Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Wir weisen darauf hin, dass die jeweiligen Anbieter für die Barrierefreiheit ihrer Angebote selbst verantwortlich sind und es durchaus sein kann, dass der Zugang von zunächst freien Inhalten nach einer Zeit beschränkt wird.

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der Konflikt um die Rechtsstaatlichkeit in Polen – 2
  2. “Eine einheitlichere Front gegen Russland”
  3. Wladimir Putin: Auflösung des INF-Vertrags birgt die Gefahr eines neuen Wettrüstens in Ostasien
  4. SPD offen für Drohnenbewaffnung
  5. Keine Inflation – und doch Probleme
  6. Rund 8,6 Millionen Beschäftigte verdienen aktuell weniger als 12 Euro in der Stunde – vor allem in Jobs ohne Tarifvertrag
  7. Bürgergeld in Koalitionsverhandlungen: Es geht ums Geld
  8. Höhere Steuern für Reiche schaden der Wirtschaft nicht, sondern fördern sie
  9. Der Fall »Drachenlord«: Ein jahrelanges Martyrium in Deutschland – und niemand hält es auf
  10. Anwalt erwähnt vor Gericht mögliche Anschlagspläne der CIA auf Julian Assange
  11. Der ungeimpfte Kimmich
  12. Ein intensiver Aufarbeitungsprozess steht an
  13. Facebook gibt Millionen für Imagewerbung aus
  14. Das Letzte: Entlassung der Bundesregierung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der Konflikt um die Rechtsstaatlichkeit in Polen – 2
    Vertragsverletzungsverfahren und finanzieller Druck werden den Konflikt um die Rechtstaatlichkeit in Polen und um die legitimen Befugnisse der EU nicht lösen. Nur die Politik kann verhindern, dass die Konflikte eskalieren.
    Im ersten Teil dieses Zweiteilers wurde deutlich, warum das europäische Primärrecht den Mitgliedstaaten keine Vorgaben zur Ausgestaltung ihrer Verfassungsgerichtsbarkeiten macht. Es gibt lediglich eine von allen Seiten akzeptierte politische Eingriffsmöglichkeit, das so genannte Artikel-7-Verfahren. Weil dieses Verfahren aufgrund des Einstimmigkeitserfordernisses aber blockiert ist, hat die Kommission gleichwohl begonnen, Polen wegen seiner Justizreformen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen.
    Der EuGH ist der Kommission gefolgt. Das polnische Verfassungsgericht bestreitet die Befugnis des EuGHs, Urteile über die Rechtmäßigkeit der polnischen Justizreformen und insbesondere über die Auswahl der Verfassungsrichter zu erlassen. In diesem Teil blicken wir eingehender auf das umstrittene Urteil des polnischen Verfassungstribunals vom 7. Oktober 2021. Vorher aber geht es um die Hoffnung, Polen über den Einbehalt von EU-Geldern zum Einlenken bewegen zu können.
    Quelle: Martin Höpner auf Makroskop
  2. “Eine einheitlichere Front gegen Russland”
    Unstimmigkeiten in den USA begleiten die Vorbereitungen für das Großmanöver Defender Europe 22. Ursache ist, dass das Pentagon militärische Modernisierungen im eigenen Land in den Vordergrund der Übung rücken will; daher wird laut Berichten die Anzahl der Truppen, die 2022 über den Atlantik nach Europa sowie in Richtung Russland verlegt werden, gegenüber den ursprünglichen Plänen reduziert. Dies ruft im US-Repräsentantenhaus Unmut hervor. Die Bundeswehr dagegen will sich an der Kriegsübung in ähnlicher Weise beteiligen wie 2020 und 2021. Unabhängig davon haben die NATO-Verteidigungsminister Ende vergangener Woche neue Schritte eingeleitet, um die Stellung des Kriegsbündnisses im Machtkampf gegen Russland vor allem in der Schwarzmeerregion weiter zu stärken. Das Schwarze Meer besitzt für Russland hohe Bedeutung – einerseits zur Verteidigung seiner Südflanke, andererseits für die Machtprojektion seiner Marine ins Mittelmeer sowie in den Nahen Osten. Beides nimmt die NATO im Visier. Dabei bekommt ihre Stellung am Schwarzen Meer erste Risse: Die Türkei gilt mittlerweile als unsicherer Kantonist.
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Wladimir Putin: Auflösung des INF-Vertrags birgt die Gefahr eines neuen Wettrüstens in Ostasien
    Bei einer virtuellen Sitzung des 16. Ostasien-Gipfels (EAS) am Mittwoch erklärte der russische Staatschef:
    “Wir haben wiederholt davor gewarnt, dass die Beendigung des Vertrags über Mittel- und Kurzstreckenraketen bedeutet, dass die Region nun mit der Möglichkeit konfrontiert ist, dass diese Angriffswaffen dort auftauchen und ein neues Wettrüsten beginnt.”
    Putin erinnerte daran, dass Moskau nach der Entscheidung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, im August 2019 aus dem INF-Vertrag auszusteigen, ein einseitiges Moratorium für die Stationierung von Mittel- und Kurzstreckenraketen in der asiatisch-pazifischen Region und in anderen Teilen der Welt verhängt und gleichzeitig zu einem ernsthaften Dialog mit allen beteiligten Staaten in dieser Frage aufgerufen hatte. Moskaus Angebot bestehe weiter und gewinne zunehmend an Bedeutung, sagte er.
    Laut dem russischen Präsidenten sei die Zusammenarbeit mit anderen Nationen der einzige Weg, um bestehende und entstehende Bedrohungen zu stoppen und akute Probleme zu lösen, die die Region und die Weltgemeinschaft als Ganzes betreffen. Er fügte hinzu, dass sich ein Dialog auf die nachhaltige Entwicklung und die Verbesserung des Wohlergehens der Bevölkerung konzentrieren müsse, und betonte, dass Moskau bereit sei, an solchen Gesprächen teilzunehmen.
    Washington hat seinen Rückzug aus dem INF-Vertrag auf angebliche Verstöße Russlands gegen den Nuklearpakt zurückgeführt. Moskau, das seine eigene Beteiligung an dem Vertrag einen Tag nach der Ankündigung Washingtons ebenfalls aussetzte, wies die Anschuldigungen zurück und behauptete seinerseits, dass die US-Raketenabwehrsysteme in Mitteleuropa gegen die Bestimmungen des INF-Pakts verstoßen.
    Quelle: RT DE

