Gestern kündigte ich hier „Gibt es überhaupt noch eine Chance zu einem grundlegenden politischen Wechsel? Ja“ (nachdenkseiten.de) an, heute die Kampagne des Großen Geldes im Bundestagswahlkampf 1972 und einige Texte dazu zu dokumentieren. Dieses wäre allein deshalb schon notwendig, weil unsere Klassen-Geschichtsschreibung diesen Vorgang peinlichst vermeidet darzustellen. Damals sind von anonymen Gruppen aus dem Lager der Wirtschaft und der Vermögenden rund 100 verschiedene Anzeigen-Motive geschaltet worden, in vielen Blättern, also Hunderte, wahrscheinlich Tausende von Anzeigen. Die Anzeigen waren aggressiv. Mit dieser Kampagne wäre der Bundestagswahlkampf zugunsten der Union entschieden worden, hätte die SPD sich nicht dazu entschlossen, diesen Vorgang ans Licht zu holen und öffentlich zu fragen, was die Union und ihr Spitzenkandidat Rainer Barzel politisch für diese Unterstützung versprochen haben. Albrecht Müller.
Wir geben im Folgenden einen kleinen Teil der Anzeigen wieder. Sie sind der Dokumentation und Analyse des damaligen Wahlkampfs entnommen, die ich unter dem Titel „Willy wählen 72 – Siege kann man machen“ veröffentlicht habe. Siehe hier Albrecht Müller – Willy Wählen´72 (nachdenkseiten.de).
Hier finden Sie eine Übersicht über die Anzeigen der Union im Vergleich zu jenen der SPD im damaligen Wahlkampf und die Wiedergabe eines Vermerks an Willy Brandt mit dem Hinweis, dass die Hintermänner der Union bis zum 13. November 1972, also 6 Tage vor der Wahl, schon 16 Millionen DM ausgegeben hatten. Außerdem der Hinweis, dass in der Bild-Zeitung am 15. November acht Anzeigen auf einer Fläche von 3 3/4 Seiten zu einem geschätzten Preis von 450.000 DM erschienen waren. Ein unglaublicher Vorgang. Das zeigt ein bisschen die Dimension der damals laufenden Kampagne.
Nach der Wahl erschien dann bei rororo-aktuell eine Dokumentation der Anzeigen unter dem Titel „Klassenkampf von oben? oder Angstmacher von rechts“, herausgegeben von Jörg Richter. Wir dokumentieren das Cover, das Vorwort des Herausgebers und einen Text von mir unter dem Titel „Wir sind noch einmal davongekommen“. – Übrigens sieht man an dieser Veröffentlichung, dass es damals immerhin noch möglich war, dass ein renommierter Verlag eine solche Dokumentation veröffentlichte.