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- Neue Enthüllungen um Hamburger SPD: „Das Schließfach ist Sprengstoff für den Bundeskanzler“
- Energieversorgung: Habeck war stolz auf Katar-Deal: Jetzt steht er vor den Scherben seiner Gas-Reise
- Die Ampel regiert kopflos: Wie lange geht das noch gut?
- Amnesty hält an Bericht zu ukrainischem Militär fest
- Putin am Ende? Ukraine-Krieg und die russische Linke: Anmerkungen zu Äußerungen des Soziologen Boris Kagarlizki
- Terrorismus: Einstweilige Hinrichtung
- Wang Yi: Größtes Risiko für Stabilität im Südchinesischen Meer ist die Einmischung der Länder außerhalb der Region
- Vom Jobkiller zur Produktivitätspeitsche? Der gesetzliche Mindestlohn von 2015 und seine Evaluierung
- „Keine bedrohliche Situation“: Dänische Epidemiologin kritisiert deutsche Corona-Strategie
- Unabhängige Patientenberatung: die neoliberale Dauerbaustelle
- Dürre im Norden Mexikos: “Wir wollen Wasser! Wasser ist Leben!”
- Bolsonaro wird nicht einfach abtreten – Im Gespräch mit Niklas Franzen
- Euphorie und Mäßigung
- Zombies hautnah
- Nachrichtenagentur AP löscht den Jugoslawien-Krieg aus der Geschichte – Das Narrativ nicht gefährden
- Anmerkungen zum Aufruf des DGB zum Antikriegstag 2022
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Neue Enthüllungen um Hamburger SPD: „Das Schließfach ist Sprengstoff für den Bundeskanzler“
Über 200.000 Euro im Schließfach: Ermittlungen gegen einen SPD-Politiker im Skandal um die Warburg-Bank und deren Steuerbetrug werden für Olaf Scholz zur Bürde.
Nach dem Bekanntwerden eines hohen Bargeldfundes bei einem SPD-Politiker sieht die Union in der Cum-Ex-Affäre um die Hamburger Warburg-Bank neue Fragen auch an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Die Indizien dafür, dass maßgebliche SPD-Politiker in Hamburg in der Steuersache Warburg unrechtmäßig Einfluss genommen haben, werden immer zahlreicher“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, dem Tagesspiegel. […]
Die „Bild“-Zeitung hat nun berichtet, dass bei dem früheren Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, gegen den ermittelt wird, in einem Bank-Schließfach im vergangenen Jahr über 200.000 Euro in Bar gefunden worden seien.
Die zuständige Staatsanwaltschaft Köln war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der Journalist Oliver Schröm, der ein Buch zu dem Fall schreibt („Die Akte Scholz“), sagte dem Tagesspiegel auf Anfrage, er kenne zentrale Ermittlungsdokumente hierzu, die Angaben seien zutreffend. „Es waren konkret 214.800 Euro und dann noch 2400 US-Dollar, die in dem Schließfach gefunden wurden.“
Bei einer Hausdurchsuchung bei Kahrs sei ein Mietvertrag über ein Schließfach bei der Hamburger Sparkasse gefunden worden, daraufhin sei beim Ermittlungsrichter ein Durchsuchungsbeschluss dafür beschafft und das Schließfach am 28. September 2021 geöffnet worden, sagte Schröm.
Quelle: Tagesspiegeldazu: „Für Olaf Scholz wird es noch sehr unangenehm“
ARD-Journalist Schröm befasst sich intensiv mit dem Warburg-Fall. Wie er den 214.000-Euro-Fund bei einem SPD-Politiker bewertet und was das für den Kanzler heißt. […]
Welche Rolle hat Kahrs nach Ihren Erkenntnissen?
Johannes Kahrs hat in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter versucht, beim Bundesfinanzministerium und bei der Bafin für Warburg-Bank zu lobbyieren. Der Bank drohten Rückzahlungen von 90 Millionen Euro, die sie mit kriminellen Cum-ex-Geschäften erbeutet hatte.
Zudem hat Kahrs sowie ein weiterer SPD-Mann den Mitinhabern der Privatbank den Weg zu Olaf Scholz geebnet, damals Bürgermeister in Hamburg. Und nach den Treffen mit Scholz hat Hamburg auf die Rückforderung der erbeuteten Millionen verzichtet. Danach gingen von Warburg nahestehenden Firmen 45.500 Euro an die Hamburger SPD.
Ein Großteil davon an den Wahlkreis von Kahrs, gegen den die Staatsanwaltschaft nun wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt. Woher die 214.800 Euro kommen, weiß man nicht.
Quelle: Tagesspiegel - Energieversorgung: Habeck war stolz auf Katar-Deal: Jetzt steht er vor den Scherben seiner Gas-Reise
Russland lässt nur noch 20 Prozent der Gasmenge durch die Pipeline Nord Stream 1 fließen. Ausgerechnet jetzt stellt sich heraus, dass eine Alternative, um die sich der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für diesen Fall gekümmert hatte, wegfällt: Katar liefert doch kein Gas. Und jetzt?
Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war die Reise an den Persischen Golf im März ein enorm medienwirksamer Moment. Nach dem Treffen mit dem Emir von Katar nahm er eine Videobotschaft auf, in der offen über sein Unbehagen sprach: „In der Ukraine sterben die Menschen und hier – seht ihr ja – wie die Skyline ist“, sagte Habeck mit zugekniffenen Augen damals in die Kamera.
