Gestern Abend strahlte das ZDF im Heute Journal ein Interview mit dem ehemaligen Sicherheitsberater und Außenminister der USA, Kissinger, aus. Geführt von Wulf Schmiese. Dem Moderator des ZDF ging es in diesem Interview wie in vielen Medienereignissen unserer Zeit um die Botschaft, Verhandlungen mit Russland machten keinen Sinn. Und so begann das Interview: „ZDF: Hier ist der wohl berühmteste Ex-Außenminister der Welt. Guten Abend, Henry Kissinger.“ Auch im weiteren Verlauf des Gesprächs war von Seiten des Moderators nie die Rede davon, dass Kissinger in mehrerer Hinsicht eine üble Rolle gespielt hat. In seiner Amtszeit haben die USA den Putsch in Chile und den Tod des damaligen Präsidenten Allende und einiger tausender Chilenen mit Wohlwollen und vermutlich aktiv begleitet. Kissinger war gegen die Ostpolitik Willy Brandts und bedauerte, dass dieser kein vorzeitiges, von einer Kehlkopfentzündung verursachtes Ende nahm. Dass Helmut Schmidt mit Kissinger befreundet war, spricht Bände. Kissinger ist alles andere als ein ehrenwerter Politiker und Mensch. Aber das schert unsere etablierten Medien einen Kehricht. Albrecht Müller.
Sie teilen die Welt in Gut und Böse auf. Und sie und der Westen insgesamt gehören zu den Guten. So einfach ist das. Und dieses Grundgefühl zieht weite Kreise. In den letzten Tagen erreichte mich die Mail eines Freundes, in der er mich und eine Reihe anderer Kollegen auf die immer noch herausragende Qualität der öffentlich-rechtlichen Medien aufmerksam machte. Leider sind auch die Öffentlich-Rechtlichen jedoch weit von ihrem immer noch recht guten Image entfernt. Machen Sie selbst gelegentlich die Probe. Gehen Sie einfach öfter mal auf tagesschau.de. Ich mache das immer mal wieder und erlebe nahezu jedes Mal ein Bild der totalen Einseitigkeit und das Abbild eines üblen Journalismus. Beim ZDF und beim Deutschlandfunk ist das nicht anders.
Zur besseren Einschätzung des ehemaligen Außenministers Kissinger im Folgenden noch drei Hinweise und Quellen:
Erstens:
RP Online:
Brisantes Telefonat:
Henry Kissinger soll Willy Brandt den Tod gewünscht haben
Düsseldorf Für seine treuen Verehrer und Freunde (Alt-Kanzler Helmut Schmidt zählt dazu) ist der Amerikaner Henry A. Kissinger eine Art außenpolitischer Weltgeist. Die langjährigen Feinde des berühmtesten Außenministers der US-Geschichte haben jetzt zusätzliche Gründe, die dunklen, ja abgründigen Seiten dieses hellen politisch-historischen Gestirns zum Thema zu machen.
Von Reinhold Michels
Der “Spiegel” berichtet an diesem Montag über ein brisantes Telefonat von Februar 1973 zwischen US-Präsident Richard Nixon und seinem deutsch-amerikanischen Sicherheitsberater Kissinger.
Man wusste zwar, dass der kurz vor seinem 91. Geburtstag stehende gebürtige Fürther die Ostpolitik von Kanzler Willy Brandt (1969-1974) für naiv und Brandt wörtlich für “einen Trottel” hielt; aber dass Kissinger dem verachteten deutschen Sozialdemokraten “die Pest an den Hals” wünschte, er bedauerte, dass Willy Brandts Kehlkopferkrankung leider nicht bösartig sei, das zeigt den global gehätschelten ehemaligen Harvard-Professor, Bismarck-Bewunderer, Friedensnobelpreisträger als abgefeimten Zyniker. …
rp-online.de/politik/henry-kissinger-soll-willy-brandt-den-tod-gewuenscht-haben_aid-18743535
Zweitens
Handelsblatt:
„Mission erfüllt, Präsident tot“
Deutlich mehr Kenntnisse von den Vorgängen im Chile der 1970er Jahre hatte offenbar der US-Geheimdienst CIA. Ende der 1990er Jahre veröffentlichte Unterlagen der US-Regierung belegen, dass Agenten des Geheimdienstes CIA zwischen 1962 und 1975 in Chile aktiv waren. Dass sie in den Tagen des Putsches eine Rolle spielten, ist aber nicht belegt.
