Mexiko, traditionsreiches Refugium des weltweiten Exils

Frederico Füllgraf
Ein Artikel von Frederico Füllgraf

In Chillán, tiefes chilenisches Hinterland, beherbergt die Grundschule „Escuela Mexico“ eine spektakuläre Wandmalerei-Anlage aus den 1940er Jahren. Ihr Schöpfer hatte im fernen Mexiko einen Mordanschlag auf einen weltberühmten Asylanten verübt. Dass er sich mit dem Monumentalwerk sein Schuldgefühl ausschwitzte, war eine kühne, weil vergebliche Hoffnung seiner Helfer, darunter vor allem des chilenischen Dichters Pablo Neruda. Zwei Jahre lang in Chile versteckt, mutierte er selbst zum heimlichen Asylanten. Von Frederico Füllgraf.

Das mexikanische Exil hat mehr als einhundert Jahre Tradition. Anlässlich des 80. Jahrestages des spanisch-republikanischen Massenasyls in Mexiko bekräftigte Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador dieses Vermächtnis mit einer engagierten Zusicherung seiner Fortsetzung: „Mexiko garantiert das Recht auf Asyl“.

Weniger als zwei Jahre später, im April 2021, hatte López Obradors Regierung bereits 22.000 Asylanträge auf dem Tisch, erwartete jedoch zum Jahresende bis zu 80.000 AntragstellerInnen. Ein „explosionsartiger Menschen-Andrang“, so die mexikanische Einwanderungs-Behörde, und ein einmaliger Rekord in der Geschichte des Landes, das seit Ende des 19. Jahrhunderts als gastfreundlichster Hort des weltweiten politischen Exils gilt und 2019, in einem Anflug ungewöhnlicher Anerkennung, selbst vom deutschen Auswärtigen Amt dafür gerühmt wurde.

Mit wenigen Ausnahmen begünstigte diese fremdenfreundliche Politik vor allem lateinamerikanische FreiheitskämpferInnen und den Widerstand gegen den europäischen Faschismus. Zur Tradition gehört indes die Hauptauflage, sich der politischen Einmischung in mexikanische Angelegenheiten zu enthalten.

Von den spanischen Republikanern und dem deutschen Widerstand, über Fidel Castro zu Manuel Zelaya

Einer der Ersten, die hier Zuflucht erhielten, war der Kubaner José Martí an der Spitze zahlreicher seiner Landsleute, die im 19. Jahrhundert für die Unabhängigkeit Kubas von Spanien, aber auch von den USA kämpften. In den darauffolgenden Jahrzehnten gehörte zu den renommiertesten Asylsuchenden der peruanische Denker und Politiker Victor Raúl Haya de la Torre. Nach seiner Inhaftierung während des autoritären Augusto-Leguía-Regimes ließ sich de la Torre im Jahr 1923 in Mexiko auf Einladung des Schriftstellers und Bildungsministers José Vasconcelos nieder.

Der wohl beeindruckendste Asylfall Mexikos war die Aufnahme von annähernd 25.000 vom Feldzug Francisco Francos geschlagenen und ab 1938 in verschiedene demokratische Länder strömenden spanischen Republikanern, darunter zahlreichen Kommunisten. Als einer der letzten Widerstandskämpfer gegen Franco ging der legendäre Filmregisseur Luis Buñuel in Mexiko an Land. Zunächst nach Frankreich geflüchtet, wo die spanischen Republikaner in Konzentrationslagern bewacht wurden, versuchte der Meister des surrealistischen Kinos seinen Widerstand in den USA fortzusetzen, was ihm allerdings nicht erlaubt wurde und den Ausschlag für seine Übersiedlung nach Mexiko gab, dessen Staatsangehörigkeit er wenige Jahre später annahm.

