Mitten in der heißen Wahlkampfphase musste Olaf Scholz im Finanzausschuss aussagen. Es ging um Missstände bei der Geldwäschebekämpfung – nicht die einzige Fehlleistung des Finanzministers. Das Timing hätte für die CDU kaum besser sein können. Während alle Welt über Olaf Scholz’ Fehler und Versäumnisse spricht, geraten die zahlreichen Affären der CDU und CSU aus dem Blickfeld. Das ist fatal, denn das, was sich Ursula von der Leyen, Julia Klöckner, Peter Altmaier und Andreas Scheuer geleistet haben, steht Scholz’ Fehlern keinesfalls nach – im Gegenteil. Die NachDenkSeiten haben die Fehlleistungen der Union während der letzten Legislaturperiode ausführlich begleitet. Von Jens Berger.
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Ursula von der Leyen, ihr „Buddy-System“ und die wohl katastrophalste Personalentscheidung Europas
Als Ursula von der Leyen das Verteidigungsministerium im Dezember 2013 von ihrem Amtsvorgänger Thomas de Maizière übernahm, war die Bundeswehr Medienberichten zufolge in einem desolaten Zustand. Um „frischen Wind“ ins Ministerium zu bringen, startete von der Leyen gleich nach ihrer Amtsübernahme ihr großes Reformprojekt. Heerscharen externer Berater zogen in den Bendlerblock ein. Fortan sah der unter von der Leyen um 20% gestiegene Verteidigungshaushalt jedes Jahr mehr als 250 Millionen Euro für die externen Berater vor. Doch das war nicht alles, es wurden auch Beraterdienstleistungen am offiziellen Budget vorbei vergeben.
Diese Verträge mit Tagessätzen von bis zu 1.700 Euro wurden offenbar in den meisten Fällen rechtswidrig ohne Ausschreibung und stets ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung vergeben. Der SPIEGEL sprach von einem „Buddy-System“, das sich unter hochrangigen Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums und externen Beratern herausgebildet hat. Am Ende flossen Milliardenbeträge von Steuergeldern wie in einer Bananenrepublik ohne parlamentarische Kontrolle in die Taschen von Beratern. Der Bundesrechnungshof kritisierte später rechtswidrige Beraterleistungen, freihändige Vergaben, fehlende Prüfungen und sonderbare Aufträge. Dabei wurde auch der Haushaltsausschuss getäuscht.
Als Folge des Bundesrechnungshofs-Urteils setzte der Verteidigungsausschuss des Bundestags einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein. Ein „Insider aus dem Umfeld ihres Hauses“ erstattete zudem Anzeige gegen Ursula von der Leyen. Verwertbare Beweise gegen die Ministerin konnten jedoch nicht gefunden werden, in Windeseile wurden alle für die Untersuchung relevanten Handydaten gelöscht, Akten unzulässig geschwärzt und Dateien vernichtet. Die weiteren Untersuchungen gegen von der Leyen mussten schließlich eingestellt werden, da sie als neue – nicht demokratisch vom Volk gewählte – EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel ging und sich so der parlamentarischen und strafrechtlichen Ermittlung entzog, wo eine ihrer ersten Amtshandlungen die Schaffung eines neuen Postens für ihren Berater war. Ihre desaströse Beschaffungspolitik im Verteidigungsministerium setzte Annegret Kramp-Karrenbauer nahtlos fort.
Dazu auf den NachDenkSeiten:
- 23. Februar 2018
Jens Berger – „Warum fordert eigentlich niemand Ursula von der Leyen zum Rücktritt auf?“ - 28. September 2018
Albrecht Müller – „150 Millionen jährlich für Berater, ein Skandal – und Frau von der Leyen wird zunächst trotzdem von den meisten Medien geschont“ - 26. Oktober 2018
Jens Berger – „Das System McLeyen bei der Bundeswehr – andere Minister sind schon für viel weniger vom Hof gejagt worden“ - 03. Juli 2019
Jens Berger – „Röslein, Röslein, Röslein schwarz – warum von der Leyen eine Katastrophe für Europa wäre“ - 17. Juli 2019
Albrecht Müller – „Zwei katastrophale Personalentscheidungen: von der Leyen und Kramp-Karrenbauer. Ein schwarzer Tag.“
Peter Altmaier und die verkohlte Energiewende
Für was braucht man Lobbyisten, wenn der oberste Lobbyist an der Spitze des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sitzt? Während seiner gesamten Amtszeit hat Peter Altmaier sein stattliches politisches Gewicht für die Belange der Großindustrie eingesetzt. Wenn ein Politiker maßgebliche Verantwortung am Stocken – andere sagen Scheitern – der Energiewende hat, dann ist es Peter Altmaier. Die ZDF-Sendung „Die Anstalt“ hat Altmaiers Wirken bei der Energiewende in einem empfehlenswerten Stück aufbereitet. Wer heute von schwarz-grüner Politik träumt, dem sei dieses Stück besonders ans Herz gelegt.
Auch in anderen Bereichen hat sich Altmaier stets als getreuer Partner der Großkonzerne präsentiert. So schaffte er es Seit’ an Seit’ mit den Großkonzernen, das so wichtige Lieferkettengesetz in einer Art und Weise umzuschreiben, dass es am Ende nahezu wirkungslos ist. Während der Corona-Maßnahmen-Krise erwies sich Altmaier als großzügiger Retter der Lufthansa, während er tausende Mittelständler im Regen stehen ließ. Sollte die CDU abgewählt werden, ist Altmaier sicherlich ein lukrativer Job bei einem Industrie- und Wirtschaftsverband sicher.
