Hinweise des Tages II

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  1. Ex-Kohl-Berater: “Es gibt nur eine Person, die noch mit Putin verhandeln könnte”
  2. Offener Brief: Lars Eidinger, Svenja Flaßpöhler und andere warnen vor Weltkrieg
  3. Beim Ukraine-Krieg geht es nicht um die Ukraine
  4. Nach der Absage an Gazprom: Polen bezieht Gas aus Deutschland
  5. Die Hungerkrise
  6. Es roch nach Schwefel
  7. Sanktionen gegen russische Forscher treffen die Falschen
  8. Euro unter Druck: Enormer Wertverlust droht
  9. Tag der Arbeit – GeMAInsam Zukunft gestalten!
  10. Grundsicherung im Alter Ende 2021: 4,4 Prozent mehr Menschen als im Vorjahr
  11. Bayerisches Digitalministerium weicht Kritik am Nachhaltigkeitstoken aus
  12. Bürgerrechtler klagen gegen Weitergabe von Gesundheitsdaten
  13. Sexismus: Die Linke ist kein Safe Space – kann sie auch nicht sein. Leider!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ex-Kohl-Berater: “Es gibt nur eine Person, die noch mit Putin verhandeln könnte”
    Sehen Sie aktuell irgendjemanden, der für die Seite des Westens überhaupt noch auf dieser Ebene mit Putin verhandeln könnte?
    Ja, ich sehe jemand, die Person ist aber nicht mehr im Amt: unsere ehemalige Bundeskanzlerin.
    Warum trauen Sie Angela Merkel das zu?
    Sie war die Einzige im Westen, die Putin jederzeit anrufen und mit ihm sprechen oder ihn treffen konnte. Leider haben wir nie erfahren, was genau sie im Einzelnen mit ihm besprochen hat. Aber sie hat zum Beispiel 2015 das Minsker Abkommen erreicht. Sie nahm den damaligen französischen Präsidenten François Hollande ans Händchen und fuhr mit ihm nach Moskau. Dort nahmen sie Putin mit, es ging weiter nach Minsk, und nach 17-stündiger Verhandlung stand das Minsker Abkommen. Das Problem war bis zum Schluss, dass sich alle Seiten nicht an dieses Abkommen gehalten haben, auch die Ukrainer nicht.
    Aber hat Merkel – zusammen mit ihrem Vorgänger Gerhard Schröder und den Außenministern Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel – Deutschland nicht zu stark von Russland abhängig gemacht?
    Ich halte die Diskussion, dass die Ostpolitik der letzten 20 Jahre grundsätzlich falsch gewesen wäre und in eine verhängnisvolle Abhängigkeit geführt hätte, für Irrsinn. Wenn Sie sich die Geschichte der Ost-West-Beziehungen insgesamt ansehen, galt immer die Formel “Sicherheit und Entspannung sind die zwei Seiten der gleichen Medaille”. Wir müssen also auf der Grundlage unserer eigenen Sicherheit Entspannungspolitik betreiben. Auf dieser Grundlage hat zum Beispiel Willy Brandt den alten sowjetischen Vorschlag zur Einrichtung einer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) aufgegriffen, obwohl Breschnew vorher den Prager Frühling blutig mit Panzern niedergewalzt hatte. Man hat also immer versucht, eine Politik der Entspannung und Zusammenarbeit zu betreiben – was soll daran falsch gewesen sein? Helmut Kohl hat das fortgesetzt und damit die deutsche Einheit erreicht. Das hätte auch niemand für möglich gehalten. Und was die Energieversorgung angeht: Auch während der vielen Höhepunkte des Kalten Krieges haben die Sowjets immer zuverlässig Erdgas geliefert und da hat sich keiner darüber beschwert und aufgeregt.
    Quelle: Web.de

    Anmerkung unseres Lesers H.U.: Warum nur können nur noch die Ex-Politiker vernünftige Töne anschlagen?

