Leserbriefe zu „Wagenknecht-Debatte – Glauben rbb-Journalisten eigentlich auch, dass der Storch die Babys bringt?“

Ein Artikel von:

Jens Berger hinterfragt in diesem Artikel die rbb-Berichterstattung über Parteiaustritte der Linkspartei. Das rbb-Magazin Kontraste habe suggeriert, „dass die meisten dieser Austritte wegen Sahra Wagenknecht und dem parteiinternen Streit über ihre jüngste Bundestagsrede stattfanden“. Hingewiesen wird auf „überwältigende Zustimmungswerte“ für die Politikerin sowie den Unterschied zwischen einer Kausalität und einer Korrelation. Es dürfte eine Scheinkorrelation vorliegen. Schließlich gebe es viele Gründe für einen Parteiaustritt und z.B. habe Fabio De Masi einen Zusammenhang mit der Wagenknecht-Debatte „explizit von sich“ gewiesen. Danke für die interessanten Zuschriften. Hier hat Christian Reimann eine Auswahl der Leserbriefe zusammengestellt.


1. Leserbrief

Liebe NDS, lieber Jens Berger,

Vielen Dank für den Artikel zur Wagenknecht – Debatte.

Schon einige Zeit denke ich, dass Sahra Wagenknecht was Eigenes machen sollte! Und ich kenne noch einige Menschen, die das auch so sehen!

Der Artikel hat mir jetzt den letzten “Schubs” gegeben, ihr zu schreiben. Ich habe ihr geschrieben, dass ich es sehr begrüßen würde, wenn sie eine eigene Partei gründen würde und dass ich sie dann auch nach meinen Möglichkeiten unterstützen werde.

Vielleicht können sich noch mehr Leute dem anschließen und ihr schreiben?!…

beste Grüße und heiter bleiben – trotz alledem!
Susanne Heuser


2. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten-Macher,

auch ich gehöre zu den LINKEN-Parteimitgliedern, die Ihren Parteiaustritt erklärt haben. In meinem Begleitbrief von Ende September, den ich wegen schon einmal stattgefundener Korrespondenz an Frau Lötzsch gerichtet hatte, habe auch ich erklärt, dass Frau Wagenknecht ein Grund war – aber eben deshalb, weil sie und ihre Positionen von der Parteiführung konsequent niedergebügelt werden.

Die Kippings, Henning-Wellsows, Ramelows, Riexingers, Schirdewans etc. (wenn man es einmal an Personen festmachen will) haben aus der Partei etwas gemacht, dass eben auch ich nicht mehr mittragen kann.

Mein persönlicher “Kipp-Punkt” war das nahezu vollständige Untertauchen der Partei während der Corona-Massnahmen (oder aber begeisterte Zustimmung, weil “die Wissenschaft” ja alles rechtfertigte). Damals ebenso wie heute angesichts der Sanktionspolitik hätte sich die Partei zur Speerspitze der Protestbewegungen machen müssen. Aber die Pöstchenklauber sind’s zu zufrieden, wenn man noch ein bisschen Sozialkosmetik in die Mikrofone husten kann. Ach…

Mit freundlichen Grüssen aus Freiburg
peter schulz


3. Leserbrief

Lieber Jens Berger,

„Frieden kostet Mut, Kriege kosten Leben.“ Das war der Wahlkampfslogan mit dem die “Linke Kraft” PDS in den Bundestagswahlkampf 2002 zog.

Wo sind die mutigen Linken? Wo sind sie geblieben? Eine mutige Sahra Wagenknecht steht heute in dieser Partei und im deutschen Bundestag einsam und alleine da.

Wann wird man je verstehen?

Jörg Janisch


4. Leserbrief

Liebes NDS-Team,
 
ausnahmsweise muss ich darum bitten, meinen Namen nicht vollständig zu nennen, um v.a. meinen im Folgenden zu nennenden (und sonst leicht zu identifizierenden) Verwandten und Freunden Ärger zu ersparen.
 
Jens Berger weist in seinem gewohnt pointierten Artikel zur “Wagenknecht-Debatte” auf die mehr oder minder offenkundige (massen-) mediale Volte hin, die Person Wagenknecht (und speziell Ihre jüngste, millionenfach z.B. auf Youtube gestreamte Bundestagsrede) sei “Schuld” am jüngsten Austritt einer hohen Zahl von Parteimitgliedern. Dies entgegen anderslautender Umfragen, die gerade bei “bekennenden Linken” eine große Zustimmung für Sahra aufzeigen sowie ein durchaus großes Unterstützungspotential für eine von ihr möglicherweise zu gründende Partei.
 