Am Ende habe sich der Trip aber gelohnt. „Die gute Nachricht“, so Habeck damals stolz, sei, dass Katar bereit sei, kurzfristig mehr Gas nach Deutschland zu liefern.
Ausgerechnet jetzt, wo Russland die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 weiter gedrosselt hat und Deutschland mehr und mehr in eine nie dagewesene Energiekrise rutscht, stellt sich heraus, dass Habecks Gas-Deal mit Katar geplatzt ist. Nachdem FOCUS online in einer Recherche bereits offenlegte, dass die Unternehmen bislang keine Verträge zu Gaslieferungen mit Katar abgeschlossen haben, gesteht der Wirtschaftsminister am Wochenende in der „BILD am Sonntag“ ein: „Die Kataris haben sich entschieden, kein gutes Angebot zu machen.“ Die Unternehmen, mit denen er damals vor Ort gewesen sei, hätten sich im Moment woanders Gas besorgt, so Habeck.
Quelle: Focus Onlinedazu auch: Chef des Mieterbunds warnt: „Millionen Mieter werden ihre Heizkosten nicht zahlen können“
Lukas Siebenkotten fordert besseren Kündigungsschutz und ein Schuldenmoratorium. Sonst könnten ein Drittel der Menschen ihre Energierechnung nicht bezahlen.
Der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass mindestens das untere Einkommensdrittel der deutschen Bevölkerung die steigenden Kosten für Energie nicht zahlen kann. „Das sind verdammt viele Menschen“, sagte Mieterbund- Präsident Lukas Siebenkotten dem Tagesspiegel. Betroffen seien vor allem Menschen, die knapp oberhalb jeder staatlichen Transferleistung liegen. „Wir sprechen hier über Millionen“, warnte Siebenkotten.
Quelle: Tagesspiegelund: Steuer-Irrsinn! So viel verdient der Staat an Habecks Gasumlage
Die Gasumlage kommt. Allerdings gibt es noch Streit über deren Besteuerung. Wie Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaft exklusiv für FOCUS online vorrechnet, würde die Mehrwertsteuer dem Staat Milliarden bescheren.
Ab dem 1. Oktober stehen viele Verbraucher in Deutschland vor vollendeten Tatsachen: Ab dann sollen sie pro Kilowattstunde Gas eine Umlage von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde auf die eh schon hohen Gaspreise zahlen. Die Umlage soll Gasimporteure, die günstigeres, russisches Gas aktuell durch teurere Gaslieferungen aus anderen Staaten ersetzen müssen, vor dem Risiko einer Insolvenz schützen. Bis jetzt ist aber offen, ob die Umlage noch zusätzlich besteuert werden muss.
Würde auf eine Gasumlage von 5 Cent pro Kilowattstunde 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen, könnte der Staat zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro generieren. Zu diesem Schluss kommt der Ökonom Stefan Bach mit dem Forschungsschwerpunkt Steuerpolitik vom „Deutschen Institut für Wirtschaft“ (DIW) in Berlin.
Quelle: Focus Online - Die Ampel regiert kopflos: Wie lange geht das noch gut?
Chaos-Umlage für Gaskunden, Mega-Gewinne für Energieriesen: Die Regierungskrise der Ampel wird teuer für Verbraucher, meint unser Kolumnist Maurice Höfgen.
Sie sieht schlecht aus, bekommt kaum noch einen klaren Gedanken formuliert und läuft orientierungslos durch die Presse – man muss sich Sorgen machen um die Ampel. Sie ist als Fortschrittskoalition gestartet und wollte für eine neue politische Kultur sorgen. Dieser Tage wirkt sie eher wie eine Chaoskoalition ohne Kompass. Ausbaden müssen es die Verbraucher. […]
Die Umlage wird zum Bürokratiemonster. Und sie entwertet die ersten beiden Entlastungspakete. Man muss sich das vorstellen: Im September kommt die bürokratische Energiepreispauschale aufs Konto, und einen Monat später dürfen Gaskunden das Geld mit der ebenso bürokratischen Gasumlage gleich wieder abdrücken. Für das Hin und Her werden Firmen, Steuerberater und Beamte mit lästigem Papierkram aufgehalten. Wollte die Ampel nicht weniger Bürokratie, einen modernen Staatsapparat und mehr Gerechtigkeit? Die Umlage ist das komplette Gegenteil.
Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Lindner hätte die Umlage einfach aus dem Haushalt zahlen können. Noch ist Schuldenbremse ja ausgesetzt, ein paar Milliarden hätte er also lockermachen können. Konjunktiv! Stattdessen wird’s jetzt teuer, nervig, kompliziert – und die Debatte um Entlastungen geht von vorne los. Die Ampel dreht sich im Kreis. Wann setzt der Schwindel ein?
Quelle: Maurice Höfgen in der Berliner Zeitung - Amnesty hält an Bericht zu ukrainischem Militär fest
Amnesty International hält weiterhin am eigenen Bericht zu problematischen Taktiken der ukrainischen Armee fest. Man stehe »voll und ganz zu unseren Untersuchungen«, erklärte die Generalsekretärin der Nichtergierungsorganisation, Agnes Callamard, am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. »Die Ergebnisse beruhen auf Beweisen, die im Rahmen umfangreicher Ermittlungen gesammelt wurden.« Callamard teilte mit, die Reaktion der ukrainischen Regierung berge die Gefahr, »dass die legitime und wichtige Diskussion über diese Themen abgeschreckt wird«. Zudem habe die ukrainische Regierung nicht auf eine Bitte um eine Stellungnahme zu den Erkenntnissen von Amnesty reagiert. Die Leiterin des Amnesty-Büros in der Ukraine, Oksana Pokaltschuk, teilte auf Facebook mit, Amnesty habe die Bitte ihres Teams ignoriert, den Bericht nicht zu veröffentlichen. Das ukrainische Büro werde den Bericht nicht ins Ukrainische übersetzen und nicht auf seine Website stellen.
