Impf-Druck: Jetzt auch auf die Kinder

Impf-Druck: Jetzt auch auf die Kinder

Impf-Druck: Jetzt auch auf die Kinder

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

Ein Corona-Impfstoff für Kinder ab fünf Jahren wird in den nächsten Tagen erwartet – und noch vor einer eventuellen STIKO-Empfehlung wird er massiv angepriesen, obwohl Kinder so gut wie nie ersthaft an Corona erkranken. Manche Akteure fordern nun „mobile Impfteams“ in Schulen oder gar eine Impfpflicht für Kinder. Doch auch ohne offizielle Pflicht: Ist eine Impfung bei Kindern und Jugendlichen erlaubt, auch wenn die Eltern nicht zugestimmt haben? Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

In mehreren Bundesländern werden nun die Kinder von 5-11 Jahren als dringend zu impfende Gruppe in den Blick genommen. Und das mit Entschlossenheit. Und selbstverständlich geschieht das mancherorts, bevor die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Empfehlung dafür ausgesprochen hat. Diese Empfehlung wird angesichts des „Umfallens“ der STIKO bei den ab 12-Jährigen wohl einfach vorausgesetzt – vermutlich zu Recht.

Sollen kritische Kinderärzte umgangen werden?

Mit kühler Berechnung soll mit den aktuellen Plänen wohl auch der kritische Teil der Kinderärzte umgangen werden, indem in „Kinder-Impfzentren“ gespritzt wird. Noch weiter gehen die Pläne, mit „mobilen Impfteams“ direkt in Kitas und Schulen zu gehen: Hier wird noch zusätzlich auf die Wirkung des Gruppendrucks gesetzt.

Es gibt aber auch noch Verantwortungsgefühl, wie Medien berichten: In Hamburg ergab eine Abfrage der Sozialbehörde, dass sich nur rund ein Viertel der Kinderärzte an der Impfkampagne für 5-11 Jahre alte Kinder beteiligen wollen: Neben Überlastung geben die Praxen an, „den medizinischen Nutzen der Impfungen für Kinder für gering zu halten“.

Von medizinischen Zweifeln hat sich die Corona-Kampagne aber selten aufhalten lassen: Darum bereitet die Hamburger Sozialbehörde mehrere eigene Impf-Anlaufstellen für Kinder vor. “Wir planen eigene Kinder-Impfzentren, in denen wir ausschließlich für diese Altersgruppe mit speziellem Personal Kinder-Impfungen anbieten können“. Hat dieses „spezielle Personal“ also weniger Skrupel als die Kinderärzte und würde es trotz geringem „medizinischen Nutzen“ die Spritzen bei den Kleinen setzen?

Berlin trägt Impf-Konflikte in die Schule

In Berlin sollen gesellschaftliche Konflikte direkt in die Schulen und Kitas getragen werden: So machte die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey ein „Angebot“, das man eigentlich „Druck“ nennen müsste:

„Wir müssen Kindern zügig und unkompliziert ein Impfangebot machen, am besten dort, wo sie sowieso täglich sind – in der Schule – und auch für die fünfjährigen Kitakinder.“

Gerade in dieser Altersgruppe sei die „Inzidenz“ in Berlin sehr hoch. „Wenn über 200.000 Kinder geimpft werden können, würde das einen großen Unterschied machen“, so Giffey. Hier muss einmal mehr betont werden, dass die „Inzidenzen“ bereits ganz allgemein keine ausreichende Aussagekraft besitzen, um auf ihrer Basis Grundrechte einzuschränken oder Impfdruck zu entwickeln – siehe unter anderem hier oder hier oder hier oder hier oder hier oder hier oder hier. Ganz besonders wenig relevant sind die ohnehin fragwürdigen „Inzidenzen“ aber bei der Gruppe der Kinder, weil die fast nie ernsthaft an Corona erkranken – ganz egal, wie oft sie positiv getestet werden.

Dennoch sollen 5- bis 11-Jährige in Berlin auch schon vor einer entsprechenden Empfehlung der Ständigen Impfkommission gegen Corona geimpft werden können. Das sagte die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD), die bereits früher durch fragwürdigen Impf-Enthusiasmus aufgefallen ist, wie wir im Artikel “Impfung für Schüler: Die ‚übergriffige‘ Senatorin“ beschrieben haben.