Ich kann diesen Umfragen und Jens Bergers Überlegungen nur zustimmen. Ich bin am 24.03.2021 nach zwanzigjähriger Parteizugehörigkeit ausgetreten (bin am 09.11.01 als Westdeutscher in die PDS eingetreten – wegen „9/11“ und dem sich abzeichnenden War-on-terror-Wahnwitz), auch wegen des Umgangs der Partei mit Sahra Wagenknecht.
 
Ich möchte nur kurz ein paar rein subjektive Erlebnisse der letzten Zeit bzgl. der Wahrnehmung von Sahra Wagenknecht beisteuern.

  • Ein hier vor Ort auf Kreisebene noch aktiver „Genosse“ zu mir, als erstmals ein Parteiausschlussverfahren gegen S.W. als Thema aufkam: „Wenn die das durchziehen, trete ich sofort aus – und in Sahras Partei ein, wenn sie eine gründet.“
  • Familientreffen im Ruhrgebiet vor zwei Wochen, das Familienoberhaupt ist mein bald 90jähriger Onkel (der WKII noch voll miterlebt hat), seinerzeit CDU-Landtagsabgeordneter und innerhalb der CDU noch bestens vernetzt. Onkel berichtet von der Lektüre von Sahras letztem „brillianten“ Buch. Sie sei die einzige noch ernst zu nehmende Politikerin weit und breit, seine Partei eingeschlossen. Er würde in ihre Partei eintreten und mitarbeiten, sollte sie eine gründen. Als ich meine, dass er das doch nicht ernst meinen könne, Sahra stehe doch nun wirklich noch für eindeutig linke Inhalte, schaut er mich sehr ernst an und meint: „Mein Lieber, die Zeiten für ideologische Grabenkämpfe sind vorbei. Jetzt geht es nur noch um Vernunft, damit es nicht demnächst ums Überleben geht.“
  • Gestern Abend ein Anruf eines ehemaligen Kommilitonen, Krankenpfleger, ob ich den „Kontraste“-Beitrag zu Sahra und der Linken kenne, was ich davon hielte. Als ich mit meiner Meinung (auch unter dem Hinweis auf Jens Bergers Artikel) nicht hinterm Berg halte ein Seufzen der Erleichterung. „Gottseidank, Du siehst das auch so. Ich dachte schon, ich spinne… warum tut Frau Wagenknecht sich das eigentlich noch an? Wenn sie nur eine eigene Partei hätte, ich würde sie wählen.“
  • Natürlich sind dies völlig unrepräsentative zufällige Äußerungen, die ich wohl deshalb goutiere, weil sie sich mit meiner Gefühlslage decken: gäbe es eine „Wagenknecht-Partei“ wäre dies für mich der Anlass, es noch ein letztes Mal mit parteipolitischer Arbeit zu versuchen, bevor ich mich gänzlich dem Anarchismus zuwende. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, was für ein Schritt das für Sahra wäre, eine wahnsinnige Belastung. Und doch möchte ich ihr zurufen: „Sahra, mach es!“ Nicht nur meine volle Unterstützung hätte sie.

 
Mein Vorschlag für eine Antrittsrede: „Uns eint das Streben nach einer Welt des Friedens, der Freiheit, der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie. Gemeinsam sind wir der Ansicht, daß der kapitalistische Charakter der modernen Gesellschaften ursächlich verantwortlich ist für die Gefährdung der menschlichen Zivilisation und Kultur, den militärischen Charakter der internationalen Beziehungen und das unbeschreibliche Elend vor allem auf der südlichen Hemisphäre. Wir sind uns daher einig, daß die Herrschaft des Kapitals überwunden werden muß.“
 
(Auszug des damaligen Parteiprogramms, der hinten auf den PDS-Mitgliedsausweisen abgedruckt war…)
 
Mit solidarischen Grüßen,
TCS


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger, danke für diesen Artikel. Er macht mich auch ein bisschen stolz auf mich, denn ich habe das gespaltene Haus schon vor einigen Jahren verlassen und den Abwärtstrend erkannt. Seitdem frage ich mich, wie lange es dauert, bis andere Linksgebliebene das auch tun?!

Andere und ich warten darauf, dass aus dem gespaltenen Haus ein neues entsteht. Am besten mit solchen Vorarbeitern wie Sahra und Sevim. Entschließt Euch endlich!

Erlaubt habe ich mir meine damalige Austrittserklärung beizufügen.

Ihnen weiterhin alles Gute und mögen Sie uns noch lange erhalten bleiben, Mit den schönsten Grüßen. Wolfgang Kreuz

Parteiaustritt Die LINKE


6. Leserbrief

Jens Berger schreibt:

“Es wäre wohl wirklich besser, sie gründete ihre eigene Partei.” 

