Hinweise des Tages
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- Gewerkschaftler zu Ampel-Koalition: „Bis zu 13 Stunden Arbeit möglich“
- Sondierungsergebnis: Viele Milliarden für Jobs, die kaum zum Leben reichen
- FDP-Manier: Brüderles Feldzug gegen “Tarifzwang” in der Pflege
- Auf keinen Fall höhere Löhne: Die Ampel und die Rente
- Arbeitswelt: Deutsche wollen früh in den Ruhestand
- Aktionswoche “Armut bedroht alle”: Armutszeugnis
- Einspruch Exklusiv: Böser Schein des Bundesverfassungsgerichts?
- Corona-Pandemie: Virologen und Pädagogen müssen gleichermaßen gehört werden
- Corona-Ausbruch nach Clubnacht im Berghain
- Neue Steueraffäre: Auch in Frankfurt ermittelt die Staatsanwaltschaft
- Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte 150 Milliarden Euro Schaden
- Marktgesetze – Um jeden Preis
- Nach Gutsherrenart
- Wie die Medienvielfalt im Osten nach der Wende verschwand
- Mit diesen Erzählungen wollen Facebook, Google & Co die Debatten über strengere Regeln für Internetplattformen beeinflussen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Gewerkschaftler zu Ampel-Koalition: „Bis zu 13 Stunden Arbeit möglich“
Rot-Grün-Gelb könnte die Regelungen zur Begrenzung der täglichen Arbeitszeit aufweichen. Der Gewerkschaftler Guido Zeitler warnt vor akuter Gesundheitsgefährdung.
taz: Herr Zeitler, im Sondierungspapier ist die Rede von möglichen „Abweichungen von den bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit“. Kann man Arbeitnehmer künftig dazu zwingen, 20 Stunden am Tag zu arbeiten?
Guido Zeitler: Nein, man hat ja immer noch die in der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie festgehaltene Beschränkung der Arbeitszeit durch die Nachtruhe und die beträgt mindestens 11 Stunden. Aber damit könnte man künftig immer noch bis zu 13 Stunden am Tag arbeiten.
Wenn sich an der Wochen- und Monatsarbeitszeit nichts ändert, könnte das doch manchen Arbeitnehmern sogar entgegenkommen. Dann arbeitet man in Vollzeit eben nur drei Tage die Woche statt fünf.
Das mag für Menschen, die jung sind, ja noch machbar sein. Aber irgendwann rächt sich das. Wir wissen aus der Arbeitsmedizin, dass tägliche lange Arbeitszeiten gesundheitsgefährdend sind und die Gefahr von Unfällen erhöhen. Das sind Belastungsspitzen, die nicht gut sind. Das zu systematisieren ist nicht der richtige Weg.
Quelle: taz - Sondierungsergebnis: Viele Milliarden für Jobs, die kaum zum Leben reichen
Zwölf Euro Mindestlohn, ein Bürgergeld und Minijob-Reformen: Viele Pläne von SPD, FDP und Grüne klingen gut. Doch ein radikaler Systemwechsel ist es nicht.
Viele Punkte im Sondierungspapier von SPD, Grüne und FDP zur Sozialpolitik klingen schon recht konkret – und nach echten Verbesserungen: Der Mindestlohn soll auf zwölf Euro steigen, aus den 450-Euro-Jobs werden 520-Euro-Jobs. Außerdem soll das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken und Menschen in der Grundsicherung sollen mehr Geld nebenbei verdienen dürfen.
Geht die mögliche Ampel-Regierung also genau die richtigen Sozialreformen an? So einfach ist es nicht, denn seit dem Bekanntwerden der Sondierungsergebnisse reißt die Kritik nicht ab. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger findet zwölf Euro Mindestlohn “brandgefährlich”, ver.di-Chef Frank Werneke prognostiziert angesichts der Rentenpläne schon mal steigende Rentenbeitragssätze. Und Arbeitsmarktexperte Enzo Weber, der die Abteilung Gesamtwirtschaftliche Analysen am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) leitet, fürchtet, dass durch die bisher bekannt gewordenen Pläne der Möchtegern-Koalition der Niedriglohnsektor vergrößert statt verkleinert wird.
Dabei sind die inhaltlichen Unterschiede zwischen SPD, Grüne und FDP in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gar nicht so groß, es gibt auf dem Papier sogar relativ viele Gemeinsamkeiten: Alle drei Parteien wollen die Grundsicherung reformieren, mehr Menschen aus der Armut holen und das Rentensystem stabilisieren. Wenn es allerdings um die konkrete Ausgestaltung des Kompromisses geht, ist das Ergebnis relativ unambitioniert.
