Schon klar, AKK! Jetzt markiert die Bundeswehr auch noch den Weltraumsheriff.

Schon klar, AKK! Jetzt markiert die Bundeswehr auch noch den Weltraumsheriff.

Schon klar, AKK! Jetzt markiert die Bundeswehr auch noch den Weltraumsheriff.

Ein Artikel von Ralf Wurzbacher

Alle mal weinen: Als richtete die deutsche Truppe nicht schon heute mehr als genug Chaos und Leid in aller Welt und den eigenen Reihen an, will sie ihr Einsatzgebiet nun auch noch in den Orbit ausdehnen. Ein hierfür neu geschaffenes Kommando soll Satelliten beschützen, umherschwirrenden Schrott beobachten und cyberkriminelle Bösewichte auskundschaften. Wie immer steht auf den Missionen Frieden, Freiheit und Wohlstand drauf und wie immer ist dabei nur der Westen gemeint. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nennt das alles „Defensivoperationen“, die sich absehbar gegen die üblichen Verdächtigen Russland und China richten werden. Ob unsere Pannenstreitmacht das wohl gewuppt kriegt, fragt sich Ralf Wurzbacher.

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Vorsicht, Realsatire! Wer kennt es nicht, das Bonmot von Peter Struck. „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Dass hatte er als damals wirkender Bundesverteidigungsminister 2002 zum Besten gegeben – im Nachgang von Osama Bin Ladens unglaublichem Superterrorcoup im Herzen der US-Supermacht. Was dem zehn Jahre später verblichenen SPD-Veteranen entgehen musste: Heute gilt sein Gesagtes nicht mehr. Die Bundeswehr hat gerade ihre letzten Soldaten aus Afghanistan abgezogen und überlässt die Geschicke des Landes wieder den Taliban, genau den Bösewichten, die man da eigentlich weghaben wollte. Mission erfüllt!

Zum Glück dreht sich die Welt (noch) weiter und mit der Zeit kommen immer wieder neue Aufgaben, auch für die deutsche Truppe. Und wenn sich auf dem irdischen Zankapfel gerade mal nichts oder zu wenig befrieden lässt, sucht man sich eben ein Schlachtfeld abseits des Planeten, noch dazu eines, das so richtig viel Krach, Bumm, Bäng verspricht. Aber bitte keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Der Begriff Weltraumkommando wecke abenteuerliche Assoziationen von Jules Verne bis zum Raumschiff Enterprise, beschied Strucks Amtserbin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) dieser Tage vor Pressevertretern und beruhigte: „Die Realität ist längst nicht so reißerisch.“ Womit sie recht hat: Wenn ein Multimilliardär aus Jux und Dollerei mal kurz einen Abstecher in den Orbit unternimmt oder 42.000 Satelliten ans Himmelszelt verpflanzt, dann reißt das heute doch auch keinen vom Hocker.

Friede, Freude, Eierkuchen

Wozu also überschnappen, nur weil es Deutschlands Armee ins Überirdische zieht. Hört sich ja auch alles sehr vernünftig und bodenständig an, was das am Dienstag im niederrheinischen Uedem (NRW) frisch in Dienst gestellte „Weltraumkommando der Bundeswehr“ künftig so zu erledigen hat. Zum Beispiel soll es den Schutz und die Überwachung von Satelliten übernehmen, gefährlichen Weltraumschrott beobachten und als Teil der militärischen Aufklärung Aktivitäten anderer Staaten analysieren. Das klingt beinahe so trocken und bürokratisch wie das Kürzel, mit dem die Unternehmung firmiert: WRKdoBw. Wem jagt so etwas Angst ein? Gerade auch bei einer Oberkommandierenden AKK. In Karlsruhe steht das für „Arbeitskreis Kultur und Kommunikation“.

