In der „größten Gesundheitskrise“ ist Gesundheit praktisch kein Thema. Statt über ihren Erhalt, über Prävention zu reden, darüber, wie man einer Corona-Infektion vorbeugen oder einen schweren Krankheitsverlauf verhindern kann, verordnen die Lockdown-Missionare „Therapien“, die nur mehr Leid und Schaden anrichten. Als Psychoneuroimmunologe plädiert Christian Schubert von der Medizinischen Universität Innsbruck für eine ganzheitliche Medizin, die Körper und Geist als Einheit und seelisches Wohlbefinden als Schlüsselfaktor für ein starkes Immunsystem begreift. Dagegen zehrten pausenlose Angst und Panik die natürlichen Abwehrkräfte aus. Im Interview mit den NachDenkSeiten beklagt der gebürtige Oldenburger die „desaströsen“ Folgen einer Krisenpolitik, die auf ein Virus stiert und darüber den Menschen übersieht. Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.
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Zur Person: Christian Schubert, Jahrgang 1961, ist Arzt, Klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe sowie Psychotherapeut an der Klinik für Medizinische Psychologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Dort hat er 1996 das Labor für Psychoneuroimmunologie (PNI) gegründet. Seit 2005 leitet er außerdem die diesbezügliche Arbeitsgruppe des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (DKPM). Bis vor kurzem war er Vorstandsmitglied der Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin (AIM). Neben einer Vielzahl an Beiträgen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften waren zuletzt im Dezember 2020 von ihm erschienen: „Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren: Gesundheit und Krankheit neu denken.“ sowie im August 2016: „Was uns krank macht – was uns heilt: Aufbruch in eine neue Medizin.“
Interview:
Herr Schubert, Ihr Buch „Was uns krank macht, was uns heilt“ haben Sie bereits vier Jahre vor Beginn der Pandemie geschrieben. Gefragt vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen der zurückliegenden 16 Monate: Macht die Corona-Krise auch Menschen krank, die gar nicht vom SARS-CoV-2-Virus befallen sind?
Ja, ich denke, das kann passieren. Ich habe die Ereignisse rund um Covid-19 von Beginn an aus einem medizinisch erweiterten, biopsychosozialen Blickwinkel betrachtet. Aus der Forschung wissen wir, dass sich Pandemien auch auf der psychologischen Ebene abspielen und Wirkung erzielen. Man darf ein Virus nicht als eine rein biologische Entität begreifen. Je mehr es in unser Bewusstsein drängt, desto rascher lädt es sich zu einem Symbol auf. Dementsprechend wird in der Wissenschaft der Begriff der psychologischen Pandemie verwendet. Wir können davon ausgehen, dass mit dem unablässigen medialen Erscheinen von Zahlen und Bildern von Kranken und Toten Informationen auf uns eindrängen, die mithin ansteckender sein können als der Erreger selbst.
Mit „ansteckender“ meinen Sie, dass sich die Anfälligkeit, zu erkranken, mit der durch Bilder und Zahlen induzierten Angst erhöht?
Exakt. Das Symbol des „Killervirus“ verbreitet Angst und Panik und das löst Immunsuppressionen aus. Das heißt, dass Immunreaktionen, die vor einer Infektion schützen, unterdrückt werden. Das ist wissenschaftlich sehr gut belegt.
Gibt es bereits dahingehende Belege mit Blick auf die Corona-Krise?
In der Tat zeigen erste Forschungsergebnisse, dass das Risiko, sich an SARS-CoV-2 zu infizieren, bei Menschen, die traumatische Lebensereignisse mitmachten, signifikant erhöht ist. Traumata und andere Angsterfahrungen sind Vulnerabilitätsfaktoren, die auch bei der Prognose, ob und wie ein Patient eine Covid-19-Erkrankung übersteht, eine gewichtige Rolle spielen dürften.
Und das ist nicht nur eine Vermutung?
Nein, auf dem Gebiet wird eifrig geforscht. Zum Beispiel zeigt eine aktuelle Studie des US-amerikanischen Centers for Disease Control und Prevention (CDC) diese Zusammenhänge auf. Die Autoren kommen darin zu dem Schluss, dass Angst- und angstbezogene Störungen der zweitstärkste Risikofaktor – nach Fettleibigkeit – sind, an Covid-19 zu versterben. Sie gehen vor dem Hintergrund ihrer Daten sogar davon aus, dass bei manchen Patienten die Entwicklung von Angst während der Erkrankung zum Tod geführt haben könnte.
