Der deutsch-französische Sender Arte hat etwas Besonderes, eigentlich. Vor allem zählt das Medienangebot zu den seriösen, den kulturvollen. Das Produkt ARTE Journal, täglich 19.20 Uhr ausgestrahlt, wird als „das europäische Nachrichtenmagazin“ beworben, welches einen aktuellen, weltoffenen und europäischen Blick auf Politik und Kultur wirft. Weltoffen, europäisch? Die Sendung am Montagabend zeichnet ein anderes, ein beschämendes Bild. Von Frank Blenz.
Der Sender Arte TV firmiert mit dem Siegel öffentlich-rechtlich, also in unser aller Interesse und dazu noch staatsfern und fern von politischen Interessen, nicht wahr? Die Akteure benehmen sich aber so, als kochten sie ihr eigenes Süppchen: Da gibt es eine große Portion Russlandbashing, dort viel von „USA ist in Ordnung“ und schließlich bekommen irgendwie alle ihr Fett weg, die nicht prowestlich sind. Darum schmeckt diese Suppe nicht: Das so zusammengeköchelte Nachrichtenmagazin Arte Journal ist eine Zumutung.
Montagabend sammelte das Redaktionsteam von Arte Journal einen Mix zusammen, der es in sich hat, freundlich, aber bestimmt durchmoderiert von einer eloquenten Frau in modernem, hellem TV-Studio-Ambiente.
Man staunte unter anderem:
Flüchtlinge wurden gezeigt, die die Grenze zwischen Weißrussland/Belarus und dem baltischen Nachbarn Litauen überqueren. Im Beitrag wird von „Grenzverletzungen“ gesprochen. Dabei helfe Belarus eifrig mit. Über Gründe der Flucht, warum Flüchtlinge wohl gen Europa drängen, wurde nicht gesprochen.
Weiter wurde über den bulgarischen Wahlkampf und dabei auch über den aktuellen Präsidenten Borissow „berichtet“. Im Fernsehen ist es üblich, dass dabei Bilder die journalistisch formulierten Worte illustrieren. Wenn denn der bulgarische Präsident mit der Mafia in Verbindung gebracht und dabei Aufnahmen von ihm während eines Treffens mit dem russischen Präsidenten Putin gezeigt werden, wird dem geneigten Zuschauer schon schwindelig ob so viel seriöser und journalistischer Distanz.
Kuba. Dort gingen Menschen auf die Straße und riefen nach Freiheit und das im autoritär regierten Kuba, so Arte TV. „Sie lassen uns verhungern“, wurde zitiert. Es fehle den Menschen an allem. Die Wirtschaftskrise Kubas: die schwerste seit 30 Jahren. Ein Grund wird genannt, wenngleich ohne Hintergrund. Auch dass von Donald Trump verhängte US-Embargo, das von Biden weiter betrieben wird, zwingt Kuba in die Knie. Die wirtschaftliche Not der Insel wird bis weit in den Beitrag hinein der regierenden Revolutionspartei angelastet. Allein Russland mahnt: Finger weg von Kuba.
Zum Finale der Sendung ging es mit einem Beitrag nach Cannes. „Wie kann die Welt aussehen? Wo sind die Filme, die uns eine wünschenswerte Welt zeigen?“, wird gefragt. Ein Teilnehmer beobachtet, dass filmisch nur die Apokalypse zu sehen ist. Doch wo bleiben die anderen Themen? Die Sprecherin des Beitrages schließt: „Genau diese Lücke soll die Sektion des Festivals schließen, neue Visionen, Sehgewohnheiten und Helden etablieren, die vor allen Dingen positive Perspektiven aufzeigen.“
Das Team von ARTE Journal beweist mit seiner Sendung, dass es Teil der Apokalypse ist, dass Verursacher der Miseren nicht benannt werden und stattdessen der politische Status Quo, dass die westliche Welt das Maß aller Dinge ist, aufrechterhalten und nicht entlarvt wird. Noch mal konkret: Flüchtlingsströme werden diffamiert, osteuropäische Länder und Russland madig gemacht, Kuba nicht geholfen, obschon das Land Unterstützung, friedliche Koexistenz und Solidarität verdient. Bei Arte TV wird eben nicht darüber berichtet, dass seit Jahr und Tag die Insel Kuba von außen, von den Regime-Change-Kräften von USA bis EU drangsaliert wird, dass der Normalbürger nicht mehr an Humanismus glauben kann.