  2. Offener Brief: Lars Eidinger, Svenja Flaßpöhler und andere warnen vor Weltkrieg
    28 Intellektuelle und Kunstschaffende schreiben einen Offenen Brief an Kanzler Scholz. Sie begrüßen sein Zaudern und warnen vor einem Drittem Weltkrieg.
    28 Intellektuelle, Künstlerinnen und Künstler haben einen Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz unterschrieben. Darin begrüßen sie sein Zaudern und warnen vor einer Eskalation und einem Dritten Weltkrieg. […]
    Die Unterzeichner warnen vor einem zweifachen Irrtum, heißt es in dem Brief. Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, so der Brief, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen seien universaler Natur, so der Brief.
    Weiter heißt es: „Die unter Druck stattfindende eskalierende Aufrüstung könnte der Beginn einer weltweiten Rüstungsspirale mit katastrophalen Konsequenzen sein, nicht zuletzt auch für die globale Gesundheit und den Klimawandel. Es gilt, bei allen Unterschieden, einen weltweiten Frieden anzustreben.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Jürgen Habermas verteidigt Scholz und kritisiert „konvertierte Pazifisten“
    Der Philosoph Jürgen Habermas nimmt Bundeskanzler Scholz in der Debatte über die Unterstützung der Ukraine in Schutz. In Deutschland sei ein schriller, von Pressestimmen geschürter Meinungskampf über Art und Ausmaß der militärischen Hilfe ausgebrochen, schreibt Habermas in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“.
    Der Westen habe mit der Verhängung drastischer Sanktionen gegen Russland keinen Zweifel an seiner faktischen Kriegsbeteiligung gelassen, betont Habermas. Deshalb müsse er bei jedem weiteren Schritt militärischer Unterstützung abwägen, ob er nicht nach Definition von Präsident Putin die Grenze des formalen Kriegseintritts überschreite. Bundeskanzler Scholz bestehe hier zu Recht auf einer politisch zu verantwortenden und sachlich umfassenden informierten Abwägung, betont Habermas. Angesichts des unbedingt zu vermeidenden Risikos eines Weltenbrandes gebe es keinen Spielraum für riskantes Pokern.
    Quelle: Deutschlandfunk

  3. Beim Ukraine-Krieg geht es nicht um die Ukraine
    Washington will Russland durch einen Sieg der Ukraine schwächen, um die US-amerikanische “regelbasierte internationale Ordnung” durchzusetzen
    Die deutsche Regierung hat am vergangenen Dienstag unter dem Druck der Koalitionspartner und der USA sowie der übrigen Nato-Staaten und der 14-Nicht-Nato-Länder beim Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein nachgegeben und erklärt, man werde auch schwere Waffen aus “deutscher Produktion” in Form von 50 gebrauchten oder alten Flakpanzern des Typs Gepard in die Ukraine liefern und ukrainische Soldaten in Deutschland zusammen mit den USA und den Niederlanden ausbilden (siehe: Direktlieferung deutscher Panzer an die Ukraine).
    Jetzt also wird auch Deutschland den lange geforderten symbolischen Beitrag zur Verteidigung der Ukraine leisten, die bis zum Sieg durchhalten soll.
    Der Panzer Gepard wurde bis 2010 von der Bundeswehr genutzt. Der Bundessicherheitsrat hat die Ausfuhr bereits genehmigt. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte nach dem Treffen: “Das ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht.”
    Man könnte nach den kürzlich gemachten Äußerungen des US-Verteidigungsministers Austin eher sagen, schwere Waffen sind das, worauf die USA und die Nato setzen, um Russland für lange Zeit militärisch und wirtschaftlich zu schwächen. Die angebliche Verteidigung der freien Welt in der Ukraine ist dafür ein probates Mittel.
    Quelle: Telepolis

    dazu: The U.S. Proxy War in Ukraine
    [The following is the text of a presentation by John Bellamy Foster given on March 31, 2022 to the advisory board of Tricontinental: Institute for Social Research.]