Die Corona-Politik ist keine höhere Gewalt, sie ist politische Gewalt

Medizinisch ist der Impfdruck auf die Kinder und damit die Familien nicht zu rechtfertigen: Sogar Thomas Mertens von der STIKO hat betont:

„Für gesunde Kinder und Jugendliche der Altersgruppe ist das Risiko an Covid-19 zu sterben derzeit rein statistisch gleich null.“

Da die Altersgruppe durch Corona so gut wie nicht bedroht ist, übersteigt noch das kleinste Impfrisiko einen möglichen „Nutzen“. Außerdem: Noch vor der Beurteilung, ob der Einsatz der neuen Impfstoffe „geeignet“ und „angemessen“ ist, muss zuerst gefragt werden: Ist die Massenimpfung – gemessen am realen Gefahrenpotenzial von Corona – überhaupt „erforderlich“? Diese Reihenfolge der Fragen sollte bei der Beurteilung aller Corona-Maßnahmen angelegt werden.

Darum ist auch das Gerede vom „Schutz“ der Kinder eine irreführende Verdrehung: Wer die Corona-Maßnahmen gegen Kinder noch immer als Schutz bezeichnet, führt nichts Gutes im Schilde, bitte lesen Sie auch „Nehmt die Kinder vor den ‚Beschützern‘ in Schutz“.

Zu den Zweifeln an der Notwendigkeit und der Sicherheit der Impfstoffe kommen die gesellschaftlichen Verwerfungen, die der Kinder-Impfdruck bis in die Familien hinein schafft und sogar mutmaßlich schaffen soll: der gesellschaftliche und der familiäre Konflikt als zusätzliche Treiber für die Impfquote, genutzt von verantwortungslosen Strategen.

Das einzige „einleuchtende“ Argument für Kinder- und Jugendimpfung ist die Befreiung von den sozialen Schikanen gegen die Kinder und Jugendlichen und der Schutz vor Mobbing wegen des Impfstatus – aber diese Schikanen und die Mobbing-Gefahr sind politisch hergestellt, man könnte sie mit einem Federstrich abschaffen und die Kinder in Ruhe lassen, so wie man es von Beginn an hätte tun sollen: Die Corona-Politik ist keine höhere Gewalt, sie ist politische Gewalt. Die „Entlassung“ aus den Corona-Schikanen vom Akt der Impfung und anderen Unterwerfungen abhängig zu machen, ist Erpressung.

STIKO-Chef unter Beschuss

Die Europäische Arzneimittel-Agentur hatte den Biontech-Impfstoff für Kinder laut Medienberichten Mitte November zugelassen. Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll die Lieferung des Impfstoffs an die EU-Mitgliedstaaten am 13. Dezember erfolgen. „Wenn irgend möglich“ soll bis dahin eine Empfehlung vorliegen, hat der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens mitgeteilt.

Mertens ist gerade unter Beschuss geraten, weil er laut Medien sagte: Er würde angesichts fehlender Daten sein Kind derzeit nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Es gebe jenseits der Daten aus der Zulassungsstudie „keinerlei Daten“ über die Verträglichkeit des Impfstoffs in der Gruppe der Kinder zwischen fünf und elf Jahren. Die aktuellen Publikationen zeigten, dass Aussagen über Langzeitschäden kaum möglich seien.

Impfpflicht sogar für Kinder?

Zusätzlich gibt es Berichte etwa (unter vielem anderen) zum Problem der Herzmuskelentzündung bei jungen Menschen, weshalb es laut „Frankfurter Rundschau“ unter anderem in Großbritannien, Hongkong und Norwegen Überlegungen gebe, den Impfstoff von Biontech/Pfizer bei Jugendlichen nur eingeschränkt zu verabreichen. Der Impfstoff von Moderna wird demnach seit November in Island überhaupt nicht mehr eingesetzt, in Schweden und Finnland solle der Corona-Impfstoff vorerst nicht mehr an unter 30-jährige Menschen verabreicht werden, in Norwegen und Dänemark nicht mehr an unter 18-jährige männliche Jugendliche.

Bisher sind die hier geschilderten Kinder-Impf-Vorhaben (noch) als freiwillig zu bezeichnen – die Erfahrung bei den Erwachsenen lehrt aber, dass nach einem „Impfangebot“ der Impfstatus als Voraussetzung für soziale Teilhabe festgelegt werden könnte oder mindestens ein indirekter (sozialer) Impfzwang aufgebaut wird. Wie wichtig die Entscheidung der STIKO ist, zeigen solche Vorstöße: Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, plädiert laut Medien für eine Corona-Impfpflicht sogar für Kinder – falls die Ständige Impfkommission diesen nun eine Impfung empfiehlt. Markus Söder forderte bereits früher eine Impfpflicht für Kinder ab zwölf Jahren mit einer möglichen Verabreichung auch im Klassenzimmer.