Auch Gruppen des deutschen Hitler-Widerstandes fanden Zuflucht in Mexiko. Nach ungenauen Schätzungen suchten zwischen 1942 und 1943 etwa 100 deutsche KommunistInnen mehrheitlich jüdischer Herkunft in Mexiko Zuflucht, nachdem sie ihren ersten, vorübergehenden Schutz in Frankreich gefunden hatten. Es handelte sich in der Mehrheit um Intellektuelle und SchriftstellerInnen wie Anna Seghers, Bodo Uhse oder Ludwig Renn, die in Mexiko die Bewegung und die von 1941 bis 1946 in Mexiko-Stadt erschienene gleichnamige Exil-Zeitschrift „Freies Deutschland“ („Alemania Libre“) gründeten.

Inhaftierung, politische Verfolgung, Flucht, Widerstandsbegehren – die Gründe für das Asylersuchen wiederholten sich endlos. So der Fall Fidel Castro. Nachdem er wegen Widerstands gegen das Regime Fulgencio Batista knapp zwei Jahre in Haft saß und sich zunächst in die USA absetzte, wurde der 28-Jährige im Jahr 1955 als politisch Verfolgter und Asylberechtigter anerkannt. Die Zuflucht in Mexiko diente Castro zur Vorbereitung seines revolutionären Feldzugs auf Kuba. Nach achtzehnmonatigem Aufenthalt schiffte Castro sich insgeheim mit einer Gruppe Guerilleros mit Kurs auf die kubanische Küste ein und stürzte zwei Jahre später das Batista-Regime. Mit im Boot: Ernesto Che Guevara.

Nach dem Militärputsch vom 31. März 1964 in Brasilien flohen einzelne Oppositionspolitiker und Intellektuelle ebenfalls nach Mexiko, allen voran Francisco Julião. Sein „Vergehen“: In den 1950er Jahren hatte er als Anwalt der mutigen nordostbrasilianischen „Ligas Camponesas“ („Bauernbünde“) gearbeitet, die damals bereits für eine Agrarreform kämpften und als Vorreiter-Organisation der in den 1980er Jahren entstandenen Bewegung der Landlosen (MST) verstanden werden können. Julião kehrte nach seiner Amnestierung in den 1980er Jahren nach Brasilien zurück, verstarb jedoch 1999 in Mexiko, das er dankend als Land zur Niederschrift seiner Memoiren auserwählt hatte.

Südamerikanisches Massenexil in den 70er Jahren

Eine neue massive Welle von Asylsuchenden überraschte Mexiko in den 1970er Jahren als Folge der Diktatur Augusto Pinochet in Chile, aber auch der Diktatur, die von 1976 bis 1983 im benachbarten Argentinien 30.000 Widerstandskämpfer ermordete. Als Erste wurde Salvador Allendes Witwe Hortensia Bussi samt Familie von einer nach Chile entsandten Sondermaschine des mexikanischen Präsidenten Luis Echeverría vier Tage nach dem Putsch vom 11. September 1973 ausgeflogen. Dem nahezu heldenhaft wirkenden mexikanischen Botschafter in Chile, Gonzalo Martínez Corbalá, war es sogar gelungen, insgesamt 756 Menschen in die mexikanische Botschaft hinüberzuretten, die allesamt unter unbeschreiblichen Schikanen und Gewaltandrohungen der Diktatur ausgeflogen werden mussten. Auch der in eine Klinik noteingelieferte Literatur-Nobelpreisträger Pablo Neruda gehörte dazu. Nur der zähen Überredungsarbeit Präsident Echeverrías und Corbalás gelang es, Neruda zur Einsicht des lebensrettenden Exils in Mexiko zu bewegen. Der Dichter bestand jedoch darauf, seine Memoiren für deren anstehenden Druck endzuredigieren, verzögerte Tag für Tag den Abflug und verstarb unerwartet zwei Wochen nach dem Putsch in einer Klinik in Santiago.

Den Allende-Anhängern folgte in den späten 1970er Jahren der ehemalige argentinische Übergangspräsident und spätere Botschafter in Mexiko, Héctor Cámpora, und in den 1990er Jahren die indigene, guatemaltekische Menschenrechts-Aktivistin und Friedensnobelpreisträgerin (1992) Rigoberta Menchú. Als letzter lateinamerikanischer Renommier-Exilant verbrachte der durch einen Putsch gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, samt Familie zwei Jahre im mexikanischen Exil.

