Volker Löschs Rede vom 10.1.2011 zu Stuttgart 21 mit der Aufforderung, den Protest fortzuführen.
Der Regisseur Volker Lösch hat am 10. Januar eine interessante Rede zu Stuttgart 21 gehalten. Endlich einer, der den Schlichtungsspruch richtig einordnet – „zynisch, inkonsequent und inhaltlich völlig unbegründet“. Volker Lösch wurde im Untersuchungsausschuss, der die Polizeigewalt bei der Demonstration am 30. September 2010 klären sollte, angehört. Volker Lösch beschreibt, wie dieser Ausschuss tatsächlich der Verwischung dient. Er plädiert eindringlich dafür, mit dem Protest nicht nachzulassen. Sie finden seine Rede hier [PDF – 111 KB]. Außerdem für Eilige im Folgenden noch ein paar Auszüge: Albrecht Müller.
Auszüge aus der Rede von Volker Lösch zu Stuttgart 21 – gehalten am 10.1.2011:
(…)
ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann das nicht mehr hören!
ich empfinde geißlers orakelspruch
als zynisch, inkonsequent und als inhaltlich völlig unbegründet !
ich würde ihn eher heiner, den scheinheiligen nennen !(…)
wenn geißlers plus-bedingungen konsequent umgesetzt werden würden,
dann würde dieses unsinnige projekt noch unwirtschaftlicher werden,
dann käme eine noch schlechtere qualität,
eine noch inaktzeptablere leistungsfähigkeit dabei heraus,
dann wäre das projekt wahrscheinlich tot !
und deshalb werden die projektbefürworter
natürlich nichts davon umsetzen !
sie instrumentalisieren lediglich die schlichtung !
das kann man am sogenannten stresstest leicht erkennen.(…)
nach der offenlegung der gravierenden mängel von s21
und der abwägung beider konzepte
hätte heiner geißler anders entscheiden müssen !
er hat mit seinem spruch das projekt bewertet –
hätte aber für eine abstimmung plädieren müssen !
er hat das verhindert, was er selber immer gefordert hat –
die etablierung eines neuen demokratiemodells !
und dass das nicht passiert ist, das ist ein skandal !(…)
ähnlich skandalös sind die ergebnisse
des sogenannten untersuchungsausschusses zu bewerten.
der, wie der name schon sagt – ermitteln, recherchieren sollte,
herausfinden,
was am 30sten september im schlossgarten wirklich geschah.
schon die zusammensetzung ließ befürchten –
in der überwiegenden mehrheit stuttgart21 – befürworter –
dass eine neutrale und sachliche wahrheitssuche
eher nicht stattfinden wird.
von seiten der cdu und fdp politiker –
wurde in meinem fall noch nicht einmal der versuch gemacht !
man wollte von mir wissen,
ob ich internet seiten des widerstandes kenne oder mitgestalte,
ob ich protest-gruppierungen angehöre usw.
man fragte mich,warum ich nicht getan habe, was die polizei verlangt hat – nämlich den weg freizuräumen und ähnliches.
das ganze sollte suggerieren, ich sei militant und radikal,
und da ich mich nicht an vermeintliche gesetze halte,
auch selber schuld daran, dass ich gewalt erfahren habe.
es wurden sogar meine zeugenaussagen bezweifelt !
die von mir beschriebenen und beobachteten
willkürlichen prügelattacken von polizeibeamten
wurden bezweifelt und belächelt.
an fragen zu polizeigewalt,
das eigentliche und einzige ausschuss-thema –
hatte nur ein kollege der grünen-fraktion interesse.
bei der beantwortung derselben wurde von der mehrheit
demonstratives desinteresse an den tag gelegt.
anderen zeugen ist es ähnlich ergangen.(…)
der parlamentarische untersuchungsausschuss
setzt sich in der mehrheit aus mitgliedern
der regierungsparteien zusammen.
sein bizarres vorgehen –
also scheinbar fragen stellen, um wichtige fragen zu unterdrücken –
ist symtomatisch für den politikstil der jetztigen regierung :
sachverhalte ignorieren, politisch versagen, beschwerden abwehren und dann ablenken, vorgänge kleinreden und
verschleiern, lösungen vortäuschen, in wirklichkeit nichs tun und das ganze dann aussitzen !
