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  1. Olaf Scholz und die manipulierte Aufklärung: Ein U-Boot für den Cum-Ex-Kanzler
  2. Zukunft ruinieren: Kinderarmut und Krieg
  3. Kubicki für Öffnung der Pipeline Nord Stream 2
  4. »Es braucht ein Aufbegehren«
  5. Diese Konzerne wollen Geld aus der Gas-Umlage – und verdienen gleichzeitig Milliarden
  6. Gas ist nicht gleich Gas
  7. Habeck, der Entzauberte
  8. Lindners Taschenspielertrick
  9. Vorwurf der Volksverhetzung: Berliner Polizei ermittelt gegen Abbas
  10. Corona: Rupp rechnet mit keiner neuen Virusvariante
  11. Impfpflicht: „Karlsruhe lässt dem Staat völlig freie Hand“
  12. Mehr Mängel in privaten als in gemeinnützigen Pflegeheimen? Zahlen aus Bremen zur Kommerzialisierung des Pflegesektors
  13. Crowdworking: Ständig bereit für 90 Cent Stundenlohn
  14. Zurück auf Los (II)

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Olaf Scholz und die manipulierte Aufklärung: Ein U-Boot für den Cum-Ex-Kanzler
    Heute muss der Kanzler wieder vor den Cum-Ex-Ausschuss. Die Lage ist bizarr: Für die Vorbereitung der Zeugenvernehmung ist sein Ex-Mitarbeiter verantwortlich.
    Freitag, 12. März 2021. Der erste Eklat erschüttert den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) „Cum-Ex-Steuergeldaffäre“ in Hamburg. Dabei hat das Gremium seine Arbeit noch gar nicht richtig aufgenommen. Es ist die vierte Sitzung, Zeugen wurden bisher nicht vernommen, nicht einmal die notwendigen Unterlagen für die Aufarbeitung liegen vor. Der Senat blockiert die Herausgabe seit Wochen.
    Im Zentrum steht jener Skandal, der Olaf Scholz seit seiner Zeit als Erster Bürgermeister in Hamburg verfolgt. Es geht um die Frage, warum Hamburgs Behörden der Privatbank M.M. Warburg & CO die Rückzahlung ergaunerter Cum-Ex-Millionen erlassen wollten und ob dies mit aktiver Billigung des heutigen Bundeskanzlers passiert ist.
    Eine Personalie sorgt für Unmut in der Opposition. Carsten Ernst, seit dem 1. März stellvertretender Leiter des PUA-Arbeitsstabs, steht unter Verdacht, ein U-Boot im Dienste des Hauptverdächtigen zu sein oder mindestens in einem Interessenkonflikt zu stehen.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Cum-Ex: Die Spur des Geldes und der Bundeskanzler
    Als Olaf Scholz noch Erster Bürgermeister in Hamburg war, verzichtete seine Finanzbehörde auf eine Rückforderung über 47 Millionen Euro an die Warburg Bank im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften. Das könnte den heutigen Bundeskanzler noch einholen, kommentiert Fabio De Masi. In regelmäßigen Abständen schreibt der ehemalige Abgeordnete und Wirecard-Aufklärer für Finance Forward über aktuelle Finanz- und Fintechtrends. Mit dem Cum-Ex-Skandal setzt er sich bereits seit Jahren auseinander.
    Niemand wird in den Vorstandsetagen deutscher Banken und in der Politik mehr gefürchtet als die Kölner Staatsanwältin Anne Brorhilker. Die Frau, die hinter der Brille und ihrem freundlichen Lächeln eher an eine belesene Bibliothekarin erinnert, nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie nennt Cum-Ex-Aktiendeals Organisierte Kriminalität.
    Denn Banken oder Fonds haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragssteuer, die auf Dividenden anfällt, die Inhaber von Aktien kassieren. Das soll eine doppelte Besteuerung vermeiden, etwa weil die Gewinne bereits im Ausland besteuert wurden.
    Das hat institutionelle Investoren zu einem kreativen Cum-Ex-Aktien-Karussell verleitet. Anders gesagt: Ich gebe eine Flasche Bier im Supermarkt ab, kopiere den Pfandbon und schicke meine Freunde zur Supermarktkasse, um mehrfach abzukassieren. Mit dem Unterschied, dass es um Milliarden geht.