Amnesty International hatte der ukrainischen Armee in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht vorgeworfen, durch ihre Militärtaktik unnötig Zivilisten gefährdet zu haben. Ukrainische Soldaten hätten »wiederholt aus Wohngebieten heraus operiert«, erklärte Janine Uhlmannsiek, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International Deutschland. Das ukrainische Vorgehen sei »ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht«, das nicht durch den »völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg« gerechtfertigt werde.
Quelle: junge Weltdazu: Warum der Amnesty-Bericht über ukrainische Kriegsverbrechen überraschend ist
Amnesty International hat der Ukraine in einem Bericht schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen. Kiew protestiert und westliche Medien wie der Spiegel relativieren den Bericht. (…)
Kiew hat natürlich heftig reagiert und wirft Amnesty vor, an einer russischen Desinformations- und Propagandakampagne beteiligt zu sein. Kiew schäumt vor Wut und die Chefin der ukrainischen Sektion von Amnesty hat wegen des Berichtes unter Protest ihren Rücktritt verkündet. Das ist nachvollziehbar, denn nach nun in der Ukraine geltenden Recht könnte sie als Vertreterin von Amnesty in der Ukraine sogar ein Strafverfahren wegen Unterstützung der „russischen Aggression“ bekommen, weshalb sie sich schon aus Selbstschutz eiligst und in aller Deutlichkeit von dem Bericht distanzieren musste.
Der Spiegel fühlte sich dazu genötigt, die ukrainischen Kriegsverbrechen, die Amnesty belegt hat, in einem langen Artikel zu relativieren und sogar teilweise komplett zu bestreiten.
Die Reaktion des Spiegel ist nicht überraschend, denn er deckt die ukrainischen Kriegsverbrechen seit Beginn des Krieges im April 2014. Überraschend ist, dass Amnesty die ukrainischen Kriegsverbrechen endlich mal thematisiert hat.
Quelle: Anti-Spiegel - Putin am Ende? Ukraine-Krieg und die russische Linke: Anmerkungen zu Äußerungen des Soziologen Boris Kagarlizki
Wie die russische Linke sich zum Ukraine-Krieg positioniert, ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Eine wichtige Stimme in der russischen Linken ist der Soziologe Boris Kagarlizki. Auf seine Thesen zum Ukraine-Krieg, die der bekannte Linke und Chefredakteur des russischen Videoportals Rabkor in einem am 22. Juli veröffentlichten Interview gegenüber dem Magazin Jacobin darlegte, möchte ich im folgenden eingehen. An dieser Stelle erscheint der erste Teil, in der Ausgabe am Montag folgt der zweite und letzte Teil.
Kagarlizki malt ein düsteres Bild von Russland. Das Land sei gefesselt von Unwissenheit, Angst und Repression. Der Krieg gegen die Ukraine sei ein Mittel des Kremls, von dem Problem abzulenken, dass für Wladimir Putin, der seit 2000 mit kurzer Unterbrechung im Amt ist, kein Nachfolger gefunden wurde. Putin »hat Krebs und einige andere Krankheiten. Das sind natürlich Gerüchte, aber jeder auf der Straße kennt sie«. Der Soziologe erhärtet diese Gerüchte, die von westlichen Medien und russischen Liberalen geschürt werden, nicht mit Fakten.
Russlands wirtschaftliche Probleme versuche die Führung des Landes, durch Expansion und militärische Einsätze in Syrien und in der Ukraine zu übertünchen. Mit der Waffenproduktion solle die Wirtschaft am Laufen gehalten werden. Weil der Krieg in der Ukraine nicht so erfolgreich sei, wie Putin es sich gewünscht habe, könne es zu einer »Spaltung des Militärs« und einem Militärputsch kommen. Bei einer allgemeinen Mobilisierung werde es in Russland zu einer »Rebellion« kommen. Auch zu diesen Vermutungen fehlen die Fakten.
Die Russland-Sanktionen des Westens verurteilt der Soziologe nicht. Das »effektivste Instrument« im Rahmen der Sanktionen sei – so der Soziologe – der Rückzug ausländischer Unternehmen aus Russland. Einige Sanktionen, wie die Maßnahmen gegen die russische Kultur, spielten allerdings »Putin in die Hände«, weil »die Isolation genau die Ideologie des Regimes ist«.
Quelle: Ulrich Heyden in junge Welt - Terrorismus: Einstweilige Hinrichtung
Die Regierung der USA hat einen mutmaßlichen Terroristen ohne Prozess heimtückisch ermorden lassen. Die deutsche Regierung räsoniert derweil über die Unverbrüchlichkeit des Rechts im Südchinesischen Meer. War was?
