Leserbriefe zu „Anne Will und die Reichsbürger“

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In diesem Beitrag thematisiert Tobias Riegel die Ausgabe der Sendung „Anne Will“, bei der die Razzien gegen Reichsbürger debattiert wurden. Mutmaßlich extremistische Royalisten oder rechtsradikale Netzwerke bei Polizei und Geheimdiensten sollten seiner Meinung nach nicht unterschätzt werden. Es gebe jedoch Kriterien für solche Einsätze: Z.B. sollten sie nicht genutzt werden, um anschließend Panikmache für verschärfte Gesetze darauf aufzubauen – doch das geschehe jetzt: Bundesinnenministerin Faeser wolle das Disziplinarrecht so ändern, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedürfe, um Bedienstete aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Vielleicht werde durch solche Aussagen „noch die Reaktion der Öffentlichkeit getestet“. Wir danken für die interessanten Zuschriften. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel, liebes NachDenkSeiten-Team!

Wie hieß es ehedem in Auseinandersetzung mit den 68ern? Aus „Verfassungswidrigkeit” wurde „Verfassungsfeindlichkeit” und schon konnten der kommunistische Briefträger oder Lokführer aus dem öffentlichen Dienst entlassen, die viel zahlreicheren Lehramtsaspiranten nicht eingestellt werden. Berufsverbot hieß der (umstrittene) Kampfbegriff.

Heute geht es gegen rechts. Erst erfolgt die Zuschreibung als Querdenker*in, dann als Verschwörungstheoretiker*in, dann als Demokratiefeind*in. Ggfs. folgt die Entfernung aus dem öffentlichen Dienst – geplant als Verwaltungsakt unter Umkehrung der Beweislast. Das ist rechtsstaatlich höchst bedenklich, wird erwogen zur Steigerung der Wehrhaftigkeit der Demokratie, die damit ein Stück mehr geschleift wird.

Gerade deshalb: Der glasklare bislang vom Grundgesetz vorgegebene Unterschied zwischen Worten und Taten muss gewahrt werden. Erst bei Nachweis von Handlungen, nicht aber beim Haben von Meinungen darf von Staats wegen eingeschritten werden. Beim Vorhandensein von V-Leuten in rechten Gruppierungen nicht einfach zu bewerkstelligen.

Doch notwendig! Weil der Staatsbeschäftigte durch Eid oder Gelöbnis auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung verpflichtet ist, nicht auf die jeweilige Regierungsmeinung.

Beste Grüße
Dietrich Brauer


2. Leserbrief

Sehr geehrte NDS Redaktion,

Was wir sehen ist die Entstehung einer Variante 2.0 der Mcarthy Zeit allerdings made in Germany.

Als Buchreferenz für den Mechanismus kann man das Buch Shock Doctrine von Naomi Klein heranziehen.

Schärfere Gesetze, mehr Dauerbeobachtung der Bürger.

Danach kommt nie der Beweis dass die neuen Massnahmen auch einen Nutzen gebracht haben.

Da kommt sowieso noch etwas auf die Bevölkerung zu: komplette Überwachung der Gesamtbevölkerung.

Wie wird das verkauft: wer nichts unrechtes tut hat nichts zu fürchten.

Mit freundlichem Gruß
Patrick Janssens


3. Leserbrief

Das Land noch weiter spalten
 
Da möchte also Frau Faeser einfach bei Verdacht auf Demokratiefeindlichkeit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst entfernen. Und wer sagt dann, was demokratiefeindlich ist. Ich habe im letztjährigen Spätherbst regelmäßig Demonstrationen gegen die Corona-Politik besucht und obwohl es dort friedlich, tolerant und entspannt zuging, wurde die Messlatte für die Erlaubnis zur Durchführung der Demonstrationen Stück für Stück höher gelegt. Als dann ohne größere Ankündigungen kurz vor Weihnachten rund 15 000 Menschen um die Alster gingen, war das wohl zu demokratiefeindlich und die Demo an diesem Ort nicht mehr genehmigt. Als Teilnehmer bin ich somit auch Demokratiefeind. Dabei habe ich immer gedacht, als politischer Erwachsenenbilder, Wahlvorstand und mit zahlreichen Ehrenämtern tue ich viel für die Demokratie. Vermutlich stehe ich nun aber eher auf dem Index.
 
