Ukraine-Krieg, Energiekrise, Rekordinflation: Wohl nie in den vergangenen Jahrzehnten gab es mehr gute Gründe für eine Linkswende. Allerdings braucht es dazu politische Kräfte, die den Menschen Mut und Hoffnung geben, sich gemeinsam gegen die drohende Massendeklassierung zur Wehr zu setzen. Die Linkspartei steht bestenfalls am Anfang, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den Widerstand auf der Straße zu mobilisieren. Uwe Hiksch, Sprecher des Marxistischen Forums und aktiv bei den NaturFreunden, wünscht sich eine Bewegungslinke, in der unterschiedliche Strömungen und Standpunkte positive Reibungsenergie freisetzen. Dann klappt’s auch mit dem heißen Herbst, meint er im Interview mit den NachDenkSeiten. Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.
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Herr Hiksch, als Sie 1999 aus der SPD austraten, um via PDS und WASG schließlich bei Die Linke zu landen, begründeten sie den Abschied von der Sozialdemokratie laut Wikipedia damit, nur einer Partei angehören zu können, die links und nicht die Mitte sei. Tragen Sie sich diesen Zeiten einer tief gespaltenen Linkspartei, der nicht wenige einen baldigen Untergang prophezeien, mit neuerlich Wechselgedanken – dahin, wo noch wascheechte Linke wirken?
Als „alter Sozialist“ kenne ich die Diskussion über den Untergang von Bewegungen seit fast 40 Jahren. Der Marxismus wurde mehr als einmal für tot erklärt. Trotzdem gibt es auch heute noch viele Millionen Menschen weltweit, die sich auf theoretische Grundlagen des Marxismus berufen.
Ich war fast 20 Jahre Mitglied der SPD und habe dort mit vielen linken Sozialdemokrat*innen aus unterschiedlichen politischen Traditionen zusammen gekämpft, gelitten und leider auch politisch gegen die Anpassung der SPD an den neoliberalen Zeitgeist verloren. In der SPD und insbesondere bei den Jusos habe ich gelernt, Unterschiede in der Herangehensweise an linke Politik auszuhalten und vor allem auch zu akzeptieren.
Und das hilft Ihnen heute, auch Die Linke auszuhalten?
So ist es. Trotzdem erlebe ich innerhalb der Partei leider eine Form der inhaltlichen Rigorosität, die ich für fatal halte. Die verschiedenen Parteiflügel rasen aufeinander zu, um sich gegenseitig zu besiegen, statt gemeinsam einen Konsens für eine fruchtbare Zusammenarbeit zu suchen. Die Linke hat es selbst in der Hand, ob sie verschwindet oder nicht. Wenn sie es nicht schafft zu verstehen, dass eine zukunftsfähige Linke in Deutschland von Bernd Riexinger, Janine Wissler und Sahra Wagenknecht gemeinsam zusammenarbeiten muss, dann ist ihre Zukunft zumindest gefährdet.
Wenn aber die Positionen so weit auseinanderliegen?
Auch ich bin ein in ökonomischen und klassenpolitischen Fragen festgelegter Marxist. Aber in den letzten 40 Jahren habe ich nie versucht, meine eigene Überzeugung als die einzig richtige durchzusetzen. Kompromisse und Zusammenarbeit oder das Suchen eines gemeinsamen Minimalkonsenses waren seit meinem 30. Lebensjahr wichtige Richtschnur für meine politische Arbeit. Nur Toleranz und das Zusammenführen unterschiedlicher linker Ansätze kann in eine positive und erfolgreiche Zukunft führen. Dabei will ich keinerlei Schuldzuweisungen vornehmen.
Ich weiß nur aus eigener Erfahrung bei den NaturFreunden, einer pluralistischen linken politischen Freizeitorganisation, dass gegenseitige Achtung für die unterschiedlichen Positionen die Grundvoraussetzung ist, um bestehen zu können. Das haben die NaturFreunde 1916 im Rahmen der Spaltung der parteiorientierten Arbeiter*innenbewegung gelernt und halten sich bis heute daran. Die Partei Die Linke sollte das auch lernen.
Sie meinen also, die Partei ist noch zu retten. Aber wie soll das gehen und vor allem mit welchen Leuten?
