Bares ist Wahres. Ein schöner, altmodisch klingender Satz tönt einem da in den Ohren. Schaut man sich im Alltag um, wenn es ans Bezahlen geht, erfolgt das neben Münzen und Scheinen ebenso mit Karte, Kreditkarte, Girokarte, Master, Silber, Gold, Platin – ganz leicht, ganz bequem. Zunehmend. Doch das Digitale hat seine Tücken. Ein paar Wortfetzen aus einem Bankgespräch weckten in mir Zweifel, ob die Bürger nicht nach und nach ihre Souveränität und geschäftsmäßige Unabhängigkeit verlieren, wenn in unserer regeldurchfluteten, in Echtzeit kontrollierten Leistungsgesellschaft – auch in Sachen Geld – dereinst ausschließlich nur noch auf digital gesetzt, bestimmte Zahlungsmittel vorgeschrieben sind und damit mehr Kasse gemacht wird und so die Interessen der Bürger und ihre etwaigen Einwände außen vor bleiben. Ein gesundes Misstrauen der mündigen Bürger ist geboten und auch das Festhalten am guten alten Bargeld neben anderen Zahlungsarten ist nicht altmodisch, sondern überlebensnotwendig und würdevoll. Ein Kommentar von Frank Blenz.
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Keine Sorge, es bleibt alles, wie es ist. Wirklich?
Die Episode war eine kurze. In einem Bankgebäude schnappte ich vor einiger Zeit einige Sätze eines Gesprächs auf. Eine alte Dame redete ziemlich laut und aufgeregt mit einer Bankangestellten, dies im Ton echter Besorgtheit. Ich verstand schnell ihr Anliegen, die alte Frau wollte sich schlicht Gewissheit verschaffen, ob denn Informationen und Gerüchte rund um das liebe Geld zuträfen und wie sie entsprechend reagieren könnte. Die Dame sagte: „Ich habe gehört, dass meine EC-Karte bald nicht mehr gültig ist und dafür andere Karten gelten sollen. Was passiert dann?“ Die Antwort der Expertin der Bank: „Ach, ich weiß, das stand in der Zeitung. Gute Frau, da werden die Leute nur verrückt gemacht. Es ändert sich nichts. Die Karten werden nur durch andere ausgetauscht.“ Die alte Dame nickte und schritt doch eher unzufrieden wirkend aus der großen Halle der Bank. Und auch mir kamen Fragezeichen. Neue Karte für die alte, doch es ändert sich nichts? Warum braucht es dann neue Karten?
Fest steht: Die alte Karte kommt weg
Schon mal soviel kam bei ersten Erkundigungen zum Thema heraus: Die Bankangestellte hat die Frau nicht korrekt informiert. Gut, sie durfte beruhigen. Doch verschwieg sie, dass sich einiges ändert, vor allem zugunsten der Anbieter der Karten, denn die Kosten werden für uns Nutzer steigen, diese werden an uns Verbraucher weitergegeben. Vereinfacht: Die bisherige EC-Karte hat geringe Kosten, die danach ausgegebene Karte höhere, denn sie ist eine Kreditkarte. Der vom Nutzer beanspruchte Betrag wird vom jeweiligen Anbieter vorgestreckt. So fallen (schwankende) Zinsen und weitere Kosten auf der monatlichen Abrechnung an.
Die EC-Karte wird im Laufe des Jahres 2023 eingestellt, ist in zahlreichen Artikeln zu lesen, die alten behalten ihre Gültigkeit bis 2027. Schon ab nächstes Jahr werden andere Karten ausgegeben. Und: Die alten Karten verlieren ihre Gültigkeit im Ausland schon 2023. Bei all dieser Geschäftigkeit sei erwähnt, dass die Amerikaner sehr gut in diesem Markt stehen, was Kreditkarten anbelangt, im Markt der EC-Karten sind sie ziemlich außen vor …
Das alles erfuhr die alte Dame nicht. Die Nichtberatung also, ich meine, die geschah wissentlich. Nachteile für den Bürger, die Hintergründe von Änderungen im Zahlungsverkehr, vom Bargeld bis zum digitalen Bezahlen, sie wurden ihr nicht benannt. Nur nicht verrückt machen lassen zu sagen, gilt nicht. Dem Bürger bleibt, wie so oft in unserer Servicewüste, sich selbst zu informieren, kritisch, misstrauisch und somit mündig zu sein. Der alten Dame nachzurufen, gelang mir nicht, sie war schon im Trubel der Fußgängerzone verschwunden. Sie wird sicher selbst recherchieren und auf manche Information stoßen …
Digitaler Euro soll kommen und das Verschwinden des Bargeldes droht
Unser Finanzminister trommelt schon mächtig und die deutsche EU-Kommissarin ebenso für den digitalen Euro. Neben der EC-Karten-Umstellung ist dieses Vorgehen lediglich ein weiterer Baustein einer Besorgnis erregenden Geschichte, die von den Nutznießern und Antreibern gern als alternativlos bezeichnet wird. Der digitale Euro soll ein Allzweckzahlmittel für ganz Europa werden, wird geworben. Der Publizist und Wirtschaftsjournalist Norbert Häring beobachtet die Vorgänge intensiv und hat jüngst Folgendes geschrieben:
Das zuständige EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta sagte, es gebe derzeit im Euroraum kein Zahlungsmittel, das im ganzen Euroraum nutzbar sei. Denn auch mit Bargeld könne man zum Beispiel in manchen Teilen Nordeuropas in vielen Geschäften nicht bezahlen. Dieses Problem des fehlenden universellen Zahlungsmittels werde man mit dem digitalen Euro lösen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, um die Bedeutung zu erfassen. Die EZB will durchsetzen, dass der digitale Euro von jedem Geschäft und jeder sonstigen Institution im Euroraum angenommen werden muss. Aber sie nimmt es einfach hin, ja befördert es sogar in vielerlei Hinsicht, dass man mit dem derzeitigen einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel, das von ihr selbst herausgegeben wird, in vielen Geschäften und sogar Behörden im Euroraum nicht bezahlen kann. Und dann stellt sie uns das als Problem dar, das sie mit dem digitalen Euro lösen müsse. Wer sich nicht spätestens an dieser Stelle auf den Arm genommen fühlt, ist mit einem großem Maß an Vertrauen in Autoritäten gesegnet. (…) Es gibt also nicht die Spur einer Chance, dass ein digitales Zentralbankgeld, das von EU-Kommission und EZB konzipiert wird, auch nur annähernd so viel Privatheit bietet wie Bargeld.