    Quelle: FFWD

  2. Zukunft ruinieren: Kinderarmut und Krieg
    Michael Klundt ist Professor für Kinderpolitik an der Hochschule Magdeburg-Stendal
    Die damalige Familienministerin »Dr.« Franziska Giffey sprach einst im Bundestag von vier Millionen armen Kindern in Deutschland, die sie durch ihr Starke-Familien-Gesetz von 2019 aus der Armut holen wollte. Dem Mitarbeiterstab der Ministerin schien dieses Versprechen doch etwas zu vollmundig zu sein, so dass kurzerhand im Bundestagsprotokoll aus vier Millionen nur noch zwei Millionen arme Kinder gemacht wurden. Eine beachtliche Armutshalbierung innerhalb weniger Tage. (…)
    Dass es Kinderarmut im reichen Deutschland gibt, wird nur noch von den üblichen Spitzenverdienern bestritten, die den Armen erklären, wie man auch mit wenig Geld heizen, essen, lernen und duschen kann. Sie sind es auch in den letzten Monaten gewesen, die forderten, »für die Freiheit zu frieren«, »Russland zu ruinieren« und dem Kreml-Chef »den Gashahn abzudrehen«. Nachdem sie nun mit ihren Sanktionen, ihrem Wirtschafts- und Stellvertreterkrieg erfolgreich die Energieversorgung und den Lebensstandard der Bevölkerung Deutschlands – ohne die geringste Verbesserung der Lage der ukrainischen Zivilbevölkerung – verteuert haben, behaupten sie, die wachsende Kinderarmut sei eine »wirtschaftliche Folge des Krieges in der Ukraine« (siehe FR-Interview), was nicht einmal die halbe Wahrheit beinhaltet. Gern werden in Politik, Medien und Wissenschaft auch sonst Ursachen und Anlässe von (Kinder-)Armut verwechselt.
    Quelle: junge Welt
  3. Kubicki für Öffnung der Pipeline Nord Stream 2
    Zur Verbesserung der Gasversorgung hat sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki für die Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 ausgesprochen. “Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen”, sagte Kubicki dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). Es gebe “keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen”.
    Quelle 1: Handelsblatt
    Quelle 2: RND

    Anmerkung André Tautenhahn: Realpolitik, Teil 3. Nachdem Nikolaus Blome im Spiegel am Montag den Anfang machte und vorschlug, den „Spieß umzudrehen“, Olaf Scholz aus Norwegen wie erwartet mit leeren Händen zurückkam, nun Wolfgang Kubicki mit der klaren Forderung. Nord Stream 2 ist kein Tabu mehr, kann es auch nicht sein. Die Versorgungssicherheit erreicht man nicht durch illusorische Sparvorgaben bei gleichzeitig weiter steigenden Preisen. Den Preisschock dämmt man auch nicht mit einer Senkung der Umsatzsteuer ein, obwohl darin einige wiederum eine signalgebende Verbilligung (sic!) sehen (hier und hier. Die mutwillig herbeigeführte Gasknappheit muss beendet werden. Oder wie Jens Berger in seinem Artikel Wer über bezahlbare Energie spricht, darf zum Krieg gegen Russland nicht schweigen schreibt: „Langfristig bezahlbare Energiepreise sind nicht gegen, sondern nur mit Russland hinzubekommen.“

  4. »Es braucht ein Aufbegehren«
    »Heißer Herbst«: Die Linke ruft zu Montagsdemonstrationen auf. Ein Gespräch mit Sören Pellmann
    Sören Pellmann ist Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke und Ostbeauftragter seiner Fraktion […]
    Nachdem bekannt wurde, wie hoch die sogenannte Gasumlage sein soll, haben Sie zu Montagsdemon­strationen aufgerufen, für die der 5. September den Auftakt bilden soll. Warum braucht es die jetzt wieder?
