Leserbriefe zu „Location“, „Ticketing“, „documenta fifteen“ – das ist die deutsche Sprache bei Deutschlandfunk Kultur

Ein Artikel von:

Hier sind die Leserbriefe zum Beitrag über unseren leichtfertigen und unnötigen Sprachgebrauch. Albrecht Müller.


1. Leserbrief

Ich sehe es genauso wie Albrecht Müller aber ich gehe noch weiter. Denn es geht nicht nur um diesen Beitrag, sondern vielmehr um die Anhäufung sinnloser Anglizismen in den Medien überhaupt. Besonders irritierend ist das bei Dlf Kultur oder bei der Sendung Corso vom Dfl oder Aspekte vom ZDF, also Kultursendungen, die eigentlich vorbildlich im Sprachgebrauch sein sollten. Von den Privatsendern brauchen wir gar nicht zu reden. All das ist für mich nur ein Sypmtom eines Zustands, den viele gar nicht mehr wahrnehmen: die Allgegenwart der angloamerikanischen Kultur in den Medien. Sie ist so selbstverständlich, dass man sie gar nicht mehr sieht. Sie fällt nur auf wenn man bewusst beobachtet. Ich mache regelmäßig die Übung. Ich schalte das Radio an. Ich wechsel den Sender alle fünf Sekunden und zähle, wie viele Lieder auf Englisch gesungen werden. Die Quote liegt über 90%. Welche Filme schaut die Mehrheit der Bevölkerung? Natürlich Filme aus den USA, sei es bei Netflix oder sonst wo. Wenn man im Café sitzt, welche Musik läuft? Ja, richtig. Die Beispiele sind unendlich. Aber ich frage mich, inwiefern diese ständige Präsenz der angloamerikanische Kultur politisch gewollt ist. Spielt da zum Beispiel die Atlantik-Brücke eine Rolle? Zugegeben, diese mediale Allgegenwart wurde im letzten Jahr durch einen Virus ersetzt. Was mich als Lateinamerikaner besonders irritiert ist, dass in Deutschland ständig von “Amerika” die rede ist wenn eigentlich USA gemeint ist. So spricht man vom amerikanischen Präsidenten wenn es eigentlich “der US-amerikanische Präsident” heißen soll. Ich nutze die Gelegenheit, euch daran zu erinnern, dass Amerika ein Kontinent ist. Für mich klingt das so als würde man als Deutscher irgendwo in Asien Radio hören und der Sprecher sagt “der europäische Präsident Macron…” Das würde euch sehr irritieren, oder? Jedenfalls ist das ein weites Feld und ein sehr interessantes Forschungsobjekt: die Allgegenwart der angloamerikanische Kultur in den deutschen Medien. Ich liebe die deutsche Sprache, ich habe sie mit Leidenschaft gelernt (ich lerne noch jeden Tag dazu) und finde wirklich sehr schade, dass diese wunderschöne Sprache ausgerechnet von den deutschen Medien banalisiert, globalisiert und geopfert wird. Denn auf diesem Weg opfert man auch ein Stück Identität. Ich kenne aber dieses Verhalten aus meinem Land. Es hat etwas vom Stockolm-Syndrom: Sie beherrschen uns, also wollen wir so sein wie sie. Dieses Bestreben sehe ich ständig in den großen Medien, immer dieser Wunsch, den Amis zu gefallen. Ich denke zum Beispiel an die Preisverleihung vom Springer-Verlag an Elon Musk (die Nachdekseiten haben dazu einen wunderbaren Artikel geschrieben: “Coronaleugner unter sich: ohne Maske feiern mit Elon Musk”) und wie Barbara Schöneberger ihn so begrüßte als wäre er eine Art Kolonialherr, der alle Reichtümer des Landes ernten darf. Peinlich. Richtig peinlich. Und da fragte ich mich, wie das sein kann. Denn wäre Musk ein Russe oder ein Chinese würden alle aufstehen und protestieren. Ich vermute, das schafft eben diese ständige Medienpräsenz: wir wollen so sein wie sie, wir beugen uns, wir gehorchen und am Ende sprechen wir so wie sie. Ich könnte hier viele andere Beispiele ausführen aber mir geht es nur um eines: Bewusstsein. Und bevor hier der Shitstorm (an dieser Stelle ist der Anglizismus unersetzlich) ausbricht (ich werde nicht darauf antworten) möchte ich euch nur dazu einladen, mit eurer eigenen Sprache bewusster umzugehen. Ich halte nichts von Sprachregelung, jeder sollte so sprechen wie er will. Aber wenn manche so eifrig gendern, könnte man auch bei Gelegenheit berücksichtigen, dass Amerika ein Kontinent ist und demzufolge der Präsident der “US-Präsident” ist und nicht der “amerikanische” Präsident. Aber nur freiwillig. Ich wünschen euch allen einen schönen Sonntag!