Allerdings dürfte ‘Neuer Wein in alte Schläuche’ wenig bewirken. 

Wie sollte eine  ‘neue Partei’ aussehen, um  nicht in die vorherrschenden Machtstrukturen eingehegt zu werden? 

“Beim  Marsch durch die Institutionen”, bleibt so manches menschenfreundliche Ideal auf der Strecke. Siehe grüne Partei! 

Daher gilt es die  Warnung   einer Simone Weil zu beherzigen, die bereits vor fast acht Jahrzehnten folgendes formulierte:

“Der erste und genau genommen einzige Zweck jeder politischen Partei ist ihr eigenes Wachstum, und dies ohne jede Grenze.”

Ob Willi Brandt dieses Wissen  mit veranlasste zu seiner Aussage: “Mehr Demokratie wagen”? 

L. G.
Ute Plass


7. Leserbrief

Hallo Herr Berger,
 
auch die Tagesschau bläst in das gleiche absurde Horn.
 
tagesschau.de/inland/linkspartei-austritte-101.html
 
Da läuft wohl eine gleichgeschaltete Aktion in den Medien.
Sympathisanten von Sahra Wagenknecht soll suggeriert werden, wie Abwegig ihre Position ist.
 
Die Linkspartei distanziert sich offiziell von den Positionen von Frau Wagenknecht. Daher müssten Gegner von Frau Wagenknecht eigentlich in die Linkspartei eintreten. Das Mitglieder wegen Frau Wagenknecht austreten, entbehrt jeder Logik. So sind unsere Medien, der Russe beschießt sich selbst und sprengt seinen Pipelines, die mRNA Impfstoffe schützen vor Ansteckung und Mitglieder der Linkspartei, welche die Ansichten der „Außenseiterin“ Wagenknecht nicht teilen, treten aus.
 
Diese „betreutes Denken“ Artikel in den Einheitsmedien sind einfach nur noch traurig.
 
Früher hatten wir den Liebknecht und heute die Wagenknecht. Hoffen wir, dass die Geschichte diesmal anders verläuft.
 
Viele Grüße
von unserem Leser A.H.


8. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

danke für Ihren Beitrag über Sarah Wagenknecht, eine der wenigen herausragenden deutschen Politikerinnen, die noch einigermaßen glaubwürdig herüber kommt. Unter den heutigen Bedingungen ist es ja wirklich schwierig, sich selbst noch irgendwo politisch einzuordnen, aber ich glaube, ich bin immer noch “links” gepolt. Was an den Positionen der Linkspartei nun allerdings noch “links” sein soll, ist mir schleierhaft. Bei der derzeitigen Aufstellung dieser Partei sehe ich für Frau Wagenknecht kaum noch eine Chance, einen Einfluss geltend zu machen, außerdem zermürben die ewigen Querelen. Der Austritt aus der Partei wäre also ein konsequenter Schritt.

Aber sind Sie wirklich der Meinung, dass Frau Wagenknecht eine eigene Partei gründen sollte? Das würde ja für die Parteienlandschaft, insbesondere unter den Kleinparteien, die sich gegenseitig die Wähler ausspannen, eine weitere Aufspaltung bedeuten. Wenn sie die von Ihnen avisierten 30% Wähler mobilisieren könnte, wäre das sicher der richtige Schritt, aber seit wann glauben Sie den Prognosen von Meinungsforschungsinstituten? Und dass sich Zersetzungsmechanismen, auf die Albrecht Müller einmal ein einem Beitrag vor längerer Zeit hingewiesen hat, stante pede in Bewegung setzen würden, sollte man auch auf dem Schirm haben. Meiner Meinung nach sollte man einmal das Portfolio der Kleinparteien sondieren und schauen, ob sich nicht daraus eine vernünftige Alternative modellieren ließe. Schauen Sie sich doch einmal die Programmatik der Partei dieBasis an, die in den Wahlen einfach nicht aus den Puschen kommt. Was wäre an deren Programm mit den Zielen Sarah Wagenknechts inkompatibel? Wenn sie sich entschlösse, dahin zu wechseln und noch ein paar Parteifreunde mitnehmen würde, dann säße dieBasis plötzlich im Bundestag und könnte damit ein wenig für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Das wäre meiner Meinung nach eine bessere Lösung, als eine weitere Partei ins Rennen zu schicken, deren Zukunft vermutlich ungewiss ist. Und die 10 – 30% Anhänger der Frau Wagenknecht würden ihr wahrscheinlich auch dahin folgen. Ich wäre jedenfalls dabei.

Mit freundlichen Grüßen
Björn Ehrlich


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