was also soll sich verändert haben seit ende des jahres ?
was hat sich seit der schlichtung getan ?
wo stehen wir jetzt – und wie gehts weiter ?
machen wir eine bestandsaufnahme,
eine inventur zum jahresbeginn.nehmen wir den unwahrscheinlichen fall an,
S21 plus würde so wie von geißler skizziert, umgesetzt.
was würde uns das bringen ?
werden bei S21plus wieder mehr güter auf die schiene gebracht ?
nein, es ist nach wie vor ein auto-projekt !
verbessert S21plus wenigstens den nahverkehr ?
nein, er verschlechtert ihn und frisst noch mehr geld auf,
welches dem verkehrsausbau in der region fehlen wird !
verbessert S21plus die umweltaussichten ?
nein, der mineralwasserschutz ist nach wie vor unkalkulierbar und zu teuer ! stuttgart21plus schädigt immer noch die
umwelt, stadtstruktur und stadtklima !
der flugverkehr als diejenige verkehrsart, die umwelt und klima am meisten schädigt, wird mit s21plus weiter
wachsen !
leistet S21plus denn mehr als K21 ?
nein, K21 kann jetzt schon mehr – und das zum halben preis !
der kopfbahnhof bleibt verkehrstechnisch sinnvoller –
und integraler bestandteil der stadtstruktur !
geht es bei S21plus nun weniger um immobiliengewinne ?
nein ! die stiftungsidee und freiflächenvorschläge sind unpräzise, vage
und in der praxis undurchführbar.
bei s21 geht es nach wie vor um kapital-verwertung und privatisierung !
gibt es bei S21plus eine seriöse kostenaufstellung ?
nein ! es erweist sich in finanzieller hinsicht
nun endgültig als fass ohne boden !
die finanziellen belastungen u.a. der steuerzahler
scheinen inzwischen vollkommen unkalkulierbar,
von den verantwortlichen interessiert das aber niemanden mehr !
das ding soll durchgezogen werden, koste es was es wolle !(…)
unsere bilanz fällt also ernüchternd aus :
die schlichtung hat uns recht gegeben –
es wurde öffentlich dokumentiert :
das projekt S21 ist ein unvernünftiges projekt !
es hast sich also nichts verändert,
die verantwortlichen ignorieren weiterhind die fakten,
warum also sollten wir mit unserem widerstand
aufhören ?
unsere erste forderung ist
ein bau und vergabestop bis zur landtagswahl !
die nach dem 27.märz gewählte regierung
muss handlungsoptionen haben !
es kann nicht sein, dass jetzt tag für tag fakten geschaffen werden,
….
unsere zweite forderung aber ist die wichtigste.
wir fordern nach wie vor, immer dringender und energischer
eine direkte demokratische entscheidung über S21 !
Kommentar AM: Die Chance eines Volksentscheids schätze ich weniger optimistisch ein, als Volker Lösch das tut. Es besteht die Gefahr, dass die finanzielle und publizistische Macht der herrschenden Kreise ausreicht, um sich die Mehrheit zu sichern. Aber vielleicht gelingt der weitere Aufbau einer Gegenöffentlichkeit. Siehe Fortsetzung des Textes der Rede.
(…)
zur erreichung dieses ziels
werden wir die gegenöffentlichkeit weiter ausbilden.
neben den montagsdemonstrationen wird es bis zur landtagswahl
drei großdemonstrationen geben,
am 29.januar,
am 19.februar,
und am 19.märz !(…)
lasst uns da weitermachen wo wir am 11.dezember aufgehört haben –
mit mehr als 50.000 demonstranten –
trotz weihnachtsgeschäft und kälte !
lasst uns weiterhin viele sein –
und immer noch mehr werden !
jeder muss das nächste mal – noch einer mehr sein !
mobilisiert alle freunde und die die meinen,
das wäre jetzt nicht mehr wichtig !
erzählt ihnen vom letzten sommer !