Cristian Rojas Contardo


2. Leserbrief

Lieber Albrecht Müller,

Nun habe ich in meinem Studium und Berufsleben seit zig Jahren mit dem Lesen und Bewerten von angelsächsischer naturwissenschaftlicher Literatur  zu tun und verstehe diese Sprache als kommunikationsmittel weltweit. Für politisch Interessierte empfehle ich hier auch “monthlyreview” und “climateandcapitalism.com”.

Die von Ihnen beschriebene Situation ließ mich sofort an die pseudolinksliberalen Selbstgerechten denken, die sich sprachlich (mit teils erfundenen Anglizismen) von der Mehrheit der Menschen hier im Lande unterscheiden/abspalten wollen um ihr elitäres Gehabe in den Vordergrund zu stellen.

Solidarisch
Armin Christ


3. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

hiermit meine Zustimmung zu Ihren Worten! Leider meint man in Deutschland, dass alles, was aus den USA kommt (nicht unbedingt aus Großbritannien) besser ist. Dazu gehört auch die Sprache. Anders als die Franzosen, misstraut man in Deutschland der eigenen Sprache und wähnt, auf Deutsch ließen sich gewisse Dinge nicht so gut ausdrücken. Früher sagte man DNS und RNS. Heute DNA und RNA. Aber wer kann denn schon DNA richtig auflösen, ein Wort, in dem das A für Acid steht.

Wie weit es gekommen ist, zeigt leider auch das letzte Buch der von Ihnen wie von mir so geschätzten Sahra Wagenknecht. Dazu aus meiner Besprechung:

Dem Globish an die Schulter geworfen

Auch dieses Buch aus der Feder von Sahra Wagenknecht ist sehr gut geschrieben und leicht zu lesen. Man muss nicht aus der akademischen Mittelschicht kommen, um es mit großem Gewinn zur Kenntnis zu nehmen. Etwas verwunderlich ist allerdings, dass die Verfasserin sich im aktuellen Buch dem Globish (Rumpf-Englischen), ja sogar einer gewissen Jugendsprache, so ausgiebig an die Schulter wirft. Wagenknechts Buch ist doch zumal für diejenigen geschrieben, die nicht studiert haben, warum dann neben anderen all diese Anglizismen (deutsche Alternativen in Klammern):

Familiärer Background (statt Hintergrund), Shitstorm (Sturm der Entrüstung), up to date (auf der Höhe der Zeit), Rollback (Rückschritt), Jobs (Arbeitsplätze), Outsourcing (Auslagerung), Ranking (Platzierung), Player (Akteure), know-how (Fachwissen, Kompetenz), Tickets (Karten), Output (Arbeitsergebnis), gesplittet (geteilt, aufgeteilt), Level (Niveau, warum nicht mal französisch?) failed state (gescheiterter Staat, Schurkenstaat), Pipeline (Leitung, Rohrleitung), Win-win-Situation (für beide Seiten von Gewinn), Nanny (Tagesmutter)

Zum linken Wertkonservatismus, für den Wagenknecht wirbt, gehört eben auch, dass man die Möglichkeiten der eigenen Sprache ausschöpft und sich nicht den Einflüsterungen der heimatlosen Globalisierten ausliefert, deren einziges Zuhause die Märkte der Welt sind. Mit den oben zusammengestellten und tausenden anderen Worten unterwandert und erreicht eine gewisse marktkonforme angelsächsische Konzernkultur letztlich auch das Denken der Menschen, die wähnen, sie seien bereits dann up-to-date, wenn sie das globalische Neusprech ausgiebig mitreden.