Eine seltsame, wenngleich wenig ehrenvolle Episode der mexikanischen Exilgeschichte war zwischen 1979 und 1980 der einjährige Aufenthalt des gestürzten iranischen Shahs Mohammad Reza Pahlavi in einem Luxus-Domizil der Stadt Cuernavaca, circa 50 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt. Die offizielle Darstellung der Exilgenehmigung sprach von einer „Einladung“ des damaligen mexikanischen Präsidenten José López Portillo. Allerdings gelang der Washington Post der Nachweis einer Intervention der US-Regierung. Der damalige US-Außenminister Henry Kissinger übte nämlich massiven Druck auf Portillo zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für den Shah, seine Familie und eine 70-köpfige Entourage von Sicherheitsbeamten aus.

Der aufsehenerregendste Exilfall in Mexiko ereignete sich jedoch im Jahr 1937. Er gipfelte im Mai 1940 in einem erfolglosen Attentat auf den Exilierten und drei Monate später in seinem brutalen Mord auf Befehl Josef Stalins. Der Fall wirft auch 80 Jahre später noch Schatten bis in die tiefste chilenische Provinz, 7.000 Kilometer vom Tatort entfernt.

Im chilenischen Hinterland, der Schatten von Leo Trotzkis Ermordung

Wenn man zum ersten Mal von der „Escuela Mexico“ hört, wird man durch oberflächliche Recherchen darüber belehrt, dass die Grundschule von der mexikanischen Regierung der Stadt Chillán gestiftet wurde. Chillán hatte im Januar 1939 das verheerendste aller Erdbeben mit 30.000 Toten unter seinen 48.000 Einwohnern erlitten und musste aus den Ruinen wieder aufgebaut werden. Da schaltete sich das solidarische Mexiko mit der Schulstiftung ein. Die Verbundenheitsgeste beschränkte sich jedoch nicht auf den Schulbau, sondern wurde mit der Entsendung der mexikanischen Kunstmaler David Alfaro Siqueiros und Xavier Guerrero ergänzt. Zwischen 1940 und 1942 dekorierte hier Guerrero die Eingangshalle der Schule mit Decken-Fresken und Siqueiros vollbrachte im ersten Stockwerk die monumentale Wandmalerei mit dem kämpferischen Titel „Muerte al Invasor“ („Tod dem Eindringling“).

Monumental deshalb, weil Siqueiros‘ Werk sich nicht auf eine einzige Wand begrenzt, sondern zwei, mindestens 25 Meter voneinander entfernte Wandbilder – zum einen die Befreiungsgeschichte Mexikos, zum anderen die Chiles – mit einer Deckenmalerei verbindet und einen ganzen, rund 200 Quadratmeter großen Saal in ein dreidimensionales Kunstwerk verwandelt, das den Zuschauer zu ungeübter Hals- und Augenbewegung herausfordert. Die „tektonischen Dämonen“ tobten aber weiter in Chile, denn im Jahr 2010 wurde mindestens ein Drittel des Werkes von einem neuen Erdbeben beschädigt und musste akribisch restauriert werden; daher der dem Publikum verwehrte und ausnahmsweise nur einem offiziell akkreditierten Auslandskorrespondenten genehmigte Zugang. So durfte ich vor wenigen Jahren an einem sommerlichen Nachmittag Siqueiros‘ Werk bestaunen und fotografisch dokumentieren.

Erst nachdem ich die „Escuela Mexico“ verlassen hatte und auf dem Gehsteig eine Zigarettenpause einlegte, erschloss sich mir, dass das Erdbeben nur eine Art Nebenhandlung für Siqueiros‘ Anwesenheit in Chile gewesen war. Der eigentliche Grund für sein überraschendes Eintreffen lag im fernen Moskau verborgen. Ich war verblüfft darüber, wie ein Juwel der Malerei-Kunst sich plötzlich als schillernde Brücke zum Handlungsort samt Protagonisten eines weltweit betrauerten Verbrechens anbietet. Nämlich des Mordanschlags auf den prominentesten Asylanten Mexikos aller Zeiten: dem in der Ukraine geborenen Lev Davidovich Bronstein, genannt Trotzki.