In dieser Woche muss man aus gegebenem Anlass einmal wieder zur Problematik der Doppelnull schreiben, also zur unvergleichlich spannenden, musikalischen und witzigen Lizenz zum Töten allfälliger Feinde, welche die geheimen Geheimagenten mit einstelliger Personalkennziffer im Dienst einer mächtigen Macht des Guten seit 1953 auszeichnet. In Erinnerung an entspannte Stunden bei Erfrischungen sowie an Frau Amtsrätin Moneypenny’s (Miss ›Petty‹ Pettaval) Sehnsucht nach was auch immer präsentieren wir Ihnen daher zur Einleitung: Fünf Sachverhalte
Quelle: Thomas Fischer auf DER SPIEGELdazu auch: Menschenrechtsanwalt hält Drohnenschlag für völkerrechtswidrig
Der Berliner Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck hält die Tötung des Al-Qaida-Anführers Aiman al-Sawahiri durch einen US-Drohnenangriff in Kabul für rechtswidrig. »Gezielte Tötungen von unliebsamen Personen, selbst solchen, die schwerer Verbrechen verdächtig sind, sind nur unter engen Voraussetzungen völkerrechtlich zulässig«, sagte er dem SPIEGEL.
Der bewaffnete Konflikt sei mit dem Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan 2021 beendet. Abseits des Schlachtfelds könne eine Tötung rechtlich nur zur Gefahrenabwehr legitimiert sein, »allerdings ging eine konkrete Gefahr oder Angriff von al-Sawahiri jedenfalls in diesen Tagen nicht aus«, so Kaleck. Er fordert die Bundesregierung auf, die USA für die Verletzung internationaler Rechtsprinzipien zu kritisieren.
Kaleck ist Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation ECCHR. Sie vertritt mehrere Jemeniten, deren Angehörige bei einem US-Drohnenangriff starben.
Wohl noch in diesem Jahr soll sich das Bundesverfassungsgericht damit befassen, ob Deutschland eine Schutzpflicht gegenüber potenziellen Opfern solcher Attacken hat – die US-Airbase im rheinland-pfälzischen Ramstein spielt eine wichtige Rolle im weltweiten Drohnenkrieg.
Quelle: DER SPIEGELund: Raketenangriffe auf Israel nach Tötung von al-Dschabari
Insgesamt wurden einem Sprecher zufolge seit Freitag mehr als 190 Raketen auf Israel gefeuert. Sie gingen demnach auf offenem Gelände nieder oder wurden vom Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen. Rund 36 Raketen seien innerhalb des Gazastreifens gelandet. Warnsirenen waren am Abend auch in mehreren Vororten Tel Avivs zu hören.
Israels Streitkräfte hatten zuvor den Militärchef der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad (PIJ) im Gazastreifen, Taisir al-Dschabari, getötet. Der hochrangige Kommandeur war dem Militär zufolge verantwortlich für zahlreiche Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Der Islamische Dschihad wird von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. (…)
Gezielte Tötungen sind umstritten, unter anderem die Vereinten Nationen bemängeln beispielsweise, dass damit Rechtsgrenzen verwischt würden. Sie sprechen zudem von einer Verletzung des Völkerrechts.
Quelle: SüddeutscheAnmerkung Christian Reimann: Das Schweigen der Bundesregierung ist deutlich zu vernehmen und es wird erneut die von ihr betriebene Doppelmoral deutlich. Während die Militäroperationen Israels und der USA sowie der damit verbundene, völkerrechtlich umstrittene Tod von Menschen hingenommen, quasi schweigend akzeptiert werden, wird die Operation des russischen Militärs in der Ukraine scharf verurteilt und Sanktionen eingeführt, die sogar hauptsächlich der eigenen Bevölkerung Schaden zufügen. Erinnert sei an Staatsräson – was ist das denn?
- Wang Yi: Größtes Risiko für Stabilität im Südchinesischen Meer ist die Einmischung der Länder außerhalb der Region
Das größte Risiko für den Frieden und die Stabilität im Südchinesischen Meer ist derzeit die unangemessene Einmischung und die häufige Störung von Mächten außerhalb der Region. Dies sagte der chinesische Staatskommissar und Außenminister Wang Yi am Freitag.
Wang nahm am selben Tag am Außenministertreffen des 12. Ostasien-Gipfels teil und erläuterte dabei die Standpunkte Chinas zur Frage des Südchinesischen Meeres.
Wang Yi sagte, China und die ASEAN-Staaten hätten darauf bestanden, ihre Differenzen durch bilaterale Konsultationen und Verhandlungen im Einklang mit der Deklaration über das Verhalten der Vertragsparteien im Südchinesischen Meer beizulegen. Im Laufe der Jahre habe China mit den ASEAN-Ländern zusammengearbeitet, um die allgemeine Stabilität des Südchinesischen Meeres zu erhalten und ein stabiles Entwicklungsumfeld für ihre jeweilige Entwicklung und Wiederbelebung zu schaffen.
Quelle: CRI online - Vom Jobkiller zur Produktivitätspeitsche? Der gesetzliche Mindestlohn von 2015 und seine Evaluierung
Viele werden sich noch daran erinnern, wie im Vorfeld der Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von vielen interessierten Seiten massiv gegen diese Lohnuntergrenze geschossen wurde – immer wieder kolportierten die Medien die Erwartung von nicht wenigen wortgewaltigen Ökonomen, dass sich der Mindestlohn als „Jobkiller“ erweisen werde, die Rede war von hunderttausenden Jobs, die wegfallen werden, weil die Unternehmen die Lohnkostensteigerung nicht werden tragen können.
Das ist Schnee von gestern, werden im Jahr 2022 viele denken, denn das damalige an die Wand gemalte Horrorszenario ist ausgeblieben, stattdessen haben wir in Deutschland ein Rekord beim Beschäftigungsniveau nach dem anderen erlebt und selbst der Beschäftigungseinbruch in den ersten beiden Corona-Jahren ist mittlerweile nicht nur wieder aufgeholt worden, sondern gemessen an den Erwerbstätigen haben wir nunmehr mehr Beschäftigte als kurz vor Beginn der krisenhaften Entwicklung im Gefolge der im Frühjahr 2020 ausgebrochenen Corona-Pandemie.