Bei aller Kritik: Alle Kritik ist leicht – politisches Gestalten ist unendlich viel schwerer. An Wagenknechts Prämisse, etwas dafür tun und schreiben zu wollen, dass die Linke wieder stärker wird, prallen manche der oben geäußerten Kritikpunkte ab. Die politische Linke ist gut beraten, „Die Selbstgerechten“ genau zu lesen, statt mit eingefahrenen Abwehrfloskeln um sich zu werfen.

Beste Grüße aus Hamburg
Karim Akerma


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Albrecht Müller,

in Ihrem Artikel „Location“, „Ticketing“, „documenta fifteen“ – das ist die deutsche Sprache bei Deutschlandfunk Kultur, sprechen Sie die Geringschätzung der deutschen Sprache an.

Da ich in meinem Leben schon immer kreativ, künstlerisch tätig war und deshalb Einblick in die Künstlerszene habe, verstehe ich das Verhältnis zu unserer Sprache und Kultur aus einer anderen Perspektive.

Die deutsche Kultur leidet nach wie vor an dem Makel, den die Zeit des Nationalsozialismus hinterlassen hat.

Wer identifiziert sich schon gerne mit Unmenschen und spricht deren Sprache.

Englisch ist “Weltsprache”, da es die Sprache des “Business” ist.

Mit Englisch gibt man sich weltoffen, gebildet und international, was erst recht für den Kunstmarkt, den Markt der Eitelkeiten par excellence gilt.

Kunst war schon immer die Hure ihrer Geldgeber und Künstler gelten heute als idealtypisch für den vom Neoliberalismus angepriesenen, sich selbst vermarktenden Unternehmer.

Wobei das Ergebnis dieses Marktes, der ja bekanntlich alles mit göttlicher Hand regelt, das selbe ist wie gesamtgesellschaftlich.

Ein Heer von verarmten Habenichtsen müht sich vergeblich um Wertschätzung und Anerkennung, während ein paar wenige im Geld schwimmen.

Was Kunst ist, wird nicht von der Gesellschaft bestimmt, sondern von Kapitalisten, die neben Aktien ihr Geld auch gerne in Kunst anlegen.

Da das “Big Business” global agiert, spricht man in diesem Markt englisch.

Künstler, die es zu etwas bringen wollen, sind gehalten ihre Biografien und Werksvorstellungen(“about”) in Englisch abzuhalten.

Moderne Künstler Präsentationen entsprechen der Businessversion, die die Geldgeber (Geschäftsleute) von ihrer Tätigkeit her gewohnt sind.

Der Kunstmarkt ist in der Hand der globalen Kapitalisten und jeder Akteur auf diesem Markt, also auch die Veranstalter und Kuratoren von Ausstellungen und Messen orientieren sich an den Gepflogenheiten dieses Marktes.

Ein paar Überbleibsel von der Zeit als die Sprache der Kunst noch französisch war gibt es noch, weshalb man eine “Vernissage” besucht, die aber schon schwer in Bedrängnis zur Konkurrenz, dem “Event gerät.

Ein weiterer gewichtiger Grund für die Vereinnahmung unserer Kultur durch die englische Sprache ist der Kulturimport vor allem aus amerikanischer Produktion.

Die Film und Musikbranche werden von der amerikanischen Unterhaltungsindustrie dominiert, weshalb viele Deutsche mit einem “cool” goutieren, wenn ihnen etwas gefällt.

Die Inflation der deutschen Sprache wird durch die Invasion solcher Anglizismen vorangetrieben und bewirkt ein verändertes Selbstverständnis mancher Deutscher, die Deutschland vielleicht gerne als 51. Bundesstaat der USA sehen würden.  

Diese Affinität erscheint mir auch ein wichtiger Faktor in der deutschen Politik zu sein, was sich am deutlichsten im deutschen Wohlverhalten zu amerikanischen Untaten (völkerrechtswidrigen Invasionen, Regimechange, NSA Abhörpraktiken etc.) zeigt.

Mit den neuen Medien der Digitalindustrie und dem Internet schreitet die Vereinnahmung durch die englische Sprache mit großen Schritten voran und wird über kurz oder lang zur Zweisprachigkeit führen.

Wie lange deutsches Kulturgut dann noch geschätzt wird, ist schwer zu sagen.

Es würde schon helfen, wenn deutsche Kulturmedien wie der DLF unser Kulturgut so fördern würde, wie beispielsweise die Schweizer Medien das Schwyzerdütsch.