    dazu: Peking hält atomares Wettrüsten mit den USA für “dumm” und setzt auf einmaligen Vernichtungsschlag
    Die Anzahl der eigenen Atomwaffen mit der Washingtons zu vergleichen, sei ein dummes Unterfangen, denn für eine erfolgreiche Abschreckung reiche die Möglichkeit aus, die USA einmal auszulöschen. Hierauf wies der Chefredakteur der staatlichen chinesischen Tageszeitung Global Times Hu Xijin hin. Am Mittwoch schrieb er auf Twitter:
    “China wird sich nicht auf ein nukleares Wettrüsten mit den USA einlassen. Wir halten das für dumm. Ich weiß, dass die USA China zehnmal zerstören können, wir werden jedoch sicherstellen, dass wir die volle Fähigkeit haben, die USA einmal zu zerstören.”
    Hu kommentierte einen Meinungsbeitrag von Laura Grego, einer Mitarbeiterin im Labor für nukleare Sicherheit und Politik am Massachusetts-Institut für Technologie (MIT). Die Wissenschaftlerin warnte davor, dass die USA durch die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen Staaten wie Russland und China dazu veranlasst haben, immer gefährlichere Waffen zu entwickeln, um die Vereinigten Staaten zu besiegen. (…)
    Chefredakteur Hu bezog hierzu Stellung, als er vergangene Woche erklärte, die USA sollten “die verrückte Idee aufgeben, dass sie China und Russland angreifen können, diese aber sie nicht angreifen können”. Er erinnerte daran, wie die Doktrin der gegenseitig gesicherten Zerstörung (MAD) aus der Zeit des Kalten Krieges dazu beigetragen hat, nukleare Spannungen zu entschärfen.
    Quelle: RT DE