Und sind wir Deutschen nicht eine Kulturnation, deren Sendungsbedürfnis gerne auch weit über die Wolken ausstrahlen möge? Deshalb alle mal schön auf dem Teppich bleiben, die gleich den Teufel an die Wand malen. Und schön Chefin Annegret glauben, die klarstellte: „Für Deutschland sind Weltraumoperationen immer Defensivoperationen.“ So harmlos wie eh und je eben, zum Beispiel beim Kosovo-Einsatz, dem in Jordanien, Syrien, Irak, Mali, Südsudan, im Libanon, Mittelmeer oder Horn von Afrika und und und. Dreht sich immer alles um Frieden und darum, Freiheit, Demokratie und Wohlstand zu verteidigen oder besser noch: zu exportieren. Jetzt halt nicht mehr nur auf dem Globus, sondern weiter oben, in unluftiger Höhe, wo Friede, Freude, Eierku…, Verzeihung, wo Freiheit und Demokratie mindestens genauso gefährdet sind.

Schrille Zukunftsmusik

Beispiele gefällig? Man denke bloß an Elon Musk und seine zigtausend Minitrabanten, die er zum Segen der Völker für hyperschnelles Internet in die Erdumlaufbahn schießt. Die müssen ja irgendwie geschützt werden, vor dem ganzen Unrat, den ausrangierte Satelliten oder Rakentenstufen so hinterlassen, oder vor Kollisionen mit anderen Starlink-Geschossen oder solchen von Amazon oder OneWeb. Bei so viel Betrieb braucht es Gegenwehr, am besten militärische. Es gibt sogar Stimmen, die meinen, all diese Projekte wären selbst militärisch motiviert, wie schon das World Wide Web. Um so besser! Auf dass die guten Kräfte dieser Welt gegen gutes Steuergeld alsbald die ganzen schlimmen Finger auf den Schirm bekommen. Davon gibt es bekanntlich reichlich, allen voran Wladimir Putin und Xi Jinping. Die bestens informierte „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) weiß schließlich, gleich „mehrere Staaten, darunter China und Russland, verfügen über Möglichkeiten, Satelliten anzugreifen, per Internet, aber auch mit weitreichenden Waffen“.

Wer wollte da noch beruhigt schlafen. Zumal „Tagesschau.de“ noch besser Bescheid weiß: Demnach könnten „mithilfe von Lasern Satelliten funktionsunfähig“ gemacht werden, „aber auch Anti-Satelliten-Raketen, vom Boden oder vom Flugzeug aus abgeschossen, sind keine Zukunftsmusik mehr“. Das sagen die ARD-Journalisten nicht nur so daher, sondern geben, staatstragend wie sie sind, Eins-A-Expertenkenntnisse weiter. Die Bundeswehr hatte Dasselbe in fast identischem Wortlaut schon im September 2020 verkündet, als das „Air and Space Operations Centre“ (ASOC) – zu Deutsch: „Weltraumoperationszentrum“ – an den Start ging.

Auf alle Fälle defensiv

Aus dem Schoß dieses „zentralen Führungsgefechtsstands“ erwuchs nun das WRKdoBw, das Fähigkeiten der Luftwaffe mit den Mitteln der Cyber-Truppe CIR und dem Geoinformationsdienst (GeoIn-foDBw) zusammenbringen soll. Operieren wird das Kommando am Standort des Zentrums Luftoperationen (ZLO) als Teil einer Luftverteidigungsanlage auf dem Paulsberg, von wo aus der komplette Luftraum über Deutschland überwacht wird. Selbstredend wird der Hügel auch von der NATO genutzt. Man fühlt es förmlich: Das ganze Projekt atmet Friedfertigkeit und Völkerverständigung. Oder in AKK-Diktion: „Mit diesen Fähigkeiten leistet die Bundeswehr weitere Beiträge zur Weltraumsicherheit und damit auch zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge.“

