Der Sommer nimmt Fahrt auf, die Temperaturen steigen, in Berlin fährt Bürger in Bus und Bahn weiter mit Mundschutz. Das hat der hauptstädtische Senat festgelegt und die Pflicht zum Tragen einer Maske bis zum 30. Juni verlängert, obwohl vom RKI lediglich eine Empfehlung ausgesprochen wird. Auch darüber hinaus droht den Bürgern, landesweit, nach einer Zeit einer gefühlten Entspannung ab Oktober erneut Ungemach. Die Zügel sollen wieder angezogen werden, ist zu lesen und zu hören und zu ahnen: mit Maßnahmen, Verordnungen, Verpflichtungen und Bußgeldern. In dieses Horn stößt auch die aktuelle Empfehlung des Expertenrats der Bundesregierung. Ein Fachmann, der Virologe Klaus Stöhr, kritisiert das Handeln der Verantwortlichen als Panikmache. Nicht wenigen Mitarbeitern im Gesundheitswesen und in der Pflege droht Strafe und Ausschluss wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Eine Kritik von Frank Blenz.
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Immer weiter, immer weiter, die Entscheider können einfach nicht aufhören, ihre überzogenen und einseitigen Maßnahmen durchzuziehen, und wenn deren termingebundene Berechtigung ausgelaufen ist, nachzuschärfen und diese zu verlängern. Die Gängelung der Bürger und die Missachtung deren Souveränität und Mündigkeit nimmt kein Ende. Ob der Senat in Berlin, der Gesundheitsminister oder die Ministerpräsidenten der Länder samt der Regierung unter Olaf Scholz – man gefällt sich mit der Bevormundung. Die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler trafen sich gerade, auf ihrer Tagesordnung: Vorkehrungen für eine kritischere Corona-Lage im Herbst. Gemeldet wurde, dass die Länder-Gesundheitsminister sich einstimmig entschieden hätten, einen möglichen Katalog etwa mit Maskenpflichten in Innenräumen und Zugangsregeln wie 2G und 3G (Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete) zusammenzustellen.
Also alles wie gehabt, es geht dann gen 2023, ins vierte Jahr, nach zweieinhalb Jahren wird der Pandemiewahnsinn weiter verfolgt. Dem hyperaktiven Gesundheitsminister gefällt das, er verkündete im Fernsehen, dass die Vorbereitungen für den Herbst auf Hochtouren liefen und dass er für die unterschiedlichen Varianten entsprechende Impfstoffe bestellt habe. Die bessere Ausstattung der Krankenhäuser, eine Abkehr von der Gewinnorientierung dieser Einrichtungen, eine personelle Aufstockung der Einrichtungen, der Innenräume, eine Strategie in Bezug auf Behandlungsmethoden, eine aktive Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens zu erwirken, den verpflichtenden Vertrauensbeweis gegenüber der Bevölkerung, ihr die gesetzlich verbriefte Eigenverantwortung zurückzugeben – darüber liest sich kein Wort. Schlimmer noch, aus den vergangenen Jahren Konsequenzen durch eine aussagekräftige und schonungslose Untersuchung (Evaluation) zu ziehen – das steht nicht auf der Tagesordnung der Entscheider. Warum nicht?
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Dabei ist es überfällig, den Bürgern zu überlassen, wie sie leben, es gibt keine epidemische Lage von nationaler und gar internationaler Lage mehr, die aktuellen Varianten sind nicht so gefährlich wie die Vorgängervarianten, darauf verweisen viele Experten. Doch die Politik im Rausch der Basta-Entscheidungsfreude lässt dem Bürger die Maske auf und schnürt Maßnahmenpakete, ohne über weitere, neuerliche Kollateralschäden zu sprechen. Die Maske im öffentlichen Raum ist ein Symbol der Macht. Sie wirkt, man sieht Menschen, die ganz allein im Park mit einem Mundschutz spazieren gehen. Warum aber sagt denen keiner, dass da im Park keine Gefahr herrscht? Die Politik sagt gern, die Gesundheit habe oberste Priorität, Gesundheit endet aber nicht mit Mundschutz auf und 1-, 2-, 3-G-Gängelei. Mit ihrem Einbahnstraßenhandeln und dem überheblichen, anmaßenden Übergehen der Bürger durch die Politik wird die Gesundheit letztlich sogar geschädigt.
