Vor 20 Jahren erschien die erste nationale Schulleistungsstudie in OECD-Regie. Ein halbes Jahr nach dem großen „Schock“ verschaffte auch das Bundesländermessen keine Linderung – außer Bayern nur Sitzenbleiber. Dabei sollte man auf die ganze Testerei nichts geben, meinen Bildungsforscher. Zielrichtung wären nicht bessere Schulen, sondern Standardisierung, Ökonomisierung und Privatisierung. Dafür werden auch schon mal Fake News produziert, Sieger gekürt, die keine sind, und ostasiatische Drillstaaten zu Musterschülern verklärt. Selbst Deutschland hat seine Lektion gelernt: Pauken für die Prüfung und den Bildungsnotstand ignorieren. So klappt’s auch mit der Volksverdummung. Von Ralf Wurzacher.
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Schreiben will gelernt sein. In Deutschlands Schulen gelingt das immer seltener. Ende Mai schlug der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Alarm. Nach Ergebnissen der sogenannten STEP-Studie ist fast ein Drittel der Lehrkräfte im Primarbereich und gut die Hälfte derer im Sekundarbereich mit den Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler beim Handschreiben unzufrieden. Die vom Schreibmotorik-Institut in Heroldsberg bei Nürnberg nach 2015 und 2019 zum dritten Mal durchgeführte Umfrage unter rund 850 Pädagogen deckt eine ganze Latte an Defiziten auf: Zunehmend mehr Kinder krakeln unleserlich, wechseln zwischen Druck- und Schreibschrift hin und her, werfen Klein- und Großbuchstaben durcheinander, halten Zeilenlinien und Seitenbegrenzungen nicht ein und machen nach einer halben Stunde schlapp.
Hartmut Stäker, Präsident des Brandenburgischen Pädagogen-Verbandes (BPV), selbst Lehrer in Lübben, schilderte gegenüber der „Berliner Zeitung“ seine Erlebnisse: Ein Drittel käme bei Diktaten nicht mehr hinterher und viele könnten „nicht über die Mitte (des Heftblatts) denken“. Gefragt nach den Ursachen, verwies er auf die Nutzung von Smartphones und den Verlust motorischer Fähigkeiten. „Kinder müssen ja lernen, einen Stift zu halten und die richtigen Bewegungen zu machen.“ Günther Fuchs, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Brandenburg, beklagte fehlende individuelle Förderung, unterschiedliche und unausgereifte pädagogische Ansätze und eine Nachrangigkeit in der Vermittlung basaler, also grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten. Tatsächlich wurde das Erlernen der Schreibschrift vielerorts aus dem Lehrplan getilgt und fragt man nach den Gründen, bekommt man zu hören: „Die kriegen das einfach nicht mehr hin.“
Allgemeiner Niveauverfall
In Sachen Bildung läuft einiges mächtig schief im sogenannten Land der Dichter und Denker. Und das gilt nicht erst seit Corona, wenngleich zwei Lockdowns mit monatelangem Distanzunterricht die Lage weiter verschärft haben. Im Rahmen von STEP befanden 70 Prozent der Befragten, die Probleme wären nach über zwei Jahren Pandemie noch einmal größer geworden. Andererseits hat sich dadurch ein stabiler Abwärtstrend bloß verfestigt, den bereits die Vorgängeruntersuchungen offenbarten. Schon bei der 2015-Auflage gaben vier von fünf Teilnehmern an, die Schreibfähigkeit habe im Zeitverlauf nachgelassen. „Handschrift. Setzen, sechs!“, titelte seinerzeit die „Ärztezeitung“. Was gäbe es heute dafür? Eine Sieben?
