Wie die Mail on Sunday gestern berichtete, erlitt Julian Assange laut seiner Verlobten Stella Moris während des ersten Tages seiner Berufungsverhandlung Ende Oktober einen Schlaganfall, der Spuren bei ihm hinterließ. Außerdem meldeten sich zum Richterspruch vom Freitag, welcher die Auslieferung Assanges in die USA möglich macht, diverse Stimmen zu Wort, während man andere vergeblich sucht. In Berlin kam es allerdings auch zu einer Spontandemo. Freitag war auch der Internationale Tag der Menschenrechte und es wurde der Friedensnobelpreis verliehen, zum ersten Mal seit Carl von Ossietzky 1935 wieder an Journalisten. Assange wurde von keinem der beiden Preisträger erwähnt, obwohl deren Reden natürlich voll hehrer Worte waren. Eine Presseschau von Moritz Müller.
Assange erlitt laut Verlobter in Haft Schlaganfall
Der in Großbritannien inhaftierte WikiLeaks-Gründer Julian Assange hat nach Angaben seiner Verlobten Stella Moris im Gefängnis einen leichten Schlaganfall erlitten. Der Vorfall habe sich am 27. Oktober ereignet, dem Tag, an dem die USA gegen ein in Großbritannien gerichtlich verfügtes Auslieferungsverbot in Berufung gegangen waren.
Laut der „Mail on Sunday“ handelte es sich um eine transitorische ischämische Attacke, bei der die Blutversorgung des Gehirns zeitweise unterbrochen wird. Der Wochenzeitung zufolge traten bei Assange als Folgen ein hängendes rechtes Augenlid, Gedächtnisverlust und Anzeichen für neurologische Schäden auf. Er nehme nun Medikamente, hieß es.
Quelle: ORF
Dazu der UN-Sonderbeauftragte Nils Melzer auf Twitter:
@NilsMelzer
#Assange’s stroke is no surprise. As we warned after examining him, unless relieved of the constant pressure of isolation, arbitrariness & persecution, his health would enter a downward spiral endangering his life. #UK is literally torturing him to death.
Nils Melzer auf Twitter
„Assanges Schlaganfall kommt nicht überraschend. Wie wir gewarnt haben, als wir ihn untersuchten, falls der andauernde Druck durch Isolierung, Willkür und Verfolgung nicht aufhört, würde sein Gesundheitszustand in eine Abwärtsspirale münden. Das Vereinigte Königreich foltert ihn wortwörtlich zu Tode.“ [Eigene Übersetzung]
Anmerkung Moritz Müller: Das sind ungeschminkte Worte, die Frau Baerbock auf sich wirken lassen könnte, bevor es zu spät ist. Falls Julian Assange in der Untersuchungshaft sterben sollte, ließe sich das nicht wieder umkehren, und Frau Baerbock wird dann schwerlich sagen können, sie habe nichts gewusst, wie man im Folgenden sieht:
Wie stehen Sie zum Fall Julian Assange?
Ist der Gedanke Julian Assange Asyl zu gewähren für Sie eine Option, wenn Sie Bundeskanzlerin werden?Frage von Christa N. am 11. September 2021 – 17:01 Thema
Außenpolitik und internationale BeziehungenAnnalena Baerbocks Antwort vom 14. September 2021 – 15:03
Zeit bis zur Antwort: 2 Tage 22 StundenSehr geehrte Frau N.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir verfolgen den Umgang mit Wikileaks und Julian Assange sehr aufmerksam und setzen uns bei der Bundesregierung mit Nachdruck dafür ein, dass sie sich die jeweiligen Regierungen klar für die Einhaltung seiner grundlegenden Menschenrechte aussprechen. Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen grundlegende Freiheitsrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention im Umgang mit Julian Assange – allen voran gegen das Verbot von Folter (Art. 3), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6) und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten (Art. 7) – schließen wir uns der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer an und fordern die sofortige Freilassung von Julian Assange.