Schwedens Probleme mit der Bargeldlosigkeit
Wie Häring erwähnte, wird in Schweden weitgehend „mit Karte bezahlt“. Bargeld wird in dem skandinavischen Land oft gar nicht mehr angenommen, in Läden, Kneipen, in der Bahn, in Behörden usw. Doch die Bevölkerung, gerade die Senioren und die Menschen im weiten ländlichen Raum, wollen vom Bargeld nicht lassen und selbst die schwedische Notenbank warnt vor Unsicherheiten für den Zahlungsverkehr z.B. bei Stromausfall. Aufhorchen lässt die Forderung eines hohen Beamten der schwedischen Reichsbank, der in die Debatte einwarf, wenn Bargeld als Zahlungsmittel im Krisenfall gebraucht werde, müsse es auch möglich sein, es unter normalen Bedingungen zu benutzen.
Prognose des Mutes: Bargeld verschwindet nicht
Ja, das Bargeld ist in Gefahr, als Bürger hat man das fade Gefühl, mit dem Verschwinden von Münzen und Scheinen den Rest von Unabhängigkeit und Flexibilität zu verlieren. Abhängigkeit, Intransparenz, Kosten, Kontrolle, Überwachung – diese Wörter sind keine leeren im Zusammenhang mit digitalem Geld und Karten und Internet und so weiter. Nichts gegen Kartenzahlung an sich, allein darauf zu setzen, ist der falsche Weg, meine ich, es wäre einer, der keine Möglichkeiten alternativen Handelns mehr lässt. Man erinnere sich: Was mit dem Projekt digitaler Impfpass schon derlei Konzepte der beinahe lückenlosen Überwachung andeutete, was in China mit den Bonussystemen für das Wohlverhalten der Bürger von den Regierenden längst ausprobiert wird, was also alles „winkt“ mit den „modernen“ Plänen und Ideen auch der EU-Granden, der Banker, der Strategen in Politik, Wirtschaft, Finanzwelt, kann nicht als würdiger Ersatz für Bargeld beworben werden. Warum soll es eigentlich weiterhin nicht mehrere Möglichkeiten geben, seine Rechungen zu bezahlen? Der Bürger soll gläsern, soll stets kontrollierbar und an der Leine gehalten werden? Da kommt einem wieder dieses „Zügel locker Lassen oder Straffen“ in den Sinn, Sie wissen, was ich meine?
Man will es sich gar nicht vorstellen, wenn der Strom ausfällt und eine Bezahlung mit Karte nicht möglich ist. Errrorr… Und die Vorstellung ist ebenso gruselig, dass Bürger aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Und das per Mausklick: Kontosperrung, Vermögen einfrieren, Strafzahlungen. Einziehen von Finanzmitteln. Nicht möglich? Doch. Wenn Politiker wie ein Bürgermeister einer deutschen Großstadt vor einigen Monaten noch genau das öffentlich dachte, Nichtgeimpften ans Konto zu gehen … dann müssen wir Bürger hellhörig werden und „Nein“ sagen.
Der Wert des Bargeldes
Manche Banker werben durchaus mit einer löblichen Weitsicht und hoffentlich aus Respekt vor dem Bürger für Bargeld als Bestandteil wirtschaftlichen Handelns in unserer Gesellschaft. Ein Zitat der Deutschen Bundesbank (Jens Weidmann, Präsident i.R.) sei hier genannt:
Ich bin überzeugt, dass Bargeld auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Zu Recht schätzen viele Menschen Bargeld sehr. Und kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro.
Das Ziel des digitalen Euro wäre, die Auswahl an Zahlungsmitteln für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu vergrößern. Die Palette an Zahlungsmitteln wäre dann wohl breiter.
Gerade Menschen ohne viel Knete wissen: Bargeld braucht kein Konto. Viele Menschen haben gar kein Konto, laut Deutscher Bundesbank besitzen allein in Europa über 13 Millionen Bürger kein Konto, sie wickeln ihre Geschäfte in bar ab. Ebenfalls die, die ein Konto haben, bezahlen darüber hinaus gern auch in bar. Da ist es wieder, das Sprichwort: Bares ist Wahres. Zum Glück: Selbst die Experten der Deutschen Bundesbank wissen: Bargeld ermöglicht die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, ermöglicht dem Bürger eigenständige Kontrolle und Übersicht sowie Diskretion und Anonymität. Menschen wollen nicht per se gläsern sein. Lasst es bitte auch den Finanzminister und die EU-Kommissarin wissen.
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