Leserbriefe zu „Video: Wie man Journalisten auf Linie bringt“
Tobias Riegel hinterfragt hier die Beziehung zwischen Medien und Politik. Anlass dafür ist ein Video, in dem der Chef des Medienkonzerns Ringier, Marc Walder, „entlarvende Aussagen zum Verhältnis von Konzern und Regierung“ mache. Für kritische Medienbeobachter seien die Erkenntnisse aus dem Video nicht überraschend. Aber selten werde „so unverblümt“ die Absicht „von einem Eingeweihten ausgesprochen und auf Video aufgezeichnet“, die Regierung durch mediale Berichterstattung unterstützen zu wollen. Abschließend wird als gleichermaßen „beunruhigend“ bewertet, dass die mediale Gleichförmigkeit entweder „nach der im Video beschriebenen ´Ringier´-Methode“ oder aus „vorauseilendem Gehorsam vieler Journalisten“ entstehen könne. Danke für die interessanten E-Mails. Hier eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Lieber Herr Riegel, liebe Nachdenkseiten,
am 5.1.21 schreibt Tobias Riegel in seinem Artikel “Video: Wie man Journalisten auf Linie bringt”:
“Sind überhaupt extreme Ausnahme-Situationen denkbar, in denen eine Symbiose von Staat und Journalismus gerechtfertigt sein könnte, um ein höheres gesellschaftliches Gut zu sichern?”
Eine solche ähnliche Situation hatten wir schonmal in Deutschland während der Finanzkrise 2008.
Die Süddeutsche schreibt dazu:
“Ein paar Monate zuvor, am 8. Oktober 2008, hatte es ein sonderbares Treffen gegeben[…]
Die Bundeskanzlerin hatte an jenem Tag die bedeutenden Chefredakteure der bedeutenden Medien eingeladen. […]
Merkel bat die Journalisten, zurückhaltend über die Krise zu berichten und keine Panik zu schüren.
Sie haben sich daran gehalten, die Chefredakteure.[…]
Nun mag man sich ja fragen: Was hätten die Medien in Deutschland tun sollen, als den Banken der Zusammenbruch drohte?Genauso gut mag man sich fragen, was sie in Amerika hätten tun sollen, nachdem die Twin Towers zusammengebrochen waren?
Und als George W. Bush den Krieg gegen den Irak vom Zaun brach.
Aber dann muss man sich auch fragen, was sollen sie tun, wenn eine Epidemie droht?
Wenn ein Krieg beginnt? Wenn eine Entführung im Gange ist?
Wenn der Kanzler schwarze Kassen führt?
Wie lautet die richtige Antwort?”
Quelle: sueddeutsche.de
Viele Grüße
Jens Volswinkler
2. Leserbrief
Hallo Herr Riegel,
100 Punkte, daß sie das propagandistische Geschreibsel thematisieren.
Wie Sie wissen, versucht man auch den Krieg mit Russland herbeizuschreiben. Insofern ist es eminent wichtig, den Schmoerfingern auf die Griffel zu gucken.
Viele Grüsse,
Thomas Bürklin
3. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
sehr geehrte Damen und Herren,
„seit fast 190 Jahren ist Ringier eine treibende Kraft in der Medienbranche. Ringier besitzt 100 Medien- und Unterhaltungsmarken in Europa, Afrika und Asien, die für Qualitätsjournalismus, hohe redaktionelle Unabhängigkeit und digitale Weiterentwicklung bekannt sind“ (ringier.com/de/uber-uns/).
Ich entnehmen dem Text auf der Internetseite des Ringier-Konzerns mehrere Informationen. Der Konzern ist riesig, „Qualitätsjournalismus“ ist nicht einheitlich definiert und die hohe redaktionelle Unabhängigkeit scheint nicht zu existieren.
Wie riesig der Konzern ist, lässt sich am deutschen Partner abschätzen. „Im Jahr 2010 bündelten Ringier und Axel Springer ihre internationalen Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa und gründeten das Joint Venture Ringier Axel Springer Media AG in Polen, Serbien, der Slowakei, Ungarn und dem Baltikum. Im Jahr 2021 übernahm Ringier alle Anteile von Axel Springer in Estland, Lettland, Litauen, Serbien, der Slowakei und Ungarn. Das Joint Venture in Polen bleibt unverändert bestehen“ (ringier.com/de/regionen/osteuropa/). Insgesamt umfasst das Medienportfolio von Ringier 97 Medienmarken in der Schweiz, Osteuropa, Afrika und Asien, von Nachrichtenplattformen, Zeitungen, Zeitschriften, Digital-TV, Radio bis hin zu Events (ringier.com/de/marken/?business_area=media).
Bringt man nun die Aussagen des Herrn Marc Walder mit der ungeheuren Größe des Konzerns zusammen, muss man sich über omnipräsente Medienpropaganda nicht wundern.
Mit freundlichen Grüßen,
Lutz Lehnhardt
4. Leserbrief
Hallo, Herr Riegel,
vielen Dank für den Hinweis.
Für mich als Nicht-Journalist ist das nicht nur ein journalistischer Offenbarungseid, sondern auch politisch wichtig:
- Das ist dokumentierte Verschwörungspraxis. Hr. Walder gibt mit seinem Einschub “und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt” zu, dass hier eine zumindest ethisch/moralisch/journalistisch unsaubere Praxis betrieben wird, von der nur ein kleiner Personenkreis wissen darf.