Ausdrücklich ja. Für mich hat Die Linke eine Zukunft, wenn sie politische Meinungen von Sahra Wagenknecht genauso toleriert wie politische Meinungen von radikalen Klimagerechtigkeitsaktivist*innen, Feminist*innen und identitär ausgerichteten Linken. Die Gemeinsamkeiten all dieser Gruppen in sozialen und ökonomischen Fragen sind viel größer als die kulturellen Unterschiede. Aktive in der Partei sollten akzeptieren, dass Menschen unterschiedliche Ausdrucksweisen in Sprache und Habitus haben, ohne ihnen dann sofort das „Linkssein“ abzusprechen.
Nehmen wir das aktuell heißeste vieler heißer Themen, bei denen die Linkspartei sich in Widersprüchen und Grabenkämpfen auf- und zerreibt: den Ukraine-Krieg und die Sanktionspolitik gegen Russland. Die lässt Wladimir Putin augenscheinlich ziemlich kalt, droht aber absehbar Millionen Menschen in Deutschland in Armut zu stürzen. Wie sähe in Ihren Augen eine „Solidarität“ mit den Ukrainern aus, die das Prädikat „links“ verdient?
Die derzeitige Außen- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist eine Katastrophe. Der grüne Wirtschaftsminister und die grüne Außenministerin tragen dafür eine Hauptverantwortung. Frau Baerbock verhält sich wie eine Aufrüstungsministerin und scheint unfähig zu sein, sich für Gespräche und Entspannungspolitik einzusetzen. Wer wie sie erklärt, dass „die Sanktionen Russland zerstören werden“, hat nicht verstanden, was die Aufgabe einer Außenministerin sein müsste.
Es waren Willy Brandt und Olof Palme, die in ihrem Wirken einer zukunftsfähigen Außenpolitik ihren Stempel aufgedrückt haben. Gerade in der heißesten Phase des Kalten Krieges in den 1970er Jahren haben sich beide für Gespräche, Abrüstung und Verhandlungen eingesetzt und damit dem KSZE-Prozess und der Durchsetzung von umfangreichen Rüstungskontrollverträgen mit den Boden bereitet.
Wenn Wirtschaftsminister Habeck zu verantworten hat, dass durch die Sanktionen und die Folgen der Außenwirtschaftspolitik allein Deutschland bis 2030 vielleicht 260 Milliarden Euro an Wertschöpfung verlieren wird und laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Jahresdurchschnitt 150.000 Personen weniger beschäftigt sein werden, ist eine solche Politik unverantwortlich.
Was also würde dann echte Solidarität gebieten?
Eine Politik der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und Russland müsste die Sanktionen beenden und sich für einen sofortigen Waffenstillstand einsetzen. Nicht ständige rhetorische Aufrüstung wie durch die Außenministerin und ständiges Drohen mit wirtschaftlichen Sanktionen, wie es der Wirtschaftsminister tut, sind eine verantwortliche Politik, sondern Aussöhnung und die Organisation von Friedensgesprächen. Von der politischen Linken erwarte ich, dass sie sich gemeinsam für eine Beendigung der Sanktionen gegen Russland, für einen Importstopp der klimaschädlichsten Form von Gas, dem LNG-Gas, einsetzt und sich gemeinsam gegen den Bau der neuen LNG-Terminals zur Wehr setzt. Akzeptieren kann ich, wenn die politische Linke unterschiedliche Positionen zur Inbetriebnahme von Nord Stream 2 hat. Sich hier aber gegenseitig vorzuwerfen, dass die jeweilig andere Position nicht „links“ sei, ist nicht zielführend.
Im herrschenden polit-medialen Diskurs heißt Solidarität, Kiew durch umfassende Aufrüstung zum Sieg gegen Putin zu verhelfen – ganz egal, wie lange das dauert und wie viele junge Ukrainer – und auch junge Russen – auf dem Schlachtfeld krepieren. Was entgegnen Sie dem Totschlagargument gegen jeden Ruf nach Diplomatie, mit dem Kremlchef wäre das eh nicht zu machen?
Der Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine ist völkerrechtswidrig. Trotzdem ist es unsere Aufgabe, deutlich zu machen, dass diese falsche Politik der russischen Regierung eine mehr als 20-jährige Vorgeschichte hat.