    Wir stehen vor einem »heißen Herbst« und einem womöglich kalten Winter. Ein Großteil der Bevölkerung wird von den Steigerungen bei den Strom-, Gas-, Sprit- oder Lebensmittelpreisen erdrückt. Alles geht durch die Decke, und die Ampelkoalition ist nicht in der Lage oder nicht willens, etwas dagegen zu tun. Deswegen braucht es jetzt ein Aufbegehren.
    Mit wem wollen Sie gemeinsam auf die Straße gehen?
    Wir arbeiten an einem breiten Aufruf und gehen auf Menschen aus der Zivilbevölkerung ebenso zu wie auf Organisationen, die Erfahrungen mit Demonstrationen haben. Es wird einen Konsens geben, unter dem sich dann alle versammeln müssen: Rassisten und Neonazis haben bei uns nichts zu suchen. (…)
    Die Bundesregierung erzählt den Leuten, Russlands Präsident Putin sei an den Preissteigerungen hierzulande schuld – und nicht die eigene Sanktionspolitik. Wie argumentieren Sie?
    Schon vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hatten wir eine Inflation. Die Bundesregierung könnte sofort die Preise deckeln und eine Übergewinnsteuer einführen, um mit den Einnahmen Entlastungen zu finanzieren. Wenn ich mir die Gewinne und Aktienkurse der Unternehmen ansehe, die von dem Krieg und seinen Folgen profitieren, kann ich mir nur noch an den Kopf fassen. So geht es vielen Menschen in diesem Land. (…)
    Was ist das Ziel Ihres Protests?
    Im Winter soll niemand wegen Kälte seine Wohnung verlassen müssen oder sich Nahrungsmittel nicht mehr leisten können. Zudem sollen die Demonstrationen auch dazu dienen, die beiden sich vielleicht noch als links verstehenden Koalitionspartner, SPD und Grüne, dazu zu bewegen, sich nicht mehr von FDP-Finanzminister Lindner auf der Nase herumtanzen zu lassen. Das kann man nur, wenn man einen starken gesellschaftlichen Druck erzeugt.
    Quelle: junge Welt
  5. Diese Konzerne wollen Geld aus der Gas-Umlage – und verdienen gleichzeitig Milliarden
    Die Gas-Umlage wird den Staat Milliarden kosten. Sie soll Importeure vor der Krise retten. Dabei machen die meisten Unternehmen auf der Liste mehr Gewinn als vorher.
    Die neue Gasumlage soll Importeure nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) trotz ausbleibender Lieferungen aus Russland vor dem Zusammenbruch bewahren. Von den insgesamt zwölf Konzernen, die nach ersten Schätzungen mit 34 Milliarden Euro unterstützt werden sollen, sind nach Handelsblatt-Recherchen aber die wenigsten auf staatliche Hilfe angewiesen. Ganz im Gegenteil: Die meisten stehen beim Blick auf die Zahlen ziemlich gut da.
    Um welche Unternehmen es sich handelt, darf die Bundesregierung nach eigener Aussage mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis nicht verraten. Doch haben die Recherchen des Handelsblatts ergeben, dass neben dem Gasimporteur Uniper, der EnBW-Tochter VNG und dem Regionalversorger EWE auch der Importeur Sefe (ehemals Gazprom Germania), die österreichische OMV und das Schweizer Handelsunternehmen Axpo Mehrkosten die Umlage geltend gemacht haben. Das bestätigten die Unternehmen auf Anfrage.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der deutsche Gasverbraucher wird also gleich mehrfach belogen und betrogen und zahlt für die Übergewinne der Konzerne einen Zuschlag.

  6. Gas ist nicht gleich Gas
    In der aktuellen Erdgasdiskussion wird meist übersehen, dass es in Deutschland H-Gas und L-Gas mit unterschiedlichen Brennwerten und daher getrennten Leitungsnetzen gibt.
    Während es sich beim Gas aus den Niederlanden, wo die förderbaren Vorräte in den nächsten Jahren zur Neige gehen um L-Gas (Low calorific gas) handelt, kommt das H-Gas (High calorific gas) mit einem höheren Brennwert aufgrund seines höheren Methangehalts überwiegend aus Norwegen und Russland. Bei einem Wechsel von einer Gasart zur anderen müssen die Düsen von Heizungsthermen und Gasherden angepasst werden, wofür man Fachleute benötigt, welche die Umstellung vornehmen.
