Hinweis: Übersetzung Sweeney (AFL-CIO)
„Aufgemuntert (von der NachDenkSeiten-Redaktion) habe ich mich heute befleißigt, den Artikel von John J. Sweeney “Workung Families Need Help” zu übersetzen.
Es ist mir ein tiefes, innerstes Anliegen, auf irgendeine Weise vielleicht einen kleinen Beitrag zu leisten, der dazu dient, dieses unmenschliche, neoliberale Projekt zu stoppen. ….. H.E.“, schreibt einer unserer Leser. Danke vielmals auch im Namen anderer Leser, die eine Übersetzung erbeten hatten. Hier das Ergebnis seiner Arbeit.
Es folgt die Übersetzung:
Niemals zuvor war ein Labor Day (entspricht unserem Tag der Arbeit am 1.Mai) mehr gekennzeichnet von einer größeren Kluft und Beziehungslosigkeit zwischen den Gesprächsthemen, die am Küchentisch arbeitender Familien stattfinden, und den Themen, mit denen sich die Schwätzer in der Hauptstadt unserer Nation befassen.
Die Eliten in Politik und Medien gestehen die wirtschaftliche Not, von der das Leben der Arbeiter geprägt ist, nicht ein, trotz der lange erwarteten neuen Jobs, die, wie versprochen, von der Wirtschaft geschaffen werden sollten.
Die tiefen Verwerfungen der wirtschaftlichen Ungleichheit, die durch die Auswirkungen des Hurrikans Katrina öffentlich bloßgelegt wurden, zeigen deutlich, dass die eigentlichen Probleme, welche die arbeitenden Familien täglich am Rande des Absturzes ihr Leben fristen lassen, unmittelbar unter der Oberfläche liegen.
Die Einkommen zeigen eine bestenfalls stagnierende Entwicklung, meist fallen sie. Die Kosten im Gesundheitswesen, das betrifft auch jene, die das Glück haben, eine von Arbeitgebern bezuschusste Krankenversicherung zu haben (eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber), schossen in den Jahren zwischen 1996 und 2003 um 79 % nach oben. Während Manager und ihresgleichen sich goldene Nasen verdienen, grapschen Großunternehmen, wie z.B. United Airlines, nach den Pensionsansprüchen ihrer Angestellten und Arbeiter. Betriebsschließungen der herstellenden Industrie hinterlassen durch Arbeitsplatzvernichtung im siebenten Jahr in Folge ein Heer von Langzeit- arbeitslosen.
In einer Umfrage der AFL_CIO (American Federation of Labor) sagten Arbeitnehmer aus, das Land befinde sich bezüglich der Entwicklung der Krankenversicherung, der Sicherung der Renten und der Qualität und der Bereitstellung von Jobs auf dem falschen Kurs. Der größte, jemals verzeichnete Anteil an Arbeitnehmern – 53% – gibt an, dass das Einkommen die Lebenshaltungskosten nicht mehr deckt.
Die Menschen leben unter solch mageren, ökonomischen Bedingungen, dass jeder Schock des Haushaltsetats – exemplarisch ist die derzeitig atemberaubende Entwicklung der Ölpreise – eine Krise auslöst.
Gut die Hälfte der Arbeitnehmer sagen aus, sich eine Krankenversicherung nicht leisten zu können. 65 % sagen, dass die Arbeitgeber bieten keinen Beitrag zur Rentenversicherung leisten. Kein Wunder, dass sich Arbeitnehmer der Absicht widersetzen, die Rentenversicherung zu privatisieren.
75% der Eltern sind besorgt darüber, die Ausbildungskosten der Kinder nicht aufbringen zu können. Sechs von zehn jungen Arbeitnehmern sagen, es sei sehr schwer, einen guten Job zu finden, der eine finanzielle Sicherheit gewährleistet, selbst mit einem akademischen Abschluß.
Das Land scheint aus der Verankerung gerissen zu sein, so nehmen das die meisten wahr.
Die Einkommen wurden abgekoppelt von der Produktivität und den Gewinnen der Konzerne. Das Wohl unserer Familien wurde abgekoppelt von den statistischen Daten zur Lage der Nation.
In ihren Jobs haben die meisten nichts zu melden, genießen wenig Respekt und haben keinerlei Rechte. Zwei von drei Arbeitnehmern haben kein Vertrauen, von den Arbeitgebern fair behandelt zu werden.
Ein ebenso großer Anteil von Arbeitnehmern sieht die eigenen, ökonomischen Interessen in Washington von niemandem vertreten. Nicht von Präsident Bush, nicht von den Repubikanern im Kongress, nicht einmal von den Demokraten im Kongress. Das doppelte Versagen der Wirtschaft und des Vertrauens ist beunruhigend.