Selbstredend muss man Frieden und Friedensmissionen in modernen Zeiten anders angehen, als zum Beispiel Buddhisten meinen. Ganz ohne Drohkulisse haut das nicht hin. Wo sich die Menschheit allein mit dem Arsenal an Nuklearwaffen theoretisch hundertfach auslöschen ließe, hat das Weltall noch einmal mehr Potenzial. Zum Beispiel könnten Cyberkriminelle die ganzen Atombomben per „Todesstern“ hacken und alle auf einmal hochgehen lassen. Bei dem Knall wären vielleicht gleich noch der Mars oder die Venus futsch. Oder irgendwelche Finsterlinge könnten Claus Kleber den Saft abdrehen und wir verstünden plötzlich die Welt nicht mehr. Auf solche Dinge muss man die Menschen vorbereiten, auch mental, damit sie schnallen, wo der Feind lauert.

Nicht mit dem Westen

Die Bundeswehr geht da mit Feuereifer voran. Als vor zehn Monaten besagtes ASOC aufgestellt wurde, raunte sie, „potentielle Gegner“ könnten die „Abhängigkeit Deutschlands und seiner Verbündeten von Weltraumsystemen ausnutzen und diese gezielt bedrohen“. Gewarnt wurde vor „Fähigkeitsentwicklungen in einzelnen Staaten“, deren Einsatz „jederzeit im Rahmen einer hybriden Kampagne erfolgen“ könne und „ihrem Urheber schwer zuzuordnen“ wäre. „Er könnte aber auch im Rahmen eines offen ausgetragenen Konflikts – vor allem zum Auftakt – erfolgen, um die aus der Nutzung des Weltraums gewonnene Führungsüberlegenheit westlicher Streitkräfte zu negieren.“

Dem Westen die Stirn bieten und dann auch noch mit fiesen Mitteln, die sich gar nicht durchschauen lassen, womöglich sogar so, dass man die Schurkereien dem Westen am Ende selbst in die Schuhe schieben könnte? Das geht nun wirklich nicht, so wenig wie die Sturmgewehre der deutschen Friedensbringer, ihre Panzer, Hubschrauber, Frachtflugzeuge und Unterstellungen, in hiesigen Kasernen trieben braune Umtriebe ihr Unwesen. Ganz und gar nicht gehen aber üble Nachreden, die deutsche Streitmacht könnte angesichts kleinerer Technikproblemchen zu Lande, zu Wasser und in der Luft im eiskalten Vakuum überfordert sein.

„Denn sollen wir wirklich Soldaten in Holzraumschiffen mit Dieselantrieb auf Nimmerwiedersehen in den Orbit schicken?“, ulkte Uli Hannemann in der „Tageszeitung“ (taz) und müsste sich dafür schämen. Aber lassen wir ihm seinen Spaß: „Ehe die ihre Antimaterierevolver aus dem Raumanzug gefummelt und scharf gemacht haben, hat der arglistige Chinese doch längst mit seinem Weltraumkescher den Fernsehsatelliten des ZDF abgefischt, um die Ausstrahlung des ‚Traumschiffs‘ zu sabotieren und unsere Nation auf diesem Wege noch mehr zu destabilisieren.“

Die Aliens kommen

Jetzt aber Schluss mit lustig und aus der Not eine Tugend machen. Wo es der Truppe nun mal so schlecht geht, müsste ihr endlich mit einer ordentlichen Geldspritze auf die Beine geholfen werden. Wer wollte mit ansehen, dass wir Deutschen uns im Weltall zum Affen machen und Elon Musk die Schande aller Welt aufs Handy streamt. Ein Etat von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts wird da aber nicht reichen. Um mit den Platzhirschen im All mitzuhalten, bräuchte es locker das Drei- bis Vierfache. Schon weil niemand wissen kann, ob uns nicht schon bald die Aliens behelligen. Nach einem Ende Juni von US-Geheimdiensten veröffentlichten Bericht zur Sichtung unbekannter Flugobjekte bleibt das auf jeden Fall eine Option. Sicher sein darf man schon jetzt: Steht ET erst auf der Matte, ist er furchtbar gemein.

Titelbild: © Bundeswehr/Christian Timmig

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