    Da Gas nach Volumen verkauft wird, würde ein Kunde, der unvermittelt L-Gas statt H-Gas erhält, weniger Energie erhalten, als er bezahlt. Etwa drei Viertel der deutschen Haushaltskunden wird derzeit mit H-Gas versorgt.
    Wie hoch der aktuelle Gasbrennwert ist, hängt von der Zusammensetzung des gelieferten Gases ab. Enthält dieses viel Methan, ist der Wert üblicherweise höher, d.h. der Brennstoff transportiert mehr Energie. Machen inerte Gase wie Stickstoff oder Kohlendioxid, die nicht verbrannt werden können, einen größeren Teil des Gasvolumens aus, ist der Brennwert geringer.
    Heizungen gewinnen dann auch unter optimalen Bedingungen weniger Energie und verbrauchen mehr Gasvolumen. Da sich die Zusammensetzung des Rohstoffs je nach Herkunft ändert, müssen Netzbetreiber einmal im Monat den Gasbrennwert ermitteln. Dies wird besonders bei der Einspeisung von LNG wichtig, weil die Zusammensetzung des Gases von Schiff zu Schiff wechseln kann.
    Quelle: Telepolis
  7. Habeck, der Entzauberte
    Der grüne Wirtschaftsminister galt als bester Krisenerklärer. Doch bei der von ihm auf den Weg gebrachten, wenig gerechten Gasumlage wirkt es so, als wisse er selbst nicht mehr genau, was richtig ist. (…)
    Und es stimmt auch einfach nicht, was Habeck am Montag sagte, dass die Gasumlage die »gerechteste« aller Lösungen ist: Warum bitte soll nur die Hälfte der Deutschen – die Gaskunden – für die jahrzehntelange verfehlte Energiepolitik der Regierungen Gerhard Schröders und Angelas Merkels bezahlen?
    Also Gaskunden, die oft in Mehrfamilienhäusern gar keine Wahl haben, mit welchem Brennstoff geheizt wird? An der Gasversorgung hängen nicht nur Privatleute, sondern Chemieindustrie, Stahlindustrie, systemrelevante Einrichtungen wie Krankenhäuser. Ein Ausfall würde alle hart treffen. Warum sollen nur Gaskunden verantwortlich sein?
    Und wie kann es sein, dass der Energiemarkt quasi vor dem Zusammenbruch steht, wie Habeck behauptet, wenn doch Energiefirmen wie RWE und Shell Rekordgewinne machen? Bisher haben zwölf Firmen Hilfsgelder beantragt, bekannt ist vor allem Uniper, der größte Gasimporteur Deutschlands, der fast komplett von russischen Lieferungen abhängig war und Milliarden durch das Ende von Nord Stream 2 verloren hat. Im weitesten Sinne kann man sagen: Die Politik von Schröder und Merkel hat Uniper ruiniert, zahlen dürfen die Bürger. Man kennt das Prinzip bereits aus der Finanzkrise: Gewinne werden privatisiert, Verluste von allen getragen.
    Das Bittere ist, dass die Debatte über die Gasumlage ja nur ein Vorspiel ist für die weiteren Preissteigerungen und Nachzahlungen, die in den nächsten Wochen drohen. (…)
    Als Habeck am Montag die Gasumlage erklärte, sagte er: »Wir wissen, dass wir mit vielen Zumutungen leben und arbeiten müssen, aber wir wissen doch auch, warum wir das tun.« Wissen wir das wirklich? Wissen das die Leute, die in diesen Tagen vierstellige Nachzahlungsforderungen von ihren Vermietern im Briefkasten haben? Die in Neuruppin protestieren? Weiß es die brandenburgische Finanzministerin der SPD, die offen die Sanktionen gegen Russland infrage stellt?
    Die Risse zeigen sich gerade überall, sie sind mit schönen Worten nicht mehr zu überspielen.