Quelle: Zeit Online - FDP-Manier: Brüderles Feldzug gegen “Tarifzwang” in der Pflege
Heimbetreiber ziehen vor Gericht, um die Pflicht zu Tariflöhnen in der Pflege zu verhindern. Treibende Kraft ist dabei auch ein Ex-Minister mit FDP-Parteibuch
Vor einer “humanitären Katastrophe” in der Alten- und Krankenpflege hat Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Samstag gewarnt. Die Pflege sei am Limit und aktuell laufe Deutschland sehenden Auges in die Katastrophe. Es führe kein Weg daran vorbei, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Damit meinte er nicht nur für höhere Löhne, sondern für bessere Arbeitsbedingungen.
Es steht außer Zweifel, dass sich die Branche etwas einfallen lassen muss, denn nach wie vor herrscht erheblicher Personalmangel. Gute Löhne gelten als ein Hebel, mit dem die Pflegeberufe wieder attraktiv werden sollen. Doch die wollen viele private Pflegeanbieter partout nicht zahlen.
Der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich beim letzten Deutschen Pflegetag noch selbst gefeiert: Er habe durchgesetzt, dass private Pflegeanbieter ab September 2022 nur noch Geld von den Pflegekassen bekommen, wenn sie an einen Tarifvertrag gebunden sind oder nach kirchlichen Regeln entlohnen. Doch damit sind die Privaten nicht einverstanden und ziehen vor Gericht. Darüber berichtete das Handelsblatt am Dienstag.
Quelle: Telepolis - Auf keinen Fall höhere Löhne: Die Ampel und die Rente
Was bringt die Ampel? Das Sondierungspapier liefert erste Anzeichen dafür, und die sind nicht erfreulich. Als Beispiel hier die Vorschläge, die die Rente betreffen. Dass nicht weiter gekürzt wird, ist schon der Gipfel der rot-grün-gelben Gnade. Die weiteren Ideen sind verheerend.
Sozial wird das nicht mit der Ampel, so viel steht schon einmal fest. Eine kleine Erhöhung des Mindestlohns und ein wenig Etikettentausch – aus Hartz IV mach’ Bürgergeld und aus Kindergeld und der Hartz IV-Zahlung für Kinder eine Kindergrundsicherung –, ansonsten aber die unerbittliche Herrschaft der Schuldenbremse, bei gleichzeitiger Erhöhung des Rüstungshaushalts. Das ist, was das Sondierungspapier ankündigt.
Bei den Renten ist der Höhepunkt schon damit erreicht, dass das im europäischen Vergleich skandalös niedrige deutsche Rentenniveau nicht weiter abgesenkt werden und das Renteneintrittsalter nicht weiter erhöht werden soll.
Nur als kleine Erinnerung an all jene, denen die Funktion des Renteneintrittsalters noch nicht klar ist – es wirkt sich vor allem als Rentenkürzung auf die vielen aus, die vorzeitig in Rente gehen müssen. Und es verschiebt dank der Tatsache, dass ärmere Deutsche eine deutlich geringere Lebenserwartung haben als wohlhabende, die Rentenbeiträge der Armen zu den Rentenzahlungen an die Wohlhabenden.
Heute schon stirbt jeder Fünfte vor Erreichen des Rentenalters; und das sind eher nicht die Besserverdienenden. Die Tatsache, dass die Hälfte der Renten unter 800 Euro liegt, mag man schon gar nicht mehr wiederholen. Eines der größeren sozialen Probleme wird jedenfalls nicht angetastet werden.
Quelle: Dagmar Henn auf RT DE - Arbeitswelt: Deutsche wollen früh in den Ruhestand
Viele Berufstätige halten sich für geistig und körperlich nicht in der Lage, bis zum Rentenalter zu arbeiten – und fürchten sich gleichzeitig vor Geldnot im Alter. […]
“Die Ergebnisse zeigen, dass wir nicht ausreichend auf den demografischen Wandel vorbereitet sind”, sagt Frank Böhringer vom Demographie Netzwerk von Firmen und Institutionen, das die Befragung beauftragte. “Wir brauchen ernsthaft eine Debatte, wie und wovon Leute im Alter leben sollen.” Die Daten demonstrieren, wie populär die Position von SPD, FDP und Grünen ist, die für eine Ampel-Regierung eine weitere Erhöhung des Rentenalters ausschließen.