Neuigkeiten und Informationen zum Fall Assange finden Sie bei der zuständigen Fraktionskollegin Margit Stumpp auf der Website: https://margit-stumpp.de/tag/julian-assange/
Anmerkung MM: Der letzte Eintrag, abgefragt am 13. Dezember, unter diesem Link ist vom 10. August 2021. Seitdem ist einiges passiert in dieser Geschichte.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena BaerbockQuelle: abgeordnetenwatch.de
Julian Assange: Gericht hebt Auslieferungsverbot in die USA auf – Baerbock ändert ihre Meinung
Von: Tanja Banner
[….] Nachdem ein Berufungsgericht in London den Auslieferungsstopp für Julian Assange gekippt hat, äußert sich die neue deutsche Außenministerin zurückhaltend: Sie kenne die Urteilsbegründung noch nicht, weshalb sie zusätzlich zu dem, was sie in der Vergangenheit bereits gesagt habe, nichts Weiteres sagen könne, erklärte Annalena Baerbock bei ihrem Antrittsbesuch in Warschau.
Quelle: Sauerland Kurier
Anmerkung MM: Eigentlich sollte Außenministerin Baerbock die gleichen Werte vertreten wie die Kanzlerkandidatin Baerbock. Natürlich ist es leichter, von klarer Kante zu sprechen, als sie gegenüber den USA und dessen treuem Verbündeten Großbritannien auch einzufordern. In die Geschichte wird sie auf diese Art wohl aber eher als tragische Figur eingehen, ähnlich dem letzten grünen Außenminister, der in einer seiner ersten Amtshandlungen beim völkerrechtswidrigen Kosovokrieg mitmachte. Aber noch kennt die Außenministerin Baerbock das Urteil ja nicht, und man hofft, dass sie wieder zu ihrer am 11. September geäußerten Aussage zurückfindet und diese auch umsetzt.
Hierzu auch diese Videodokumentation, die in informativer Weise die Intentionen und Möglichkeiten der Ampelkoalition hinterfragt.
Drohende Auslieferung: Was im Fall Assange passiert ist und wie es nun weitergeht
[….]
Julian Assange wurde laut Uno-Experten schon vor über einem Jahrzehnt willkürlich seiner Freiheit beraubt.
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Frage: Aber im Jänner 2021 wurde die Auslieferung doch abgelehnt. Warum war Assange immer noch in Haft?
Antwort: Das stimmt. Bereits im Jänner 2021 hat ein Londoner Gericht seine Auslieferung abgelehnt – mit dem Verweis auf die stark erhöhte Suizidgefahr Assanges, dessen mentale Gesundheit im vergangenen Jahrzehnt nachweislich gelitten hat. Doch die US-Anwälte gingen umgehend in Berufung, woraufhin das Gericht die U-Haft von Assange – erneut wegen Fluchtgefahr – verlängerte.
Auch nach dem Regierungswechsel in Washington im Jänner hin zu Präsident Joe Biden hält das US-Justizministerium an dem Kurs der Trump-Regierung fest. Ende Oktober fand die Berufungsanhörung statt, DER STANDARD berichtete. Die US-Seite argumentierte, die Richterin habe die Suizidgefahr Assanges sowie auch die Härte der Haftbedingungen in den USA überschätzt.
Frage: Was hat nun das Berufungsgericht entschieden?
Antwort: Das Berufungsgericht kippte am 10. Dezember 2021 die Entscheidung der ersten richterlichen Instanz. Somit ebnet Großbritannien nun den Weg, Julian Assange an die USA ausliefern zu lassen. Allerdings dürfte das noch nicht das Ende in der Causa sein: Der Fall wandert nun zurück zum erstinstanzlichen Gericht mit der Weisung, die Entscheidung über die Auslieferung der Innenministerin zu überlassen. Sollte Großbritannien weiterhin an der Auslieferung festhalten, werde sein Anwaltsteam “ehestmöglich” in Berufung gehen, kündigte Assanges Partnerin, Stella Moris, an. Die letzte britische Instanz wäre dann der Supreme Court, der Oberste Gerichtshof.
Ein anderes, wenn auch unwahrscheinliches Szenario: Die USA könnten die Anklage fallenlassen, wie der unabhängige Berichterstatter der Vereinten Nationen für Folter, Nils Melzer, sowie etliche Initiativen und Organisationen zum Schutz der Pressefreiheit und Menschenrechte seit langem fordern.