Eben nicht. Denn mit dem allgemeinen Niveauverfall einher gehen heftige und hektische Verrenkungen, denselben irgendwie zu kaschieren – sei es durch kreative Notenvergabe (das Einser-Abitur boomt wie nie), immer neue sogenannte Schulreformen oder Schulleistungstests (auch sogenannte), mit denen die Politik das System vermeintlich zukunftsfähig machen will. Allen voran die Mutter aller Schulleistungsstudien, der PISA-Test unter Federführung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), hat mehr Wandel und Veränderung in hiesige Klassenzimmer gebracht als davor fünf Jahrzehnte BRD-Schulpolitik. „Aus PISA begründete man die Einschulung von Fünfjährigen, die Verkürzung des Abiturs, die Intensivierung der Kindergartenbildung, die Einführung von Zentralabituren und vieles mehr“, äußerte der Mathematikdidaktiker Wolfram Meyerhöfer gegenüber den NachDenkSeiten. „Egal wie man diese Dinge findet, nichts davon ließ sich aus PISA herleiten – behauptet wurde das aber immerfort.“
Testeritis schadet Kindern
Meyerhöfer ist einer der hierzulande profiliertesten PISA-Kritiker und sein Urteil ist vernichtend: Mit der Testeritis habe sich eine „Kultur der Scheinlegitimierung von Beliebigem durch Wissenschaft etabliert“. Forschungsressourcen würden aus Fragen von Bildungszielen und von Wegen des Lehrens und Lernens abgezogen und „in das Vermessen von Menschen umgelenkt“. Das passe zu den Bedürfnissen von Administrationen, aber nicht zu denen von Lernenden und Lehrenden. „Eine immer tiefere Kluft von Wissenschaft und pädagogischer Praxis ist die Folge.“ Damit vertritt er keine exklusive Meinung und auch keine, die neu wäre. Schon 2013 hatte der Erziehungswissenschaftler Volker Ladenthin von einer „epochalen Verdummung“ gesprochen, bevor dann 2014, vierzehn Jahre nach der PISA-Premiere, weit über Hundert Wissenschaftler und Pädagogen aus Deutschland und aller Welt in einem Offenen Brief an PISA-Direktor Andreas Schleicher ihrem Ärger freien Lauf ließen.
Demnach schade „das neue PISA-Regime“ mit seinen kontinuierlichen globalen Testzyklen „unseren Kindern und macht unsere Klassenzimmer bildungsärmer durch gehäufte Anwendung von Multiple-Choice-Testbatterien, vorgefertigen (und von Privatfirmen konzipierten) Unterrichtsmodulen, während sich die Autonomie unserer Lehrer weiter verringert“, hieß es in dem Schreiben. Die Aufmerksamkeit der Politik werde verlagert „auf kurzfristige Maßnahmen, in der Absicht, schnell im Ranking aufzuholen, obwohl die Forschung zeigt, dass nachhaltige Veränderungen in der Bildungspraxis nicht Jahre, sondern Jahrzehnte benötigen, um fruchtbar zu werden“. Fazit: „Durch das Messen einer großen Vielfalt von Bildungstraditionen und -kulturen mit einem engen und einseitigen Maßstab kann am Ende unseren Schulen und unseren Schülern irreparabler Schaden zugefügt werden.“
Deutsches Sorgenkind berappelt sich – scheinbar
Der Appell fand damals durchaus öffentliche Beachtung, führte aber zu nichts. Die OECD zog ihr Ding stur durch und legte im Dreijahrestakt eine Neuauflage nach. Einzig Corona brachte die Maschinerie zum Stocken. Eigentlich sollte PISA 2021 längst über die Bühne gegangen sein und man wollte die Ergebnisse im kommenden Dezember präsentieren. Das ganze Prozedere verschiebt sich nun um ein Jahr und mit ihm das mediale Getöse. Dabei gab es dieser Tage ein kleines Jubiläum zu „feiern“, das in der Berichterstattung praktisch unterging. Vor fast genau 20 Jahren, am 25. Juni 2002, wurde PISA-E veröffentlicht, eine nationale Erhebung zur Performance der 16 Bundesländer. Das Resultat war so ernüchternd wie der legendäre PISA-Schock, den das Land ein halbes Jahr davor, bei Bekanntgabe des internationalen Rankings, erschüttert hatte. Nicht einmal das siegreiche Bayern reichte annähernd an den damaligen PISA-Musterknaben Finnland heran. Die anderen 15 Flächen- und Stadtstaaten waren schlechter als Mittelmaß. Das deckte sich mit dem globalen Schaulaufen im Dezember 2001. Da landete die BRD unter 32 Nationen auf Rang 21. In allen drei Prüfungsbereichen – Schreib- und Lesekompetenz, Naturwissenschaften, Mathematik – schnitten die einheimischen Schüler unterdurchschnittlich ab.