Gibt es auch Forschungen zur Frage, ob Menschen in Reaktion auf die allgemeine, von Politik und Medien befeuerte Panik erkrankt sind, womöglich an Covid-19 selbst, aber auch an anderen körperlichen Leiden?
Das ist mir nicht bekannt und so eine Frage beißt sich auch eklatant mit der konventionellen Denkweise der Schulmedizin. Längst wissen wir aber: Das Schüren von Angst und Panik rund um Covid-19 machte Menschen psychisch krank. Die Fakten lassen sich ja nicht leugnen: Wir verzeichnen für die vergangenen 16 Monate eine massive Zunahme an Angst- und Depressionserkrankungen, Zwangs- und Essstörungen, suizidalen Handlungen, Traumatisierungen und vielem mehr. In Österreich haben sich die Zahlen an Menschen mit Angststörungen und depressiven Beschwerden seit Beginn der Krise verfünf- bis versechsfacht.
Wenn man nun psychoneuroimmunologisch denkt, also Psyche und Immunsystem als untrennbar annimmt, können wir davon ausgehen, dass bei den Betroffenen immunologische Defizite greifen, die unter anderem auch die Anfälligkeit für körperliche Erkrankungen, insbesondere Entzündungserkrankungen, erhöhen. Der Weg führt über eine chronische psychische Überlastung, eine chronische Immunstörung hin zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit und möglicherweise Mortalität.
Unterstellen wir den politischen Entscheidungsträgern zunächst einmal, nur das Beste für die Bevölkerung gewollt zu haben, gerade in der Frühphase der Krise, als über das SARS-CoV-2-Virus noch wenig bekannt war. War es vielleicht das Kalkül der Regierungen, die Menschen durch das Verbreiten von Angst und Panik vor dem Schlimmsten, einer Killerseuche außer Kontrolle, zu schützen?
Kann schon sein. Aber wir wissen ja, dass akute Angst Menschen mobilisieren und eine „Fight-or-Flight“-Reaktion auslösen kann. Man stellt sich dem Feind oder man ergreift die Flucht. Beides sind evolutionsbiologisch gewachsene Überlebensprinzipien, die mit Hilfe des Sympathikus psychoorganisch durchschlagen. Wir werden wachsamer und konzentrierter, unser Organismus verfügt kurzfristig über mehr Energieressourcen, der Herzschlag wird beschleunigt, wir atmen schneller und flacher, die Muskelspannung nimmt zu, wir haben eine erhöhte Blutgerinnungsneigung für den Fall einer Verletzung, wir erleben einen Immunboost, das Immunsystem rüstet sich gegen etwaige Verwundungen.
Diese Idee, durch Erzeugung von Angst Wachsamkeit und Gespanntheit zu stimulieren, um die Menschen zum Selbstschutz zu animieren, könnte also durchaus politisch handlungsweisend gewesen sein in den ersten Wochen der Krise. Im Falle einer kurzfristigen Anwendung erscheint mir ein solches Vorgehen sogar nachvollziehbar. Nur scheint es so, als hätten die Entscheider keinen blassen Schimmer von der verheerenden Wirkung von Stress und Angst, sobald sie chronisch werden. Dann nämlich tritt der genau gegenteilige Effekt ein: Die Menschen werden schwächer, verwundbarer und büßen ihre Widerstandskraft ein.
Nun ist diese Schockstrategie, wie sie etwa in diesem unsäglichen Panikpapier des Bundesinnenministeriums dokumentiert ist, auch von Virologen und Medizinern entwickelt worden. Hat sich die Bundesregierung falsch beraten lassen?