(Flora Mory, Elisa Tomaselli, 10.12.2021)
Quelle: Der Standard
Anmerkung MM: Eine übersichtliche Zusammenfassung des Falls.
UN-Sonderbeauftragter zu Assange-Urteil: „Das ist schockierend!“
Nils Melzer fordert alle demokratischen Politiker auf, jetzt endlich für Julian Assange einzutreten. Es gehe um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats.
Der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, bezeichnet die Londoner Gerichtsentscheidung gegenüber Wikileaks Gründer Julian Assange als „schockierend“ und fordert alle westlichen Parlamentarier auf, gegen eine mögliche Auslieferung Assanges an die USA zu protestieren. Melzer sagte der Berliner Zeitung: „Assange ist gesundheitlich nicht im Zustand für eine Auslieferung. Außerdem ist bis heute nicht nachzuvollziehen, dass derjenige, der Verbrechen aufdeckt, bestraft werden soll, während gegen die beschuldigten Kriegsverbrecher kein einziges Verfahren läuft. Dann wird so eine Entscheidung noch ausgerechnet am Tag der Menschenrechte 2021 verkündet. Das ist schockierend.“
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Melzer: „Das Urteil sagt im Grunde, dass die Amerikaner jetzt machen können, was sie wollen. Es wird langsam eng für Assange.“ Melzer sagt, dass die Verteidigung des Wikileaks-Gründers nun schnellstmöglich in die „Gegenberufung“ gehen müsse, um am Ende noch die Möglichkeit des Gangs vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte antreten zu können.
Quelle: Berliner Zeitung
Russland bezeichnet britisches Urteil über Assange-Auslieferung an USA als “beschämend”
• Ein Londoner Berufungsgericht hat heute entschieden, dass Großbritannien den WikiLeaks-Gründer und Journalisten Julian Assange, der Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt hat, an die Vereinigten Staaten ausliefern darf. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bezeichnete die Entscheidung als “beschämend”.
• Die Entscheidung des Berufungsgerichts in London, die Auslieferung des Journalisten Julian Assange an die USA zuzulassen, sei “beschämend”, erklärte Moskau am Freitag.
Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, kritisierte das Urteil auf ihrem Telegramm-Kanal und wies darauf hin, dass es am Internationalen Tag der Menschenrechte gefällt wurde. Laut Sacharowa:
“Dieses beschämende Urteil in diesem politischen Fall gegen einen Journalisten und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens ist eine weitere Manifestation der kannibalistischen Weltsicht des angelsächsischen Tandems.”
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Das Urteil vom Freitag ist jedoch noch nicht rechtskräftig und kann noch angefochten werden.
Quelle: RT Deutsch
Assange-Urteil in London “Bewährungsprobe für Ampelkoalition”
Harald Neuber
High Court in London hebt Auslieferungsstopp für Wikileaks-Gründer auf. Deutsche Journalistenvertreter und Politiker entsetzt. Wie verhält sich neue Bundesregierung?
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Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kritisierte der UN-Sonderberichterstatter zum Thema für Folter. Nils Melzer, das Londoner Urteil als “Armutszeugnis für die britische Justiz”. Man könne über Assange unterschiedlicher Meinung sein, “aber er ist nicht in einem Zustand, in dem man ihn ausliefern kann”.
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Zugleich kritisierte er die in dem Fall bestehende westliche Sicherheitskoalition, die gegenseitig ihre Interessen wahre: “Da würde ich auch Deutschland zurechnen”, sagte er laut dpa: “Sie alle wollen Assange nicht auf freiem Fuß sehen, weil sie das Business-Modell der Geheimhaltung schützen wollen.”
Als “eine Schande für die Pressefreiheit” und ein “furchtbares Urteil” bezeichnete gegenüber Telepolis der Pressesprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes, Hendrik Zörner, das Londoner Urteil.Oppositionsabgeordnete sieht Ampel-Parteien in der Pflicht
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di reagierte “mit Fassungslosigkeit” auf die Entscheidung in London [3], die Ablehnung des US-Auslieferungsantrags für Julian Assange zu kippen.
