. Die Praxis ist ernüchternd: Keines der Ziele wurde bislang erreicht. Nach sechs Jahren Entwicklung steht das Projekt “elektronische Gesundheitskarte” noch immer am Anfang. Das Lichtbild des Versicherten ist die einzige Neuerung gegenüber den aktuellen Versichertenkarten. Dabei hat das Mammutprojekt bislang 500 Millionen Euro gekostet.
    Quelle: SPIEGEL Online
  10. Abhaken und durchwinken – wie das Finanzamt bei den Reichen wegschaut
    Die Verfassung fordert unmissverständlich: Der Staat muss bei seinen Bürgern die Steuern gleichmäßig und damit gerecht eintreiben. Doch die Praxis sieht dramatisch anders aus. Während normale Arbeitnehmer mit ihren Einkünften für das Finanzamt völlig transparent sind und kaum Spielraum zum Steuersparen haben, werden Einkommensmillionäre, Freiberufler und Unternehmen von den Steuerbehörden zum Teil jahrzehntelang überhaupt nicht überprüft. Der Grund: es fehlen Prüfer und Steuerfahnder. Dem Staat gehen dadurch jährlich zweistellige Milliarden-Beträge verloren. Der Bundesrechnungshof kritisiert das – doch jüngste Recherchen belegen, dass viele Bundesländer ihr Steuerpersonal zuletzt sogar noch weiter abgebaut haben. Die Folge: So genannte Durchwinkwochen beim Finanzamt. Gute Zeiten für wohlhabende Steuerhinterzieher.
    Quelle: Monitor
  11. CDU rückt offenbar von schnellem Atomausstieg ab
    Die Kernenergie sei ein Element vorausschauender Energieversorgung, so ein Papier aus dem Bundesvorstand.
    Das Datum für einen möglichen Atomausstieg gehört derzeit wohl zu den heikelsten Themen innerhalb des Regierungslagers. Während einige, wie CSU-Parteichef Horst Seehofer, auf einen Ausstieg bis spätestens 2022 drängen, geht der Gesinnungswandel insbesondere den Vertretern der Wirtschaftsflügel der Regierungsparteien zu schnell. Berichte des Handelsblattes, wonach sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits auf ein konkretes Datum für den Ausstieg dränge, musste ein Regierungssprecher wieder einschränken. Noch steht nichts fest, auch ein Modell mit Restlaufzeiten ist durchaus möglich. In eine Beschlussvorlage des CDU-Parteivorstandes, die Greenpeace zugespielt wurde und Telepolis vorliegt, ist jedenfalls von einem schnellen Atomausstieg oder gar konkreten Terminen nichts mehr zu lesen.
    Quelle: Telepolis
  12. Italiens Gewerkschaftsbund CGIL protestierte mit Generalstreik gegen Wirtschaftspolitik der Regierung
    In Italien wächst der Widerstand gegen Regierungschef Silvio Berlusconi. Hunderttausende Menschen legten am Freitag in zahlreichen Städten des Landes die Arbeit nieder und versammelten sich zu mehr als 100 Kundgebungen, um eine Steuerreform und Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu fordern.
    Quelle: Junge Welt
  13. Wolfgang Nešković: Würde des Wilhelminismus
    Wer als Abgeordneter die Ordnung im Deutschen Bundestag stört, wird in Zukunft sanktioniert. Gute Manieren scheinen dort wichtiger zu sein als kontroverse Debatten.
    Tausend Euro soll sie künftig kosten, die nicht unerhebliche Störung der Ordnung im Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Im Wiederholungsfall das Doppelte. So sieht es eine Änderung der Geschäftsordnung vor, die Union, SPD und FDP unterstützen. Presse und Funk sind begeistert: Die Initiative sei geeignet, „pöbelnde“ linke Abgeordnete in den Griff zu bekommen und die „Würde“ des Bundes­tages zu bewahren, heißt es. Würde? Der Deutsche Bundestag wird nicht gewählt, um eherne Würde ausstrahlen. Ihm kommt die Würde zu, die Inte­ressen des Volkes zu vertreten. Diese Würde lässt sich nicht in erster Linie mit der Kleiderordnung erfassen.
    Quelle: Der Freitag
  14. Vernichtendes Urteil
    Evident. Grob. Verletzt. Bei jedem Wort ist es, als beförderten die Professoren von der Uni Bayreuth das Elaborat zu Guttenbergs, das ihnen zur Prüfung vorlag, angewidert in den Papierkorb.