Aufschlussreich ist, wie die Befragten sich selbst sehen. Drei Viertel der Berufstätigen halten sich für geistig und körperlich nicht in der Lage, bis zum Rentenalter 67 oder länger zu arbeiten. Die meisten ziehen die Grenze schon bei 65. Von den Arbeitern glauben 90 Prozent, dass es unter den bisherigen Umständen nicht länger geht. [….]
Anders würden es die Berufstätigen einschätzen, wenn sich etwas an ihrem Job ändern würde. So gab mehr als die Hälfte der Arbeiter an, sie wollten länger arbeiten, wenn die körperliche Belastung und der Stress reduziert würden. Weitere Motivationsfaktoren quer durch alle Berufstätigen: flexiblere Arbeitszeiten, mehr Gehalt und Wertschätzung durch Vorgesetzte. Nur jeder Vierte wäre durch gar keine Verbesserung zu motivieren, länger zu arbeiten.
“Will man Menschen länger im Erwerbsleben halten, müssen die Arbeitsbedingungen vielerorts verbessert werden”, schließt Hans Martin Hasselhorn von der Universität Wuppertal. “Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für Politik und Firmen. Nach unseren Berechnungen hat jeder dritte Babyboomer in Deutschland schlechte Arbeit.” Das dürfe nicht länger toleriert werden, findet der Arbeitswissenschaftler.
Quelle: SüddeutscheAnmerkung André Tautenhahn: Auch für die Wissenschaft gilt, was Albrecht Müller gestern schrieb: „Und es wird sichtbar, dass die Koalitionäre nicht einmal wahrnehmen, was man sich an Erkenntnissen in den letzten Jahrzehnten auf den Fußsohlen abgelaufen hat: der demographische Wandel ist nichts Neues. Es gibt ihn schon seit mehr als einem Jahrhundert. Und es ist überhaupt nicht neu, dass tendenziell eine geringere Zahl von arbeitsfähigen Personen für die Rentner- und Kindergeneration arbeiten und aufkommen muss. Die steigende Arbeitsproduktivität hilft dabei, den Generationenvertrag zu erfüllen.“
- Aktionswoche “Armut bedroht alle”: Armutszeugnis
Es geht um etwa ein Fünftel der Bevölkerung, um RentnerInnen, Kinder und Jugendliche, Alleinerziehende. Sie kommen finanziell mehr schlecht als recht durch ihr Leben und sind oft sozial ausgegrenzt. Eine landesweite Aktionswoche im Südwesten macht darauf aufmerksam, doch das Interesse ist dürftig.
Quelle: Kontext Wochenzeitung - Einspruch Exklusiv: Böser Schein des Bundesverfassungsgerichts?
Der Befangenheitsantrag dreier Beschwerdeführer gegen mehrere Verfassungsrichter wurde abgelehnt. Die Begründung hierfür wirft jedoch mehrere Fragen auf. Ein Gastbeitrag. […]
Diese Entscheidung, die einen äußerst sensiblen Punkt im justiziellen Gefüge des Rechtstaats betrifft, ist vor allem deshalb erschreckend, weil sie auf Tatsachenbehauptungen beruht, die mit den offiziellen Unterlagen der Bundesregierung kaum in Einklang zu bringen sind. Schon bei dem Titel „Entscheidung unter Unsicherheiten“ drängt sich jedem, der nicht die letzten anderthalb Jahre auf dem Mond verbracht hat, ein Bezug zur Corona-Politik auf. Deshalb ist es keine Überraschung, dass auch Justizministerin Lambrecht in einer Vorlage ihres Hauses zur Vorbereitung auf das Abendessen den deutlichen Hinweis erhielt: „Hauptanwendungsfall dieser Thematik ist die Bewältigung der Corona-Pandemie.“ Folgerichtig eröffnete die Ministerin ihren Vortrag laut Manuskript mit den Worten: „Das Thema ‚Entscheidung unter Unsicherheiten‘ ist abstrakt. Aber es stellt sich uns in letzter Zeit ganz konkret vor allem beim Umgang mit der Corona-Pandemie. Ich will es deshalb offen aus dieser Perspektive heraus behandeln, ohne künstlich zu abstrahieren.“ Dementsprechend sind auch die Aussagen im Redemanuskript keineswegs abstrakt und zeitlos, sondern ausdrücklich und weitgehend ausschließlich auf die Corona-Politik und – wie vom Gerichtspräsidenten gewünscht – auf deren Kontrolle durch die Justiz bezogen. Eine Kontrolle, die aus Sicht der Bundesregierung wohl nur sehr eingeschränkt stattfinden soll. Da hilft es auch nichts, dass die Ministerin ihrem Referat laut Manuskript den recht ungelenken Hinweis voranstellte, man könne ja nicht über anhängige Verfahren sprechen. Ob in all dem der Versuch einer gezielten Einflussnahme der Bundesregierung auf das Bundesverfassungsgericht liegt, wie Kyrill-Alexander Schwarz von der Universität Würzburg meint, spielt dabei eigentlich keine Rolle. Denn das ist ja gerade nicht Voraussetzung, um den bösen Schein der Befangenheit zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, dass das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung sehenden Auges Gelegenheit gab, hinter verschlossenen Türen ihre Rechtsauffassung zu Corona-Schutzmaßnahmen zu erläutern, die in der Öffentlichkeit wie auch der Fachwelt zum Teil äußerst umstritten sind.