Auf alle Fälle. Die Schulmedizin ist wegen grundlegender erkenntnistheoretischer Irrtümer komplett falsch aufgestellt. Sie neigt zu Paradoxien, aktuell zu der, Menschen durch Lockdowns, AHA-Regeln, Isolation und Maskentragen dazu bringen zu wollen, sich vor dem Virus zu schützen. Wer so etwas verordnet, denkt dualistisch, indem er die Psyche vom Körper abspaltet, und provoziert mit seiner technisch-mechanistischen „Therapie“ massive Schäden für das Immunsystem: angefangen beim psychischen Stress, der in Angststörungen und Depressionen münden kann, über die sozialen Langzeitfolgen im Falle des Jobverlusts oder die Einsamkeit, in die man die Menschen zwingt. Für mich ist es deshalb kein Zufall, dass gerade in Bayern mit seinem lange Zeit besonders scharfen Lockdown die Inzidenzen immer mit am höchsten waren.
Sie meinen, der Grad der Panikmache lässt sich an den Fallzahlen ablesen?
Ich denke, es gibt hier einen Zusammenhang. Betrachtet aus einer medizinisch ganzheitlichen Perspektive steht außer Frage: Versetzt man Menschen in Angst und Schrecken und jagt ihnen Schuldgefühle ein, etwa dass das Enkelchen die Oma anstecken könnte, wenn es ihr zu nahe kommt, dann wird es mehr Erkrankungen geben.
Apropos: Sind Kinder und Jugendliche noch einmal anfälliger gegenüber äußerlichen Stressreizen, wie sie seit Monaten auf sie einwirken?
Nicht grundsätzlich. Bei einer soliden Resilienz und intakten familiären Strukturen kommen Heranwachsende gut und weitgehend unbeschadet durch die Krise. Anders steht es um Kinder, deren Eltern selbst verängstigt sind und ihre Angst täglich vorleben, die unter sozialem Druck stehen, die um ihren Job bangen oder schon arbeitslos geworden sind. Diese Kinder dürften über weniger Resilienz verfügen und damit besonders betroffen sein. Ich vermute, dass sich hier vielfach innerfamiliäre Dramen abgespielt haben.
Manch ein Zeitgenosse wird das, wofür Sie stehen, für esoterischen Firlefanz halten. Was entgegnen Sie?
Ich drehe den Spieß um: Ich unterstelle all denen Unwissenschaftlichkeit, die eisern an der schulmedizinischen Glaubenslehre festhalten, wonach Körper und Psyche nichts miteinander zu tun hätten, beziehungsweise die Verbindung zwischen beiden nicht relevant sei.
Ein zentraler Befund Ihrer Disziplin ist: Das menschliche Immunsystem ist lern- und ausbaufähig und das seelische Wohlbefinden dabei der entscheidende Faktor. Zur Veranschaulichung der Prozesse ziehen Sie gerne ein Brausebonbon zu Rate. Erklären Sie das bitte.
Das Experiment mit dem Pawlowschen Hund ist ja allgemein bekannt. Man gibt dem Tier Futter, regt damit den Speichelfluss an. Danach bringt man neben dem Futter ein Glöckchen ins Spiel, dessen Klang schlussendlich – auch ohne Futterdarbietung – den Speichel zum Fließen bringt. Eine Anfang der 1990er-Jahre durch eine Arbeitsgruppe um die Psychoneuroimmunologin Angelika Buske-Kirschbaum veröffentlichte Studie hat den Nachweis erbracht, dass sich auf vergleichbare Weise das menschliche Immunsystem konditionieren lässt. Dabei wurde Medizinstudenten mit einer Spritze Adrenalin zugeführt, was zu einer Zunahme an Killerzellaktivität im Blut führte. Zusätzlich hat man den Probanden zeitgleich mit der Spritze und über mehrere Tage hinweg ein Brausebonbon verabreicht und so eine Kopplung zweier Reize herbeigeführt. Am Ende reichte einzig das Brausebonbon, um die natürlichen Killerzellen zu aktivieren. Das Immunsystem hat also über seine Verschaltung mit dem Gehirn gelernt, dass die Brause die Adrenalinquelle ist oder sein könnte – was eine sensationelle und wegweisende Erkenntnis ist.