Wir NaturFreunde haben in einem Bundesausschuss mit nur einer Gegenstimme beschlossen, dass unsere Position, „Waffenexporte in Krisengebiete zu verbieten“, weiterhin richtig ist. Gleichzeitig haben wir gemeinsam beschlossen, dass wir die Bundesregierung auffordern, endlich zu einer Politik der Entspannungspolitik und der Diplomatie zurückzukehren. Hierfür haben wir einen Plan für den Frieden vorgeschlagen, für den sich die Regierung starkmachen muss. Die verbale und reale Aufrüstung von Kriegsparteien muss sofort beendet werden. Durch diese fatale Politik sind Deutschland und die EU faktisch Kriegspartei geworden. Das muss sofort aufhören.
Einfach gefragt: Heißt für Sie, links zu sein, in jedem Moment für den Frieden zu sein?
Ausdrücklich ja. Die NaturFreunde erwarten von der Bundesregierung, dass sie die geplante Anschaffung von neuen atomwaffentragenden Kampfflugzeugen sofort zurücknimmt und sich dem weltweiten atomaren Aufrüsten endlich verweigert. Mit ihrer Entscheidung, den US-amerikanischen Kampfjet F35 für die atomare Bewaffnung der Bundeswehr im Rahmen der nuklearen Teilhabe Deutschlands anzuschaffen, ist die Bundesregierung Teil des weltweiten Aufrüstungskartells der Atomwaffenstaaten. Gemeinsam mit der Friedensbewegung fordern wir von den NaturFreunden, die massive Aufrüstung der Bundeswehr zu beenden und das Zwei-Prozent-Ziel der NATO endlich offiziell aufzugeben.
Die NaturFreunde sind aber nicht Die Linke. In deren Reihen scheinen besagte Positionen kein Grundkonsens mehr zu sein. Ja, die Parteispitzen lehnen die 100-Milliarden-Aufrüstung der Bundeswehr ab und plädieren in puncto Ukraine für eine Verhandlungslösung. Sie sorgen sich aber dennoch um die Außendarstellung, dies könnte als Kapitulation vor Putin verstanden werden. Außerdem gibt es Absetzbewegungen von der lange Zeit ehernen Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der NATO. Das alles ist nicht Fisch, nicht Fleisch …
Die Forderung nach Frieden und Abrüstung, die Ablehnung von Waffenexporten und die Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der NATO haben nichts mit einer Kapitulation zu tun, sondern sind die einzig richtigen Schlussfolgerungen aus der ständig zunehmenden Aufrüstungsspirale. Ich hoffe, dass Die Linke bei der Friedensfrage ihre Position, die im Grundsatzprogramm festgelegt wurde, nicht verändert und sich weiterhin als antimilitaristische Kraft im Bundestag engagiert. Es ist für die Friedensbewegung eine wichtige Grundlage, dass es bisher im höchsten deutschen Parlament eine Fraktion gibt, die gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr gestimmt hat, die die Rüstungshaushalte der Bundesregierung bisher immer abgelehnt hat und die als antimilitaristische Stimme gut hörbar war. Ich hoffe, das bleibt auch so.
Die NaturFreunde Berlin waren neben der Sammlungsbewegung Aufstehen die treibende Kraft hinter einer Demonstration vor der Grünen-Parteizentrale in Berlin am vergangenen Montag, zu der rund 1.000 Teilnehmer erschienen waren. Motto: „Genug ist genug – Protestieren, statt frieren! Heizung, Brot und Frieden!“ War es eigentlich Zufall, dass die Linkspartei am selben Abend in Leipzig eine Kundgebung gegen die Verarmungspolitik der Bundesregierung mit fast deckungsgleichem Inhalt auf die Beine stellte, bei der immerhin 5.000 Menschen zusammenkamen?