So konnte es nicht weitergehen und tatsächlich berappelte sich das deutsche Sorgenkind. Ausgehend von PISA 2012 setzte ein stabiler Aufwärtstrend in die obere Hälfte des Tableaus ein. Aber wie passt das zusammen mit dem Bild von Heranwachsenden, die massenhaft keinen geraden Buchstaben zu Papier bringen? Wo also ist der Ertrag aus etlichen Schulreformen, die das „Programme for International Student Assessment“ angestoßen hat? Es ist anzunehmen, dass es diesen so wenig gibt, wie es die Umstellung der Gymnasialzeit auf acht Jahre (G8) noch gibt. Zwischen 2002 und 2005 nahezu flächendeckend eingeführt, ist das Regelabitur mit 13 Jahren (G9) heute fast allerorten zurückgekehrt. Selbst bis in die Kultusministerien hatte sich irgendwann herumgesprochen, dass die Ballung an Lernstoff nicht zielführend ist, Kinder physisch und psychisch stark belastet und der Wirtschaft mit Azubis, die nicht bis drei zählen können, nicht geholfen ist. Dann sind da der Aufbau von Ganztagsschulen oder die Inklusion, sprich die Regelbeschulung körperlich und geistig beeinträchtigter Kinder. Beides sind gut gemeinte Projekte, bleiben aber in einem Umfeld fortgesetzter Mangelverwaltung mit milliardenschwerem Sanierungsstau und personellen Notständen historischen Ausmaßes (Lehrermangel) ein schöner Traum. Sie gehen sogar nach hinten los, sobald durch die nicht adäquat zu bewältigenden Zusatzaufgaben der geregelte Unterricht leidet und immer mehr Kinder zurückgelassen werden.
Stupide Methodik
Die verbesserten deutschen PISA-Ergebnisse lassen sich bestimmt nicht darauf zurückführen, dass die Pennäler heute wirklich besser lesen, schreiben und rechnen als noch vor zwei Jahrzehnten. Jeder Pädagoge mit längerer Berufserfahrung wird das bestätigen. Vielmehr werden sie den PISA-Anforderungen besser gerecht, indem sie die Testroutinen – überwiegend nach dem Mach-Dein-Kreuzchen-Prinzip – besser meistern. Es ist inzwischen gängige Praxis, die Systematik im Vorfeld der Tests in den fraglichen Klassen einzuüben. Welcher Schulleiter blamiert sich schon gerne? Nicht zufällig machen bei PISA vielfach Kandidaten aus Asien das Rennen, deren Lehrpläne auf Abschlusstests in wenigen Fächern ausgerichtet sind. Außerdem spielt in Fernost private Nachhilfe eine deutlich größere Rolle als anderswo und bestimmt maßgeblich über den persönlichen Schulerfolg. „Schulleistung“ hängt dort also zu einem nicht unerheblichen Grad von außerschulischer Unterstützung ab. Wie sehr, weiß keiner. Der Faktor wird schlicht nicht beziffert, geschweige denn bei der Auswertung berücksichtigt.