Mit freundlichen Grüßen
JD


5. Leserbrief

Guten Tag,

dem Veröffentlichten kann ich nur aus ganzem Herzen zustimmen.  Ich liebe meine Muttersprache aber auch die anderen Sprachen, die ich im Laufe meines Lebens erlernte – immer die Passende, wo sie hingehört.

Gruß
Angelika Blahak


6. Leserbrief
Lieber Herr Müller,

Sie schreiben:

„Mit diesem Beitrag will ich nicht Deutschtümeln.“

Das Bestehen auf die eigene Sprache, auf Sprachpflege, ist keine Tümelei. Für mich nicht. Schon seit Jahrzehnten geht mir das zunehmende Eindringen einer bestimmten Fremdsprache, heute der englischen, auf die Nerven. Seit ein paar Jahren, in denen mir u.a mit Hilfe von Medien wie den NDS die Eroberung der Welt durch die neoliberalen Ideologie bewusst wurde, sehe ich das Englische als geistige Besatzung, als Propaganda für diese Ideologie, für “business”, “way of life”. Klar, dass den meisten, die mit Anglizismen angeben, nicht bewusst ist, dass sie diese Ideologie fördern. Aber ich sehe es und es tut mir weh.

Als Kind erlebte ich, wie mit dem Französischen angegeben wurde. Mit französischen Wörtern und Phrasen zeigte man sich als gebildeter Mensch. Damals war bei uns Französisch auch die erste Fremdsprache im Unterricht. Das änderte sich aber bald.

Übrigens: Ich habe Englisch in der Schule unterichtet und jede Menge englische Bücher gelesen, habe England, Wales, Irland und Schottland bereist, die USA sind ein Traum geblieben: Ich mag diese Länder und finde ihre Kultur interessant. (Das war der “disclaimer”

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Meyer


7. Leserbrief

Hallo Herr Müller

Sind wir ehrlich: dass heute alles in Englisch benannt wird, rührt doch einfach von der allgegenwärtigen Managementmentalität her.

Selbst der Kunstbetrieb braucht heute ein Management, also Betriebswirtschaftler, Finanzlfacheute und weiss ich wen alles, deren überwiegendes (englische) Vokabular dann überall zur Anwendung kommt.

Jedes ‘Event’ muss lukrativ sein, alles von vorne bis hinten durchkalkuliert und auf Profit getrimmt sein. Es geht doch längst nicht mehr um die Kunst an und für sich, sondern um die mit ihr erzielbaren Gewinne. So ist halt auch längst die Documenta zu einer Melkkuh für irgendwelche Renditejäger geworden. Dass alles heute so ‘cool’ und ‘hip’ daherkommt, voll mit Anglizismen eben, ist doch der Offenbarungseid für die Ökonomisierung aller Aspekte unseres Lebens.

Das hat von mir aus gesehen weniger mit der Sprache selbst als mit der mehr oder weniger versteckten Ideologie, die hinter all diesen Projekten steht, zu tun.

Liebe Grüsse
Pascal Spring


8. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,
Sehr geehrte Leserbriefredaktion,

Sie bemängeln zu Recht das anlasslose „Denglisch“, dessen sich die Redaktion von Deutschlandfunk Kultur befleissigt und offensichtlich auch die Generaldirektorin der 15. Documenta, die man wohl treffender als „Kulturmanagerin“ bezeichnen sollte. Hier hat die denglische Berufsbeschreibung durchaus Sinn, da sie den elenden Charakter einer solchen Tätigkeit in einem Wort zusammenfasst: Kultur als Geschäft der Imagepflege für großangelegten legalen Steuerentzug. Frau Schormann war 18 Jahre ihres Berufslebens Direktorin der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der VGH-Stiftung (VGH Versicherung), „mildtätige“ Stiftungen aus den Vermögen, die aus Geld-und Versicherungsgeschäften hervorgegangen sind. Das mag den Geist der studierten Germanistin so sehr getrübt haben, dass sie die Idiotie ihrer Diktion gar nicht reflektiert, ein Armutszeugnis, welches sich auch Deutschlandfunk Kultur ausstellt. Hop oder top mag irgendwie Englisch klingen, aber man sagt: it’s a matter of sink or swim auf Englisch. Das ist natürlich nicht so flott wie hopp oder top, oder wie: es geht um die Wurst, oder treffender: Wird es 2022 eine Dokumenta 15 geben? Der Stand der Dinge.