    Quelle: Sabine Rennefanz in DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Diese deutliche Kritik ist sogar im “Spiegel” zu lesen. Aber wieso soll die Politik von Schröder und Merkel Uniper “im weitesten Sinne” ruiniert haben? Dafür ist doch vielmehr die Politik der jetzigen Ampelkoalition verantwortlich – und die erhält aus der Opposition (insbesondere den Unionsparteien) weitgehend Unterstützung für ihren Kurs gegen Russland.

  8. Lindners Taschenspielertrick
    Der Finanzminister begründet seine Sparpolitik damit, doch die Geschichte von der Einhaltung der Schuldenbremse ist ein Märchen.
    Am 1. Juli veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 2023. Vorgesehen ist eine Kürzung des Bundeshaushalts um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – ein ebenso drastischer wie absurder Sparkurs angesichts der Herausforderungen, mit denen sich Staat und Gesellschaft konfrontiert sehen.
    Insgesamt umfassen die Sparmaßnahmen 50 Milliarden Euro. Wenn man die geplanten Mehrausgaben für die Bundesschuld in Höhe von 13 Milliarden Euro zu diesen Einschnitten hinzurechnet, ergeben sich Gesamtkürzungen von über 63 Milliarden Euro. Der Etat des Verkehrsressorts etwa wird trotz des desolaten Zustands der Bahn und aller Versprechungen hinsichtlich einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur um über eine Milliarde Euro gekürzt.
    Gleichzeitig dient der Sparkurs der Regierung manchen Ministerinnen als Vorwand, um Mittel aus politischen Motiven umzuverteilen. Das FDP-geführte Bildungsministerium etwa hält trotz einer geplanten Budget-Erhöhung bereits bewilligte Projekte auf, unter anderem Förderlinien zu den sozialen Folgen der Coronapandemie sowie zu Rechtsextremismus und Rassismus. Die Mittel für das von den Grünen geführte Auswärtige Amt wiederum wurden um 10 Prozent reduziert, was sich auch in drastischen Kürzungen beim Deutschen Akademischen Austauschdienst niederschlägt.
    Quelle: Jacobin
  9. Vorwurf der Volksverhetzung: Berliner Polizei ermittelt gegen Abbas
    Die Berliner Polizei ermittelt einem Zeitungsbericht zufolge gegen Palästinenserpräsident Abbas wegen dessen Holocaust-Aussage im Bundeskanzleramt. Demnach gehe die Polizei einem Anfangsverdacht der Volksverhetzung nach.
    Der Holocaust-Vorwurfs von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gegen Israel ruft nun auch die Berliner Polizei auf den Plan. “Das Ermittlungsverfahren wegen Anfangsverdachts der Volksverhetzung gem. § 130 Strafgesetzbuch wird in einem Fachkommissariat des Landeskriminalamtes bearbeitet”, sagte eine Sprecherin der Polizei gegenüber der “Bild”-Zeitung.
    Der Strafrechtler Udo Vetter sagte dem Blatt: “Im Ergebnis ist ein Anfangsverdacht wegen Verharmlosung der NS-Gewaltherrschaft nicht von der Hand zu weisen.”
    Quelle: tagesschau

    dazu: Scholz verurteilt erneut Holocaust-Aussage
    Nach der Holocaust-Aussage von Palästinenserpräsident Abbas hat Kanzler Scholz mit Israels Premier Lapid telefoniert und sich erneut klar gegen Abbas’ Äußerungen gestellt.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat heute mit dem israelischen Regierungschef Jair Lapid telefoniert. In dem Gespräch verurteilte Scholz nach Angaben seines Sprechers erneut die Holocaust-Äußerungen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung Albrecht Müller: Jetzt sind sie alle durchgeknallt, die Berliner Polizei genauso wie der Bundeskanzler. Richtig ist, dass der Palästinenserpräsident mit dem Wort Holocaust das falsche Wort gewählt hat. Richtiger wäre gewesen, von Terror zu sprechen. Dabei hätte Abbas sich zum Beispiel auf den israelischen Historiker und Autor Ilan Pappe beziehen können. Er hat in seinem Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ beschrieben, wie Vertreibung durch Terror geht. Bei Thalia gibt es eine treffende Beschreibung dieses Buches:

    Beschreibung
    Ilan Pappe beschreibt, wie der militärische Konflikt in den Jahren 1947 bis 1949 in eine systematische Politik Israels übergegangen ist, die bis heute einen Frieden in Palästina verhindert.
