Der venezolanische Oppositionspolitiker und selbsternannte „Präsident“ Juan Guaidó hat in der von den USA dominierten und finanzierten Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine heftige Niederlage einstecken müssen. Bei der 52. Generalversammlung, die kürzlich in Perus Hauptstadt Lima stattfand, stimmten 19 Länder dafür, seine Vertretung bei der OAS nicht zuzulassen. Nur vier Mitgliedsstaaten sprachen sich gegen den Antrag aus (Kanada, USA, Guatemala, Paraguay), die übrigen neun enthielten sich. Die Abstimmung markiert eine drastische Verschiebung der Unterstützung der Regierungen Lateinamerikas für Guaidó. 2019 stimmte noch die Mehrheit der Mitgliedsländer dafür, den OAS-Sitz Venezuelas an einen Oppositionsvertreter zu vergeben. Von José Luis Granados Ceja und Ricardo Vaz.
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Nachdem es der Hardliner-Opposition nicht gelungen war, politische Erfolge zu erzielen, wandte sie sich unter Guaidó zunehmend gefährlichen Plänen zu, um Maduro zu stürzen. Anfang 2019 versuchten Guaidó und seine Verbündeten, darunter der Ex-Präsident von Kolumbien, Iván Duque, und OAS-Generalsekretär Luis Almagro, unter dem Deckmantel der „humanitären Hilfe“ die venezolanische Grenze zu durchbrechen. Dies war, wie später aufgedeckt wurde, Teil einer Strategie Washingtons und der rechten Opposition, die Maduro auf der internationalen Bühne in Verlegenheit bringen wollte.
Im April 2019 führte Guaidó einen gescheiterten Militärputsch an und finanzierte anschließend eine Söldnertruppe, die Maduro entführen sollte.
All das konnte den gewählten Präsidenten nicht aus dem Amt drängen, stattdessen wurde seine Position gestärkt und die Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) gewann 2020 die Kontrolle über die Nationalversammlung zurück. Zudem schnitt sie bei den Regionalwahlen Ende 2021 gut ab.
Guaidó wurde bei den Venezolanern selbst immer unbeliebter. Bei einer kürzlichen Tour durch das Land wurde er von feindseligen Menschenmengen empfangen. Bei einem Halt wurde sein Auto mit Eiern beworfen:
¡LE CAYERON A HUEVO! Así recibieron a Guaidó en Anzoátegui 👇🏽 pic.twitter.com/4ufTrMs7kC
— Michel Caballero Palma (@MichelCaballero) October 7, 2022
Eine große Mehrheit im Land kritisiert ihn scharf, weil er das von den USA geführte Sanktionsregime unterstützt, das die Wirtschaft des Landes lahmgelegt und zu Engpässen bei wichtigen Gütern geführt hat.
Die Abstimmung in der Generalversammlung der OAS ist ein weiterer Rückschlag für Guaidó, der in Venezuela nie über wirkliche politische Macht verfügte und nur noch wenige Verbündete hat.
Mit dem Amtsantritt von Gustavo Petro als Präsident in Kolumbien und seiner Entscheidung, die Beziehungen mit der Regierung Maduro wiederherzustellen, hat die von Washington protegierte Opposition eine wichtige Stütze verloren.
Das Votum von 19 Ländern, Guaidós Vertretung nicht zuzulassen, zeigt auch das Wiedererstarken der lateinamerikanischen Linken, die ihre Bemühungen zur Verteidigung der Souveränität der Staaten in der Region wieder aufnimmt. 2019 wurde die Bewegung zum Sozialismus nach dem Putsch gegen Evo Morales erneut in die Regierung gewählt, seit letztem Jahr haben Mitte-links-Bündnisse in Chile, Honduras, Kolumbien und Peru frühere Regierungen abgelöst, die eng mit Washington verbandelt waren.
Unterdessen verliert Guaidó auch in den USA an Unterstützung. Zwar erklärt die Regierung von Joe Biden weiterhin, sie betrachte ihn als “rechtmäßigen” Präsidenten, verhandelt aber direkt mit der Regierung Maduro. Beide Seiten haben sich kürzlich auf einen Gefangenenaustausch geeinigt und Gerüchte zufolge soll dem US-Ölkonzern Chevron eine weitergehende Aufhebung der Sanktionen gewährt werden.
In einer kürzlich erschienenen Kolumne in der New York Times, die im Allgemeinen eine feindselige Haltung gegenüber den sozialistischen Regierungen in Venezuela einnimmt, wurde Biden aufgefordert, seine Politik zu ändern und die Unterstützung Guaidós aufzugeben.
In einem Interview mit dem US-Auslandssender Voice of America nach der OAS-Generalversammlung bekräftigte der US-Staatssekretär für die westliche Hemisphäre, Brian A. Nichols, die Unterstützung seiner Regierung für Guaidó und die Hardliner-Opposition. Nichols forderte Maduro erneut auf, wieder mit der Opposition zu verhandeln. Er ließ jedoch frühere Forderungen nach vorgezogenen Präsidentschaftswahlen fallen und forderte stattdessen eine „freie und transparente“ Abstimmung bei den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Wahlen 2024.
Übersetzung: Vilma Gúzman, Amerika21
Titelbild: shutterstock / Regulo Gomez