- Und selbst in diesem Personenkreis bemüht sich Hr. Walder noch eines Framings (er selbst benutzt im Video diesen Begriff), nämlich dass damit ein “Keil zwischen der Gesellschaft und der Regierung” verhindert werden soll (den er damit tatsächlich treibt, da stimme ich Ihnen zu). Gerade in der Schweiz ist eine derart verfälschende Berichterstattung sehr relevant: Wie wären die einschlägigen Volksinitiativen verlaufen, wenn die Medien sauber gearbeitet hätten?
Mit freundlichen Grüßen
S.M.
5. Leserbrief
Liebe NDS,
auch wenn man sich die Erfahrung lieber erspart hätte, ist die Geschichte der Pandemie und des Versuchs ihrer Bewältigung in Deutschland doch auch ein Lehrstück darüber, wie wenig uns die zum Schutz einer freien Gesellschaft geschaffenen Institutionen vor dem Verlust der Freiheit bewahren, wenn sie nicht von Persönlichkeiten getragen werden.
Bislang hatte ich das Theaterstück „Rhinozeros“ von Eugène Ionescou, in dem sich als Allegorie auf das Entstehen totalitärer Gesellschaften nach und nach alle Darsteller in Rhinozerosse verwandeln, nur theoretisch verstanden. Jetzt weiß ich, dass mit dem Sars-Cov-2 Virus der Mitläufer-Bazillus in allen maßgeblichen Institutionen, also insbesondere in den Medien und den Gerichten, Einzug gehalten hat – um uns herum nur noch Rhinozerosse.
Dies gilt übrigens auch für die Änderung der Geschäftsverteilung am Oberverwaltungsgericht Lüneburg und der Übertragung der Zuständigkeit „Gesundheitsrecht“ vom maßnahmekritischen 13. Senat auf den neugeschaffenen 14. Senat, die der im Übrigen unsägliche Herr Montgomery als Absetzung interpretiert wissen wollte.
Wer die regierungs- und linientreue Atmosphäre in den Führungsetagen deutscher Ministerien und Gerichte gewittert hat, darf durchaus vermuten, dass mit der laut Präsidenten des OVG Lüneburg seit letzten Sommer geplanten Neuschaffung eines 14. Senats und der dem zugrunde liegenden Zusage der Finanzierung durch die Landesregierung die einzige gesetzliche Möglichkeit ergriffen wurde, den kritischen 13. Senat, der quasi als einziger in Deutschland schon frühzeitig nachvollziehbare Daten und Begründungen für die erfolgten Grundrechtseinschränkungen verlangt hat, mundtot zu machen. Über das konkrete Abstimmungsergebnis des Präsidiums des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur Änderung der Geschäftsverteilung ist nichts bekannt. Selbst wenn es einstimmig gewesen wäre, muss man sich vorstellen, was es selbst für einen Richter am Oberverwaltungsgericht bedeutet, sich der möglichen Absicht des Präsidenten, eine Änderung der Geschäftsverteilung vorzunehmen zu Gunsten der bisherigen Geschäftsverteilung und der Zuständigkeit des 13. Senats zu widersetzen. Er outet sich damit – jedenfalls in den Augen der 100%-igen – als Sympathisant des 13. Senats und dessen Kritik an der Coronapolitik des eigenen Dienstherrn. Womit nicht gesagt ist, dass es so gewesen ist. Es ist aber – mit Verlaub – die kriminalistisch naheliegenste These. Die politische Klasse verträgt keine Kritik und ist äußerst nachtragend. Dem OVG einen neuen Senat spendieren und damit einen kritischen Senat loswerden – so etwas nennt man eine politische Lösung.
LG, EJ
6. Leserbrief
Danke für Eure Berichterstattung, die noch nicht vollkommen gleichgerichtet ist.
Zu dem Beitrag vom 5.1.2022 Wie man Journalisten auf Linie bringt hier meine “Gratulation” an den Spiegel zum 75.
Heidemarie Wegener
Der Spiegel wird 75. Eigentlich ein Grund zum gratulieren. Eigentlich.
Leider kann man auch beim Spiegel beobachten, dass er den Biss verloren hat, berechtigte Kritik an irgendwelchen schlimmen Zuständen oftmals sehr zahm hält und lieber immer wieder mainstreamkonforme und regierungsfreundliche Meinungsmache betreibt.
Sagen was ist? Das war einmal. Der Spiegel lässt sich von der Gates Foundation mit Millionen sponsern und ist nicht unabhängig vom Bertelsmann-Konzern. Beides wird von ihm nicht thematisiert, aber beides begünstigt die Schere im Kopf der entsprechenden Beitragsschreiber.
Als Geschenk daher zwei Gedichte von mir. Die können sie sich über den Schreibtisch hängen. Wenn sie sich trauen.
Wer regiert die Welt?
Das Geld.
Und wie es das macht?
Mit Macht.
Kauft die Politik
kauft auch die Kritik
hält die Presse zahm
und das Denken lahm.
Opfert dem Gewinn
dieser Schöpfung Sinn.
So zerstört das Geld
letztlich diese Welt.
——————
Vater Markt unser
der du herrschest in der Welt
dein Name wird geheiligt
dein Reich ist gekommen
dein Wille geschieht
wie an der Börse
so überall auf Erden
Unser täglich Geld gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
auch wenn wir nicht vergeben
unseren Schuldigern
und führe uns mehr in Versuchung
durch eines deiner Übel
denn dein ist der Reichtum
und die Macht
und die Herrlichkeit
bis zum Untergang
Verdammt !
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