    Zwei Monate vor dem Ende der britischen Verwaltung Palästinas im Auftrag der UN, am 10. März 1948, trifft sich im Roten Haus in Tel Aviv, dem Hauptquartier der Untergrundmiliz Hagana, eine Runde hochrangiger zionistischer Politiker. Eingeladen hat David Ben Gurion, später Ministerpräsident Israels. Mit dabei Yigal Allon (später Außenminister), Moshe Dayan (später Verteidigungs- und Außenminister), Yigael Yadin (später stellvertretender Ministerpräsident), Yitzchak Rabin (später Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger). Sie verabreden die Endfassung eines Masterplans zur Vertreibung der arabischen Bevölkerung: „Plan Dalet“ (Plan D). Das Land – nur zu elf Prozent im Besitz der jüdischen Einwanderer, die nicht einmal ein Drittel der Einwohner stellen – soll systematisch freigemacht werden für eine endgültige jüdische Besiedelung, und hierzu ist jedes Mittel recht.

    „Wer den Kernkonflikt im Nahen Osten besser verstehen will, sollte das mit viel Herzblut geschriebene Buch von Ilan Pappe lesen.“ Marcel Pott im Deutschlandfunk

    Dem Bundeskanzler und der Berliner Polizei wäre die Lektüre ebenfalls zu empfehlen. Wir Deutschen haben den Juden, unseren Mitbürgern in Deutschland, und Juden in aller Welt Schreckliches angetan. Das nennt man mit Recht Holocaust. Aber wir können dieses Verbrechen doch nicht dadurch tilgen oder wiedergutmachen, dass wir die miserable Behandlung der Palästinenser durch Israel schönreden oder vergessen machen.

  10. Corona: Rupp rechnet mit keiner neuen Virusvariante
    Der Lübecker Virologe Rupp spricht sich dafür aus, dass die Quarantäneregeln gelockert werden und dass den Menschen die Entscheidungsfreiheit ein Stück weit zurück gegeben wird.
    Professor Jan Rupp, der Direktor der Klinik für Infektiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck ist, geht nicht davon aus, dass im Herbst eine andere Virusvariante als Omikron auftauchen wird, entsprechend planbar seien auch die Maßnahmen für die anstehenden Monate, so der Virologe. “Was spannend ist, ist in das europäische Ausland zu gucken: Frankreich, Österreich.” Wie in diesen Ländern, erwarte er auch in Deutschland weitere Lockerungen. Konkret spricht die Rupp dafür aus, dass die Quarantäneregeln gelockert werden und dass den Menschen die Entscheidungsfreiheit ein Stück weit zurück gegeben wird: Wer krank sei, solle zu Hause bleiben, aber das solle nicht an einem Test festgemacht werden.
    Quelle: NDR
  11. Impfpflicht: „Karlsruhe lässt dem Staat völlig freie Hand“
    Die Juristin Jessica Hamed über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtshofs zur Masern-Impfung und seine grundsätzliche Bedeutung. […]
    Müsste nicht – zu Ende gedacht – eigentlich auch von jedem, der eine Schule oder einen Kindergarten betritt, ein Impfausweis verlangt werden?
    Das Gericht betont auch hier den weiten Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers. Zwingend ist die Überlegung nicht, da die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bei einem regelmäßigen, stundenlangen Aufenthalt höher ist, sodass sich der Verzicht auf ein absolutes Betretungsverbot rechtfertigen lässt. Ich gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht aber auch ein weitergehendes Verbot für rechtmäßig erachten würde, da es schon bei den Corona-Entscheidungen (Bundesnotbremse und einrichtungsbezogene Impfpflicht) darauf verzichtet hat, dem Gesetzgeber Grenzen zu setzen. […]
    Gibt es einen Trend bei Höchstgerichten, der sagt: Der Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit steht über dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit?