Dazu auf den NachDenkSeiten:
- 24. Oktober 2019
Jens Berger – „Die Energiewende stockt – dies ist ein politisches Versagen und ökologisches sowie ökonomisches Desaster“ - 05. Oktober 2020
Jens Berger – „Gerd Müllers politisches Vermächtnis“ - 22. Juni 2021
Albrecht Müller – „Glauben Sie, wir hätten eine Marktwirtschaft und lebten in einer Demokratie? (1)“
Julia Klöckner, der politische Arm der Lebensmittelkonzerne
Eine treue Partnerin der Konzerne ist auch die CDU-Ministerin Julia Klöckner. In jeder Frage, die sie während ihrer Amtszeit anging, schlug sie sich ohne mit der Wimper zu zucken auf die Seite der Großkonzerne. Egal ob es um den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, dem Kükenschreddern, den katastrophalen Haltungsbedingungen in der Schweinemast, der
betäubungslosen und deswegen extrem schmerzhaften Kastration von Ferkeln oder den Kampf gegen eine wirkungsvolle Lebensmittelkennzeichnung ging.
Klöckner brachte es sogar fertig, in einem Promo-Video den Nahrungsmittelkonzern Nestlé für die Reduzierung von Zucker-, Salz- und Fettgehalt seiner Lebensmittel über den grünen Klee zu loben – ein Etikettenschwindel vom Feinsten von der Frau, die als Ministerin auch für den Verbraucherschutz zuständig ist.
Dazu auf den NachDenkSeiten:
- Florian Schwinn – „Letzte Chance für die Agrarwende“
- Jens Berger – „Nicht der Verbraucher trägt die Schuld“
Andreas Scheuer, Versagen, Inkompetenz und Korruption
Es grenzt an ein Wunder, dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer überhaupt noch im Amt ist. Auch weltweit muss man wohl lange nach einem Minister suchen, der eine derart miserable Bilanz eingefahren hat. Was Scheuer angefasst hat, ging schief und kostet den Steuerzahler Milliarden. Für die von der CSU erträumte „Ausländermaut“ werden noch Generationen bezahlen und die von Scheuer verantwortete „Bundesgesellschaft zur Straßenverwaltung“ kann nur als einziges Debakel bezeichnet werden. Hunderte Millionen Euro wurden verbrannt … obgleich das natürlich falsch ist, da die Steuergelder ja nicht weg, sondern „lediglich“ nun auf den Konten der zahlreichen Beraterfirmen sind, die Scheuer engagiert hat.
Was der Mann anfasst, geht schief. Da kann man wohl fast von Glück reden, dass er während seiner Amtszeit zwei zentrale Themen lieber links liegengelassen hat – die so dringend nötige Stärkung des Öffentlichen Nah- und Fernverkehrs und die Schaffung einer Infrastruktur für die Elektromobilität.
Dazu auf den NachDenkSeiten:
- 28. Juni 2021
Ralf Wurzbacher – „Schamlos, würdelos, ferngesteuert. Ein Prosit auf den Scheuer Andi!“ - 16. April 2021
Ralf Wurzbacher – „100 Tage Chaos. Die neue Autobahn-GmbH beschert Ärger, Unsummen und Lust auf Profit.“ - 02. Februar 2021
Ralf Wurzbacher – „Andreas Scheuer: Bundesminister mit unbeschränkter Haftung“ - 06. November 2020
Ralf Wurzbacher – „Bundesministerium für Versagen und Inkompetenz (BMVI): Mit der Autobahn-GmbH versemmelt Andreas Scheuer das nächste Großprojekt“ - 18. Oktober 2019
Ralf Wurzbacher – „Beraten und verkauft: Scheuers Mautdebakel ist der Musterfall eines ferngesteuerten Politikbetriebs.“ - 25. September 2019
Ralf Wurzbacher – „Der Verkehrt-Minister: Im Hause Scheuer läuft alles schief wie geschmiert“ - 11. September 2019
Ralf Wurzbacher – „Bescheuert. Ein Minister macht Verträge ohne Rechtssicherheit und sichert so die Profite von Investoren.“ - 20. Juni 2019
Ralf Wurzbacher – „Die „Ausländermaut“ ist tot. Und wenn schon. Dann eben gleich die Maut für alle.“
C wie „C“orruption
Dies sind nur einige besonders schillernde Beispiele für die Korrumpierbarkeit der Partei(en) mit dem „C“ in ihrem Namen. Die Anstalt widmete dem Thema im Mai dieses Jahres sogar eine ganze Sendung, in der es von Masken-Affäre über Aserbaidschan-Connection bis hin zu den Korruptionsfällen Merz, Amthor, zu Guttenberg und Oettinger geht. Es gibt wohl keine Partei, bei der die Grenzen zwischen Korruption und Lobbyismus derart verschwimmen, wie bei der CDU.
So sehr man Olaf Scholz auch für seine Rolle bei den Cum-Ex-Geschäften oder der fast nicht vorhandenen Bekämpfung der Geldwäsche kritisieren muss, so wenig ist ausgerechnet die CDU eine Alternative. Denken Sie bitte daran, sollten Sie mit dem Gedanken spielen, dieser Partei Ihr Kreuz zu geben.