  4. SPD offen für Drohnenbewaffnung
    Die SPD war lange auf der Suche nach einer Position zur Bewaffnung von Drohnen. Im Dezember 2020 wurde mit dem Verweis auf eine nicht ausreichende Diskussion über das Thema eine Abstimmung über die Bewaffnung der geleasten Heron TP Drohnen verhindert.
    Um einer Klärung der SPD-Position näher zu kommen, wurde am 15. März 2021 eine Projektgruppe vom Parteivorstand eingesetzt, die das Für-und-Wider bewaffneter Drohnen diskutieren und am Ende eine Empfehlung abgeben sollte. Unter dem Vorsitz der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin wurde seitdem in insgesamt fünf Sitzungen und einer öffentlichen Anhörung diskutiert.
    Nun, passend zu den beginnenden Koalitionsgesprächen mit den Grünen und der FDP, hat die Projektgruppe am 12. Oktober 2021 einen Abschlussbericht vorgelegt, in dem sich generell für die Bewaffnung von Drohnen geöffnet wird. In dem längeren Papier werden drei Hauptargumente von Kritiker*innen einer Drohnenbewaffnung aufgegriffen: dass es effektivere Waffensysteme zum Schutz der Soldat*innen gebe und denen durch die Ausgabe in Drohnen die Mittel entzogen würden, dass Drohnen die Zivilbevölkerung „entfremden“[1] – eine sehr zahme Formulierung, wenn man Schilderungen von Betroffenen liest – und so die Akzeptanz von „stabilisierenden Einsätzen unterminieren“[2] könnten; und letztlich, dass Drohnen eine Gefahr hin zur Weiterentwicklung zu „vollautomatisierten Waffensystemen“[3] bergen könnten. Letztlich überwiege aber das Schutzargument und die „vertrauensvolle Zusammenarbeit in Bündnissen“[4]. Da die Arbeitsgruppe anscheinend kein weiteres Proargument erdenken konnte, aber trotzdem ein „Gleichgewicht“ mit den drei Contra-Punkten zaubern wollte, steht im Abschlussbericht stattdessen: „Die grundsätzlichen Einwände der Kritikerinnen und Kritiker sind gewichtig und sollten bei der weiteren Begleitung des Einsatzes bewaffneter Drohnen mitbedacht werden“.[5] Der Empfehlung für die Öffnung der Drohnenbewaffnung konnten sich von 13 Mitgliedern der Projektgruppe nur zwei nicht anschließen.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    dazu auch: Die neue Aufrüstungskoalition
    Quelle: German Foreign Policy

    und: »Nukleare Teilhabe«: CDU macht Druck auf Scholz
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Albrecht Müller: Statt gemeinsamer Sicherheit mit Russland kommt jetzt der Einsatz bewaffneter Drohnen und die Drohung mit Nuklearwaffen. Die neue Koalition ist offensichtlich vom militärisch-industriellen Komplex eingefangen oder unterwandert oder wie man es nennen will. Dabei spielen auch Vorfeld Organisationen wie die Heinrich-Böll-Stiftung eine maßgebliche Rolle.