Quelle: FAZ - Corona-Pandemie: Virologen und Pädagogen müssen gleichermaßen gehört werden
Mit der hohen Evidenz der Schutzwirkung und Ausbreitungsminimierung von Mund-Nasen-Bedeckungen ist freilich noch nicht die Frage beantwortet, ob Nebenwirkungen und Belastungen bei Kindern und Jugendlichen nicht den Nutzen überwiegen.
Wie zuvor erwähnt, zu den eventuellen Nebenwirkungen gibt es keine Untersuchung, die “belastbare” Ergebnisse zeigt. Eine solche Untersuchung wäre für schulpolitische Konzepte, die sowohl den Anspruch der Kinder auf Gesundheitsschutz als auch auf Wohlbefinden berücksichtigen, dringend notwendig.
Hierbei sollten vorwiegend die Betroffenen selbst, Schülerinnen und Lehrerinnen, herangezogen werden, nicht nur Außenstehende. Bei der freien Universität Herdecke/Witten sind “Corona-Kinder”-Studien in Gange, auch zum Maskentragen, mit einem “deutschlandweiten Register zur (Auswirkung der) Mund-Nasen-Bedeckung bei Kindern”. Das Register nimmt die Daten einer Befragung von Eltern, Lehrern und Ärzten auf.
Bisher wurden nur partielle Ergebnisse der freiwilligen und standardisierten Online-Befragung veröffentlicht – die Aussagen von Eltern. 68 Prozent von ihnen geben an, dass Kinder über Beeinträchtigungen durch das Maskentragen klagen.
Quelle: Telepolis - Corona-Ausbruch nach Clubnacht im Berghain
Anfang Oktober feierte der wohl bekannteste Club Berlins seine Wiedereröffnung. Nun wurde bekannt, dass sich in der Nacht im Berghain zahlreiche Menschen mit Corona infiziert haben – trotz aller Vorkehrungen.
Quelle: T-OnlineAnmerkung André Tautenhahn: Das überrascht kaum und unterstreicht noch einmal, wie wenig Sinn es hat, Zugangsbeschränkungen mit der Begründung zu verhängen, dass die eine Gruppe zur Verbreitung des Virus beiträgt und die andere nicht. Das ist objektiv falsch. Alle tragen zur Verbreitung auch weiterhin bei und die natürliche Durchseuchung ist etwas, worauf sich auch alle einstellen müssen. Die politische Kommunikation hat an diesem Punkt völlig versagt. Öffnungen bedeuten eben immer, dass man Infektionen bewusst zulässt, unabhängig vom Impfstatus. Das hätte man früher klarmachen müssen. Stattdessen wird aber mit dem Gerede von einer „Pandemie der Ungeimpften“ gesellschaftliche Spaltung betrieben, wie bei den unvernünftigen Jugendlichen, den Reiserückkehrern, den Glühweintrinkern und den Rodlern zuvor. Deshalb ist ein Land wie Dänemark bei der Pandemiebekämpfung auch erfolgreicher. Hier ist durch eine ehrlichere Politik Vertrauen entstanden. In Deutschland wird dagegen mit absurden Regeln, fragwürdigen Begründungen und haltlosen Unterstellungen nur herumgekaspert.