Trotzdem maßen sich die PISA-Macher an, Schulsysteme im globalen Maßstab vermessen und vergleichen zu können mit dem Anspruch, sie so qualitativ voranzubringen. Dabei ist die Vorstellung, Geistiges messen und standardisieren zu können, an sich schon absurd. Meyerhöfer hatte dies 2013 im Interview mit den NachDenkSeiten am Beispiel einfacher Rechenaufgaben veranschaulicht. So führten verschiedene Wege zum Ziel und selbst einem falschen Ergebnis könnte mehr mathematisches Verständnis zugrunde liegen als bei Schülern, die stupide ihr Einmaleins gepaukt hätten. Derlei Differenzen blieben den Testern aber verborgen und das um so mehr, je komplexer die Aufgaben sind. Schule solle „ja gerade geistige Vielfalt und Reichhaltigkeit herausbilden“, gab der Didaktiker zu bedenken. „Das widerspricht präzisem Messen aber diametral.“
Ökonomistisches Weltbild
Aber strebt die OECD überhaupt nach Vielfalt und Reichhaltigkeit? Wohl kaum, wie schon die Beschränkung auf nur drei „Indikatoren“ zeigt. Anhand von Lesen, Rechnen und Kenntnissen in Naturwissenschaften auf die Gesamtqualität eines Schulsystems zu schließen, zeugt von Engstirnig- und Überheblichkeit. Wo bleiben soziale und ethische Kompetenzen, warum werden keine musikalischen, politischen Fertigkeiten oder solche in Geographie und Fremdsprachen in die Wertung aufgenommen? Faktisch bleiben große und wesentliche Bereiche des schulischen Lebens von Heranwachsenden komplett ausgeblendet. Und würde man sie berücksichtigen – bei allen kulturellen Unterschieden Dutzender beteiligter Nationen – käme am Ende ein Wischiwaschi noch größerer Machart heraus. Um überhaupt irgendetwas halbwegs Griffiges und Vergleichbares zu fassen, ist Komplexität deshalb zwingend zu vermeiden.
Das betrifft ebenfalls die Auswahl der Getesteten, wobei die Fixierung auf 15-Jährige das für die OECD typische ökonomistische Weltbild widerspiegelt. Am Ende der Vollzeitschulpflicht nach der 9. oder 10. Klasse sollen Schulabgänger über das nötige Rüstzeug verfügen, um möglichst passgenau und reibungslos in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu wechseln. Ein Schlüssel dazu ist laut Meyerhöfer die Mathematik selbst. Die Masse an „brauchbaren Arbeitskräften“ solle die Disziplin gar nicht verstehen, „das bleibt Spezialisten vorbehalten“, sondern „unter dem Schlagwort von ‚nützlicher Mathematik‘ lediglich daran glauben, dass man alle Aspekte des Menschlichen mit Zahlen abbilden kann“.
„Skandalisierung des Unspektakulären“
Nichts versinnbildlicht die Leitbilder Standardisierung und Ökonomisierung mit der Zielrichtung Privatisierung eindrücklicher als das PISA-Nationenranking, das in schlechter Regelmäßigkeit die Gemüter erregt. Dabei nehmen es die Standardisierer mit den eigenen Standards gar nicht mal so genau, wodurch selbst nach den limitierten PISA-Statuten nicht immer der Beste gewinnt. Der Pädagoge und Historiker Rainer Bölling hat in verschiedenen Beiträgen auf die Irrungen und Wirrungen bei der Siegerkür hingewiesen. Demnach kam es wiederholt zu Verzerrungen der Ergebnisse, weil die für die Länder erforderliche Teilnehmerquote unterschritten beziehungsweise falsch erfasst wurde. Österreich zum Beispiel musste deshalb für die 2000er-Auswertung erst Jahre später um mehrere Plätze zurückgestuft werden und die USA hätten 2009 bei korrekter Bewertung zehn oder mehr Ränge weiter oben rangiert. Stattdessen triumphierte seinerzeit Shanghai, obwohl die Metropole als Repräsentant für China die nötige Hürde klar gerissen hatte. Kinder von Millionen Wanderarbeitern waren einfach übergangen worden, weil sie die höheren Schulen, an denen PISA stattfand, gar nicht besuchen dürfen.