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Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe bezeichnete die Aufhebung des Auslieferungsverbots für Julian Assange als “aus menschenrechtlicher Perspektive nicht vertretbar [4]”.
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Als “erste Bewährungsprobe für die Glaubwürdigkeit der Ampelkoalition, die sich selbst einer sogenannten werte- und menschenrechtsbasierten Außenpolitik verpflichtet hat” bezeichnete die Außenpolitikerin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, das Urteil [5].
Dagdelen verwies darauf, dass der neue Vizekanzler Robert Habeck (Gründe) [sic] sich vor wenigen Monaten öffentlich für die Freilassung von Julian Assange eingesetzt hat: “Die Bundesregierung muss jetzt gemeinsam die politisch motivierte Entscheidung des Londoner Berufungsgerichts in aller Deutlichkeit kritisieren und bei der britischen Regierung auf einen Auslieferungsstopp drängen.”
Quelle: Telepolis
Der Fall Assange: Wo sind denn hier die Menschenrechte?
Angela Richter
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Vor einigen Wochen, während der letzten Anhörung in Julian Assanges zweitinstanzlichen Auslieferungsverfahren, sprach sein Anwalt Mark Summers einige bemerkenswerte Worte: „Jedenfalls ist dies das erste Mal, dass die USA die Beihilfe eines britischen Gerichts erbeten hat, um einer Person habhaft zu werden, deren Vergiftung oder Ermordung sie zuvor durch eine Regierungsbehörde hat planen lassen.“
Ausgerechnet am „Tag der Menschenrechte“ sind die Richter in London dieser Bitte zur Beihilfe nachgekommen und haben die erstinstanzliche Ablehnung des US-Auslieferungsantrags für den Wikileaks Gründer gekippt.
Mutete die Bemerkung von Mark Summers vor Gericht noch wie schwärzester britischer Humor an, ist es jetzt umso verstörender, dass ein britisches Gericht die Entscheidung, Julian Assange nicht auszuliefern, tatsächlich aufgehoben hat. Schließlich ist bekannt, dass die Regierung der Vereinigten Staaten mit Hilfe der CIA Mordpläne gegen Julian Assange geschmiedet hat.
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Der heutige Sieg der USA ist niederschmetternd, denn er bedeutet, dass Assanges Freiheit – wenn sie denn überhaupt kommt – in weiterer Ferne ist als je zuvor: Assange wird wohl nicht Monate, sondern noch Jahre seines Lebens im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh verbringen. Und das wohlgemerkt ohne jegliche rechtliche Grundlage: in Großbritannien liegt nichts gegen ihn vor. Es ist ein nicht enden wollender Albtraum vor den Augen einer Öffentlichkeit, die für Ungerechtigkeit jenseits der eigenen kleinlichen Interessen blind geworden ist.
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Hat die Ampel den Mut, für Assange zu kämpfen?
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Christian Lindner fordert regelmäßig die Freilassung von Alexej Nawalny. Ob er sich wohl traut, dasselbe für Assange zu fordern?
Quelle: Der Freitag
DOCTORS FOR ASSANGE STATEMENT (12/12/2021)
Julian Assange’s fiancé, Stella Moris, announced yesterday that Mr. Assange had a “mini-stroke” on October 27, the first day of his latest extradition hearing, according to the Daily Mail. He was reportedly ‘left with a drooping right eyelid, memory problems and signs of neurological damage.’
This dangerous deterioration of Mr. Assange’s health underscores urgent concerns raised by Doctors for Assange over the past two years. Therefore, once again, Doctors for Assange calls for Mr. Assange to be released from prison so he can access consistent, high quality, independent medical care – something which is impossible for him to obtain in Belmarsh prison. We reiterate that Mr. Assange is in no condition to undergo an extradition trial. Further, extraditing him to the harsh conditions of the inhumane US prison system should be out of the question. He should therefore be immediately and permanently released from prison.