- Neue Steueraffäre: Auch in Frankfurt ermittelt die Staatsanwaltschaft
Haben Berater für Millionäre künstlich die Steuerlast kleingerechnet und so systematisch den Fiskus belogen? Der Umfang der jüngsten Steueraffäre ist größer als bislang bekannt. […]
Mutmaßliche Steuervergehen wie diese kosten den Fiskus jedes Jahr Milliarden Euro. Wie viele genau, ist schwer zu schätzen. Kai Bussmann, Steuerexperte und Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Halle-Wittenberg, rechnet mit 80 bis 150 Milliarden pro Jahr – plus x. Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, geht von 50 Milliarden Euro aus, die jährlich an den Finanzämtern vorbei geschleust werden. Weitere 50 Milliarden pro Jahr entgingen dem Staat durch Steuervermeidung.
Genauere Zahlen sind kaum zu bekommen. Geld, das Steuerschuldner abzweigen und das folglich nie in der Staatskasse landet, lasse sich nur schwierig zählen, sagt Steuerexperte und BWL-Professor Christoph Spengel. “In Deutschland laufen die Einnahmen bei den Landesfinanzbehörden rein und die Erstattung bei den Bundesbehörden raus”. Das, so Spengel, mache es “schwierig nachzuvollziehen, ob etwas fehlt”.
Quelle: Süddeutsche - Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte 150 Milliarden Euro Schaden
Mindestens 150 Milliarden Euro – so hoch ist laut ARD-Magazin Panorama der Schaden durch Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte weltweit. Auch in Deutschland verlor der Staat Milliarden. Kritiker meinen, Finanzminister hätten das unterbinden müssen.
Nach neuen Berechnungen beläuft sich der weltweite Schaden durch Cum-Ex, Cum-Cum und vergleichbare Betrugssysteme auf mindestens 150 Milliarden Euro. Dieses Geld ließen sich Banken und andere Finanzakteure “zurückerstatten”, obwohl sie entsprechende Steuern nie gezahlt hatten. Neben Deutschland und den USA wurden zwischen den Jahren 2000 und 2020 mindestens zehn europäische Staaten Opfer dieses Steuerraubzugs. Das haben gemeinsame Recherchen von 15 internationalen Medienpartnern ergeben, an denen in Deutschland Correctiv und das ARD-Magazin Panorama beteiligt waren.
Quelle: Tagesschau - Marktgesetze – Um jeden Preis
“Um jeden Preis” stemme sich Boris Johnson gegen die „Gesetze der Ökonomik“, kritisiert die Süddeutsche Zeitung in einem “Essay”. “Um jeden Preis” den Brexit kritisieren – und sei es mit einem Stück Propaganda – scheint die Devise des Essay-Autors gewesen zu sein. […]
Der ruchlose Kerl an der Spitze will einfach bei der nächsten Wahl „um jeden Preis“ wieder gewählt werden. Deshalb versucht Johnson dem „forgotten men“ weiszumachen, man könne gegen “ökonomische Gesetze” ein „levelling-up“ betreiben, indem man “höhere Löhne für britische Arbeiter” dekretiert. Zu was solche staatlichen Eingriffe in das Wunderwerk “des Marktes” führten, zeige nun die „Versorgungskrise“ in Großbritannien: Eine ausgewachsene Wirtschaftskrise, die belege, dass der Preis für die Abschaffung der Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Stagflation sei. Was nur zeige, dass Johnson zwar “den Unternehmen den ausgestreckten Mittelfinger zeigen”, aber “eben nicht die Gesetzte der Ökonomik ausschalten” könne.
Tatsächlich belegen solche Auslassungen, dass in den deutschen „Qualitätsmedien“ nicht nur eine marktfundamentalistische Ideologie obsiegt hat, sondern noch nicht einmal der Versuch unternommen wird, Kernaussagen auf ihre empirische Plausibilitität hin auch nur oberflächlich zu prüfen.
Quelle: Makroskop - Nach Gutsherrenart
Dirk Ippen ist ein Verleger, dem es schon immer mehr um Geld als um Inhalte ging. Nun hat er eine Enthüllungsgeschichte über Springer verhindert. Der Schaden ist groß, nicht nur für ihn. […]
Jetzt aber steht der stille und immer so zurückhaltende Medienmann plötzlich im grellen Licht der Öffentlichkeit, was ihm sicher gar nicht recht sein dürfte. Im Skandal um den an diesem Montag abgelösten Bild-Chefredakteur Julian Reichelt spielt Ippen eine zentrale Rolle. Denn es war das Rechercheteam “Ippen Investigativ”, das in den vergangenen Monaten viele exklusive Einzelheiten zur Causa Reichelt und zum angeblichen Machtmissbrauch im Medienkonzern Axel Springer zusammengetragen hatte. Doch Ippen selbst stoppte am vergangenen Sonntag die Veröffentlichung. Da gleichzeitig aber auch die New York Times berichtete, zog Springer-Chef Mathias Döpfner am Montagabend die Konsequenzen, Reichelt muss gehen.