Ist Kinderimpfung ohne Eltern-Zustimmung möglich?

Solange es noch keine offizielle Impfpflicht gibt: Ist eine Impfung bei Kindern und Jugendlichen juristisch erlaubt, ohne dass die Eltern zugestimmt haben – zum Beispiel angesichts eines „mobilen Impfteams“, das ein Kind mithilfe des Gruppendrucks in der Schule „überzeugt“? Dabei ist die „Einwilligungsfähigkeit“ des jeweiligen Jugendlichen entscheidend. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Hamburg liegt deren Feststellung weitgehend im Ermessen des jeweiligen Arztes:

„Eine starre Altersgrenze, ab der von einer alleinigen Einwilligungsfähigkeit Jugendlicher auszugehen ist, gibt es rechtlich nicht. Es kommt darauf an, ob der Jugendliche nach seiner Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs zu ermessen vermag. Will der Arzt also einem Impfwunsch Jugendlicher ohne Elterneinwilligung nachgehen, muss er sich davon überzeugen, dass der Jugendliche für die alleinige Einwilligung die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt.“

Weitere Infos gibt es etwa hier, demnach könnte „eine 13-Jährige durchaus einwilligungsfähig sein, was die Impfung angeht, ein 16-Jähriger nicht“. Kleine Kinder sind demnach wohl weitgehend vor Impf-Willkür geschützt, bei Jugendlichen kann der Arzt unter Umständen ohne den Elternwillen entscheiden.

Corona-Wahnsinn stoppen – gemeinsam

Meiner Meinung nach ist die vorsätzlich zugespitzte Impfdebatte vor allem Ablenkung. Dennoch ist sie wichtig: Wer sich selber und sein Kind impfen lassen möchte, soll das tun. Aber er soll bitte mich und mein Kind in Frieden lassen und die Maßlosigkeit im Zaum halten. Das Argument mit dem „Fremdschutz“ durch eine Impfung hat sich inzwischen weitgehend erledigt. Den Eigenschutz kann sich jeder besorgen – auch ohne dass „mobile Impfteams“ die Schulen heimsuchen. Man muss auch feststellen, dass der Druck und die Gefahr für den Grundrechtsstaat zuallererst von einer Seite ausgeht: von den besonders überzeugten Impf-Enthusiasten, die für ein nicht zu erreichendes Ziel ein demokratisches Tabu nach dem anderen brechen und eine schlechte „Neue Normalität“ billigend in Kauf nehmen. Damit sind selbstverständlich nicht alle geimpften Bürger gemeint.

Zusätzlich aufreizend ist, dass Viele anschließend so tun, als käme der Druck und die Gefahr für den Grundrechtsstaat von den Kritikern der gefährlichen Corona-Politik. Nicht verschweigen sollte man aber auch zu verurteilende Aktionen von kleinen Gruppen des „Corona-Protests“ wie dem „Fackelmarsch“ in Sachsen – hier sollte man sich abgrenzen.* Lächerlich wird es, wenn Lockdown-Unterstützer nun den Lockdown-Kritikern die sozialen Folgen der Lockdowns anhängen wollen.

Schlechte Vorhaben bleiben schlecht, auch wenn man mit Angstkampagnen eine Mehrheit zu einer Zustimmung bewegt hat. Was ich aber vermisse, ist ein gewisser Selbsterhaltungstrieb dieser Mehrheit. Denn das wohlige Gefühl, momentan auf der politisch und moralisch super-sicheren Seite zu stehen, kann trügerisch sein: Die mit „Virusbekämpfung“ begründeten und mutmaßlich langfristig angelegten Strukturen zur Überwachung, Gängelung und Kontrolle werden am Ende uns alle treffen (etwa hier oder hier) – ebenso wie die Gewöhnung daran, permanent den digitalen „Passierschein“ parat zu haben und „aus Solidarität“ auf das Demonstrationsrecht verzichten zu müssen. Es ist höchste Zeit, den Corona-Wahnsinn zu stoppen – gemeinsam.

* Aktualisierung 07.12.2021 13 Uhr: Dieser Satz wurde hinzugefügt.

Titelbild: bsd studio / Shutterstock