This latest medical emergency adds to the already dire state of Mr. Assange’s health owing to his prolonged psychological torture. This includes eleven years of arbitrary detention, medical neglect, solitary confinement, obstruction of access to his lawyers, and an Orwellian legal prosecution that has violated the rule of law and due process:
• key accusations in the US indictment against Mr. Assange are marred by outright lies and a paucity of fact;
• he and his legal team have been surveilled by the CIA; and
• Mr. Assange has been targeted by the agency in a plan to kidnap and assassinate him.
Throughout, Mr. Assange has been subjected to concerted character assassination through propaganda campaigns in mainstream media across the globe.
Assurances that Mr. Assange will not be subjected to harsh prison conditions by the very agency that has been plotting to kidnap and assassinate him are farcical. For the High Court to accept such a ludicrous proposition, describing the assurances as “solemn undertakings offered by one government to another”, calls into serious question the independence, impartiality and integrity of the UK judiciary.
The health of Mr. Assange and the health of our democracy, which depends on a free press and judicial integrity, are both in serious jeopardy. This shameful and deeply damaging case should be dropped now, and Julian Assange granted his long overdue freedom.
Eigene Übersetzung:
ÄRZTE-FÜR-ASSANGE-ERKLÄRUNG (12/12/2021)
Julian Assanges Verlobte, Stella Moris, gab gestern bekannt, dass Herr Assange am 27. Oktober, dem ersten Tag seiner letzten Auslieferungsanhörung, einen „Mini-Schlaganfall“ erlitt, wie die Daily Mail berichtet. Berichten zufolge hatte er „ein hängendes rechtes Augenlid, Gedächtnisprobleme und Anzeichen von neurologischen Schäden“.
Diese gefährliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Herrn Assange unterstreicht die dringenden Bedenken, die Ärzte für Assange in den letzten zwei Jahren geäußert hat. Daher fordert Ärzte für Assange erneut, dass Herr Assange aus dem Gefängnis entlassen wird, damit er Zugang zu einer kontinuierlichen, qualitativ hochwertigen und unabhängigen medizinischen Versorgung erhält – etwas, das er im Belmarsh-Gefängnis nicht bekommen kann. Wir wiederholen, dass Herr Assange nicht in der Lage ist, sich einem Auslieferungsprozess zu unterziehen. Eine Auslieferung in die harten Bedingungen des unmenschlichen US-Gefängnissystems sollte nicht in Frage kommen. Er sollte daher unverzüglich und dauerhaft aus der Haft entlassen werden.
Dieser jüngste medizinische Notfall verschlimmert den ohnehin schon desolaten Gesundheitszustand von Herrn Assange, der auf seine langanhaltende psychologische Folter zurückzuführen ist. Dazu gehören elf Jahre willkürliche Inhaftierung, medizinische Vernachlässigung, Isolationshaft, Verweigerung des Zugangs zu seinen Anwälten und eine orwellsche Strafverfolgung, die gegen Rechtsstaatlichkeit und ein ordnungsgemäßes Verfahren verstößt:
– Die Hauptvorwürfe in der US-Anklageschrift gegen Herrn Assange sind von glatten Lügen und einem Mangel an Fakten geprägt;
– er und sein Anwaltsteam wurden von der CIA bespitzelt; und
– Herr Assange wurde von der CIA im Rahmen eines Plans zur Entführung und Ermordung ins Visier genommen.
Während der gesamten Zeit wurde Herr Assange durch Propagandakampagnen in den Mainstream-Medien auf der ganzen Welt einem konzertierten Rufmord unterworfen.
Zusicherungen, dass Herr Assange nicht von der Behörde, die seine Entführung und Ermordung geplant hat, strengen Haftbedingungen ausgesetzt wird, sind eine Farce. Dass der High Court ein solch lächerliches Angebot akzeptiert und die Zusicherungen als „feierliche Zusagen einer Regierung an eine andere“ bezeichnet, stellt die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Integrität der britischen Justiz ernsthaft infrage.