    Das BVerfG beruft sich im Zusammenhang mit der hier angeblich bestehende Schutzpflicht auf seine Entscheidungen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht (Rn. 107) und zur Bundesnotbremse (Rn. 146). Die beiden höchstrichterlichen Corona-Entscheidungen stellten eine Zäsur im Verfassungsrecht dar und läuteten einen Paradigmenwechsel ein.
    Zum einen weitete das BVerfG die – grundsätzlich bestehenden – Schutzpflichten des Staates bis in das allgemeine Lebensrisiko hinein aus und zum anderen setzt es dem staatlichen Handlungsspielraum faktisch keine Grenzen. Diese Linie setzt sich nun fort und es stellt sich die Frage, wie weit die individuelle Freiheit noch zugunsten eines vermeintlichen kollektiven Nutzens verdrängt wird. Wegbereiter für eine derartige gesamtgesellschaftliche Entwicklung war meines Erachtens die verfassungsrechtliche Fehlgewichtung zu Beginn der Corona-Krise.
    Das Recht auf Leben wurde absolut gesetzt, obwohl eine Abwägung zwischen diesem Recht und anderen Rechtsgütern wie der der körperlichen Unversehrtheit in einem freiheitlichen Staat konstituierend ist. Dieser „Trend“ gefährdet den demokratischen Rechtsstaat. Der renommierte Staatsrechtler Uwe Volkmann hat bereits im März 2020 vor einem „hysterischen Hygienestaat“ gewarnt.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Masernimpfpflicht: Kinder und Eltern schauen in die Röhre
    Trotz ohnehin hoher Quoten bei Erstimpfung (97,1 %) und Zweitimpfung (92,8 %) hat das Bundesverfassungsgericht heute das “Masernschutzgesetz” samt den darin vorgesehenen Zwangsmaßnahmen durchgewinkt. Dabei ließ es zahlreiche Fragen unbeantwortet. Kinder und Eltern, aber auch Ärztinnen und Ärzte sowie die Beschäftigten in Gemeinschaftseinrichtungen sind die Leidtragenden. […]
    Auch hinsichtlich der medizinisch-epidemiologischen Indikation bestehen erhebliche Zweifel. Gemeinsam mit dem Verein “Initiative freie Impfentscheidung e.V.” hatte ÄFI ein Gutachten von Prof. Dr. Alexander Kekulé eingeholt. Der renommierte Experte vom Institut für Biologische Sicherheitsforschung in Halle hatte die Einschätzung der Nationalen Verifizierungskommission Masern am RKI bestätigt: Die Masern-Impfquoten in Deutschland sind ausreichend.
    Kekulé widersprach der Einschätzung des ehemaligen Bundesgesundheitsministers, wonach Deutschland aufgrund zu niedriger Impfquoten im Kindesalter den Status der Masernelimination der WHO nicht erreiche. Ausschlaggebend hierfür sei vielmehr die mangelhafte Erfassung und Nachverfolgung von Masernfällen (Surveillance). Ein wichtiger Faktor, so Kekulé erneut in Übereinstimmung mit dem RKI, sei die zunehmende Mobilität in Europa. Deutschland ist als Zielland für Tourismus und berufliche Migration besonders betroffen. Statt Zwangsmaßnahmen für die Gesamtbevölkerung seien gezielte Impfprogramme für Risikogruppen notwendig. Überdies sei der geplante Impfzwang unnötig und nicht zielführend.
    Quelle: Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V.

  12. Mehr Mängel in privaten als in gemeinnützigen Pflegeheimen? Zahlen aus Bremen zur Kommerzialisierung des Pflegesektors
    Seit Jahren wird immer wieder die Diskussion geführt, ob private, gewinnorientierte Anbieter von Pflegeleistungen schlechter sind als die gemeinnützigen Anbieter. Dahinter steht die für viele durchaus nachvollziehbare Überlegung, dass profitorientierte Anbieter, ob nun im ambulanten oder stationären Bereich, dort einsparen müssen, wo die größten Kosten anfallen, um daraus dann Gewinne realisieren zu können, die man dann in den privaten Einrichtungen verwenden kann wie man will, also auch an Anteilseigner ausschütten oder für welche Zwecke auch immer dem Unternehmen entnehmen kann, wie das in der gewinnorientierten Unternehmenslandschaft generell üblich und auch (an sich) legal ist.