  5. Keine Inflation – und doch Probleme
    Die Tatsache, dass es keine Inflation gibt, ist kein Grund, keine ernsthaften wirtschaftliche Schwierigkeiten zu befürchten. Es ist sogar so, dass weit verbreitete Inflationsängste eine mögliche Ursache dafür sind.
    Gibt es eine Inflation in Deutschland zu beklagen? Liest man die entsprechenden Artikel in der deutschen Presse, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir uns in einer Situation befinden, die an die Hyperinflation Anfang des letzten Jahrhunderts gemahnt.
    Zum Beleg dieser These könnte man die folgende Grafik zur Entwicklung der Inflation seit Januar dieses Jahres zu präsentieren:
    Quelle: Makroskop

    dazu: Vorsicht vor den „Inflations-Warnern“
    Die Preise steigen. Für September meldete das Statistische Bundesamt eine Steigerung des Verbraucherpreisindex um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das ist der höchste Wert seit 1993. Vor allem stark steigende Energiepreise haben in diesem Jahr die Inflation getrieben. Schon warnen zahlreiche Ökonomen und Leitartikler vor der „Rückkehr der Inflation“. Doch das ist nicht nur zu kurz gedacht, sondern vor allem eine manipulative Finte, um dringend nötige Lohnsteigerungen abzuwenden. Nötig wären jetzt vor allem punktuelle Hilfen für die Menschen, die unter den hohen Energiepreisen leiden, und keine alarmistische Debatte über das Inflationsgespenst. Von Jens Berger.
    Quelle: NachDenkSeiten

  6. Rund 8,6 Millionen Beschäftigte verdienen aktuell weniger als 12 Euro in der Stunde – vor allem in Jobs ohne Tarifvertrag
    Beschäftigte in etwa 8,6 Millionen Arbeitsverhältnissen verdienen aktuell weniger als 12 Euro brutto pro Stunde. Etwa zwei Drittel der gut achteinhalb Millionen Menschen, die dementsprechend direkt von einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro profitieren würden, sind Frauen. Die Mehrzahl der Berufsgruppen, in denen aktuell weniger als 12 Euro bezahlt werden, erfordert eine abgeschlossene Ausbildung. Durch die Anhebung des Mindestlohns würde vor allem die Entlohnung von Beschäftigten ohne Tarifvertrag verbessert, denn diese sind derzeit rund dreimal so häufig von Löhnen unter 12 Euro betroffen wie Beschäftigte, die nach Tarif bezahlt werden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
    „Ein Mindestlohn von 12 Euro findet nicht nur breite Zustimmung, er würde auch für viele Beschäftigte spürbare Lohnsteigerungen bedeuten“, schreibt WSI-Arbeitsmarktexperte Dr. Toralf Pusch. In seiner Untersuchung hat er die neusten verfügbaren Daten des sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 2019 und des Statistischen Bundesamts ausgewertet und für das Jahr 2021 fortgeschrieben. Damit kann der WSI-Forscher unter anderem zur Gesamtzahl der Beschäftigten, die aktuell für weniger als 12 Euro arbeiten, erstmals eine verlässliche Hochrechnung für das laufende Jahr vorlegen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  7. Bürgergeld in Koalitionsverhandlungen: Es geht ums Geld
    Das Bürgergeld soll Hartz IV ersetzen. Trotz Streit um das soziale Kernversprechen der neuen Koalition zeichnet sich allmählich ab, was geplant ist. […]
    Klar ist: Das Ampelbündnis will die Sätze für das neue Bürgergeld anheben und die Sanktionen für Arbeitslose abschwächen. Dafür macht sich auch die künftige Kanzlerpartei SPD stark, die Hartz IV unter Gerhard Schröder seinerzeit erfand. Die Vorsitzende Saskia Esken sagte am Montag im taz-Interview, das Bürgergeld müsse „auskömmlich“ sein – und neu berechnet werden. Ihr Co-Chef Norbert Walter-Borjans betonte kurz zuvor: „Für das neue Bürgergeld wird die Formel gelten: Höher, einfacher und unterstützender.“
    Auch die Grünen wollen Arbeitslosen mehr Geld geben – und Druck aus dem rigiden System nehmen, das auf Zwang setzt. „Wir haben die Situation, dass die Inflation derzeit hoch ist und Energiepreise steigen“, sagt der grüne Sozialpolitiker Sven Lehmann. „Deswegen werden wir dafür Sorge tragen müssen, dass Menschen mit wenig Einkommen besser über den Monat kommen, etwa arme Rentner oder Erwerbslose.“ Das Existenzminimum solle „angehoben werden und auskömmlich sein“.
    Wie gesagt, es kommt auf den Wortlaut an. Auskömmlich – das kann alles heißen und nichts. Lehmann formuliert maximal vorsichtig. Eigentlich fände der Sozialpolitiker, der das Thema für die Grünen verhandeln wird, einen satten Aufschlag richtig. Im Wahlkampf forderten die Grünen 50 Euro mehr und den Wegfall der Sanktionen.
    Lehmanns Zurückhaltung folgt der Verhandlungslogik. Keiner aus SPD und Grünen will die FDP mit allzu forschen Vorstößen verärgern. Selbst Juso-Chefin Jessica Rosenthal, die leidenschaftlich für die Überwindung von Hartz IV warb, will sich auf taz-Anfrage im Moment lieber nicht äußern.
    Quelle: taz