Pharmaindustrielle dürften das anders sehen. Wenn eines schönen Tages Placebos und gute Laune die Gesunderhaltung der ganzen Bevölkerung regeln, hätten Bayer, Roche und Sanofi schlechte Karten …
So einfach liegen die Dinge natürlich nicht, wenngleich eine ganzheitliche Medizin durchaus ein riesiges Potenzial hat, eine nachhaltige Gesunderhaltung der Menschen zu befördern. Und natürlich könnte das, sofern der politische Wille da wäre, alternativmedizinische Ansätze in großem Stil zu fördern, der Pharmaindustrie arge Kopfschmerzen bereiten. Als Psychotherapeut weiß ich aber, dass ein bisschen gute Laune allein noch keinen gesunden Menschen macht. Wenn schwere psychische Vorbelastungen im Spiel sind, braucht es andere Therapien als die Zugabe eines Placebos. In solchen Fällen plädiere ich dann aber eher für eine Psychotherapie anstelle einer medikamentösen Behandlung.
Nun gibt aber gerade die Corona-Krise wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Schulmedizin und die Pharmalobby alsbald den Rückzug antreten könnten. Im Gegenteil: Besser hätte es sie kaum treffen können, oder?
In der Tat steuern wir momentan in Richtung einer noch zynischeren und menschenfeindlicheren Medizin mit ihren erkenntnistheoretischen Irrtümern Dualismus, Reduktionismus und Mechanizismus, um nur einige zu nennen. Als wäre die Entwicklung nicht bisher schon schlimm genug gewesen, wird die Situation weiter pervertiert. Durch Digitalisierung, Robotik und transhumanistische Spinnereien von der Verschmelzung von Mensch und Computer wird die Dehumanisierung und Entfremdung zwischen Arzt und Patient auf die Spitze getrieben.
Wo bleibt bei Ihrer Aufzählung die Impfung? Die globale Massenvakzinierung dürfte kaum nach Ihrem Geschmack sein.
Da haben Sie recht, doch überraschen tut es mich nicht, denn eigentlich ist das typisch für die Schulmedizin und ihr Maschinenmenschenbild. Dieses Impfdogma, dieser Schrei nach künstlicher Infektion ist purer Reduktionismus. Lieber verpasse ich jemandem eine Spritze, als dass ich ihn auf eine natürliche Infektion vorbereite. Und wer sich nicht impfen lassen will, dem wird mit Freiheitseinschränkung gedroht. Wie unmenschlich, wie unnatürlich.
Dabei müsste es genau so laufen, wie es vor Corona mit jedem viralen Erreger gelaufen ist: Wenn sich Menschen natürlich anstecken, gerade die große Mehrheit derer, für die das Virus keine besondere Bedrohung darstellt, dann kommen wir am schnellsten und besten aus der Krise heraus. Beim Aufbau einer natürlichen Herdenimmunität sind gerade Kinder und Jugendliche unsere besten Freunde, ihnen kann SARS-CoV-2 praktisch nichts anhaben. Was geschieht stattdessen? Wir machen monatelang die Schulen dicht und verhindern die Verbreitung des Virus unter Menschen mit intaktem Immunsystem. Und jene, die wir damit vermeintlich schützen wollen, sterben in den Pflegeheimen, auf die wir aber monatelang nicht gesondert aufgepasst haben.
Dazu kommen die Defizite der Impfung gegen SARS-CoV-2 selbst. Denn dabei werden dem Körper genetische Informationen zugeführt, die für nur wenige virale Antigene kodieren. Bei den derzeit zugelassenen Impfstoffen ist es das Spike-Protein. Der Impfschutz richtet sich also nur gegen einen Teil des Virus. Was, wenn weitere Mutationen den Impfstoff immer weniger wirksam machen? Wenn wir nicht ganzheitlich, also in seiner vollen Beschaffenheit mit dem Virus konfrontiert sind, wie das bei einer natürlichen Infektion geschieht, liegt es nahe, dass der sogenannte Schutz immer wieder erneuert, also aufgefrischt werden muss. Dahinter stehen sicher auch ökonomische Interessen. Ein gigantischeres Geschäft ist kaum vorstellbar.
Das nach dem Willen der Bundesregierung auch auf Kinder und Jugendliche ausgeweitet werden soll. Ihr Urteil?