Quelle: Süddeutsche - Wie die Medienvielfalt im Osten nach der Wende verschwand
Viele DDR-Medien reformierten sich 1989 von Grund auf. Trotzdem hatten sie keine Chance im neuen System. Ein Medienpolitiker blick zurück.
Von außen schien es unerklärlich: Medien, denen man vor Monaten nicht getraut hatte, wurden plötzlich massenhaft gelesen, gesehen oder gehört. Dabei hatte es in den Redaktionen nur wenige Veränderungen gegeben. Doch im Herbst 1989 reformierten sich viele DDR-Medien schnell und von innen heraus.
Linientreue Chefredaktionen wurde ab- und neue Chefredakteure von den Belegschaften demokratisch an die Spitze gewählt. Man gab sich Redakteursstatute, und jüngere Redakteur kamen schnell als Seiteneinsteiger in die Redaktionen. 1990 gründeten sich über 120 neue Zeitungen in der DDR. Doch was wurde aus dieser Vielzahl und Vielfalt? Die Medienpolitik unter Helmut Kohl ließ die Marktwirtschaft wirken. Große Westverlage übernahmen die SED-Bezirkszeitungen.
Wie neue Monopole, sogenannte Ein-Zeitungs-Kreise, entstanden und die Neugründungen aufgeben mussten, kann man in „Pressefrühling und Profit“ von Mandy Tröger nachlesen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde das etablierte BRD-System durchgesetzt. Die reformierten DDR-Programme hatten keine Chance. […]
Während man derzeit aus fast jedem Ereignis einen Jahrestag generiert, Veranstaltungen organisiert und darüber berichtet, lässt man die Reform der DDR-Medien bis heute unkommentiert.
Quelle: Berliner Zeitungdazu: Das Ende des DDR-Pressefrühlings: Wie dem Osten die Stimmen genommen wurden
Den Bürgern im Osten Deutschlands wird immer wieder vorgeworfen, dass sie die Demokratie nicht richtig verstehen und diese erstmal lernen müssten. Mandy Tröger, Kommunikationswissenschaftlerin und Ost-Berlinerin, sieht das anders. Im NachDenkSeiten-Interview spricht Tröger vielmehr von einer „demokratischen Desillusionierung“, die in den 1990er Jahren im Osten stattfand und die Gründe hat, die mit allzu gefälligen Erklärungen wenig zu tun haben. Eine „marktgetriebene Übernahme“ des Ostens habe stattgefunden – mit weitreichenden Auswirkungen bis heute. Tröger, die sich in ihrer Doktorarbeit mit dem „Pressefrühling“ in der DDR auseinandersetzt, zeigt im Interview, was sich in der Wende- und Nachwendezeit im Hinblick auf die Medienlandschaft abgespielt hat. Profitinteressen haben Entwicklungen hin zu einer wirklich freien, vielfältigen Presse schnell zunichte gemacht.
Quelle: NachDenkSeiten - Mit diesen Erzählungen wollen Facebook, Google & Co die Debatten über strengere Regeln für Internetplattformen beeinflussen
Mit Rekordausgaben für Lobbyarbeit wollen Facebook, Google, Amazon & Co strengere Regeln für Internetplattformen verhindern. Dabei steht ihnen nicht nur ein rekordverdächtiges Lobbybudget zur Verfügung. Mit einer geschickten Kommunikationsstrategie sollen die politischen Narrative rund um die Debatten über strengere Regeln für Internetplattformen beeinflusst werden.
Laut einer Lobbystrategie von Google, die bereits im Herbst 2020 an die Öffentlichkeit gelangte, soll so „die politische Debatte grundlegend geändert werden“ („reset the political narrative“). Solche Narrative (Erzählungen) stärken als Hintergrundrauschen die Lobbyarbeit an den konkreten Gesetzen. Erfolgreich vorgetragene Narrative sind sehr wirkungsvoll und werden darum nicht dem Zufall überlassen, wie das durchgesickerten Strategiepapier von Google eindrucksvoll zeigt.
Quelle: Lobby Control