Aber wir sind 2022 in einem ganz besonderen Mindestlohn-Jahr (vgl. dazu auch den Beitrag Was ist schon eine Forderung von acht Prozent mehr gegen eine Erhöhung von über 20 Prozent? Zur Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober 2022 vom 10. Juli 2022). Zum 1. Januar 2022 wurde der gesetzliche Mindestlohn von 9,60 Euro auf 9,82 Euro pro Stunde angehoben und bereits sechs Monate später hat er mit 10,45 Euro die 10-Euro-Schwelle überschritten. Aber auch die Erhöhung zum 1. Juli 2022 ist nur eine vorübergehende, denn am 1. Oktober dieses Jahres wird es eine einmalige „Sonder-Anhebung“ auf 12 Euro geben. Nach langen Jahren der eher moderaten Erhöhungen ist das schon eine ordentliche Hausnummer. (…)
Wir dürfen gespannt sein, was sich nach der Anhebung auf 12 Euro ab Oktober 2022 ergeben wird. Darüber kann man wie immer nur spekulieren, allerdings mit Blick auf die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und seinen ersten Anhebungen und der darüber vorliegenden empirischen Erkenntnisse kann man zumindest vor neuen Horrorszenarien nur warnen. Aber auch die Befürworter des Sprungs auf 12 Euro, die gute Argumente haben, müssen mit Blick auf das, was noch kommt, zugestehen, dass es auch anders kommen kann als nach der Installierung der allgemeinen Lohnuntergrenze im Jahr 2015 (auf einem relativ niedrigen Niveau).
Quelle: Aktuelle Sozialpolitikdazu: Mindestlohn in Deutschland hat die Produktivität gesteigert
Der Mindestlohn bedeutete für nicht wenige Ökonomen beinahe den Untergang des Abendlandes. Die Befürchtungen waren wohl übertrieben, wie eine Studie jetzt zeigt.
Quelle: DER SPIEGEL - „Keine bedrohliche Situation“: Dänische Epidemiologin kritisiert deutsche Corona-Strategie
Deutschland hat neue Corona-Maßnahmen für den Herbst beschlossen. Eine Expertin aus dem Nachbarland zeigt im Video auf, welchen Umgang mit dem Virus sie für besser hält.
Quelle: t-onlinedazu auch: Experten kritisieren Lauterbach: “Verabschiedet sich von der Wissenschaft“
Führende deutsche Wissenschaftler wenden sich jedoch gegen die geplanten Corona-Regeln und die damit verbundene mögliche Maskenpflicht für Menschen, deren letzte Impfung mehr als drei Monate zurückliegt. „Herr Lauterbach verabschiedet sich von der Wissenschaft“, sagte Andreas Radbruch, Vizepräsident der Europäischen Föderation der Immunologischen Fachgesellschaften.
Immer mit dem gleichen Impfstoff weiter zu impfen, helfe überhaupt nicht gegen die virulente Infektionslage. Ansteckungen ließen sich dadurch nicht verhindern, so Radbruch. „Da sich das Immunsystem gegen schwere Erkrankungen gewappnet hat, konzentriert es sich nicht mehr auf die Verhinderung einer Infektion.“
Unterstützung erfährt Radbruch von Carsten Watzl, Generalsekretär der deutschen Gesellschaft für Immunologie. Watzl sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass sich jeder alle drei Monate impfen lassen sollte.“ Auch Epidemiologe Alexander Kekulé warnte vor weiteren unnötigen Impfungen. Wer nicht zur Hochrisikogruppe gehöre, „sollte besser auf die gegen Omikron angepassten Impfstoffe warten“.
Quelle: Focus Onlineund: Lauterbach will klare Impfempfehlungen für alle Altersgruppen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich für „klare Empfehlungen“ auch für Menschen unter 60 oder 70 Jahren ausgesprochen, ob und in welchen Fällen eine vierte Corona-Impfung ratsam ist. „Natürlich wollen auch die Jüngeren wissen, was sie denn nun machen sollen. Wir brauchen jetzt klare Empfehlungen für alle Altersgruppen“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Quelle: FAZ - Unabhängige Patientenberatung: die neoliberale Dauerbaustelle
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist unter der Überschrift „Rechte von Patientinnen und Patienten“ zu lesen, dass die Unabhängige Patientenberatung (UPD) in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen überführt werden soll. Viele Menschen haben beim Lesen des Vertrages zwischen den Regierungsparteien erstmals von der UPD etwas gehört, anderen war nicht mehr bewusst, dass dies einmal eine gemeinnützige Einrichtung der Zivilgesellschaft war, mit der Aufgabe, die gesundheitliche Information, Beratung und Aufklärung von Verbrauchern und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen anzubieten. Ein Beratungs- und Informationsangebot, unabhängig von den Krankenkassen und Leistungserbringern. Denn die meisten Patienten haben den Irrsinn der Umwandlung der guten Idee der unabhängigen Beratung von Patienten in eine Einrichtung der Pharmaindustrie gar nicht mehr im Gedächtnis, mehr noch, dass daraus einmal ein Investitionsfonds würde, konnte sich niemand vorstellen. (…)
Die hohen Kosten und die weitere Privatisierung der Patientenberatung riefen nun auch den Bundesrechnungshof auf den Plan. Nach dessen Schelte schaltete sich die Politik ein, auch weil im kommenden Jahr der Betrieb der Patientenberatung turnusmäßig per Ausschreibung wieder vergeben werden muss.