    dazu: „Überwindung von Hartz IV? Davon kann man erst sprechen, wenn Sanktionen wegfallen“
    Das Bürgergeld soll Hartz IV ersetzen: So lautet ein wichtiges Vorhaben der Ampel. SPD-Chefin Esken erhebt bereits weitreichende Ansprüche. Wie reagieren Linke und Union, Wohlfahrtsverbände und Steuerzahlerbund auf den Plan?
    Quelle: Welt Online

  8. Höhere Steuern für Reiche schaden der Wirtschaft nicht, sondern fördern sie
    Die Ampelverhandlungen sind im Gang, schon jetzt hat sich die FDP in Steuerfragen durchgesetzt. Denn fest steht: Steuererhöhungen wird es nicht geben. Das ist fatal. Denn ohne höhere Steuern für Reiche kann es kein stabiles Wachstum geben.
    Steuererhöhungen zählten zu den heißesten Themen des Wahlkampfs. Nach der Niederlage der Linkspartei hat die FDP die Chance ergriffen, Grüne und SPD vom Verzicht auf Steuererhöhungen zu überzeugen. Im Sondierungspapier einer möglichen Ampelkoalition heißt es: »Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen.« Da im Sondierungspapier kein Wort zu öffentlichen Investitionen steht, ist zudem kaum abschätzbar, wie schwer der Verzicht auf Steuererhöhungen wiegen wird. Obwohl die SPD die Wahl gewonnen hat, scheitert sie daran, im Sondierungspapier etwas Substanzielles beizutragen. Fest steht, dass ein Koalitionsvertrag ohne Steuererhöhungen und öffentliche Investitionen Deutschland wirtschaftlich nicht voranbringen wird.
    Quelle: Jacobin
  9. Der Fall »Drachenlord«: Ein jahrelanges Martyrium in Deutschland – und niemand hält es auf
    Der YouTuber »Drachenlord« wird seit Jahren von einem Mob gequält, bedroht und belästigt. Nun hat er sich gewehrt und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Ein katastrophales Versagen von Justiz, Medien und Gesellschaft.
    Jeden Tag hetzen Internetmobs in Deutschland unschuldige Menschen in die Verzweiflung und noch weiter. Aber noch nie haben sich eine deutsche Staatsanwältin und eine deutsche Richterin faktisch an die Spitze eines hochorganisierten Internetmobs gesetzt. Und anschließend das Opfer gedemütigt, eingesperrt und gebrandmarkt. Genau das aber ist am 21. Oktober 2021 mitten in Deutschland passiert, und damit ist großes Unrecht geschehen. Es gab ein kurzes Palaver in der Öffentlichkeit, dann passierte irgendetwas anderes, das Wochenende brachte die Bundesliga und praktisch niemand interessierte sich mehr für den »Drachenlord«.
    Quelle: Sascha Lobo auf Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers U.B.: Eigentlich bin ich kein Fan von Sascha Lobo. Aber hier hat er einen erschütternden Text geschrieben, den möglichst viele Menschen lesen sollten.

