In der Corona-Debatte erwiesen sich unsere Medien mehrheitlich und engagiert als Anhängsel von Regierung und Staat. In der Debatte um Russland wird sichtbar, dass und wie unsere Medien von US-Interessen geprägt und gesteuert sind. Das wurde jetzt beim Besuch des Bundeskanzlers in den USA noch mal schlaglichtartig sichtbar. Weil Scholz nicht gleich auf den Kurs der USA im Umgang mit Russland eingeschwenkt ist und weil es Widerstand in der SPD gab, wurde unentwegt erzählt, wie unzufrieden die US-Regierung mit der neuen deutschen Bundesregierung sei. Das war das eigentliche Thema bei der Vorbereitung der Reise des Bundeskanzlers nach Washington. Siehe hier: Medien und Olaf Scholz: Aufruf zur Unterwerfung. Und dann auch bei der Berichterstattung. Ich würde auf diesen schon oft erörterten Zustand der sogenannten Vierten Gewalt in Deutschland nicht wieder zu sprechen kommen, wenn nicht immer wieder mal behauptet würde, der großartige Zustand unserer Medien sei das Qualitätssiegel unserer Demokratie und zeige insbesondere den Unterschied zum undemokratischen Zustand in Russland. Am 5. Februar erschien im Blog der Republik dieser Beitrag: „Kalter Medienkrieg“ von JÜRGEN BRAUTMEIER – ein weiteres Beispiel für die Beschönigung des Zustands unserer Medien. Albrecht Müller.
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Der Autor ist nicht irgendwer – jedenfalls nicht in der Welt der Medien. Ich zitiere aus Blog der Republik: „Der Historiker war bis 2016 Direktor der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt und von 2013 bis 2015 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft aller deutschen Landesmedienanstalten. Heute lehrt er als Honorarprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Geschichte sowie Kommunikations- und Medienwissenschaft.“
Brautmeier hat auch in Russland gelehrt und beklagt in seinem Beitrag die schlimme Entwicklung der Medien in Russland, besonders im Vergleich zum angeblich guten Zustand der Medien bei uns. Wörtlich:
„Die staatlich gelenkten Medien ebenso wie die in Russland akkreditierten ausländischen Journalisten unterliegen einer Kontrolle, die mit den Notwendigkeiten und Grenzen auch gar nichts mehr zu tun hat, über die ich damals (als der Autor in Russland lehrte, d. Verf.) gesprochen habe. Und hier liegt des Pudels Kern: Kontrolle und Grenzen muss es geben, auch bei uns gibt es sie, aber welche Haltung, welches Grundverständnis von der Rolle der Medien steht dahinter? Bei uns geht es um Meinungsfreiheit und Pluralität, die durch Regeln geschützt und garantiert werden sollen; nicht umsonst wird oft von der vierten Gewalt gesprochen. In Putins Russland geht es um Lenkung und Propaganda, die staatliche Herrschaft absichern und zementieren soll. Die vierte Gewalt gibt es nicht, zumal schon die erste bis dritte in einer Hand liegen.
Der kalte Medienkrieg, der sich gegenwärtig in der Auseinandersetzung um RT DE und die Deutsche Welle hochschaukelt, ist insbesondere für alle demokratisch gesinnten Kräfte in Russland, soweit es sie noch gibt, ein weiteres schlechtes Zeichen. Denn natürlich können die Herrscher im Kreml die Unterschiede vernebeln, die es zwischen einer staatsfernen Medienlandschaft in Deutschland und den Staatsmedien in Russland gibt. Wer kann sich in Russland schon den Unterschied zwischen dem staatlich finanzierten Auslandfernsehen Deutsche Welle und dem staatlich finanzierten Auslandssender RT DE erklären, wenn man nicht weiß, dass in Deutschland auch die Deutsche Welle einer öffentlich-rechtlichen und eben keiner staatlichen Kontrolle unterliegt, vergleichbar der Kontrolle von ARD, ZDF und Deutschlandradio durch plurale Aufsichtsgremien. Für die Propaganda im eigenen Land wie auch andernorts in Europa und der Welt, wo das deutsche Rundfunksystem nur schwer erklär- bzw. vermittelbar ist, ist die Deutsche Welle ein staatlich finanzierter Auslandsender. Wenn ein solcher, der aus Russland kommt, in Deutschland verboten wird, dann ist ein entsprechendes Verbot in Russland leicht zu argumentieren. Aber eben nur, wenn man den fundamentalen Unterschied beider Systeme nicht kennt.“
Autor Brautmeier meint, hierzulande herrsche Meinungsfreiheit und Pluralität.
Diese Pluralität gibt es nicht. Unsere Printmedien und die privaten Fernseh- und Hörfunksender sind weitgehend davon geprägt, dass sie nur noch von wenigen großen und reichen Verlegern beherrscht werden, von Medienkonzernen, die untereinander verbunden sind. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind in den letzten 30 bis 40 Jahren mehr und mehr von den konservativen politischen Kräften geprägt. Über Freundeskreise nehmen die Parteien schon immer Einfluss auf die Personalpolitik der Sender. Die Vorherrschaft von CDU/CSU hat in den letzten Jahren voll auf die Personalauswahl durchgeschlagen.
Diese einseitige und keinesfalls plurale Ausrichtung wird dadurch verschärft, dass eine große Zahl von deutschen Journalisten von den USA, von NATO und anderen westlichen Einrichtungen wie der Atlantikbrücke geprägt und teilweise voll vereinnahmt worden sind. Als die ZDF-Anstalt noch bei kritischen Sinnen war, hat sie diese Verbindungen und Abhängigkeiten eindrucksvoll dokumentiert. Das geschah am 29.4.2014.
Es lohnt sich, diese 6 Minuten anzuschauen und anzuhören und sich die Verbindungen zwischen deutschen Journalisten und Medien und atlantischen Organisationen, den Wurmfortsätzen der USA-Außenpolitik anzuschauen. Übrigens erfährt man dann nebenbei auch noch viel über den Konflikt um die Ukraine.
Im Artikel des Herrn Brautmeier soll man lernen, in Putins Russland gehe es um Lenkung und Propaganda, die staatliche Herrschaft absichern und zementieren soll. Bei uns ist das über weite Strecken nicht mehr anders. Hier wird die staatliche Herrschaft und – noch schlimmer – die Herrschaft der USA, der NATO und der Rüstungswirtschaft abgesichert und zementiert.
Wenn Sie zum Beispiel die großen Sender in Deutschland verfolgen, dann wird Ihnen die Richtigkeit jeden Tag neu dokumentiert. Auf die letzten Beispiele, die mir aufgefallen und aufgestoßen sind, will ich bei dieser Gelegenheit hinweisen: Am vergangenen Sonntag in Berlin direkt des ZDF ein Interview mit Dietmar Bartsch, penetrant von der Moderatorin geführt. Dann das Heute Journal mit Ulf Röller über China – arrogant, konfliktverschärfend. Vornehmlich werden die Scharfmacher aus den Koalitionsparteien interviewt – z.B. Michael Roth von der SPD und Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP. – Eine unendliche Kette von einseitigen Einlassungen. Von Pluralität oder Staatsferne kann man beim besten Willen nichts sehen.
Titelbild: Pille – Screenshot YouTube