Der Paragraph 42 des österreichischen Arzneimittelgesetzes besagt unmissverständlich, dass ein Arzneimittel nur verabreicht werden darf, wenn der mit der Einbeziehung in die klinische Prüfung verbundene Nutzen für den Prüfungsteilnehmer das Risiko überwiegt und wenn im Zweifel die Interessen des Patienten stets über den öffentlichen Interessen und den Interessen der Wissenschaft stehen. Kinder mit einem unerforschten Impfstoff zu impfen, erfüllt daher den Straftatbestand der Körperverletzung und wäre, angesichts eines Virus, das für Heranwachsende völlig harmlos ist, ein Verbrechen.
Auffällig an der, wie es heißt, „größten Gesundheitskrise“ ist, dass die Bundesregierung und ihre Berater in der ganzen Zeit praktisch kein Wort zur Förderung der Gesunderhaltung und Krankheitsvorbeugung verloren haben. Es geht immer nur um die Abwehr von Krankheit …
Deswegen würde ich auch nicht von der größten Gesundheitskrise sprechen, die wir je erlebt haben. Wir erleben die bisher größte Krise der westlichen Medizin. Anstrengungen dahingehend, die Psyche und das Immunsystem des Menschen in Einklang zu sehen, um damit der Pandemie zu begegnen, haben überhaupt nicht stattgefunden. Nie zuvor hat die Medizin mit größerer Offenheit gezeigt, wie wenig Interesse sie in Wirklichkeit am Menschen an sich hat.
Ein Beispiel unter vielen: In jüngerer Zeit wurden etliche Studien zur Wirksamkeit von Vitamin D zur Vorbeugung und Behandlung von Covid-19 publiziert. In einem Altersheim im schweizerischen Elgg gab es im Herbst 2020 einen großflächigen Corona-Ausbruch, aber keiner der Infizierten erkrankte schwer oder starb. Offenbar hatte die Beigabe von Vitamin D in vergleichsweise hoher Dosis Schlimmeres verhindert, was als „Wunder von Elgg“ durch die Presse ging. Trotzdem hat man zum Thema Vitamin D von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nie etwas vernommen. Grenzt das nicht an unterlassene Hilfeleistung?
Sollte es Herr Spahn wirklich gut mit uns meinen, dann müsste er sich von seinen falschen Ratgebern trennen. Das sind Maschinenmediziner wie Christian Drosten, Lothar Wieler oder Karl Lauterbach, die in ihren Laboren kleingeistern, plötzlich zu „Staatsmännern“ mutiert sind, aber nicht viel von sozialen Beziehungen und Gemeinwohl verstehen. Wollten sie sich zum ersten Mal wirklich sozial verantwortlich verhalten, müssten sie einfach nur den Mund halten. Würde sich Herr Spahn mit Psychologen, Kinderärzten, Soziologen, Stress- und Bildungsforschern umgeben, hätte es nie einen Lockdown gegeben.
Wären dann auch weniger Tote zu beklagen? Offiziell sind in Deutschland bereits über 90.000 Menschen „an“ oder „mit“ Corona gestorben.
Ich will gar nicht behaupten, dass man kurzfristig andere Zahlen bekommen hätte, wenngleich das naheliegend wäre, aber wie sollte man das auch beweisen. Für mich ist es als Psychoneuroimmunologe und Psychotherapeut noch einmal interessanter, auf die langfristigen Kollateralschäden zu schauen. Da erwarte ich in Zukunft gewaltige Zahlen. Ich denke auch, dass durch das mechanistisch-technische Vorgehen mittels Lockdowns, Kontaktverboten und Masken nicht viele Menschenleben gerettet wurden. Es wären ohne Frage viele mehr gewesen, hätte die Politik Informationen dazu gefördert, wie man sein Immunsystem stärken und welche Mittel man hätte einnehmen können, um dem Virus präventiv zu begegnen beziehungsweise Covid-19 effektiv zu behandeln.
