Ein Leser der NachDenkSeiten hat uns an dieses Stück aus der ZDF-Anstalt vom 29.4.2014 erinnert und dabei mit Recht von unabhängigem Journalismus gesprochen. Die Sendung hatte es in sich. Diesen Auszug von 6 Minuten und 14 Sekunden anzuschauen, lohnt sich. Da zeigen Claus von Wagner und Max Uthoff zum Einstieg, dass das EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen auch auf militärische Zusammenarbeit zielte. Das war die eigentliche Ursache für das Zerwürfnis mit Russland. Heute ist dieser Affront gegenüber Russland nahezu völlig vergessen und die Schuld wird dementsprechend auf Russland geschoben. Wagner und Uthoff zeigen dann, wie Deutschlands Top-Journalisten damals mit der Lobby für NATO, USA und Rüstungswirtschaft verflochten waren. „Waren“ ist falsch. Das ist immer noch so und vermutlich schlimmer geworden. Albrecht Müller.
In der Sendung von 2014 waren die Verknüpfungen einer Reihe von Journalisten mit Vorfeldorganisationen der USA, der NATO und der Rüstungswirtschaft an einer Tafel mit Karten und einem verbindenden Netz visualisiert worden. Das betraf folgende Journalisten:
- Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung
- Günther Nonnenmacher, FAZ bis Ende 2014
- Klaus-Dieter Frankenberger, FAZ
- Josef Joffe, Herausgeber der Zeit
- Jochen Bittner, Die Zeit
- Kai Diekmann, Bild-Zeitung
Die genannten Journalisten waren eng verbunden mit NGOs und anderen Organisationen, die man getrost Lobbyorganisationen nennen kann, darunter:
- Münchner Sicherheitskonferenz,
- The Aspen Institut,
- German Marshall Fund,
- Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik,
- American Council on Germany,
- Atlantikbrücke,
- The American Academy in Berlin,
- American Institute for Contemporary German Studies,
- Deutsche Atlantische Gesellschaft und
- Bundesakademie für Sicherheitspolitik.
Claus von Wagner charakterisiert und spitzt zu: Alle diese Vereinigungen haben auf sicherheitspolitische Fragen immer dieselbe Antwort: Mehr Rüstung. „Das sind sozusagen NATO-Versteher“. Man treffe sich in diesen Kreisen. Uthoff nennt diese Kreise „transatlantische Swingerclubs“.
Die genannten Journalisten sind/waren dort nicht nur als Journalisten tätig. Sie sind mit diesen Organisationen ideologisch verbunden und teilweise in die Organisation dieser Vereinigungen integriert.
An einem Beispiel, an Jochen Bittner, wird gezeigt, wie diese Verbundenheit dann seine Tätigkeit als Journalist entwertet. Bittner hatte an einer Rede des damaligen Bundespräsidenten Gauck für die Sicherheitskonferenz in München mitgearbeitet und dann über diese Rede als Mitarbeiter der Zeit berichtet bzw. kommentiert.
Die im April 2014 genannten Journalisten sind nicht mehr alle tätig und nicht in den gleichen Funktionen, aber die Mehrheit schon. Joffe ist nach wie vor Herausgeber der Zeit, Stefan Kornelius ist nach wie vor der Außenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung.
Die Enttarnung von 2014 hatte keinerlei Folgen für die genannten Personen. Es ist eher schlimmer geworden.
Am Beispiel von Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung kann man an einem aktuellen Beispiel zeigen, wie unberührt diese Lobbyisten der NATO und der USA ihr Geschäft weiterbetreiben.
Am 15.9.2021 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Kommentar von Stefan Kornelius:
Europa und die Wahl:
Die Welt hinter der Wahlurne
Kornelius lobt zuerst die deutsche Bundeskanzlerin und kommt dann auf ‚die beständige Wiederholung der Forderung aller Freunde und Verbündeten, dass dieses Deutschland “mehr tun” solle – wobei nicht nur eine beeindruckende Hilfszahlung an das Taliban-Afghanistan in Höhe von 100 Millionen Euro gemeint sein kann, sondern auch die militärische Führung beim Schutz eines Flughafens oder der Drohnenangriff auf eine Terrormiliz.‘ – Hier haben wir wieder die gängige Umdeutung des Debakels von Afghanistan in die Forderung für mehr Militär und mehr Rüstung.
Deutschland soll mehr tun, mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Das sind die Schlüsselworte für die forcierte Militär-Politik.
Am 13. und 14. September waren in der Süddeutschen Zeitung Berichte über ein Interview mit Annalena Baerbock erschienen, am 14. September sogar als Aufmacher auf der 1. Seite.
Mit beiden Artikeln wird die Botschaft vermittelt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei wegen ihrer mangelnden Handlungsfähigkeit in der Außenpolitik nicht möglich sei. Hier wird Stimmung für NATO und Militär gemacht und zugleich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP oder die Koalition aus CDU, Grünen und FDP vorbereitet. Und die Linkspartei wird weiter so stigmatisiert, dass auch der SPD der Weg in die Zusammenarbeit mit der Linkspartei verbaut sein wird. Das ist auch ganz im Sinne eines Großteils der führenden Sozialdemokraten.
Fazit: Das Beispiel Kornelius – aber nicht nur dieses – zeigt, dass die Information und Aufdeckung der Verbindungen von Journalisten zu Lobbyorganisationen und sogar zur Rüstungswirtschaft ihrer Karriere und ihrem Einfluss keinen Abbruch tun. Die Chance, aufzuklären, und die Chance, für eine Politik des Friedens und der Verständigung zu werben, ist nicht gewachsen. Sie ist in den letzten Jahren eher geschrumpft. Das wird schon daran sichtbar, dass die damaligen Aufklärer in der Anstalt des ZDF heute mit einem solchen glasklaren Stück nicht mehr in Erscheinung treten.
Resignation? Trotz allem nicht! Wir haben keine andere Wahl.