Dem Chor der euphorischen Maßnahmenkatalog-Beschließer widerspricht wenigstens der Virologe Klaus Stöhr in verschiedenen Medien, der das Drohszenarium vonseiten des Gesundheitsministers kritisiert. Der Fachmann verhehlt nicht, dass neue Varianten des Coronavirus einen Wiederanstieg von Fällen nach sich ziehen könnten. Doch würde dies nicht zu einer höheren Zahl auf den Intensivstationen führen. Apropos Gesundheitswesen. Man liest gar nichts mehr über die einrichtungsbezogene Impfpflicht, doch dieser Verpflichtung wollen und/oder können nicht wenige Beschäftigte in diesem Bereich nicht nachkommen, so stellt sich die aktuelle Situation dar. Obwohl angeblich ein Mangel an Fachkräften herrscht, verzichtet man lieber auf diese „verzichtbaren“, unbelehrbaren Menschen oder man erpresst sie, indem ihnen Betretungsverbote ihrer Arbeitsstellen und Strafgelder angedroht werden. Da flattert nicht geimpften und seit zwei Jahren dauergetesteten und Mundschutz tragenden Angestellten von Gesundheitseinrichtungen in diesem Sommer Post ins Haus mit der Aufforderung, ihren Impfstatus nachzuweisen. Existenzangst kommt auf. Ja, die Betroffenen sind von derlei Post nicht überrascht, haben sie sich bisher dem Regime und der Nötigung widersetzt und vielleicht schon andere Pläne, andere Arbeitsaufgaben. Hoffen auf die Rücknahme der Pflicht. Die allgemeine Impfpflicht ist (vorerst?) vom Tisch – dagegen ist es eine Schande, die Zügel bei den Menschen, die sich um unsere Gesundheit mühen, nicht zu lösen.
In einem Punkt könnte man als Bürger inmitten der aufkommenden neuen Phase der Panikmache aufatmen: Kanzler Olaf Scholz hat nach der Konferenz mit den Länder-Ministerpräsidenten in Aussicht gestellt, dass alle Handlungsmöglichkeiten, die gebraucht würden, zur Verfügung stehen sollten – flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas solle es aber nicht mehr geben.
Auch ohne die gnädige Ankündigung von Scholz wird das normale Leben keine Fahrt aufnehmen. All das, was um uns, mit uns, gegen uns geschieht, es ist „keine neue Normalität“, wie manch’ Politiker lapidar ins Mikrofon ruft. Wie sollen viele Leute, die unser aller Laden am Laufen halten, planen, wenn es erneut bevormundende und entwürdigende Zugangsregeln für Geschäfte, Lokale, Unternehmen, Institutionen gibt, wenn Konzerte ausfallen, wenn Galerien dicht bleiben, Museen ihre Ausstellungen wieder in den Speicher schaffen, wenn Märkte ausfallen, der Sport (außer der der Profis) stillsteht, Demonstrationen verboten werden und so weiter? Nicht planbar – das bedeutet Pleite, fertig sein, Ende, schöne neue Normalität. Nein, wir sollten uns nicht damit abfinden und uns nicht daran gewöhnen, dass die Entscheider sich in den letzten mehr als zwei Jahren angewöhnt haben, den Menschen ihre Eigenverantwortung abzusprechen, um so untauglicherweise eine Pandemie einzudämmen, die sie für sehr gefährlich erachteten. Weiter besteht eine permanente Bevormundung, ein Staat der Zügellosigkeit wird aufgebaut. Zügellosigkeit indes ist nicht gesund.
Titelbild: Lubo Ivanko/shutterstock.com