Der Präsident der US-Notenbank, Alan Greenspan, hat eingeräumt: „Das Einkommensgefälle zwischen den Reichen und dem Rest der US-Bevölkerung klafft inzwischen so weit auseinander und wächst so schnell, dass es letztendlich die Stabilität des demokratischen Kapitalismus selbst gefährden könnte.“
Sollten die wirtschaftlichen Probleme, die geringen Erwartungen und das verlorene Vertrauen sich verfestigen und auswachsen zu Unzufriedenheit und Entfremdung, steckt unsere Demokratie in großen Schwierigkeiten. Wir müssen alle zusammenarbeiten, um das Ruder herumzureißen. Die Gewerkschaften stehen bereit, ihren Beitrag zu leisten -beginnend mit der Aufgabe, mehr zu tun, um Arbeiter zu organisieren und mehr Demokratie zu den Arbeitsplätzen zu bringen. 53% der nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeiter sagen, sie würden morgen für eine Gewerkschaft abstimmen, wenn sie nur könnten – das ist die höchste Rate in den letzten 20 Jahren.
Ja, es ist schwieriger als jemals zuvor, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Arbeitgeber bekämpfen diese Versuche routinemäßig mit rücksichtslosen Maßnahmen von Einschüchterung und sogar Entlassungen. Die Freiheit, sich gewerkschaftlich organisieren zu können, muss wiederhergestellt werden, wir müssen Gesetze verabschieden, die dies wieder ermöglichen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit haben 4 Millionen Arbeiter über die letzten 10 Jahre Gewerkschaften gebildet. Wir müssen den restlichen 50 Millionen helfen, die sich organisieren möchten, schon bevor die Gesetze geändert werden. Wir müssen ebenso Arbeiter rund um den Globus zusammenbringen und den Kampf gegen die unermeßliche Habgier der gigantischen globalen Konzerne aufnehmen. Mehr denn je zuvor müssen wir unsere Stimmen vereinigen.
Die tragische Ausgliederung verschiedener Haupt-Gewerkschaften von der AFL-CIO macht alles schwieriger. Seit der Abspaltung hat Gallup festgestellt, dass eine steigende Zahl an Amerikanern eine Schwächung der Gewerkschaften voraussieht.
Wir werden beweisen, dass sie falsch liegen.Wir müssen wieder eine breit angelegte, soziale Bewegung anführen und darauf bestehen, dass Amerikas Anführer wieder auf die Stimmen hören, die dieses Land am Laufen halten.
Arbeiter – angefangen vom Bauarbeiter bis zum High-Tech-Angestellten, von der Krankenschwester bis zum Lehrer – sie verlangen, gehört zu werden. Sie protestieren gegen Job-Auslagerung. Sie werden aktiv, um die Expansion von Wal-Mart zu stoppen, dessen arbeiterfeindliche Praktiken den Lebensstandard senken. Das neue Mitglied unserer Gemeinschaft, Working America, hat 1 Million Mitglieder hinzugewonnen für den Kampf um gute Jobs, Krankenversicherung für alle, eine sichere Rente und, last but not least, Fairness.
Zusammen müssen wir die Aufmerksamkeit der Nation auf die Angelegenheiten lenken, die für Amerikas arbeitende Bevölkerung wichtig sind:
Wir fordern von großen, profitablen Konzernen wie Wal-Mart eine Krankenversicherung für die Angestellten, anstatt die Kosten an die Allgemeinheit weiterzureichen. Laßt uns beginnen mit der Planung einer nationalen Krankenversicherung, die für jedermann erschwinglich ist.
Wir müssen diese perversen, finanziellen Anreize der Politik für die Konzerne beseitigen, Jobs ans andere Ende der Welt zu verlegen, und beginnen, Arbeit genauso zu behandeln, wie das Kapital in Handelsabkommen behandelt zu werden pflegt.
Wir müssen das Recht auf Lohn und den Anspruch auf die Renten schützen vor den in Konkurs gegangenen Unernehmen. Wir benötigen den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme – nicht deren Verwilderung durch Privatisierung.
Laßt uns den erbärmlichen Mindestlohn anheben. Seit der letzten Anhebung des Mindestlohns haben sich die ehrenwerten Mitglieder des Kongresses selbst sieben mal eine solche genehmigt.
Amerika benötigt dringend gute Jobs. Die arbeitende Bevölkerung weiß das. Es ist Zeit, für den Rest des Landes, das auch zu kapieren.
Der Verfasser ist Präsident der AFL-CIO.