Gestern ging die European Championship zu Ende. Mit stundenlanger Übertragung des ZDF, durchaus gut gemacht. Seit Beginn dieser Veranstaltung am 11. August haben vermutlich Millionen Europäer zusammengenommen Millionen Stunden diesen Sportwettbewerb verfolgt. Und allen ist unterschwellig eingebrannt worden, Russland gehöre nicht zu Europa. Dass russische Sportler nicht dabei waren, wurde gestern – nach meiner Wahrnehmung – nicht erwähnt. Aber so etwas läuft auch ohne ausdrückliche Artikulation. Wir sind Europa – Deutsche, Franzosen, Polen, Ukraine, Briten usw. – und die Russen (und Weißrussen) gehören nicht dazu. Albrecht Müller.
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Zur erwähnten Meinungsprägung passt auch noch anderes, was gerade und ähnlich immer wieder auf den Tisch kommt – die folgende Schlagzeile bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 21. August 2022 quer über die 1. Seite:
Das ist eine dämliche rassistische Agitation
Es ist wie in alten Zeiten. Die Angriffe auf die als Gegner ausgeguckten Völker werden personalisiert: „die Russen“. – Haben wir „die Amerikaner“ oder „die Amis“ gesagt, als wir hörten, das Handy der deutschen Bundeskanzlerin sei vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden? Bei Russland machen wir das, ohne Hemmungen und mit Eifer.
Das ist ein Beispiel von vielen. Nahezu jeden Tag begegnet uns dieser aus alten Zeiten übernommene Hass auf ein anderes Volk. Offensichtlich ist dieser Rassismus tief verwurzelt in deutschen Medien und im deutschen Volk. Andernfalls würde die FAS beim Versuch ihrer Stimmungsmache nicht darauf zurückgreifen.
Ähnlich klingt es in einer heute von der „Rheinpfalz“ auf der 1. Seite wiedergegebenen afp-Meldung. Die Hauptschlagzeile auf der 1. Seite bringt die ungeheuerlich große Neuigkeit:
Selensky ruft Ukraine zum Zusammenhalt auf.
Der Text beginnt dann so, Fettung von mir:
„Russland könnte in der kommenden Woche etwas besonders Widerwärtiges und Gewalttätiges unternehmen“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache.
So läuft Stimmungsmache in den deutschen Medien, in den Printmedien wie hier auf der 1. Seite genauso wie in der „Tagesschau“. Gehen Sie öfter mal auf tagesschau.de und blättern von oben nach unten durch. Das lohnt sich, wenn man die Struktur von Manipulationen erkennen will. Auch bei Spiegel Online wird Stimmung gemacht. Dort war gestern zu lesen:
Selenskyj warnte, dass Russland den Unabhängigkeitstag für besondere Brutalität nutzen könnte. »So ist unser Feind. Schon in jeder anderen Woche dieses halben Jahres hat Russland so etwas Ekelhaftes und Grausames ständig getan«, sagte Selenskyj. Unter anderem verwies er auf den »russischen Terror« im Gebiet Charkiw und im Donbass, wo es täglich Raketen- und Artillerieangriffe gibt.
Widerwärtiges, Gewalttätiges, besondere Brutalität, Ekelhaftes und Grausames – das Verteilen dieser Etiketten hat unterschwellig den angenehmen Effekt, dass die Etikettenverteiler – im konkreten Fall die Ukraine und insgesamt der Westen als die Guten erscheinen. Das ist ein beliebter Trick, um über die Sauereien im eigenen Lager besser hinwegschauen zu lassen. Wie in Großbritannien Corbyn abserviert wurde, wahrlich nicht auf demokratische Weise; wie in Frankreich die Gelbwesten niedergeknüppelt wurden; wie in Deutschland Menschen, die kritisch denken und die auch Querdenken als Tugend verstehen, in einem Dauerfeuer zu Rechtsextremen und Feinden der Demokratie abgestempelt werden; wie Polen mit Flüchtlingen umgeht usw. – alle diese fragwürdigen Erscheinungen auch im Westen verschwinden hinter der als brutal und miserabel dargestellten Realität in Russland. Das funktioniert nach der Manipulationsmethode „Wippschaukeleffekt“ – der Nr. 9 der in „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst“ beschriebenen und analysierten Manipulationsmethoden.
P.S.: Die neuesten Meldungen zur Verweigerung von Visa für Russen gehen in die gleiche Richtung, so zum Beispiel in der Bild-Zeitung von heute:
VORBILD ESTLAND
Immer mehr Politiker fordern Urlaubs-Stopp für Russen
Dürfen russische Touristen in der EU entspannen, während russische Soldaten ein europäisches Land in Schutt und Asche legen?
Länder wie Polen, Lettland, Finnland und Dänemark wollen das nicht länger hinnehmen und bestehen darauf, Visa für russische Reisende zu stoppen. Eine Entscheidung soll Ende August auf EU-Ebene fallen.
Doch Deutschland sperrt sich gegen ein strikteres Vorgehen. Ein Sprecher der Bundesregierung sagte BILD, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei „nicht dafür, einen solchen generellen Bann zu verhängen“, allerdings habe er „Verständnis für die Debatte“. …
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