Wie es konkret weitergehen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Von den einzelnen Parteien werden verschiedene Modelle, von der kompletten Neuausrichtung, über die Angliederung an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bis hin zu Stiftungsmodellen ins Spiel gebracht. Einigkeit herrscht vorgeblich darüber, dass kommerzielle, gewinnorientierte oder nicht gemeinnützige Anbieter von der Ausschreibung ausgeschlossen werden sollen.
Vielleicht bringt der Koalitionsvertrag der Ampelregierung mehr Klarheit in das geplante Vorhaben. Dort heißt es unter Rechte von Patientinnen und Patienten: „Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) überführen wir in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen. Mit einer Reform des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen – Anm. L.N) beschleunigen wir die Entscheidungen der Selbstverwaltung, stärken die Patientenvertretung und räumen der Pflege und anderen Gesundheitsberufen weitere Mitsprachemöglichkeiten ein, sobald sie betroffen sind. Der Innovationsfonds wird verstetigt. Für erfolgreiche geförderte Projekte, wie die der Patientenlotsen werden wir einen Pfad vorgeben, wie diese in die Regelversorgung überführt werden können. Bei Behandlungsfehlern stärken wir die Stellung der Patientinnen und Patienten im bestehenden Haftungssystem. Ein Härtefallfonds mit gedeckelten Ansprüchen wird eingeführt“.
Fest steht heute aber schon, dass es wohl kaum wieder eine Unabhängige Patientenberatung geben wird, die die Patienten neutral und kompetent berät, wenn sie Differenzen mit ihrem Arzt oder der Krankenkasse haben – das war einmal.
Quelle: gewerkschaftsforum.de - Dürre im Norden Mexikos: “Wir wollen Wasser! Wasser ist Leben!”
In vielen Regionen in Mexikos Norden ist der Wassermangel so groß, dass die Menschen nur noch über Wassertanks versorgt werden können. Grund für die Lage ist nicht nur der Klimawandel – auch Misswirtschaft verschärft die Probleme.
Aufatmen in Constituyentes del 57, einem ärmeren Stadtviertel im Norden von Monterrey. Das erste Mal seit drei Tagen bekommen die Anwohner hier Besuch von einer Pipa – einem Wassertanker, gefüllt mit 10.000 Litern köstlichem, sauberen und frischen Trinkwasser.
Auch Laura steht seit zwei Stunden in der Schlange, bei 37 Grad schwitzend unter unerbittlicher Sonne, ausgerüstet mit über 30 Zehn-Liter-Eimern. Die muss sie später, befüllt, Eimer für Eimer nach Hause tragen. Die Situation vor Ort beschreibt die Frau als sehr schwierig: “Für die Wassertanks gibt es keine Termine, keiner weiß, wann sie kommen. Ich muss mich oft entscheiden: Entweder gehe ich arbeiten oder ich hole Wasser. Aber wenn ich arbeiten gehe, verpasse ich die Wasserausgabe.”
Seit sechs Monaten kommt kein Wasser mehr aus ihrem Wasserhahn. Kein Einzelfall: Hunderttausende sind von der Versorgung abgeschnitten. Mexikos Norden trifft die schlimmste Dürre seit 30 Jahren. Monterrey ist Mexikos zweitgrößte Stadt, und die wichtigste Industriemetropole des Landes wächst schnell. Nicht mithalten kann die Wasserversorgung: Zwei der drei umliegenden Stauseen, die die etwa 5,3 Millionen Einwohner bedienen, sind bereits komplett ausgetrocknet. Auf dem Land ist die Lage noch schlimmer.
Quelle: tagesschau - Bolsonaro wird nicht einfach abtreten – Im Gespräch mit Niklas Franzen
In einigen Wochen wird in Brasilien gewählt und es könnte das Ende der Rechtsaußen-Regierung von Präsident Jair Bolsonaro sein. Wir haben mit dem Journalisten und Brasilienexperten Niklas Franzen, der vor kurzem das Buch „Brasilien über alles – Bolsonaro und die rechte Revolte“ veröffentlicht hat, über die Wahl, das System Bolsonaro und die Chancen der Linken gesprochen.
Die Freiheitsliebe: Du warst in den vergangenen Monaten in Brasilien und hast dazu ein Buch geschrieben. Wie ist die aktuelle Situation unter Bolsonaro?
Niklas Franzen: Brasilien hat sich unter ihm stark verändert, es wurde in seiner Regierungszeit weit zurückgeworfen. Das lässt sich in verschiedenen Bereichen beobachten, zum Beispiel in der Umweltpolitik. Er hat Umwelt- und Indigenenbehörden zerschlagen, er hat sich auf die Seite von Goldgräbern, Holzfällern und Viehzüchtern gestellt. Es hat eine regelrechte Invasion auf Amazonien stattgefunden.
Wichtig zu erwähnen ist aber vor allem die wirtschaftliche Situation. Brasilien wurde unlängst wieder auf die Welthungerkarte der UN gesetzt, die Inflation und die Energiepreise gehen durch die Decke. Das hängt auch mit Bolsonaros neoliberaler Politik zusammen.