Bis 1970 versuchte die CIA zunächst, die Wahl Allendes als Präsident zu verhindern. Laut den Dokumenten wies US-Präsident Richard Nixon CIA-Direktor Richard Helms an, alles in seiner Macht Stehende gegen Allende zu unternehmen – aus Furcht vor einem zweiten Kuba. Als Allende dennoch Präsident wurde, suchte die CIA seine Regierung insbesondere durch finanzielle Unterstützung seiner Gegner zu destabilisieren. Mitschriften von Gesprächen zwischen Nixon und Regierungsmitgliedern, darunter sein damaliger Sicherheitsberater Henry Kissinger, belegen ein hohes Interesse an einem Sturz Allendes.
So zeigte sich Nixon 1971 gegenüber seinem Finanzminister John Connally empört, als Chile US-Unternehmen Entschädigungen nach der Verstaatlichung der Kupferindustrie verweigerte: „Ich habe beschlossen, dass wir Allende von der Bühne holen. (…) Er ist ein Feind (…) Alles ist in Chile erlaubt. Tritt sie in den Arsch. Ok?“ Zwei Monate vor dem Putsch, im Juli 1973, sagte Nixon den Unterlagen zufolge zu Kissinger, Allende habe nun offenbar Probleme. „Wenn die Armee nur ein paar Leute hinter sich bekäme.“
Fünf Tage nach dem Putsch beklagte Kissinger dann, dass US-Zeitungen den Sturz einer pro-kommunistischen Regierung bedauerten „anstatt zu feiern“. „In Zeiten von (US-Präsident Dwight D.) Eisenhower wären wir Helden.“ Nixon darauf: „Nun, wir haben es nicht getan. Unsere Hand ist bei dieser Sache nicht zu sehen.“ Kissinger antwortete: „Wir haben es nicht gemacht. Klar, wir haben ihnen geholfen… haben so gute Bedingungen wie möglich geschaffen.“ Auch in seinen Memoiren bestreitet Kissinger jeglichen Einfluss der USA beim Putsch in Chile – das sei ein „Mythos“ der Kommunisten.
Chilenen spüren Folgen der Diktatur bis heute
40 Jahre nach dem Staatsstreich stehen sich die Töchter der beiden Luftwaffengeneräle, Michelle Bachelet und Evelyn Matthei, als Kandidatinnen bei der Präsidentenwahl am 17. November gegenüber. Als Favoritin gilt die Sozialistin Bachelet, die bereits von 2006 bis 2010 Staatschefin war. Matthei kommt vom rechtskonservativen Lager der Unión Demócrata Independiente (Unabhängige Demokratische Union, UDI), die von dem Chef-Ideologen der Pinochet-Regierung Jaime Guzmán gegründete Partei. Matthei war bis vor kurzem Arbeitsministerin des Präsidenten Sebastián Piñera.
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Drittens:
Deutschlandfunk Archiv
Pinochets Putsch gegen Allende
Die Hoffnung vieler Oppositionspolitiker, dass die Generäle „nur“ mit den Sozialisten von Salvador Allende aufräumen, erfüllte sich nicht. 17 Jahre blieb das Militär nach dem blutigen Putsch von General Augusto Pinochet an der Macht. Zehntausende Menschen wurden brutal gefoltert, 3000 ermordet. Auch die USA sollen ihre Finger im Spiel gehabt haben. …
Von Gaby Weber | 11.09.2013
deutschlandfunk.de/pinochets-putsch-gegen-allende-100.html
Es wäre ein Leichtes gewesen, es hätte den ZDF-heute-Journal-Moderator keine besondere Anstrengung gekostet, die oben wiedergegebenen Informationen über Kissinger zu beschaffen und zu berücksichtigen. Nichts davon.
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