Russisches Roulette gegen die Bürger – Mit Kampfjets (endgültig) zur Kriegspartei

Russisches Roulette gegen die Bürger – Mit Kampfjets (endgültig) zur Kriegspartei

Russisches Roulette gegen die Bürger – Mit Kampfjets (endgültig) zur Kriegspartei

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

Je komplexer die Waffen, umso aufwändiger die dafür nötige Ausbildung ukrainischer Kämpfer hierzulande. Die Ausbildung von ukrainischen Soldaten in Deutschland an Panzern oder Kampfjets kann laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages die Kriterien erfüllen, dass Deutschland als direkte Kriegspartei im Ukrainekrieg definiert wird. Dass sich in Deutschland kaum jemand mit Reichweite den gefährlichen Forderungen der ukrainischen Regierung und dem Druck der USA widersetzt, ist erschütternd. Der Tanz auf dem Vulkan, zu dem die Bundesregierung die Bürger momentan nötigt, wird darum immer bedrohlicher. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Es war zu erwarten: Kaum war die Kampagne, um Deutschland zur Lieferung von Leopard-Panzern zu bewegen, erfolgreich, startet die nächste Kampagne vonseiten kriegstreiberischer Journalisten und Politiker: nun für die Lieferung von Kampfjets. Das wäre nach dem Tabubruch der Leopard-Lieferungen nochmals eine weitere Steigerung der Gefahr für die Bürger in Deutschland. Es ist zu hinterfragen, aber laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages macht sich Deutschland durch die Lieferung von Waffen nicht automatisch zur direkten Kriegspartei. Anders kann die Bewertung aber ausfallen, wenn es um die Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesen komplexen deutschen Waffen geht. Auf dieses beunruhigende Szenario sind wir bereits hier eingegangen, der Wissenschaftliche Dienst schrieb bereits im März (Hervorhebung von mir):

Als völkerrechtlich gesichert kann gelten, dass die militärische Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei in Form von Waffenlieferungen, einer Zurverfügungstellung von militärischer Ausrüstung o.ä. noch nicht die Grenze zur Konfliktteilnahme überschreitet. (…) Bei Unterstützungsleistungen auf der Grundlage von non-belligerency bleibt der Umfang von Waffenlieferungen, aber auch die Frage, ob es sich dabei um ‚offensive‘ oder ‚defensive‘ Waffen handelt, rechtlich unerheblich. Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.

Zu dieser rechtlichen Einschätzung kommt hinzu, dass Russland unabhängig von juristischen Definitionen Deutschland zur Kriegspartei erklären könnte. Das wäre dann formal zu beanstanden, aber das würde nichts an der daraus entstehenden Katastrophe ändern. Die immense Gefahr einer direkten Konfrontation Deutschlands und Russlands wird aber einmal mehr ignoriert, indem jetzt die Forderungen für die Lieferung deutscher Kampfjets angeheizt werden. Als eine der ersten Stimmen ist dabei etwa der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, zu vernehmen: Er befürwortet die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine, wie Medien berichten.

Waffenlieferungen, Soldatenausbildung, Wirtschaftskrieg, Kriegsrhetorik – Aber trotzdem keine Konfliktpartei

Nicht überraschend (aber doch erschütternd) ist, dass solche gefährlichen Vorstöße auch aus der SPD nicht angemessen zurückgewiesen werden. So schloss SPD-Chefin Saskia Esken eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine laut Medien zumindest nicht ausdrücklich aus. Auf die Frage sagte sie im ARD-„Bericht aus Berlin“, es komme ganz entscheidend darauf an, dass Deutschland und die NATO nicht Kriegspartei sind. Deswegen sei die Regierung in diesen Fragen in sehr enger Abstimmung mit den US-Amerikanern. Deutschland sei nicht Kriegspartei und dies wolle die Regierung auch für „alle Zukunft vermeiden“. Zugleich komme es darauf an, dass Deutschland mit jeder Entscheidung dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich mache, „dass wir die russische Aggression zurückweisen“.

Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Drängen nach Kampfflugzeugen nun anscheinend vorerst widerstehen will, muss angesichts seines Verhaltens bei den Leopard-Lieferungen als unglaubwürdig angesehen werden. Und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den Kriegszustand gegen Russland kürzlich sogar öffentlich formuliert. Die ständigen Beteuerungen von deutschen Akteuren, man wolle trotz Waffenlieferungen, Soldatenausbildung, Wirtschaftskrieg und Kriegsrhetorik keinesfalls Konfliktpartei werden, sind mittlerweile grotesk. Das riskante Handeln der Regierung auf einem Feld, bei dem sie keine Kontrolle mehr hätte, sobald der erste Schuss fallen würde, kann mit einer Partie „Russisches Roulette“ verglichen werden – nur dass bei dieser geopolitischen Variante auch alle Bürger gezwungen werden, am potentiell selbstmörderischen „Spiel“ teilzunehmen. Wie verantwortungslos viele Medien und Politiker in dieser Frage handeln, haben wir unter anderem hier beschrieben.

Selbst wenn das aktuelle „Spiel“ der Kriegstreiber gutgehen sollte, also Deutschland von Russland vorerst nicht als aktiver Kriegsgegner definiert werden sollte, obwohl hier gegnerische Soldaten geschult werden: Das würde nicht bedeuten, dass das riskante Handeln von Politikern und Journalisten, das die deutsche Bevölkerung in Mithaftung nimmt, gerechtfertigt wäre. Denn durch die Bundesregierung wird bezüglich des Status eines möglichen Kriegsgegners Russlands eine Verantwortung „übernommen“, die gar nicht zu übernehmen ist.

Außerdem wird momentan immenser und langfristiger Schaden im deutsch-russischen Verhältnis angerichtet – auch wenn es nicht zum direkten Krieg Deutschlands gegen Russland kommt. Eine Verständigung zwischen Russland und Resteuropa gebietet sich nicht nur aus historischer Verpflichtung, sondern sie ist auch die Grundlage für unser zukünftiges friedliches Zusammenleben. Dass die USA daran kein Interesse haben, rechtfertigt nicht, dass europäische Politiker so leidenschaftlich gegen die friedliche Entwicklung des Kontinents agieren, wie es momentan zu beobachten ist.

Man kann es nicht oft genug sagen: Das ist nicht „unser Krieg“. Und: Die aktuelle Politik der Bundesregierung lindert nicht das schreckliche Leid der ukrainischen Zivilisten – weder durch die Sanktionen noch durch die Waffenlieferungen noch durch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten. Die Gleichung „Wer gegen die Sanktionen ist, ist gegen die Ukraine“, hält nicht stand, wie wir in diesem Artikel beschrieben haben.

Titelbild: nest557 / Shutterstock

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