    Thanks for inviting me to make this presentation. In talking about the Ukraine war, the essential thing to recognize at the outset is that this is a proxy war. In this regard, none other than Leon Panetta, who was CIA director and then secretary of defense under the Barack Obama administration, acknowledged recently that the war in Ukraine is a U.S. “proxy war,” though seldom admitted. To be explicit, the United States (backed by the whole of NATO) is in a long proxy war with Russia, with Ukraine as the battlefield. The U.S. role in this conception, as Panetta insisted, is to provide more and more weapons faster and faster with Ukraine doing the fighting, bolstered by foreign mercenaries.
    So how did this proxy war come about? In order to understand that we have to look at the U.S. imperial grand strategy. Here we have to go back to 1991 when the Soviet Union dissolved or even further to the 1980s. There are two prongs to this imperial grand strategy, one as geopolitical expansion and positioning, including the enlargement of NATO, the other as the U.S. drive for nuclear primacy. A third prong involves the economy but won’t be considered here.
    Quelle: Janata Weekly

    und: Ziele immer unversöhnlicher
    Im Ukraine-Konflikt erhöhen Kiews Verbündete und Russland den Einsatz
    Von Reinhard Lauterbach
    Im Ukraine-Konflikt haben Großbritannien und Russland neue Ziele formuliert. Sie sind so angelegt, dass ein eventueller Kompromiss ohne eine militärische Entscheidung immer unwahrscheinlicher wird. Die britische Außenministerin Elizabeth Truss sagte am Mittwoch abend in London, Großbritannien strebe an, Russland vollständig aus der Ukraine zu vertreiben. Dies bedeute auch, die »Volksrepubliken« des Donbass sowie die Krim wieder unter ukrainische Kontrolle zu bringen. Aus ihrer Sicht ist »ein ukrainischer Sieg der strategische Imperativ« des Westens. Ministerpräsident Boris Johnson und Verteidigungsminister Ben Wallace hießen ukrainische Angriffe auf Ziele innerhalb Russlands ausdrücklich gut. Auch US-Außenminister Antony Blinken soll nach Angaben aus Kiew grünes Licht für solche Aktionen gegeben haben. Attacken gegen Tank- und Munitionslager in grenznahen Regionen Russlands hatten sich in den letzten Tagen gemehrt.
    Auf der anderen Seite erhöhte auch Moskau den Einsatz. Präsident Wladimir Putin sagte vor Staatsbeamten in St. Petersburg ebenfalls am Mittwoch abend, wenn der Westen glaube, vermittelt über die Ukraine strategische Bedrohungen für Russland aufbauen zu können, werde er es mit »blitzschnellen und vernichtenden« russischen Reaktionen zu tun bekommen. Russland werde »nicht angeben, sondern handeln«, wenn es das für richtig halte. Nikolai Patruschew, Chef des russischen Sicherheitsrates, sagte in einem Interview mit der Regierungszeitung Rossiskaja Gaseta, die USA hätten in der Ukraine auf das Anfachen von Hass zwischen den im Land lebenden Nationalitäten gesetzt. Das einzige Ergebnis dieser Politik werde der Zerfall der Ukraine in mehrere Staaten sein.
    Quelle: junge Welt

  4. Nach der Absage an Gazprom: Polen bezieht Gas aus Deutschland
    Es hat Schlagzeilen gemacht, dass Polen die Rubelzahlungen für russisches Gas abgelehnt und Gazprom daraufhin die Lieferungen eingestellt hat. Allerdings war das (bisher) ein Bluff für die dumme Öffentlichkeit.