  10. Anwalt erwähnt vor Gericht mögliche Anschlagspläne der CIA auf Julian Assange
    Die USA kämpfen weiter für die Auslieferung von Julian Assange. Wegen neuer Enthüllungen hoffen seine Unterstützer auf eine Kehrtwende im Prozess.
    Die Vertreter von Julian Assange haben im Rechtsstreit um eine mögliche Auslieferung des Wikileaks-Gründers in die USA Enthüllungen über angebliche Anschlagspläne eingebracht. „Es wurde darüber geredet, Herrn Assange zu töten, zu entführen oder zu vergiften“, sagte der Anwalt des inhaftierten Australiers am Donnerstag vor einem Gericht in London.
    Investigative Journalisten hatten vor einigen Wochen unter Berufung auf nicht genannte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich noch in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Assanges Unterstützer hoffen, dass diese Enthüllungen eine Auslieferung in die USA unwahrscheinlicher machen.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Fall Julian Assange: Bedrohung der Meinungsfreiheit
    Die Berliner Akademie der Künste fordert die Freilassung des Wikileaks-Gründer Julian Assange. Sein Fall sei ein Versuch, Journalisten weltweit einzuschüchtern, glaubt Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel. Die Freiheit des Wortes sei bedroht.(*) […]
    Die Berliner Akademie der Künste fordert die Freilassung von Assange. Akademie-Präsidentin Jeanine Meerapfel erwartet seine Überstellung an US-amerikanische Gerichte. Dies werde Konsequenzen für Journalisten weltweit haben und bedeute die Einschüchterung und Schwächung „der vierten Gewalt“. „Es geht auch darum, dass wir nicht ohne zu protestieren zusehen können, wie ein Journalist behandelt wird, der großen Mut bewiesen hat.“
    Nach einem mehrjährigen Hausarrest in der Botschaft von Ecuador in London ist Assange seit 2019 in Haft. (*) Seine Unterstützer könnten sehen, dass in seinem Fall die Idee der Pressefreiheit infrage gestellt werde, so Meerapfel. Assanges Behandlung zeige, wie es ist, wenn einem über Jahre hinweg Rechte genommen werden. „Das heißt, dass man nicht mehr frei ist. Das ist sehr problematisch.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

  11. Der ungeimpfte Kimmich
    Das meistdiskutierte Sportthema seit dem Wochenende ist streng genommen kein Sportthema. Es geht um den deutschen Nationalspieler Joshua Kimmich – der nicht geimpft ist. Von Thomas Kroh
    Quelle: rbb Inforadio

    dazu auch: Die Tagesthemen zu Kimmich: Gefährdet die Volksgesundheit
    Am 25. Oktober zelebrierten die Tagesthemen etwas, das einer öffentlichen Hinrichtung schon sehr nahe kam. Mehr als elf Minuten wurden aufgewandt, um sich mit der Tatsache zu befassen, dass der Fußballspieler Joshua Kimmich ungeimpft sei. Und es wurden alle Register gezogen. Man muss tatsächlich die ganzen elf Minuten sehen, um zu erkennen, wie perfide das Ganze ist, das sich aus den Teilen ergibt.
    Lauschen wir erst einmal der Nachrichtensprecherin Caren Miosga, die die Sequenz eröffnet: “Joshua Kimmich hat sich als ‘ungeimpft’ geoutet. Das ist an sich keine Nachricht für eine Nachrichtensendung, denn es geht schlicht niemanden etwas an, wer sich impfen lässt und wer nicht. Nur ist Joshua Kimmich nicht irgendwer. Die Impfskepsis eines so beliebten Fußballprofis kann anstecken und seine Sorge vor Impfkomplikationen andere Menschen verunsichern. Weil wir gerade erleben, dass die Zahlen der Neuinfektionen wieder rasant steigen, wird aus einer rein privaten Frage eine öffentliche.”
    In diesem Abschnitt geschieht etwas, was sich später im Verlauf der Sendung noch einmal wiederholen wird. Ein reales Recht – nämlich das, über seine Gesundheitsdaten bestimmen zu dürfen – wird erst zum Schein bestätigt, in der Folge aber, unter Umgehung sämtlicher Grundrechte, sogleich widerrufen. Dabei besteht die Aufhebung nicht nur in dem Satz, sondern sie wird im gesamten folgenden Nachrichtenblock geradezu zelebriert.
    Quelle: Dagmar Henn in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Auch dieser Text bestätigt diese Aussage: Ohne RT Deutsch wären wir noch schlechter informiert. Bitte lesen Sie dazu auch:

