In einem Kommentar in der Tageszeitung „taz“ wird gefordert, dass „die Nato mit eigenen Bodentruppen“ die „Armee Putins zurückschlagen muss“. Die „taz“ hebt mit der Veröffentlichung dieses Beitrags die aktuelle Meinungsmache zum Ukrainekrieg auf eine radikale Stufe. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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Wer aktuell fordert, dass die NATO (offiziell) mit Bodentruppen in den Ukrainekrieg eingreift, der nimmt meiner Meinung nach die Ausweitung des Kriegs und damit eine erhebliche Zahl an getöteten Menschen billigend in Kauf.
Unter der Überschrift „Russlands Angriffskrieg: Gibt der Westen auf?“ wird in dem Kommentar in der „taz“ weiter erklärt, dass es das Völkerrecht nur gebe, „weil die freiheitlichen Demokratien hochgerüstete Armeen unterhalten“. Diese Aussage des Autors Udo Knapp ist ein klarer Fall der gefärbten Sichtweise namens „Wir sind die Guten“: Der Westen tritt laut dem Artikel in Kriege ein, in denen „für Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte und auch für das bequeme Alltagsleben“ gefochten wird.
Putin will die freiheitliche westliche Welt „zerstören“
Die Aussage der „taz“, Russland bilde nun „Allianzen mit den übrigen Diktatoren der Welt in China, Syrien, dem Iran und mit vielen anderen Möchtegern-Autokraten“, könnte man indirekt auf Deutschland übertragen: Oder sind die neuen Energiepartner der Deutschen (etwa Aserbaidschan, Ägypten oder Katar) demokratischer als Russland? Von den Kriegsverbrechen des Partners USA ganz zu schweigen, die nie ein Anlass für selbstzerstörerische Wirtschaftssanktionen waren (und es auch nicht sein sollten). Personalisierung und Dämonisierung zieht sich durch den Text:
„Putin bedient sich skrupellos aller denkbaren wirtschaftlichen Instrumente, um den Westen zu spalten und in innere Krisen zu treiben. Er unterstützt antidemokratische, ja faschistische Bewegungen. (…) Der Krieg in der Ukraine ist für ihn nur der Auftakt zu seinem weltweit angelegten Systemkrieg.“
Putin hat sich laut dem Beitrag „zu einem selbstbezogenen, autokratischen Alleinherrscher aufgeschwungen“, der seine Lebensmission offenbar darin sehe, die freiheitliche westliche Welt und ihre Liberalität „zu zerstören“.
„Der Westen“ zaudert
Doch auch mit „dem Westen“ geht die „taz“ ins hochmoralische Gericht. Denn dieser „verurteilt zwar den völkerrechtswidrigen, imperialistischen Angriff auf den Westen in der Ukraine, stuft ihn aber zu einem regionalen Geschehen herunter. (…) Nach wie vor versucht der Westen zu vermeiden, direkt in den Krieg hinein gezogen zu werden und sagt das auch laut.“ Wie eingangs bereits festgestellt: Möchte der Autor den Krieg also lieber ausweiten zu einem internationalen „Geschehen“ mit den entsprechenden Millionen von Toten?
Laut „taz“ drohen bei Verzicht auf den (offiziellen) NATO-Kriegseintritt Szenarien bis hin zur „Vernichtung“:
„Putin kann das nur als Ermutigung betrachten, an seinem Kriegsziel der vollständigen Eroberung festzuhalten – als Auftakt seines weiter reichenden Vernichtungskampfes gegen den Westen.“
Es sei nicht auszuschließen, „dass der Westen von Russland irgendwann und irgendwie in einen dann nur noch durch Selbstaufgabe vermeidbaren Krieg zur Verteidigung der westlichen Freiheiten hineingezwungen werden kann“. Zunächst entsteht aber der Eindruck, dass es die „taz“ ist, die den Westen noch weiter in den Krieg „hineinzwingen“ möchte, als dies ohnehin schon der Fall ist. Der Artikel mündet in eine Aufforderung, bei der einem einfach nur die Worte fehlen:
„Vermeiden kann der Westen diese Entwicklung nur, wenn er sich dazu durchringen würde, mit eigenen Bodentruppen an der Seite der ukrainischen Armee die völkerrechtswidrig eingedrungenen Armeen Putins hinter die Grenzen Russlands zurückzutreiben.“
„Eigene Bodentruppen…Was haltet ihr davon?“
Ein weiterer Ausdruck der Leichtfertigkeit eines Journalismus, wie er hier beschrieben wird, ist diese getwitterte „Umfrage“ zur brandgefährlichen These der „taz“:
“Der @taz_FUTURZWEI-Kommentator Udo Knapp ist der Meinung, dass die #Nato mit eigenen Bodentruppen die völkerrechtswidrig in die #Ukraine eingedrungene Armee Putins zurückschlagen muss. Was haltet ihr davon?”
Möglicherweise kann man mit emotionaler Meinungsmache, mit Verkürzungen oder mit Artikeln wie dem hier besprochenen tatsächlich eine Mehrheit der Bevölkerung so in die Irre führen, dass sie einer selbstzerstörerischen Sanktionspolitik und sogar einem selbstmörderischen (offiziellen) Kriegseintritt der NATO in der Ukraine zustimmen würde – das wäre allerdings dann keine inhaltliche Rechtfertigung der Irreführung. Und es wäre ganz sicher keine moralische Entlastung für die „taz“.
Was sagen unsere Leser? Hat die „taz“ hier eine Grenze überschritten? Oder ist die Darstellung des Ukrainekonfliktes durch die Zeitung realistisch und die Forderung nach Bodentruppen gerechtfertigt? Schreiben Sie uns an [email protected].
Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.
Titelbild: Kastoluza / Shutterstock
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