Die Gesundheit von Herrn Assange und die Gesundheit unserer Demokratie, die von einer freien Presse und der Integrität der Justiz abhängt, sind beide ernsthaft gefährdet. Dieses beschämende und zutiefst zerstörerische Verfahren sollte jetzt eingestellt werden und Julian Assange sollte seine längst überfällige Freiheit erhalten.
Quelle: Doctors for Assange
Anmerkung MM: Weitere klare Worte, denen man wenig hinzufügen kann. Mehr Lesestoff für die Bundesregierung aus sozialen und freien Demokraten und den Grünen, die sich mit „Bündnis 90“ im Namen auf die Bürgerrechtler der DDR berufen.
Assange ist kein Krimineller, sondern Journalist. Und Journalismus ist kein Verbrechen
Von Deniz Yücel
Ein Fünftel seines Lebens in Unfreiheit: Julian Assange
[….]
Haftbedingungen, die noch übler sind als im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten Londons, wo Assange seit April 2019 in Isolationshaft festgehalten wird. Bedingungen, die UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer aus guten Gründen als psychische Folter klassifiziert.
Dass Medienberichten zufolge der US-amerikanische Geheimdienst CIA Mordpläne gegen Assange geschmiedet haben soll, als sich dieser noch in der ecuadorianischen Botschaft in London befand, focht das Berufungsgericht nicht weiter an. Dass bisschen Mordpläne, wer will da nachtragend sein? Umso überzeugender fanden die Richter die Zusicherung der USA, Assange nach einer Verurteilung in sein Heimatland Australien zu verlegen und in seinem Falle keine „Spezialmethoden“ anzuwenden.
[….]
Dabei ist bereits diese Zusicherung der US-Regierung, bei Assange auf „Spezialmethoden“ – also auf Folter – zu verzichten, ein Skandal. Ein Staat, der es sich offen hält, sich über internationale Menschenrechtskonventionen und geltendes nationales Recht hinwegzusetzen, kann jederzeit auch eine solche Zusage beiseite wischen.
[….]
So ist es eine bittere Ironie, dass Assange selber zum Opfer jener Machenschaften geworden ist, die Wikileaks in unzähligen Fällen offengelegt hat: Dass nicht nur in Diktaturen und autoritären Regimen, sondern auch in Demokratien, Regierungen, Behörden und Konzernen sich nach Belieben über geltendes Recht hinweggesetzt und dabei keine noch so schwerwiegende Normverletzung gescheut wird.
[….]
Assange aber ist kein Krimineller, sondern Journalist. Und Journalismus ist kein Verbrechen.
Quelle: Welt
Anmerkung Moritz Müller: Auch etwas Sarkasmus kann manchmal nicht schaden.
If the High Court knew that Julian Assange suffered a stroke on Oct. 27, the first day of the U.S. appeal hearing, would it have altered the court’s decision to allow his extradition?, asks Joe Lauria
[….]
There is another difference between [Lauri] Love and Assange. Love was expendable to the United States. Assange is not. His is Too Big to Free. By reporting the truth, Assange has threatened the legitimacy of an entire system built on lies. The British judiciary is part of that system.
It is very unlikely that knowledge of the stroke would have made any difference to the High Court.
Quelle: Consortium News
Eigene Übersetzung:
Wenn der Oberste Gerichtshof gewusst hätte, dass Julian Assange am 27. Oktober, dem ersten Tag der Berufungsverhandlung in den USA, einen Schlaganfall erlitten hat, hätte dies die Entscheidung des Gerichts, seine Auslieferung zuzulassen, geändert?, fragt Joe Lauria.
[….]
Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen [Lauri] Love und Assange. Love war für die Vereinigten Staaten entbehrlich. Assange ist es nicht. Er ist zu wichtig, um frei zu sein. Indem er die Wahrheit berichtet, hat Assange die Legitimität eines ganzen Systems, das auf Lügen aufgebaut ist, bedroht. Die britische Justiz ist Teil dieses Systems.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Wissen um den Schlaganfall für den High Court irgendeinen Unterschied gemacht hätte.
Dieser Text erklärt auf Englisch sehr detailliert das Urteil vom Freitag.
Und hier noch ein Tweet von Martin Sonneborn.
Titelbild: Photo Kozyr / shutterstock.com