Wir haben uns entschieden, sehr kurzfristig, auch zur Unterstützung der Demonstration in Leipzig in Berlin eine Protestkundgebung zu organisieren. Dabei hatte ich als Anmelder 300 Teilnehmer*innen angemeldet, gekommen sind über 1.000. Das war für die Kürze der Zeit ein voller Erfolg. Es ist uns dabei gelungen, ein breites Bündnis von linken Gruppen und Organisationen mit durchaus sehr unterschiedlichen Positionen zusammenzuführen. Wir haben uns in einer sehr solidarischen Atmosphäre auf einen gemeinsamen Aufruf geeinigt und dabei auch Punkte, in denen es keinen Konsens gab, aus dem Aufruf herausgelassen. Gleichzeitig haben wir uns darauf geeinigt, dass wir gegenseitig aushalten werden, wenn Redner*innen auf den Kundgebungen zu den unterschiedlichen Einschätzungen auch ihre jeweilig unterschiedliche Position vortragen.
Das Berliner Bündnis hat eine deutliche Schlagseite zum Lager von Sahra Wagenknecht. Da kann schon der Eindruck entstehen, man wolle dem Bundesvorstand die Show stehlen. Ist da gar nichts dran?
Das Bündnis wird sich an innerparteilichen Auseinandersetzungen der Partei Die Linke nicht beteiligen. Beim letzten Treffen des Bündnisses habe ich das Ziel formuliert, dass im Bündnis alle akzeptieren, dass Linke unterschiedlicher Richtungen und Strömungen solidarisch zusammenarbeiten. Das bedeutet für mich, dass bei Demos und Kundgebungen die verschiedenen linken Bewegungen und Strömungen zusammenkommen und ihre jeweiligen Unterschiede auch aushalten.
Also müssen bei unseren künftigen Aktionen natürlich auch die Vorsitzenden der Partei Die Linke genau wie der Vorsitzende der DKP reden können. Wir wollen, dass linke Sozialdemokrat*innen und oppositionelle Grüne bei unseren Aktionen mitmachen und auch reden können. Ich hoffe, dass wir Gewerkschafter*innen, Vertreter*innen von Sozialverbänden und Aktivist*innen antirassistischer und antifaschistischer Initiativen für Reden und gemeinsame Zusammenarbeit erreichen werden. Genauso bin ich dafür, Sahra Wagenknecht oder auch Klaus Ernst als Redende einzuladen.
Bleibt die Frage, ob die Genannten das auch alle wollen?
Hier bin ich skeptisch. Aber wir müssen das auf jeden Fall versuchen, wenn wir nicht zulassen wollen, dass aufgrund des innerlinken Streites die Rechten immer mehr das öffentliche Terrain besetzen können. Ich habe aus den unsäglichen Kämpfen der politischen Linken in den 1920er Jahren für mich den Schluss gezogen, dass es darum gehen muss, nicht zu spalten, sondern zusammenzuführen.
Vor allem die Leipziger Demo hatte etwas von der Quadratur des Kreises: Die Redner begehrten wortgewaltig gegen die unsoziale Krisenpolitik der Ampelregierung mit Gaspreisexplosion, Rekordinflation und Belehrungen in Sachen Energiesparen auf, schwiegen aber zu den Wirtschaftssanktionen gegen Moskau, also zur zentralen Ursache der Misere. Haben Sie nicht Sorge, dass die Partei sich damit lächerlich macht?
Wir werden nur stark werden, wenn wir die große Spannbreite linken Denkens in unsere Demonstrationen integrieren und so den von den sozialen Verwerfungen bedrohten Menschen eine Einladung zur gemeinsamen Demonstration aussenden. Dabei müssen wir auch aushalten, dass die Teilnehmenden unterschiedliche Positionen haben zur Frage der Sanktionen.
Ihr Eifer für Zusammenhalt in Ehren. Aber ist das nicht der zentrale Widerspruch, der manche linke und neuerdings auch linkssozialdemokratische Einlassung gegen die Verarmungspolitik der Regierung ziemlich hohl klingen lässt? Von wegen: „Weg mit Gasumlage, aber schön weiter sanktionieren.“ Das geht einfach nicht zusammen …
Ich bin persönlich für die Aufhebung der Sanktionen, weil sie den Menschen in Russland, den Menschen im globalen Süden, genauso wie den Menschen in der EU schaden. Gleichwohl ist das im Bündnis bislang nicht konsensfähig und das respektiere ich.
Aber das letzte Wort ist in der Frage nicht gesprochen?