    1. Impf-Debatte um Joshua Kimmich: Heuchelei auf beiden Seiten
    2. Journalismus: Wenn Kimmich sich impfen lässt, ist die Pandemie zu Ende
  12. Ein intensiver Aufarbeitungsprozess steht an
    Gut einen Monat ist es jetzt her, dass DIE LINKE. nach einem katastrophalen Wahlergebnis wenigstens knapp als Fraktion in den Bundestag einziehen konnte. Mein Büro ist mittlerweile geräumt und ich hatte nun ein wenig Zeit, meine Gedanken zu ordnen.
    Es ist gut, dass die Bundestagsfraktion sich am Montag mit breiter Mehrheit eine Fraktionsführung gewählt hat. Es ist ebenfalls gut, dass dies auf den übereinstimmenden Vorschlag der Parteivorsitzenden hin erfolgt ist. Angesichts dessen finde ich es allerdings verheerend, dass dies von Teilen der Partei nun skandalisiert wird. Ein intensiver Aufarbeitungsprozess steht an und kann auch nur im konstruktiven Dialog erfolgen. Leider zeigt sich für mich bei der Medienlektüre, dass einige Funktions- und Mandatsträger, das noch nicht ausreichend begriffen haben. In den vergangenen Wochen musste ich immer wieder lesen, wie Einzelne über die Presse, diesen Aufarbeitungsprozess vorwegnehmen wollen und ihre jeweils eigenen und ihnen nützlichen Erzählungen präsentieren. Als besonders verantwortungslos ist mir der Beitrag unseres Bundesgeschäftsführers und Wahlkampfleiters Jörg Schindler aufgefallen. Nur wenige Tage nachdem der Parteivorstand beschlossen hatte, diesen notwendigen Aufarbeitungsprozess einzuleiten, hat er in seiner Wahlanalyse schon alle Antworten parat: in erster Linie sei Sahra Wagenknecht persönlich verantwortlich. So kann dieser Prozess schwer gelingen. Damit versucht er offenbar, sich außerhalb der Kritik zu stellen, anstatt fragend voran zu schreiten. Dabei ist er zuallererst als Wahlkampfleiter politisch verantwortlich für diese Wahl – wie er es auch schon für die desaströse Europawahl 2019 war. Eine Wahl, bei der wir damals, wie auch in der aktuellen Wahl über 600 tausend Stimmen an Bündnis 90 / Die Grünen verloren haben. Allerdings ohne, dass Sahra Wagenknecht eine große Rolle im Wahlkampf gespielt hat, da sie sich Anfang des Jahres 2019 aus bekannten Gründen zunächst zurückgezogen hatte. Ich selbst bin Richter – und würde ich mich bei einem solchen Vorgehen ertappen, würde ich mich selbst für befangen erklären.
    Wenn ein Problem so vielschichtig und komplex ist, wie das vor dem wir jetzt stehen, empfiehlt es sich – auch hier hilft mein Richterhintergrund – einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen. So würde ich es auch hier halten und eine große unabhängige empirische Studie zur Partei in Auftrag geben.
    Insbesondere würde mich bei einem solchen “Gutachten” interessieren, warum nur drei Prozent der Wahlberechtigten ohne Abitur uns wählen, immerhin mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten. Gleiches gilt für die Gewerkschaftsmitglieder, bei denen wir im Zuspruch noch hinter die FDP zurückgefallen sind. Auch die Frage, in welchem Umfang uns unsere Stammwähler gewählt haben und warum wir die Stammwählerschaft nicht ausbauen konnten, treibt mich um. Ich hoffe jedenfalls (noch), dass es der Partei- wie Fraktionsführung gelingt, diesen Aufarbeitungsprozess, trotz einiger mir unverständlicher Widerstände, erfolgreich anzupacken.
    Quelle: Friedrich Straetmanns via Facebook