Verkürzt angedeutet: Neben Wladimir I. Lenin war Trotzki einer der Führer der Russischen Revolution von 1917, Kriegskommissar, Gründer der Roten Armee und Mitbegründer des Sowjetstaates. Der Intellektuelle Trotzki wurde nach Lenins Tod vom aufsteigenden Sowjetkader der „harten Linie“, Joseph Stalin, schrittweise entmachtet, zum Hauptrivalen und „Verräter“ erklärt, aus der KPdSU ausgeschlossen und nach seiner Verbannung nach Kasachstan des Landes verwiesen.

Nach quälenden, weil unsicheren Zwischenstationen in der Türkei, Frankreich und Norwegen, stets mit Agenten des stalinistischen GPU-Geheimdienstes – Vorläufer des späteren NKWD und KGB – auf den Fersen, gingen Trotzki und Ehefrau Natalia Sedowa auf Einladung der Regierung Lázaro Cárdenas 1937 im mexikanischen Hafen Tampico an Land. Empfangen wurden sie neben anderen Persönlichkeiten von der Kunstmalerin Frida Kahlo, die mit dem Kunstmaler Diego Rivera das „Blaue Haus“ in Mexiko-Stadts Bezirk Coyoacán besaß, das den Trotzkis als erste Unterkunft diente, das sie jedoch nach einer kurzfristigen Liebesaffäre Leos mit Frida verließen und innerhalb Coyoacáns umzogen.

Unternehmen „Gnom“

Pavel Sudoplatov, einer der führenden GPU-Agenten, behauptete indes in seinen Memoiren, Stalin habe den Befehl zur Beseitigung seines gefürchteten Rivalen mit den Worten ausgegeben: „Außer Trotzki gibt es keine andere wichtige Figur in der trotzkistischen Bewegung. Wenn wir Trotzki eliminieren, wird jede Gefahr verschwinden“. Der Entschluss zur Eliminierung Trotzkis wurde noch vor der Beendigung des Bürgerkriegs in Spanien gefasst. Unter dem Befehl Lavrenti Berias, Chef der sowjetischen Staatssicherheit, und der operativen Leitung Sudoplatovs agierte zwischen GPU und den Republikanern die großbürgerliche, zum Moskau-Kommunismus konvertierte Spanierin Caridad Mercader als Anwerberin. Unter Androhung von Repressalien setzte die krankhaft anmutende Dame ihren eigenen Sohn unter Druck. Dem jungen kommunistischen Republikaner Ramón Mercader blieb keine Wahl – er „musste“ Trotzki umbringen, so der Befehl. In Barcelona kooptiert, in der tiefen UdSSR und Frankreich mit einer belgischen Neu-Identität ausgebildet, landete Mercader Ende 1939 in Mexiko und machte sich auf die Suche nach Silvia Ageloff, eine junge US-amerikanische Linke und zukünftige Sekretärin Trotzkis, auf die Ramón in Paris angesetzt worden war.

Das von der GPU in Moskau titulierte Unternehmen „Gnom“ kam in Fahrt. Strategie-Experte Sudoplatov stellte drei Killer-Banden auf, die sich untereinander nicht kannten, von denen zwei unter dem Kommando der GPU-Agenten Nahum Eitingon (Alias: „General Kotov“) und Iosif Grigulevich standen. Beide waren im spanischen Bürgerkrieg geübte Agenten zur Jagd auf und „Neutralisierung“ von Anarchisten und Trotzkisten. Eitingon reichte eine lange Liste von Interessenten ein, angeführt von David Alfaro Siqueiros, der in sehr jungen Jahren an der mexikanischen Revolution teilgenommen sowie als mexikanisches KP-Mitglied und Freiwilliger in den Reihen der spanischen Republikaner gekämpft hatte.

Das zweite „Team“ stand unter der Aufsicht von Caridad Mercader, die einen Sohn im Bürgerkrieg verloren hatte und ihre Karten auf den verbleibenden Sohn Ramón setzte. Auf Berias Wunsch stand die dritte Gruppe unter dem Kommando Iosif Grigulevichs.