Dabei geht es anders, wie das Beispiel Indien zeigt. Dort hat die Regierung ganz gezielt auf das sogenannte Ayush-Konzept auf Grundlage der alten ayurvedischen Traditionen gesetzt. Seit 2014 gibt es dazu sogar ein gleichnamiges Ministerium. In der Covid-19-Krise hat dieses eine von 16 Ärzten erarbeitete Zusammenstellung von zehn Maßnahmen zur Aktivierung des Immunsystems veröffentlicht. Mit welchem Ergebnis? Tatsächlich gab es, bezogen auf die Bevölkerung, fünfmal weniger Covid-19-Tote als in Deutschland. Dabei hat das Land sogar eine sehr alte Bevölkerung, die Menschen leben extrem eng zusammen, unter teils schlimmen hygienischen Verhältnissen und zuhauf in bitterer Armut. Man hätte also mit einer Explosion an Todeszahlen rechnen müssen. Das ist aber nicht passiert.
In den Medien wurde der Fall Indien als schlimmes Massaker dargestellt.
Ich weiß auch nicht, warum man so etwas tut. Man will offenbar nicht, dass solche vielversprechenden Real-World-Daten, die uns wirklich weiterbringen würden im Finden von geeigneten Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2, positiv in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Da gibt es noch eine Reihe weiterer Beispiele. Nehmen wir Schweden. Dort hat Anders Tegnell dem Druck widerstanden, einen Lockdown zu verfügen. Trotzdem liegt das Land in puncto Mortalität auf dem Niveau von Österreich, wo monatelang alles dicht war. In Schweden waren die Schulen durchgehend offen und die Wirtschaft steht besser da als im übrigen Europa. Oder schauen wir nach Florida mit seiner eher lockeren Gangart. Dort starben weniger Menschen an Covid-19 als in Kalifornien mit seinem harten Lockdown. Daran kann man sehen, Lockdowns bringen nicht viel, sondern führen langfristig sogar noch zu mehr Leid.
Aber wer fragt danach in Zukunft?
Ich denke nicht, dass sich all das, was noch auf uns zukommt, so einfach unter den Teppich kehren lässt. Besonders Kinder und Jugendliche haben in den letzten 16 Monaten Schlimmes erlebt. Dabei ist nicht nur an die mangelnde Bewegung zu denken, das Eingesperrtsein zu Hause, dass sie nicht eng auf eng im Dreck und dadurch ihr Immunsystem trainiert haben. Das sind die biologischen Aspekte. Mindestens genauso schwer wiegen die psychologischen Einschnitte in Fällen von häuslicher Gewalt, Traumatisierungen, schlimmen Angsterfahrungen, Alkohol- und Drogensucht der Eltern. Erleiden Kinder sechs und mehr solcher sogenannter Adverse Childhood Experiences, haben sie einen Lebenszeitverlust von bis zu 20 Jahren – weil ihre biopsychosoziale Entwicklung und die Reifung des Immunsystems empfindlich gestört werden. Rechnete man all dies auf gegen die Lebensjahre, die in der Pandemie aufgrund der „an“ oder „mit“ Corona Verstorbenen verloren gegangen sind, dann werden die Langzeitfolgen des Lockdowns die kurzfristigen um ein Vielfaches übersteigen.
Ihr besagtes Buch von vor vier Jahren beschwor im Titel den „Aufbruch in eine neue Medizin“. Wagen Sie eine Prognose: Wird Corona zum kapitalen Rückschlag auf dem Weg dorthin oder könnte die Krise das Umdenken sogar befördern?
Ich wünschte mir nichts lieber als einen soziokulturellen Lerneffekt, aber kaum etwas spricht dafür. Ich bin eher pessimistisch, hoffe aber, dass wenigstens die neu erstandene Gegenkultur, die in den alternativen Medien Fuß gefasst hat, leben darf und nicht von der Zensur totgetrampelt wird. Ich selbst werde in meiner Haltung nicht einknicken: Ich werde mich nicht impfen lassen, schon gar nicht meine Kinder, werde deshalb wohl mit Restriktionen leben müssen, vielleicht sogar meinen Job verlieren. Manipulationen durch die Leitmedien gab es immer, in der Corona-Krise hat die Gehirnwäsche aber eine nie dagewesene Dimension erreicht. Es mögen noch nicht viele sein, die die kapitalistischen Mechanismen des Geldes und der Macht durchschauen. Ich denke aber, in dieser Krise sind es mehr geworden. Das macht mir Hoffnung.
* Aktualisierung 08.09.2021: Die Überschrift hatte sich zunächst fälschlich auf Jens Spahn bezogen.