    Russland fordert seit Anfang April für seine Gaslieferungen Zahlungen auf Konten in Russland. Die Zahlungen können in Euro oder Dollar geleistet werden, müssen aber sofort in Rubel getauscht werden. Da die Gasrechnungen immer am Monatsende gezahlt werden, rückt der Tag der Wahrheit für die EU-Staaten nun immer näher, wenn sie Ende April ihre Rechnungen bezahlen und sich entscheiden müssen, ob sie der russischen Regelung Folge leisten wollen.
    Polen hat das abgelehnt, woraufhin Gazprom die Lieferungen an Polen eingestellt hat. Polen bezieht dadurch aber nicht etwa weniger russisches Gas, denn nun wurde der Gasfluss durch die Jamal-Pipeline, die Polen mit Deutschland verbindet, umgedreht und Polen bezieht das russische Gas nun aus Deutschland. Diese Umkehr des Gasflusses nennt man Revers und das wurde mit dieser Pipeline in den letzten Monaten schon öfter gemacht, wie Sie hier nachlesen können.
    Wie lange diese Regelung funktionieren wird, steht in den Sternen. Polen könnte sich in Zukunft vielleicht von russischem Gas unabhängig machen, wenn es sein Flüssiggasterminal ausbaut und wenn die Baltic-Pipe, eine Pipeline aus Norwegen nach Polen, fertig ist. Aber das ist Zukunftsmusik und das norwegische Gas, das dann nach Polen geht, würde in den europäischen Ländern fehlen, die es bisher bezogen haben. Eine Erhöhung der Förderung aus den norwegischen Gasfeldern ist nicht möglich.
    Quelle: Anti-Spiegel
  5. Die Hungerkrise
    Mehrere internationale Organisationen warnen mit Nachdruck vor einer weiteren Zuspitzung der globalen Hungerkrise durch den Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen. Schon jetzt seien in Ostafrika rund 20 Millionen Menschen durch eklatanten Mangel an Nahrungsmitteln „lebensbedrohlich geschwächt“, berichtet die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa. Ursache ist, dass Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland ausbleiben – wegen kriegsbedingter Blockaden und sanktionsbedingt entfallender Transportmöglichkeiten. Wegen des Mangels geht die Weltbank von einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise um 37 Prozent aus; dies werde zahlreiche ärmere Länder in eine Schuldenkrise treiben, urteilt Weltbankpräsident David Malpass. Beobachter warnen, Hunger und Armut drohten in politische Instabilität umzuschlagen und soziale Unruhen hervorzurufen. Während die Bundesregierung an einer „Getreidebrücke“ arbeitet, die ukrainisches Getreide über Nordsee- und Adriahäfen verschiffen soll, fordert Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, den Hunger mit einer Ausweitung der Waffenlieferungen an die Ukraine zu bekämpfen.
    Quelle: German Foreign Policy
  6. Es roch nach Schwefel
    Der Tabubruch Gregor Gysis am 15. April 1999 im Bundestag war ein Moment, in dem die Linke noch den Mut hatte, ihrer Friedensagenda die Treue zu halten. Und heute?
    Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) tat so, als sei ihm der Leibhaftige erschienen. Ich saß ja direkt über ihm, ließ er sich gleich nach der Bundestagsdebatte vom 15. April 1999 vernehmen, in der ihm ein linker Politiker offenbar als Fra Diavolo erschienen war, dass Thierse Schwefel zu riechen glaubte. Gregor Gysi, damals Fraktionschef der PDS, war kurz zuvor in Belgrad gewesen, um mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević über ein Einlenken im Kosovo-Konflikt zu reden. Die Nato bombardierte zu jener Zeit Nacht für Nacht Serbien und Montenegro. Gysi war so dreist oder so kühn, mit Diplomatie auf einen offiziell nicht erklärten, gegen Völkerrecht verstoßenden Luftkrieg der Nato zu antworten. Als er über sein Gespräch berichten wollte, sah er sich einem parlamentarischen Hexenkessel gegenüber, der ihn als Vaterlandsverräter schmähte und am liebsten gesteinigt hätte, wäre es das Risiko wert gewesen, der PDS einen Märtyrer zu gönnen. Thierse beließ es bei sanften Aber-Aber-Rüffeln.