Wir haben uns schon viel zu lange an journalistische Idiotien wie „am Ende des Tages“ (at the end of the day), heißt auf gut Deutsch: „letztendlich“, oder „in 2021“ (korrekt heisst das „im Jahr 2021“, oder schlichtweg 2021) gewöhnt. Da werden Dinge „gehändelt“ anstatt bearbeitet oder gehandhabt. Die „location“ kennt man aus der Filmbranche, aber man kann genauso gut von einem Drehort sprechen. Oder in diesem Zusammenhang von Ausstellungsorten. Ja, man kommt sich vor, wie in der Nachkriegszeit, als es schick war usamerikanische Zigaretten zu rauchen, oder Coca-Cola zu trinken, konnte man sich doch so mit dem Besatzer identifizieren, und brauchte nicht die eigene Geschichte und Situation zu reflektieren. Die besinnungslose Übernahme von Pseudoanglizismen oder Pseudoamerikanismen ist eine geistige Unterwerfung und der Mangel an kritischem Denken, es ersetzt analytisches Denken, es ist der Reflex eines provinziellen Spießers, der sich ganz schnell und opportunistisch auf die politische und soziale Großwetterlage einstellt, alles nachplappert und allen anderen signalisiert, dass er die Anpassungsanforderungen des Zeitgeistes verstanden hat, und sich sozial unterscheiden möchte von all denen, die es noch nicht kapiert haben, wohin die Herde zu laufen hat. Es ist die geistige Einstellung von Menschen, die gar nicht wissen, wovon sie sprechen, und deren Einlassungen auch inhaltlich nichts Sinnvolles mitteilen.

Im Grunde sind all diese Leute, die sich wahrscheinlich „up-to-date“ oder „cool“ vorkommen, nichts weiter als die in den 1960-er und 1970-er Jahren so geschmähten Spießer der 1950-er Jahre. Der Spießer ist der Opportunist schlechthin.

Zu dem Namen der nächsten Dokumenta möchte ich aber noch anmerken, dass diese tatsächlich offiziell „Documenta fifteen“ heißt. Schauen Sie sich die Webseite mit dem graphisch und gestalterisch erbärmlichen Signet der Documenta 15 an, für die eine indonesische Künstlergruppe verantwortlich zeichnet. Ein Blick auf die Documenta-Webseite mit den Signets seit der ersten Documenta (Retrospektive) zeigt ihnen, dass man bei den ersten drei Ausstellungen noch das kleine „d“ als Signet benutzt hat, ganz in der Baushaustradition. In den Folgejahren wurde das durch graphische Spielereien ersetzt, die einer Großausstellung zeitgenössischer Kunst einfach gestalterisch nicht angemessen sind. Spätestens seit 2002 (Agenda ick hör dir trapsen) ist den Verantwortlichen nichts mehr eingefallen. Die Veranstaltung driftet schon seit Jahren in eine propagandistische Megamassenveranstaltung ab. Hatte je auch nur irgend ein Kunstwerk, welches in Kassel zu sehen war, egal wie kritisch es sich gab, auch nur den leisesten kulturellen Effekt in der Öffentlichkeit? Die Documenta ist eine international ausgerichtete Großveranstaltung wie das Münchner Oktoberfest. Man zählt die Besucher, vor allen Dingen die Besucher aus dem Ausland. Das Publikum besteht vorwiegend aus der Klientel, die Frau Wagenknecht jüngst in ihrem letzten Buch kritisiert hat. Finanziell ist es sich für die Veranstalter allerdings in den letzten Jahren nicht ausgegangen, wie man so schön auf Österreichisch sagt. Und nun droht „Corona“, präziser gesagt, der politische Schwindel der Corona-Maßnahmen der Massenveranstaltung einen Strich durch die Rechnung zu machen. Aber dafür gibt es auch schon denglische Abhilfe, nämlich das „Ticketing“. Der Begriff stammt aus der englischsprachigen Reisebranche und bedeutet „Buchung“. Der Zugang zu den Ausstellungsorten wird einfach begrenzt, indem man nur eine begrenzte Anzahl von Besuchern pro Ausstellungsort und Tag zulässt, was durch die Vergabe von vorher sicherlich digital zu buchenden Eintrittskarten gesteuert wird. Ein toller Feldversuch für die Überwachung und Steuerung von Massenveranstaltungen. Und all das natürlich im Dienste der Gesundheit. Und man hat auch gleich so ein harmlos klingendes cooles Wort dafür. Für den Ausschluß von Menschen, und ihre Überwachung. Merken Sie sich dieses Wort, wir werden ihm sicherlich wieder begegnen.