Solche Unschärfen ziehen sich von oben bis unten durch die ganzen Länderrangreihen. Aus Sicht von Meyerhöfer hätten Veränderungen im Mittelfeld „wenig mit Änderungen in den Schulsystemen zu tun, sondern entstehen weitgehend durch die statistische Komplexität von Massentestungen“. Selbst vor Fake News schrecken die Verantwortlichen nicht zurück. So nimmt Bölling ein Modell auseinander, mit dem die Abstände bei den Leistungspunkten in Schuljahre umgemünzt werden. Damit werden scheinbar objektiv Bildungsrückstande beziffert, etwa derart, dass – wie bei PISA 2018 – sozial Benachteiligte drei Schuljahre hinter den OECD-Durchschnitt zurückfallen würden. Der Pädagoge brandmarkt das Vorgehen als „unsinnig“ und kalkulierte zum Beispiel für Finnland, dass die schwächsten Schüler „nach acht Jahren Schulbesuch schon neun Jahre in Rückstand geraten“. Offensichtlich diene das Verfahren „nur der Skandalisierung des Unspektakulären und gehört daher auf den Müllhaufen der empirischen Bildungsforschung“.
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Natürlich war es begrüßenswert, dass hierzulande durch PISA eine Diskussion dazu losgetreten wurde, wie sehr Bildungserfolg von der familiären Herkunft bestimmt wird. Überhaupt liefert PISA einen ganzen Blumenstrauß an Argumenten für so schöne Dinge wie „längeres gemeinsames Lernen“, mehr Durchlässigkeit zwischen den Schul- und Unterrichtsformen und nicht zuletzt für ethische und soziale Heterogenität im Schulalltag. Deshalb steht PISA bei Lehrerverbänden, Gewerkschaften und selbst bei der politischen Linken ziemlich hoch im Kurs. Allerdings hat sich auf all diesen Handlungsfeldern seit der Jahrtausendwende praktisch nichts zum Besseren bewegt, nicht selten sogar zum Schlechteren. Alle noch so tollen Reformen nutzen nichts, solange sie nicht mit ausreichend öffentlichen Mitteln unterfüttert werden. Dabei hatte der neuseeländische Pädagoge John Hattie schon 2009 mit seiner Meta-Metaanalyse „Visible Learning“ einen sehr einfachen Weg aus der Krise gewiesen. Nach Auswertung von über 50.000 Einzelstudien fand er heraus, dass vor allem gute Lehrerinnen und Lehrer Garanten für Schulerfolg sind und Reformen bei der Unterrichtsentwicklung ansetzen sollten und nicht bei den Strukturen. Aber wie geht der deutsche Weg? Nach einer jüngeren Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag des VBE könnten bis Mitte des kommenden Jahrzehnts knapp 160.000 Lehrkräfte im Schuldienst fehlen.
Bleibt die Frage, ob der deutsche PISA-Schock einen realen Kern hatte oder doch nur eingebildet war. Die BRD hatte stets einen hohen Erfassungsgrad bei der Stichprobe nahe 100 Prozent. Hätte man sich bei der 2018er-Auflage mit dem OECD-Mittelwert von 89 Prozent begnügt, wäre Deutschland laut Bölling „wahrscheinlich in die Spitzengruppe aufgestiegen“. Ginge bei der Testerei alles mit rechten Dingen zu, wäre den Schulen, Lehrern und Schülern vielleicht so manche verkorkste Reform erspart geblieben. Für Meyerhöfer ist „das Hauptproblem mit PISA, dass die empirische Bildungsforschung die Bildungsdebatte okkupiert hat“. Es sei normal geworden, „dass irgendwelche Tests zusammengeschustert werden und dass dann damit beliebige Aussagen produziert werden“. Seine Empfehlung an die Politik: „Zur Weiterentwicklung von Unterricht leistet PISA nichts. Die Bundesländer sollten das PISA-Abo abbestellen.“
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