    Zu erleben war in diesem von Krieg aufgeheizten Frühjahr eine Sternstunde der PDS, bevor die Partei in „Der Linken“ auf- und verlorenging. Was beeindruckte, war nicht allein der Mut zum Widerspruch, der als Widerstand wahrgenommen wurde. Zu bestaunen war die Originalität der Aktion, Gysis Überraschungscoup, bei Milošević auf dem Sofa zu sitzen, natürlich nichts zu erreichen, es aber versucht zu haben. Das verschaffte Legitimation, um das Aufbegehren gegen den ersten Krieg in Europa seit 1945, an dem wieder eine deutsche Armee beteiligt war, auf die Straße zu bringen.
    Quelle: Lutz Herden in der Freitag
  7. Sanktionen gegen russische Forscher treffen die Falschen
    Die Deutsche Forschungsgesellschaft untersagt die Kooperation mit russischen ForscherInnen. Es trifft vor allem die systemkritischen und akut bedrohten Wissenschaftler
    Wenige Tage nach Kriegsbeginn teilte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit, dass Forschungskooperationen mit russischen Partner_innen einzustellen seien. „Daten, Proben und Geräte“ seien nicht mehr auszutauschen, gemeinsame Veranstaltungen unerwünscht, schrieb die DFG am 2. März 2022. Bildungsministerien, Universitäten und die Deutsche Hochschulrektorenkonferenz teilen diese Position.
    Diese Anweisung hatte schnell praktische Auswirkungen. Russische Historiker, die beispielsweise die Bedeutung von Hafenstädten an der Ostsee mit ihren deutschen, polnischen und estnischen Kollegen bei einer Tagung Ende März diskutieren wollten, erhielten eine Ausladung. Während über wirtschaftspolitische Sanktionen und ihre Wirkungen kontrovers diskutiert wird, herrscht bei den Wissenschaftssanktionen weitgehend Einigkeit. Bildungs- und Außenministerinnen, Hochschulen und Förderinstitutionen begreifen sie als moralischen Imperativ und wichtigen Bestandteil einer Politik, die dem Kreml und der russischen Bevölkerung den Angriff auf die Ukraine vor Augen führen soll. Sanktionen treffen immer auch die Falschen. Das liegt in ihrer Natur. Allerdings haben sie hier die fatale Folge, dass sie Putins Instrumentalisierung der Geschichts- und Wissenschaftspolitik und damit seiner repressiven Innenpolitik in die Hände spielen. Deswegen sind die verhängten Wissenschaftssanktionen in unseren Augen fatal.
    Quelle: der Freitag
  8. Euro unter Druck: Enormer Wertverlust droht
    Inflation, Krieg und Sanktionen machen der europäischen Gemeinschaftswährung zu schaffen.
    Der Euro verliert an Wert. Am Donnerstag lag der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung bei 1,0472 US-Dollar. Das war der niedrigste Stand seit 2017. Und ein weiteres Absinken halten Experten für möglich, sogar bis unter die Parität zum US-Dollar.
    Doch diese Entwicklung zeitigt nicht nur negative Effekte: Gerade exportorientierte Unternehmen könnten sich darüber freuen, da ihre Produkte auf dem Weltmarkt günstiger werden und sie selbst bessere Chancen im Wettbewerb haben. Weniger erfreut sein dürften alle, die auf importierte Waren angewiesen sind, z.B. Energierohstoffe, die dadurch teurer werden.
    Der Euro stehe seit geraumer Zeit unter Druck, schrieb das Handelsblatt am Donnerstag. Unter anderem weil die Europäische Zentralbank so zögerlich gegen die Inflation vorgehe. Die US- Notenbank habe dagegen längst begonnen, im Kampf gegen die Inflation die Zinsen anzuheben.