Aber auch in gesellschaftspolitischen Fragen hat sich einiges verändert, in seiner Regierungszeit haben sich reaktionäre Evangelikale in der Regierung und den Behörden festgesetzt. Die Regierung versucht, die ohnehin schon strengen Abtreibungsregeln noch weiter zu verschärfen. Es lässt sich festhalten, dass es insgesamt einen unglaublichen Rückschritt unter Bolsonaro gab.
Quelle: die Freitheitsliebe - Euphorie und Mäßigung
Am Sonntag übernimmt Kolumbiens neuer Präsident Petro die Amtsgeschäfte. Seine künftige Regierung dürfte von Widersprüchen geprägt sein (…)
Petro und die hinter ihm stehenden, im »Historischen Pakt« vereinten Kräfte scheinen Großes vorzuhaben. Darauf deutet auch das Programm der kommenden Regierung, das unter dem Namen »Kolumbien: Weltmacht des Lebens« im Internet heruntergeladen werden kann. Demnach soll die Wirtschaft nach den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtet, statt extraktivistischer Ausbeutung von Ressourcen wie Kohle und Öl auf Umweltschutz und »natürliche Reichtümer« gesetzt und »die Demokratie vertieft« werden. Nicht weniger als ein »neuer Gesellschaftsvertrag für das gute Leben und das lustvolle Leben« sei das Ziel. Während der Begriff »gutes Leben« aus den Weltanschauungen indigener Bevölkerungen Amerikas hervorgeht, stammt der des »lustvollen Lebens« (Vivir sabroso) von der künftigen Vizepräsidentin Francia Márquez. Laut Márquez kommt das von ihr popularisierte Konzept aus der Philosophie der Schwarzen von der Karibikküste und bedeutet, »ohne Angst zu leben, in Würde zu leben, mit garantierten Rechten zu leben«.
Die afrokolumbianische Umweltaktivistin dürfte mit ihrer Ausstrahlung und Verwurzelung in ländlichen Basisbewegungen einen großen Anteil an Petros Wahlsieg gehabt haben. Der Senator und ehemalige Bürgermeister von Bogotá hatte in der ersten Runde am 29. Mai mit mehr als 40 Prozent der Stimmen den direkten Sieg verpasst. In der Stichwahl am 19. Juni bezwang er mit einem Stimmanteil von 50,44 Prozent den Immobilienmogul Rodolfo Hernández. Angesichts der zuvor von den traditionellen Eliten im Verbund mit den Medien aufgefahrenen Angstkampagne vor einem Wahlsieg Petros überraschend, akzeptierte die Rechte Kolumbiens ihre Niederlage rasch.
Das dürfte auch daran liegen, dass Petro, der in jungen Jahren im als »Intellektuellenguerilla« bezeichneten M-19 aktiv war, in den vergangenen Jahren eine gemäßigtere Haltung eingenommen hat. Im Präsidentenwahlkampf 2018 hatte er es noch nicht geschafft, alle relevanten Teile der linken und linksliberalen Kräfte an sich zu binden – insbesondere der »Mitte«-Kandidat Sergio Fajardo machte ihm wichtige Stimmen streitig, so dass Petro schließlich Iván Duque unterlag. In diesem Jahr gelang es ihm indes frühzeitig, mit dem »Historischen Pakt« ein Bündnis zu formen, das von kommunistischen Parteien bis zu sozialdemokratischen Kräften reicht. Hinzu kamen im Laufe des Wahlkampfs weitere Organisationen der politischen »Mitte« und selbst zweifelhafte Persönlichkeiten wie der evangelikale Pastor Alfredo Saade. Nach seinem Wahlsieg suchte Petro das Gespräch mit Akteuren quasi aller politischer Richtungen.
Quelle: junge Welt - Zombies hautnah
Der sogenannte Botschafter Andrij Melnyk ist noch in Berlin und waltet dort seines Amtes: Faschismus in der Bundesrepublik salonfähig machen. Der Widerstand ist erwartbar gering, die Unterstützung in allen Konzern- und Staatsmedien groß.
Trotz klarer Linie gibt es aber Pannen. Am Freitag berichtet der Tagesspiegel, dass eine »Ausstellung zerschossener russischer Panzer vor der russischen Botschaft« abgesagt worden und Melnyk erbost sei: »Das zerstörte Kriegsgerät Russlands, das im Herzen Berlins ausgestellt würde, sollte den Menschen in Deutschland ein hautnahes Gefühl von dem brutalen Vernichtungskrieg vermitteln.« Daher seien »die Ukrainer« schockiert, dass das Bezirksamt Mitte den Antrag »mit einer absolut fadenscheinigen Begründung abgelehnt« habe – ein »echter Skandal«. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey solle die Genehmigung erteilen. (…)
In diesem Sinn setzte Melnyk am Montag, wie die Berliner Zeitung online berichtete, seinen Kampf gegen die Saboteure seiner Mission fort und twitterte: »Als Putins deutsche Komplizen werden Sie @ernst_klaus und all Ihre linken Freundchen wie Wagenknechts & Co. landen auf der Anklagebank des Nürnberger Tribunals 2.0. gegen die russischen Kriegsverbrecher in der Ukraine. Ihre Verharmlosung des Aggressors ist einfach abscheulich.« Ernst und Wagenknecht hatten für Verhandlungen plädiert.
Das wird ihnen nicht viel helfen. Die Zeit dachte sich jedenfalls, 76 Prozent können sich nicht irren, und veröffentlichte am Donnerstag eine Homestory aus dem »Asow«-Regiment. Überschrift: »Die Russen sind Zombies«. Die übermittelten Zitate kommen von Herrenrassemördern alten Stils und angesagten NSU-Killern. Zum Beispiel Dmitri: »Was fühlt man, wenn man einen Russen umbringt? Antwort: Den Rückstoß der Kalaschnikow.« Die Zeit findet dafür vornehmes Vokabular: »Hypernationalismus, Männlichkeitsmythen und Askese«.