Im Morgengrauen des 24. Mai 1940 fuhr Siqueiros mit einem Kommando von annähernd 25 als Polizisten verkleideten und schwerbewaffneten Killern vor dem Haus Trotzkis vor. Der Gruppe gelang die Vertreibung der realen Polizei, die das Haus bewachte, während Grigulevich Robert Sheldon Harte, den zum Komplizen gewonnenen Privatwächter Trotzkis, anrief, der die Pforte bewachte. So brach eine Gruppe durch die Pforte ein, die Hauptkolonne feuerte jedoch von der Straße rund 200 MG-Schüsse auf das Haus. Das aus tiefem Schlaf gerissene und zu Tode verängstigte Ehepaar Trotzki suchte Zuflucht unter dem Bett und rettete sich vor mindestens 70 Kugeln, die über ihren Köpfen in den Wänden einschlugen. Den nebenan schlafenden Trotzki-Enkel Sieva Volkov erwischte es leicht an einem Fuß. Mittlerweile rollte eine reale Polizeibrigade an, der Angriff war gescheitert. Siqueiros floh, versuchte sich in Michoacán zu verstecken, wurde jedoch verhaftet und landete hinter Gittern, ebenso wie die Mehrheit der Attentäter.

Die Eliminierung Trotzkis war indes nicht nur ein Anliegen Stalins und seiner GPU. Sie hatte sich als ein „Muss“ auf sämtliche von der KPdSU beeinflussten und von ihr über die Komintern ideologisch gelenkten KPs ausgewachsen. Auch die chilenische KP betete die stalinistischen Mantras nach. Eines ihrer Führungsmitglieder, der Dichter Pablo Neruda, scheute sich nicht, eine „Ode an Stalin“ zu dichten. Nach mehreren Jahren als chilenischer Konsul in Spanien tätig – von wo er rund 2.000 verfolgten Republikanern das Exil in Chile sicherte – war Neruda nach einem kurzen Interregnum nach Mexiko versetzt worden. Ihm fiel nach dem gescheiterten Anschlag auf Trotzki die Komintern-Mission zu, Siqueiros aus der Haft zu befreien. Mit einem „annehmbaren“ Angebot an die unter massivem politischen Druck stehende mexikanische Justiz. Was tat Neruda? Er holte Siqueiros aus dem Knast und setzte ihn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im vom Erdbeben zerstörten chilenischen Chillán an Land.

„Stalin will meinen Tod!“, alarmierte währenddessen Attentat-Überlebender Trotzki in einer von den Medien weitverbreiteten Rede. Der sowjetische Revolutionär übertrieb nicht. Drei Monate später, am 21. August 1940, jagte ihm GPU-Agent Ramón Mercader (Alias: „Jacques Mornard“) einen Eispickel in den Schädel.

Siqueiros bereute niemals den Mordanschlag auf Trotzki. Im Gegenteil, vor Gericht verteidigte er das Attentat als „Verpflichtung zum Schutz der Nationalen Unabhängigkeit Mexikos und der mexikanischen Revolution“. Nach seiner Rückkehr aus Chile lebte er den Rest seines Lebens unbestraft und starb 1974 in Mexiko.

Ramón Mercader verbrachte hingegen 20 Jahre in mexikanischer Haft und übersiedelte Anfang der 1960er Jahre nach Russland, wo er als „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet und mit einer privilegierten Agenten-Rente beschenkt wurde. Von ihm soll der Satz stammen, „für den Rest meines Lebens wurde ich von Trotzkis entsetzlichem Schmerzens-Schrei verfolgt“. Knapp weitere 20 Jahre pendelte Mercader zwischen seinen Wohnungen in Russland und auf Kuba, wo er 1978 verstarb. Von den über seine Geschichte verfassten Dokumentationen, Büchern und Spielfilmen sind der Roman des Kubaners Leonardo Padura „Der Mann, der Hunde liebte“, Joseph Loseys Drama „The Assassination of Trotsky“ (1972) sowie „El Elegido“ des spanischen Regisseurs Antonio Chavarrías, zu empfehlen.