    Der Kursverlust des Euro ist aber auch ein Zeichen für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Euro- Länder, die mit dem Krieg in der Ukraine auftreten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte letzte Woche schon seine Prognose für die Euro-Länder nach unten korrigiert. Die Unsicherheit bei der Energieversorgung bremst das Wachstum: Statt den zuvor geschätzten 3,9 Prozent soll die Wirtschaft der Euro-Länder in diesem Jahr nur noch 2,8 Prozent wachsen. Besonders Deutschland habe einen schweren Schlag erlitten, schrieb die New York Times.
    Quelle: Telepolis
  9. Tag der Arbeit – GeMAInsam Zukunft gestalten!
    Der 1. Mai steht bevor. Die Gewerkschaften stehen fest an der Seite der Ukraine und verurteilen die russische Aggression. Corona und Krieg haben viele Missstände offengelegt. Die sozialen Berufe müssen aufgewertet und Gesellschaft und Wirtschaft schnell klimaneutral gemacht werden, meint das #schlaglicht 15/2022 aus Niedersachsen.
    Die beiden Vorjahre waren vor allem durch pandemiebedingte Absagen und Einschränkungen geprägt. Im Gegensatz dazu kann der diesjährige Tag der Arbeit in Niedersachsen wieder flächendeckend auf Straßen und Plätzen stattfinden. Insgesamt sind rund um den 1. Mai über 60 Veranstaltungen im gesamten Bundesland geplant, auf denen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften ein Zeichen für Solidarität setzen. Der Einsatz für gute Arbeit, sozialen Ausgleich und eine lebenswerte Zukunft ist heute mehr denn je gefragt.
    Der Tag der Beschäftigten wird in diesem Jahr von einem schrecklichen Ereignis begleitet. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine herrscht Krieg in Europa. Die Gewerkschaften verurteilen diese verbrecherische Aggression und stehen fest an der Seite der Opfer. Überall wo es möglich ist, leisten sie und ihre Mitglieder praktische Hilfe für die Geflüchteten. Statt weiterer Kämpfe muss es einen Waffenstillstand geben. Die Menschen brauchen Frieden!
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  10. Grundsicherung im Alter Ende 2021: 4,4 Prozent mehr Menschen als im Vorjahr
    Im Dezember 2021 bezogen in der Bundesrepublik Deutschland 588.780 Menschen im gesetzlichen Rentenalter (§ 41 Abs. 2 SGB XII) Grundsicherung im Alter – 4,4 Prozent (24.670) mehr als im Dezember 2020. In den Ländern reichte diese Veränderungsrate (Vorjahresvergleich) von -0,1 Prozent in Berlin (BE) und +3,2 Prozent in Hamburg (HH) bis +7,2 Prozent in Brandenburg (BB) und Thüringen (TH) und +7,6 Prozent in Sachsen (SN). (siehe BIAJ-Tabelle mit Daten des Statistischen Bundesamtes)
    Die Anzahl der Menschen, die Grundsicherung bei Erwerbsminderung erhielten, sank von Dezember 2020 bis Dezember 2021 um 0,2 Prozent (925) auf 533.595.
    Die Anzahl der Leistungsempfängerinnen und -empfänger der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung insgesamt, stieg in 2021 – von Dezember 2020 bis Dezember 2021 – um 2,2 Prozent auf 1,122 Millionen.
    Quelle: BIAJ
  11. Bayerisches Digitalministerium weicht Kritik am Nachhaltigkeitstoken aus
    Während die Stadt Bologna die Tugendhaftigkeit ihrer Bürger so umfassend wie möglich bewerten und belohnen will, begnügt sich die Bayerische Regierung (zunächst?) mit der Bewertung und Belohnung der Tugendhaftigkeit bei der Energienutzung. Solche Initiativen, die zurzeit überall aus dem Boden sprießen, können leicht ein erster Schritt zu einem Sozialkreditsystem sein. Auf Nachfrage weichen die Verantwortlichen der Kritik aus.