    Bis vor zwei Monaten war die Universität mächtig stolz auf Karl-Theodor zu Guttenberg. Jetzt geht sie auf größtmöglichen Abstand. Mit Recht fürchtet sie nach Guttenbergs akademischer Kernschmelze die Kontamination. In der Absetzbewegung bleibt sogar der Doktorvater auf der Strecke. Kaum verhohlen mokieren sich seine Kollegen über das „Summa cum laude“ für Guttenbergs zusammengeklaubtes Machwerk.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Jens Berger: Wen wundert diese Kehrtwende? Die Universität Bayreuth hat bei der Kontrolle von Guttenbergs Dissertation ganz offensichtlich versagt. Nun tritt sie die Flucht nach vorne an, um ihren Namen zu retten. Nicht nur in Bayreuth hätte man sich sicherlich ein clevereres Krisenmanagement des ehemaligen Shooting-Stars gewünscht. Guttenberg hat va banque gespielt und verloren und dabei einen gigantischen Scherbenhaufen hinterlassen.

  15. Reinfall für Rechtsextreme
    Nur wenige »pro NRW«-Anhänger bei braunem »Freiheitsmarsch«. Tausende protestierten gegen den Aufzug in Köln
    Erneut ist die rechtsextreme Partei »pro NRW« mit dem Versuch gescheitert, einen »Großaufmarsch« gegen die angebliche Islamisierung Deutschlands durchzuführen. Statt der angemeldeten 2500 Rechten kamen am Samstag nur etwa 300 Rassisten zu einem »Marsch der Freiheit« in Köln. Den ganzen Tag über kam es in der Domstadt zu Aktionen von Nazigegnern. Bereits am Samstag morgen blockierten Antifaschisten die Bahngleise am Bahnhof Leverkusen-Opladen und verzögerten damit die Abreise einer dort wartenden Gruppe von »pro NRW«-Anhängern um mehr als zwei Stunden.
    Quelle: Junge Welt
  16. Die Grünen machen alles mit
    Trotz des Streits über die Hochmoselbrücke stimmen die Grünen auf dem Parteitag für das Vertragswerk. Von Jürgen Trittin gab es Lob für “Grünland-Pfalz”.
    Rot-Grün in Rheinland-Pfalz ist perfekt. Die SPD und die Grünen billigten am Wochenende auf ihren Parteitagen den Koalitionsvertrag. Doch während bei den Sozialdemokraten am Samstag in Mainz große Zufriedenheit mit dem am Freitag vorgestellten Vertrag herrschte – es gab denn auch nur drei Gegenstimmen -, zeigten auf der Delegiertenversammlung der Grünen am Sonntag in Neuwied enttäuschte Interessengruppen ihren Unmut. Die Grünen, so der häufige Vorwurf, hätten sich von Ministerpräsident Kurt Beck “über den Tisch ziehen lassen”. Dennoch stimmten nach einer kontroversen Diskussion 92 Prozent der Delegierten für den Koalitionsvertrag.
    Quelle: taz
  17. „Ich sehe keinen Grund, den Preis zurückzugeben“
    Der “Spiegel”-Autor René Pfister hat den Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage gewonnen. Die Diskussion darüber, ob dies zu Recht geschehen ist, ging auch am Sonntag weiter. […]
    Unter dem Titel „Am Stellpult“ hatte René Pfister die private Seite des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer als Modelleisenbahner dargestellt und die Herrschaft über seine Miniaturwelt mit der über den Freistaat in Beziehung gesetzt. Der Autor hatte bei der Preisverleihung auf Nachfrage von Moderatorin Katrin Bauerfeind allerdings zugestanden, dass er die Modellbahn im Keller von Seehofers Ferienhaus nie selbst gesehen hat. […] Oscar Tiefenthal, Leiter der Evangelischen Journalistenschule in Berlin, kritisiert die Camouflage in Pfisters Beitrag. „Eine Reportage lebt vom Selbsterlebten, nicht vom Hörensagen“, sagte Tiefenthal in einem epd-Gespräch. Ein Reporter schildere, was er beobachtet: „Dazu ist es zwingend erforderlich, persönlich vor Ort zu sein.“ Wer die Story von Pfister lese, denke automatisch: „Toll, wie kommt der Kerl in den Keller von Horst Seehofer!“ So sei es aber nicht gewesen, sagte Tiefenthal. „Daher hat Pfister ein schönes und sprachlich überzeugendes Stück geschrieben, nicht aber eine preiswürdige Reportage“. Ob er den Preis zurückgebe, müsse er selbst entscheiden.
    Quelle: Tagesspiegel

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