    Anmerkung unseres Lesers C.B.: Straetmans war bis vor ein paar Tagen MdB aus Bielefeld und Justiziar der Fraktion Die Linke. Das Spiel der Parteiführung und Teilen der Linken mit Hilfe der Medien, Sahra Wagenknecht quasi allein für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich zu machen, lassen selbst einen zurückhaltenden Genossen wie Straetmans zu drastischen Worten greifen. Gleichzeitig weigert sich die Parteiführung/die Parteizentrale seit Jahren, empirische Studien durchführen zu lassen, mit deren Hilfe man politische Schwerpunkte und eine gezielte Strategie entwickeln könnte. Vermutlich, weil dabei herauskommen würde, dass die de facto Fokussierung auf junge aktivistische urbane Milieus nur “beschränkt Erfolg versprechend” ist.

  13. Facebook gibt Millionen für Imagewerbung aus
    Mit teuren Werbekampagnen versucht Facebook seinen beschädigten Ruf zu verbessern. Mit der Image-Aufbesserung will der Konzern außerdem die Debatte über strengere Regeln für Internetplattformen beeinflussen. Dafür hat das Unternehmen seit Dezember 2020 – also seit Beginn der Debatten über neue Regeln für digitale Plattformen – allein in Deutschland Printwerbung im Wert von etwa 6,8 Mio. € (Bruttowerbeausgaben) geschaltet. Das zeigen neuen Berechnungen von uns. (…)
    Facebook hat seit Dezember 2020 in Deutschland drei unterschiedliche Motiv-Kampagnen in Zeitungen und Zeitschriften geschaltet. Im Dezember 2020 veröffentlichte gleichzeitig die EU-Kommission ihre Entwürfe für neue Regeln für Internetplattformen.
    Bei den Facebook-Kampagnen handelt es sich nicht um Produktwerbung, sondern um Imagewerbung, mit der das Unternehmen seinen Ruf verbessern will. Facebook hat zudem auch die Debatten über strengere Regeln für Internetplattformen auf europäischer Ebene dabei im Blick. Mit dieser Werbung sollen daher auch Politik und Gesellschaft beeinflusst werden.
    Wie sehr das bei Facebook der Fall ist, zeigt die Zielgruppe einer Anzeige des Unternehmens auf Twitter: Angesprochen werden hier gezielt User*innen, deren Interessen den Followern der Accounts @BMG_Bund, @BMWi_Bund, @BMJV_Bund, @BMFSFJ, @Ausaertigesamt und @BMI_Bund ähneln. Die Zielgruppe sind demnach politische Entscheidungsträger*innen.
    Quelle: Lobby Control
  14. Das Letzte: Entlassung der Bundesregierung
    Bundespräsident Frank Walter Steinmeier: “Wir haben in den vergangenen Monaten erleben können, dass die Demokratie in unserem Land an Prüfungen gewachsen ist, weil ihre Vertreter verantwortungsvoll und als Demokraten handelten. Die demokratischen Kräfte in Regierung und Parlament haben Sorge dafür getragen, dass Polarisierung und Provokation sich nicht durchsetzen konnten. Diese gemeinsame Anstrengung war erfolgreich. Und das ist ein Erfolg nicht nur für Sie, sondern für die Demokratie insgesamt.”
    Quelle: Bundespräsident

    Anmerkung Tobias Riegel: Absurder als die aktuellen gesellschaftlichen Vorgänge sind nur noch die Beschreibungen dieser Vorgänge durch die Verantwortlichen.

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!