    In der Klimaschutzoffensive der bayerischen Regierung von 2019 wurde ein sogenannter Nachhaltigkeitstoken angekündigt, inzwischen meist Ökotoken genannt. Laut Beschreibung (S.92) geht es um:
    “Entwicklung eines Dokumentationssystems samt Bewertungsrahmen, bei dem Nutzer entsprechend ihres umweltbewussten Verhaltens Pluspunkte in Form der Nachhaltigkeitstoken sammeln können; diese können dann bei Partnern für Vergünstigungen eingesetzt werden (Theater, Schwimmbad, ggf. Biomarkt).“
    Der Token soll eine „Signalwirkung für Unternehmen und Bürger“ entfalten.
    Quelle: Norbert Häring
  12. Bürgerrechtler klagen gegen Weitergabe von Gesundheitsdaten
    Medikamente, Diagnosen und mehr: Die Krankenkassen sollen der Forschung pseudonymisierte Daten von 73 Millionen Versicherten zur Verfügung stellen. Ein Kläger fürchtet, er könnte identifiziert werden. (…)
    Denn das Gesetz sieht vor, dass bis Oktober dieses Jahres die gesetzlichen Krankenkassen umfangreiche Gesundheitsdaten aller 73 Millionen Versicherten zu Forschungszwecken in eine Datenbank einspeisen. Eine Widerspruchsmöglichkeit ist nicht vorgesehen. Nur privat Versicherte sind nicht betroffen. (…)
    Denn im DVG heißt es zwar, das »spezifische Reidentifikationsrisiko« sei zu »minimieren«, und zwar durch ein »schlüsselabhängiges Verfahren zur Pseudonymisierung, das dem jeweiligen Stand der Technik und Wissenschaft entspricht«. Doch einem Gutachten des Kryptografie-Professors Dominique Schröder von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen zufolge ist das vorgesehene System weit entfernt vom Optimum. Im Gegenteil, »grundlegende Pfeiler der IT-Sicherheit« würden »ignoriert«, schreibt Schröder.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Interessant dazu sind u.a. diese beiden Beiträge von Ralf Wurzbacher:

    1. Der Türöffner: Wie Jens Spahn den gläsernen Patienten herbeiregiert
    2. Scholz & Friends – SPD-Parteitag mit freundlicher Unterstützung von Pfizer.
  13. Sexismus: Die Linke ist kein Safe Space – kann sie auch nicht sein. Leider!
    Wieder einmal zerlegt sich die Linke selbst. Das tut sie gerne, sowohl als Partei wie auch als Bewegung. Nur: Dieses Mal scheint sie es besonders nachdrücklich und gründlich tun zu wollen
    Vielleicht ist es in Deutschland besonders schlimm, doch die Tatsache, dass sich in Frankreich gerade ein neoliberaler Zentrist und eine rechtsoffene Nationalistin in der Stichwahl gegenüberstanden, lässt vermuten, dass es sich beim Selbstzerstörungsdrang der Linken doch eher um ein europäisches Phänomen handelt.
    Das ist umso bedauerlicher, da in einer Zeit, in der sich Europa im Krieg befindet, der Militarismus fröhliche Urstände feiert, die Inflation bedenkliche Ausmaße annimmt, die Gewinne der Reichsten ins Unermessliche steigen, während die Enteignung der Mittelschicht und der Armen immer weiter voranschreitet, eine linke Kraft eigentlich alle Hände voll zu tun hätte. Doch all das ist längst bekannt und schon tausendmal gesagt.
    Die Forderungen, endlich eine populistische Linke aufzubauen, die sich um die realen Sorgen der realen Menschen kümmert, hält weder die Linke als gesellschaftliche Strömung noch die Partei Die Linke davon ab, sich vornehmlich mit sich selbst zu beschäftigen und sich dabei selbst zu zerfleischen.
    Quelle: Telepolis

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