Das Bezirksamt Berlin-Mitte sollte sich seine Ablehnung noch einmal überlegen. Panzer, in denen untote Russen von asketischen Ukrainern getötet wurden, gehören in eine Kunstausstellung. Weil Melnyk das so will. Der beruft sich zwar auf einen Judenmörder, hat mit Antisemitismus aber nichts zu tun.
Quelle: junge Welt - Nachrichtenagentur AP löscht den Jugoslawien-Krieg aus der Geschichte – Das Narrativ nicht gefährden
Das Narrativ, dass der Krieg in der Ukraine “der schlimmste Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg” sei, lässt den Westen den schrecklichen Krieg vergessen, der Europa vor nicht allzu langer Zeit erschütterte, um Russland für die Störung des angeblichen Friedens in Europa verantwortlich zu machen.
Europa hatte “77 Jahre fast ununterbrochenen Frieden”, bis Russland beschloss, diesen durch einen “Einmarsch in die Ukraine” zu beenden, so die eigenartige “Analyse”, die am vergangenen Wochenende von Associated Press (AP) veröffentlicht wurde. Nachdem damit die blutige Zerstörung Jugoslawiens in den 1990er Jahren aus der Geschichte gelöscht wurde, widerspricht sich der Autor nur zwei Absätze später selbst.
In einer surreal anmutenden Eröffnung zu seiner Analyse argumentiert John Leicester von AP, dass der Konflikt in der Ukraine ein weltveränderndes Ereignis sei, das sich auf derselben Ebene befindet wie der erste Atombombentest 1945 oder die Mondlandung 1969. Abgesehen davon, dass die Mondlandung die Welt nicht wirklich verändert hat – das Apollo-Programm war wohl die Bestmarke der NASA –, ist es rätselhaft, warum sie überhaupt erwähnt wird. Vielleicht, um den Leser emotional auf den folgenden Hammer vorzubereiten, nämlich dass der russische Präsident Wladimir Putin am 24. Februar dieses Jahres “durch den Einmarsch in die Ukraine die bestehende Weltordnung und 77 Jahre fast ununterbrochenen Friedens in Europa zertrümmert hat”. Wie bitte?
Leicester, der aus Paris schreibt und seit 2002 für AP über Europa berichtet, hat die Balkankriege der 1990er Jahre offensichtlich verpasst. Menschen, die diese nicht verpasst haben und bis heute mit den Folgen davon leben, waren erwartungsgemäß verärgert.
Quelle: RT DE - Anmerkungen zum Aufruf des DGB zum Antikriegstag 2022
Seit 1957 wird am 1. September an die Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie an die schrecklichen Folgen von Krieg, Gewalt und Faschismus erinnert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat aus Anlass des diesjährigen Antikriegstags eine Erklärung unter dem Motto: „Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen!“ herausgebracht.
Wer sich davon jedoch eine klare Abgrenzung von der derzeitigen deutschen Wirtschafts-, Finanz,- Kriegs,- und Außenpolitik erhofft, wird enttäuscht. (…)
Der DGB als Dachverband der Gewerkschaften in Deutschland war über Jahrzehnte ein einflussreicher Akteur und eine wichtige Stimme in der bundesdeutschen Friedensbewegung. Heute steht der DGB bei vielen Mitgliedern in der Kritik, weil er sich eher als Partner der Konzerne und Unternehmen versteht, es unterlässt, den bürgerlichen Staat grundlegend zu kritisieren und nicht als Kampforganisation der Beschäftigten angesehen wird. (…)
Der Aufruf zum internationalen Antikriegstag steht insgesamt betrachtet in seiner langen, oft widersprüchlichen Tradition, bei der die aktive Beteiligung der Mitglieder an den halbherzigen Friedensaktionen seit Jahren rückläufig ist.
Weiter zeigt die Erklärung des DGB auf, dass von den Gewerkschaften bei einer weiteren Eskalation der Lage kaum konstruktives, widerständiges, diplomatisches und deeskalierendes Handeln zu erwarten ist.
Für die konkreten Anlässe auf die Straße zu gehen, aktiv in den Produktions- wie auch in den Reproduktionsbereich einzugreifen braucht es keinen 1. September.
Auch andere Tage bieten sich an, gegen Militarisierung, Aufrüstung und Krieg aktiv zu werden, um beispielweise die Rüstungsfabrikation zu sabotieren, deren Transporte und Lieferketten zu stören, die Produktion durch Besetzungen, Blockaden, Bummeln und Krankfeiern zu drosseln. Die Freizeit nutzen, um gemeinsam mit anderen Menschen sich in der sozialen Verteidigung zu üben, Flüchtlingen und Deserteuren sicheren Aufenthalt und gute Verstecke zu gewähren. Kreative Lösungen für die lebensnotwendige Warenbeschaffung, gegen stetige Preissteigerung, für eine ausreichende und günstige Energiezufuhr zu entwickeln und Verbrauchsmessungen verbraucherfreundlich zu manipulieren. Eine Vermögensumverteilung zu organisieren und dabei die internationale Solidarität nicht zu vergessen.
Für all das braucht es keinen 1. September und keinen Aufruf des DGB zum Antikriegstag!
Quelle: gewerkschaftsforum.de