Wer sich weltweit die Außen- und Wirtschaftspolitik der Staaten in Afrika, Asien, Südamerika anschaut, sieht sehr schnell, dass Europa und die USA dabei sind, sich mit ihrer Politik zu isolieren. Dies kann und wird nicht das letzte Wort sein.
Erfreulich ist, dass mit den namentlich linken Aktionen ein Zeichen gegen die Querfront-Spaltungsstrategie von Regierenden und Massenmedien gesetzt wurde. In der Pandemiehochphase galt ja für jede Menschenansammlung ein polit-ideologischer Dresscode, womit selbst linke Zeitgenossen, die gegen Corona-Maßnahmen oder Massenimpfungen waren, zu Nazis und Verschwörungsmystikern gestempelt wurden. Wird die Linke diesmal nicht in die Falle tappen, in der jeder Regierungskritiker gleich zum Staatsfeind mutiert?
Ich habe zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung eine andere Einschätzung wie manch andere Aktive in der Sozialprotestbewegung. Dies wird sich auch nicht ändern. Wenn wir jedoch in den nächsten Monaten eine breite Bewegung organisieren wollen, dürfen wir das Thema „Wie stehe ich persönlich zum Impfen“ nicht als Prinzipienfrage aufbauen. Ich bin ein Befürworter des Impfens und habe in meinem Umfeld auch für die Maßnahmen geworben. Für mich ist es selbstverständlich, wenn ich gebeten werde, eine Maske zu tragen, wenn sich mein Gegenüber dadurch sicherer fühlt. Auch in Bahnen und Bussen trage ich selbstverständlich eine Maske. Ich wehre mich jedoch dagegen, anhand der Frage des Impfens oder des Maskentragens eine Links-Rechts-Debatte zu führen.
Heißt das, auch „Putinversteher“, knallharte Sanktionsgegner und Menschen, die Wolodymyr Selenskyj für einen US-Pappkameraden halten, sind bei Ihnen willkommen?
Diese Begriffe würde ich nicht benutzen. Bei den Demonstrationen und Kundgebungen sind aber ausdrücklich Menschen willkommen, die sich gegen die unverantwortliche Politik der Bundesregierung wehren. Die jeweilig unterschiedlichen Analysen zu Russland oder der Entwicklung in der Ukraine müssen wir dabei aushalten.
Gemeinsam mit den vielen Aktiven im Bündnis will ich erreichen, dass soziale Proteste eine emanzipatorische und aufklärerische Entwicklung nehmen, international ausgerichtet sind und keinen deutschen Chauvinismus zulassen. Mein Ziel ist, den Rechten nicht die Straße zu überlassen.
Was nehmen Sie an Hoffnung und Mut von den Vorgängen vom Montag mit und wird der Herbst heißer, als die Bundesregierung es sich ausmalt?
Ob es ein heißer Herbst wird, hängt maßgeblich von dem Verhalten der verschiedenen linken Gruppen und Organisationen ab. Schaffen sie es, gemeinsam für eine andere Politik auf die Straße zu gehen und sich nicht gegenseitig auszugrenzen, dann bin ich optimistisch, dass wir einen heißen Herbst erleben können. Ich jedenfalls werde mich aktiv dafür einsetzen, dass sich die Herrschenden in diesem Land warm anziehen müssen und sich nicht mehr trauen, die heute schon Ausgegrenzten und Benachteiligten zu weiteren Einschränkungen aufzufordern.
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Zur Person: Uwe Hiksch, Jahrgang 1964, ist Bundesvorstandsmitglied bei den NaturFreunden Deutschlands, Vizechef des Landesverbands Berlin und Vorsitzender der Ortsgruppe Adelante. Er kommt aus der Antiatom-, Friedens- und Umweltbewegung und bekleidete seit Anfang der 1980er-Jahre mehrere Ämter bei der SPD, aus der er nach mehreren Jahren als Bundestagsabgeordneter 1999 austrat, um zur damaligen PDS-Fraktion überzuwechseln. Für die SED-Nachfolgepartei fungierte er 2002 bis 2003 als Bundesgeschäftsführer, danach engagierte er sich bei der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) und seit mehr als zehn Jahren ist er Sprecher des Marxistischen Forums in der Partei Die Linke.