    Legalität ist das eine, Legitimität etwas anderes. Immer wieder wird man in der Debatte über Gewinne in bzw. durch Pflege mit dem ebenfalls prima facie nachvollziehbaren Argument konfrontiert, dass man aus der Pflege alter Menschen keinen Profit schlagen sollte. Gestützt wird diese Perspektive dann durch den Hinweis, dass eine (übermäßige) Gewinnorientierung im bestehenden System dazu führt und führen muss, dass auf Kosten der Pflegebedürftigen wie auch derjenigen, die pflegen, gespart wird. Was dann wiederum Qualitäts- und Versorgungsprobleme generiert, im schlimmsten Fall die Quelle von eklatanten Pflegemissständen darstellt, über die in den Medien dann punktuell und skandalisierend berichtet wird.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  13. Crowdworking: Ständig bereit für 90 Cent Stundenlohn
    Wirtschaftskrisen wie in Venezuela führen zu einer neuen Form digitaler Ausbeutung im Dienste der Künstlichen Intelligenz.
    Viele gut ausgebildete Menschen müssen sich mit schlecht bezahlten Click-Jobs über Wasser halten. Für wenige Cents beschriften sie beispielsweise Fotos, transkribieren Audioaufnahmen oder taggen Videos. Diese Daten dienen dann dem Training der Algorithmen von Onlineshops, Sprachassistenten oder selbstfahrenden Autos. Die unersättliche Nachfrage nach solchen Diensten hat zu einem großen Bedarf an billigen Clickworkern geführt, wie das Magazin MIT Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 6/2022 berichtet.
    In den vergangenen fünf Jahren hat sich das krisengeschüttelte Venezuela zu einem Hotspot für diese Arbeit entwickelt. Es stürzte genau zu der Zeit in die schlimmste wirtschaftliche Katastrophe, die irgendein Land in den letzten 50 Jahren in Friedenszeiten erlebt hat, als die Nachfrage nach Clickworkern explodierte. Scharen gut ausgebildeter Menschen mit Internetzugang meldeten sich bei Crowdworking-Plattformen an, um zu überleben. Dadurch bekamen die Unternehmen einige der billigsten Arbeitskräfte, die es je gab. “Es gibt ein enormes Machtgefälle”, sagt Crowdworking-Forscher Julian Posada, Doktorand an der Uni Toronto. “Die Plattformen entscheiden, wie etwas gemacht wird.” Vieles daran erinnert an die Kolonialzeit.
    Quelle: Heise Online
  14. Zurück auf Los (II)
    Die Bundeswehr entsendet knapp zehn Jahre nach ihrem Abzug wieder Soldaten in den EU-Einsatz in Bosnien-Herzegowina. Seit Dienstag sind deutsche Militärs erneut im Hauptquartier der EU-Operation Althea in Sarajevo präsent; weitere sollen im Rahmen sogenannter Liaison and Observation Teams (LOT) die bosnisch-herzegowinische Bevölkerung ausforschen und zugleich bei ihr für den EU-Einsatz werben. Ursache ist das Scheitern des vor mehr als einem Vierteljahrhundert unterzeichneten Dayton-Abkommens, mit dem es nicht gelungen ist, Bosnien-Herzegowina zu stabilisieren und dem Land zum Aufschwung zu verhelfen. Stattdessen blockiert der Ethno-Proporz à la Dayton im Verbund mit äußerer Einmischung jeglichen Fortschritt. Hinzu kommt, dass der Westen bis heute an der Einsetzung eines Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina festhält, der über keinerlei demokratische Legitimation verfügt und in Sarajevo nach Art eines kolonialen Statthalters herrschen kann. Die Rückkehr der Bundeswehr nach Sarajevo erfolgt, während Berlin – in Bosnien-Herzegowina gescheitert – die Truppe zur militärischen Positionierung gegen China in die Asien-Pazifik-Region schickt.
    Quelle: German Foreign Policy

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