Manchmal ist es ja ein Vorteil, etwas älter zu sein. Ich erinnere mich noch an den sogenannten Radikalenerlass der 1970er Jahre, vielfach polemisch “Berufsverbote” genannt. Damals musste die Verwaltung wenigstens anhand von dokumentierten Aktionen der Beschuldigten oder ihren nachweislichen mündlichen wie schriftlichen Äußerungen, deren Verfassungstreue prüfen. Unterm Strich hat es der Verfassung nicht genutzt, allerdings viele Menschen gegen den Staat aufgebracht. Heute ist die Erosion weiter fortgeschritten und sie wird von Verantwortlichen in Politik und Medien (auch von Anne Will) aus Unwissenheit, Dummheit, manchmal auch aus lauteren, wenngleich überambitionierten Motiven vorangetrieben. Daher; was Frau Faeser sagt und macht und wofür andere wie Frau Will eifrig Hilfestellung geben, wird das Land noch weiter spalten.
 
Andreas Klotz


4. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel!

Das ganze Vorgehen des Staates gegen die Reichsbürger dient doch nur dazu, die freie Meinungsäußerung weiter einzuschränken. Wer sich heute z.B. als Lehrer kritisch zu den Coronamaßnahmen, zur Privatisierung bei Bahn oder Rente, zu den westlichen Kriegen oder zu einer empfundenen Klimahysterie in der Klasse äußern will, wird sich das reiflich überlegen, um nicht hinterher Nachteile zu haben. Ich weiß nicht, wo da noch ein Unterschied zu den sogenannten autokratischen Staaten sein soll.
 
Mit freundlichem Gruß
Harald Pfleger


5. Leserbrief

Hallo & Guten Tag,

mit großem Interesse verfolge ich nun schon seit gut 2 Jahren die NDS und bin froh, dass es noch eine kritische Stimme in der Medienlandschaft gibt. Hierbei geht es mir nicht nur um kritische Kommentare, sondern vor allem auch um Hintergründe. Und hier ist auch der Punkt meiner Anfrage zu o.g. Artikel in den NDS vom 13.12.2022.

Im Zusammenhang mit den „Reichsbürgern“ wird ja stets von „Verschwörungstheorien“ und Mythen gesprochen; um welche Theorien & Mythen geht es eigentlich konkret und wie sieht hier die Faktenlage tatsächlich aus?

Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen!
M. H.


6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

wie Sie so schön formulieren, haben die NachDenkSeiten bisher nur mit einer Satire auf die Vorgänge reagiert.

Ich habe den Anfang der Sendung „Anne Will“ geschaut, musste den Apparat dann allerdings ausschalten, weil die Ernsthaftigkeit, mit der über die „Notwendigkeit dieser Maßnahme“ gesprochen wurde, jeden Rahmen des Erträglichen sprengte. Oder anders: So viel Lächerlichkeit vertrage ich nicht.

Es ist und bleibt ein Witz! Hier eine „Rentnergang“ in den Mittelpunkt eines geplanten „Systemsturzes“ zu stellen!

Und für mich fast selbstverständlich ist, dass mit dieser Aktion, wenn nicht generell als Ablenkungsmanöver im Sinne „hier lauert eine Gefahr“, die größer ist als alles was wir bisher gekannt haben, „passen sie auf!“, um evtl. die Aufmerksamkeit dahin zu lenken. Oder auch, um Gesetzesänderungen auf die schnelle Art durchzuziehen, oder eben die Überwachung in privaten Chats zu rechtfertigen.

Wer erwartet von den Medien en gros noch etwas anderes?

„„Viele Bürger seien ausgewandert aus unserem demokratischen System“, so Baum.“ Im Ernst?