Wir haben es hier in erster Linie nicht mit der Verhunzung der deutschen Sprache zu tun, das auch aber nur an der Oberfläche. Der Kern des Ganzen ist die Verschleierung der Realität und kritikwürdiger politischer Ziele durch eine Verbabbelung der Sprache, die sich im übrigen auch in dem Konzeptkauderwelsch der indonesischen Kuratorengruppe ruangrupa widerspiegelt. Nachhaltigkeitsmodelle, kollektive Praktiken des Teilens, klingt alles so niedlich wie die junge Greta aussieht. Praktizieren wir doch alle „lumbung“ und bilden uns ein, dies sei die Zukunft. Bitte erwarten Sie nichts künstlerisch Qualitatives oder Wegweisendes, es ist Zeit dafür, dass die Dilettanten aller Länder ins globale Zentrum (Deutschland ist wieder wer!) der zeitgenössischen Kunst geholt werden, und da sind zB die Mitglieder der Gruppe Fafswag aus Neuseeland: Zitat von der Webseite: Ihre Online-Plattform dokumentiert auf künstlerische Weise, wie Queere pazifische People of Color ihre Identitäten in den urbanen Landschaften Neuseelands performen., die stellvertretend für dieses Konzept der angeblichen Inklusion stehen. Haben Sie den Satz verstanden? Ich kann mir darunter nichts vorstellen, und ehrlich gesagt, interessiert es mich auch nicht, was neuseeländische “People of Colour” zumal “queere” so in Neuseeland machen. Wer seine minoritären sexuellen Angewohnheiten meint dem großen internationalen Publikum als Kunst verkaufen zu müssen, der mag das so halten, sein existentielles Zwergentum und seine soziale Irrelevanz als progressiv und staatlich fördernswert der Mehrheit der Menschen mit ernsthaften existentiellen Sorgen als heldenhaft und vorbildlich aufzudrängen, ist allerdings vollendet lächerlich und absolut nicht politisch, sondern das Gegenteil davon. Politisch irrelevante Minderheiten hofieren und gleichzeitig die Mehrheit politisch schikanieren und entrechten ist kein Narrativ, welches die Mehrheit täuschen wird. Dies noch als Mininachtrag zu der verblödeten Debatte um die Regenbogenilluminiation des Münchner Fußballstadions und den Oberregenbogenspießer Söder.

Inklusion, Nachhaltigkeit, Kollektivität, all das soll dem geneigten akademisch gebildeten Publikum nahegebracht werden. Natürlich nur einem streng ausgewählten Publikum. Während verfassungsrechtlich und sozioökonomisch die bundesdeutsche Lebensrealität durch die anmassende DDR-Spießerin Merkel und ihre Spießkumpane der CDU/CSU und SPD unterminiert und zerschlagen wird, laufen die Vorbereitungen für die Wallfahrt nach Kassel, wo all diese politischen Monströsitäten einen kulturellen Überbau als Riesenzirkusveranstaltung erhalten und im Sinne der neoliberalen, pseudoökologischen Doktrin aus-und umgedeutet werden sollen. Die idiotischen Denglisch-Wörter sind nur die Splitter des Vexierspiegels, den man uns vorhält. Fazit: Arschlecken! Die fünfzehnte Documenta boykottieren, und darauf drängen, dass solche Propagandaveranstaltungen nicht mehr mit öffentlichen Geldern der deutschen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen gefördert werden. Und natürlich den von Parteien und Politikern finanziell abhängig gehaltenen ÖR Medien kritisch öffentlich heimleuchten, wie Sie Herr Müller und Ihr Team dies erfolgreich tun. Die müssen auch vom politisch gesteuerten Finanztropf runter. Und immer nach den politischen Zielen verblödeter Debatten und neoliberaler Babbelsprache fragen!

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Goebel


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