Schon Karl Jaspers formulierte Mitte der 60er: „Welcher Wandel vollzieht sich in der Struktur der Bundesrepublik? Es scheint: von der Demokratie zur Parteienoligarchie zur Diktatur.“  Dort sind wir inzwischen wohl gelandet: In der Parteiendiktatur – (Diktatur heißt ja nicht gleich mordend).  Dieses durften wir gerade die letzten 2-3 Jahre sehr deutlich erfahren. Und es geht weiter. Mit den immer häufigeren Omnibus-Gesetzesänderungen, mit immer mehr Verboten und Einschränkungen, mit EU-Richtlinien von nicht gewählten „Abgeordneten“, mit Regierungen, die sich weder an Gesetze noch an das Grundgesetz halten (Ausstieg aus der Kernenergie, offene Grenzen, nicht evidenzbasierte Corona-Maßnahmen mit Freiheitseinschränkungen, keine freie Meinungsäußerung (oder nach Dunja Halali: man kann doch alles sagen, nur muss man dann auch die Konsequenzen tragen), um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen)

Das Parteiensystem und mit ihm die Medien sind aus dem demokratischen System ausgewandert!

Hier liegen die Ursachen!

Ein wirklich demokratisches System könnte – und jetzt denke ich selbst – auch eine Partei wie die NPD zulassen. Denn in einem wirklich demokratischen System würden Ansichten, wie sie dort vielleicht vertreten werden, keinen Zustrom finden, solche Parteien würden vermtl. von selbst verschwinden. In einem demokratischen Rechtsstaat als Sozialstaat, der seine Bürger ernst nimmt, dafür sorgt, dass es allen Bürgern gut gehen kann – mit fairen Löhnen; fairen Abgaben; vernünftigen, der Bevölkerung zu Gute kommenden Ausgaben; Wahllisten, die von den Wählern besetzt werden und direkter Demokratie … – braucht es keine Parteienverbote. Und selbst wenn eine NPD nicht von selbst verschwände, so what? Was kann die uns?!

Was wollen ideologiegetriebene und damit machtgetriebene Regierungen erwarten?

Dass man ihnen die Füße küsst, dafür dass Arbeit sich nicht lohnt; dafür dass für zu viele der Lebensunterhalt einer Familie nur noch mit zwei Einkommen gesichert ist; dafür dass auch das jetzt nicht mehr reicht und die Bude kalt und bald auch noch dunkel ist; dafür dass Unternehmen schließen und entlassen müssen; dafür dass Unternehmen in das Ausland abwandern; dafür dass winzige Minderheiten in der öffentlichen Wahrnehmung das gesellschaftliche Miteinander dominieren und dafür dass man neue Sprachformen aufoktroyiert bekommt und in diese Bereiche ungeheure Steuermittel fließen; dafür dass die Bildung immer weiter den Bach ´runter geht;  dafür dass zwar viele, viele studieren können (irgendwas, was der Gesellschaft wenig nutzt), aber es keine Facharbeiter mehr gibt;  dafür dass in eine Energiewende investiert wird, die allein schon für sich genommen zur Deindustrialisierung führen muss;  ….  ?????  (die Liste wird immer länger, ich höre hier mal auf)

Und solcher Art Gesetze, wie die Bundesinnenministerin (auch von niemandem gewählt) erlassen möchte, dienen dem Selbst-und Machterhalt der Regierung. Der Regierungsapparat muss geschmeidig gehalten werden.

Nur kurz zur NSU, sowie auch anderer rechter Gruppierungen. Hätten diese überhaupt existiert und würden diese überhaupt noch existieren, wenn nicht der Verfassungsschutz dafür Sorge trüge, dass sie am Leben bleiben. Darüber gibt es zur Genüge Aussagen.  Man denke an das NPD-Verbotsverfahren oder die Beteiligung des VS im NSU-Prozedere/Prozess, inklusive das unter Verschluss halten der Akten für 120 Jahre.

Mit freundlichen Grüßen, Sigrid Petersen


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