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- Weitere Gesetzentwürfe passieren Rechtsausschuss
- Kretschmann: Im Pandemiefall härter durchgreifen dürfen
- Rotstift für Soziales
- Börsch-Supan, die Rente erst ab 68 und die Mär von den unabhängigen Expertengremien
- IMK: Deutsche Lohnstückkosten sinken 2021 und 2022 deutlich
- Urteil zur 24-Stunde-Pflege – Wie eine Bulgarin gegen die Ausbeutung kämpft
- Unternehmensbesteuerung: Ein maßlos überschätzter Faktor
- Cum-ex-Affäre: Der Scholz, der gar nichts wusste
- Breitscheidplatz-Anschlag: Geschwärzte Akten und offene Fragen
- „Britisches Kriegsschiff hatte dort nichts verloren“ – Craig Murray zum Vorfall im Schwarzen Meer
- Warren Buffett: Wohltäter und Milliarden-Spender in eigener Sache
- Laschet-Regierung will Demonstrierende wie Kriminelle behandeln
- Gesperrte Salzbachtalbrücke: „Viel dramatischer als befürchtet“
- Von Tätern, Opfern und Kollaborateuren (III)
- „Kapital und Ressentiment“ von Joseph Vogl
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Weitere Gesetzentwürfe passieren Rechtsausschuss
Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss – 22.06.2021 (hib 822/2021)
Mit einer Vielzahl von Gesetzentwürfen befasste sich der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz auf seiner 161. Sitzung am Dienstag unter Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU). Allein zehn Entwürfe, zu denen es jeweils auch Änderungsanträge gab, wurden vom Ausschuss federführend beraten. Oppositionsabgeordnete kritisierten in der Sitzung, dass die Koalitionsfraktionen kurz vor Ende der Legislaturperiode noch viele Gesetzesvorhaben ohne ausreichende Vorbereitung umsetzen wollten. Alle Vorlagen sollen noch in der laufenden letzten Sitzungswoche des Parlaments abschließend beraten werden. (…)
Angenommen wurde ebenfalls der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (19/28173) in der Fassung des Änderungsantrages der Koalition. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen, dagegen votierte die AfD; FDP, Linke und Grüne enthielten sich. Kritik von der Opposition gab es daran, dass eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes in die Vorlage aufgenommen wurde. Danach wird die Geltung einer Verordnung auf bis zu ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite verlängert.
Quelle: Deutscher BundestagAnmerkung André Tautenhahn: Es ist eigentlich nicht ungewöhnlich, dass Gesetzesänderungen, die öffentlich nicht so auffallen sollen, in anderen Vorlagen versteckt werden. Und wenn dann auch noch eine Fußball-Europameisterschaft läuft um so besser. Nur was ist der Hintergrund? An die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sind eine Reihe von Verordnungen geknüpft, ob sinnvoll oder nicht, spielt jetzt mal keine Rolle. Fällt die epidemische Lage weg, fällt auch die Rechtsgrundlage weg. Da davon auszugehen ist, dass die epidemische Lage, die kürzlich erst bis zum 30. September verlängert worden ist, dann auch tatsächlich ausläuft, braucht es neue Rechtsgrundlagen für Verordnungen, die man versäumt hat, als Gesetze durch den Bundestag rechtssicher beschließen zu lassen. Zum Beispiel die Impfverordnung, um die es um den Jahreswechsel herum (siehe hier und hier) genau in diesem Punkt eine interessante Debatte gab. Durch das ständige Herumdoktern am Infektionsschutzgesetz kommt im Grunde genommen der Versuch der Bundesregierung zum Ausdruck, die schweren gesetzgeberischen Versäumnisse der jüngeren Pandemiegeschichte über das Ende der Legislaturperiode hinaus korrigieren zu wollen.
dazu: Auch ohne “Epidemie von nationaler Tragweite”: Spahn plant Verlängerung der Einreisebeschränkungen
Die Inzidenzwerte gehen zurück. Rund 30 Prozent der Deutschen wurden vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird Einreisebeschränkungen verlängern und das Infektionsschutzgesetz anpassen. Die FDP kritisiert den fehlenden “parlamentarischen Kontrollmechanismus”. (…)
Wie die Welt am Sonntag berichtet, werden Union und SPD die Einreisebeschränkungen nicht aufheben. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, hierzu:
“Wir wollen nächste Woche beschließen, dass Einreisebedingungen, die von Gesundheitsminister Jens Spahn per Verordnung festgelegt wurden, weitergelten können, auch wenn die epidemische Lage von nationaler Tragweite nicht mehr besteht.”
Die Regeln sollen nun durch eine Novellierung des Infektionsschutzgesetzes um zwölf Monate verlängert werden.
Auf der Seite des Auswärtigen Amtes heißt es:
“Aufgrund der COVID-19-Pandemie bestehen Reisebeschränkungen bei der Einreise aus vielen Ländern. Bei der Einreise aus Risikogebieten oder auf dem Luftweg besteht die Pflicht zur digitalen Einreiseanmeldung, eine Test/Nachweispflicht und eine Quarantänepflicht.”
Beförderungsverbote, mit wenigen Ausnahmen, bestehen für Länder mit einer hohen Ausbreitung von Virus-Mutationen. Reisende, die sich in den letzten zehn Tagen in einem “Risikogebiet, Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben, müssen sich vor ihrer Ankunft in Deutschland unter einreiseanmeldung.de registrieren und den Nachweis über die Anmeldung bei Einreise mit sich führen”. Grenzverkehr und Durchreise sind hiervon ausgenommen.
CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke sieht hierin den Schutz vor “globalen Variantengebieten”. Dabei handelt es sich nach Fechner nicht um eine Verletzung der Grundrechte:
“Da es sich hier um sehr kleinteilige Verwaltungsmaßnahmen handelt, ist ein förmliches Gesetz nicht erforderlich.”
Quelle: RT DEAnmerkung Christian Reimann: Erst kürzlich hat der Deutsche Bundestag die “epidemische Lage von nationaler Tragweite” verlängert. Nun wird mit Verweis auf Varianten des Coronavirus versucht, die Angst aufrechterhalten. Vergessen werden soll wohl der Umstand, dass die sog. Impfstoffe ohne Verlängerung ihre Notfallzulassung verlieren würden. Ein Blick in § 10 des Bundesanzeigers und in das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) § 5 Epidemische Lage von nationaler Tragweite verdeutlichen das.
- Kretschmann: Im Pandemiefall härter durchgreifen dürfen
“Meine These lautet: Wenn wir frühzeitige Maßnahmen gegen die Pandemie ergreifen können, die sehr hart und womöglich zu diesem Zeitpunkt nicht verhältnismäßig gegenüber den Bürgern sind, dann könnten wir eine Pandemie schnell in die Knie zwingen.” Dann müsse man nicht monatelang und in Wellen Grundrechtseinschränkungen machen, mit erheblichen negativen Folgen für die ganze Gesellschaft. “Wir sollten also einmal grundsätzlich erwägen, ob wir nicht das Regime ändern müssen, so dass harte Eingriffe in die Bürgerfreiheiten möglich werden, um die Pandemie schnell in den Griff zu bekommen.”
Quelle: SüddeutscheAnmerkung unseres Lesers B.D.: Ich halte den Bericht in der SZ über Winfried Kretschmanns Kopfkino, das Grundgesetz einzuschränken, damit in Pandemien mit weniger verhältnismäßigen dafür aber mehr freiheitseinschränkenden Maßnahmen durchregiert werden kann, für berichtenswert. Die Leser könnte es, wie ich glaube, schon interessieren, wie Vertreter einer potenziellen Regierungspartei über Freiheits- und Grundrechte denken.
- Rotstift für Soziales
Der Bund will auch im kommenden Jahr die Ausgaben steigern. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Haushaltsentwurf aus dem Bundesfinanzministerium, der für 2022 eine Neuverschuldung von noch einmal fast 100 Milliarden Euro vorsieht. Dafür muss die Regierung wegen der Coronakrise erneut auf eine Ausnahmeklausel in der »Schuldenbremse« im Grundgesetz zurückgreifen. In der Pandemie habe der Bund »finanzpolitisch goldrichtig« gehandelt, erklärte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) laut der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch. Er habe »Unternehmen gestützt, Millionen Arbeitsplätze erhalten und Deutschland vor einer Abwärtsspirale bewahrt«. Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, sprach dagegen von einem »Wahlkampfhaushalt mit vielen offenen Rechnungen«. Die Bundesregierung lasse »die Menschen im Unklaren, wer die Rechnungen nach der Bundestagswahl 2021 zahlen soll«. Die Finanzpolitik in der Pandemie sei »unsozial«. Erstmals werden mehr als 50 Milliarden Euro für »Verteidigung«, also Rüstungsausgaben, eingepreist.
Mit dem Haushalt brachte das Kabinett auch ein Sofortprogramm für den Klimaschutz auf den Weg. Mit acht Milliarden Euro sollen Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen finanziert werden. Scholz sprach von einem »klaren Signal«, die Milliarden seien »gut investiertes Geld«. Als »überteuert, zahnlos, ungerecht«, bezeichnete dagegen Lorenz Gösta Beutin, Sprecher für Energie und Klima der Linksfraktion, die Kabinettsbeschlüsse. Die Bundesregierung sei »weiter auf dem klimapolitischen Holzweg«. Die Industrie, »die sich seit Jahrzehnten gegen jede Klimagesetzgebung zur Wehr setzt«, werde aus der Verantwortung entlassen und weiter »mit Unsummen an Steuergeldern zugeschüttet«.
Quelle: junge Weltdazu auch: Milliardenaufträge der Marine für norddeutsche Werften
Wochenlang stand die Finanzierung von Milliardenaufträgen der Marine für norddeutsche Werften auf der Kippe. Am Mittwoch hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die Gelder bereitgestellt.
Quelle: NDR - Börsch-Supan, die Rente erst ab 68 und die Mär von den unabhängigen Expertengremien
Außerhalb der Versicherungswirtschaft dürften sich im Jahr 2021 kaum noch Stimmen finden, die der vor etwa 20 Jahren eingeführten „Riester-Rente“ noch etwas Gutes abgewinnen können. Sie ist teuer, renditeschwach und intransparent. Die seit der Jahrtausendwende mutwillig in die gesetzliche Rentenversicherung gerissenen Lücken kann sie nicht mal in den geschönten Modellrechnungen im Alterssicherungsbericht der Bundesregierung schließen. Was DIE LINKE schon bei deren Einführung vorausgesagt hat, ist heute breiter gesellschaftlicher Konsens.
Die Erzählung von der Überlegenheit kapitalgedeckter Altersvorsorge verglichen mit dem Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung hat sich als radikal falsch entpuppt. Profitiert von der Schwächung der umlagefinanzierten Rente haben nur die Versicherungswirtschaft, die sich mit unerhört hohen Vermittlungs- und Vertriebskosten von privaten Altersvorsorgeprodukten die Taschen gefüllt hat, sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich über den niedrigsten Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 1993 freuen und die Kosten der Alterssicherung bequem auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abladen konnten. Die Zahl der Menschen, die auf die sogenannte „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ („Rentner-Hartz-IV“) angewiesen sind, hat sich hingegen seit 2003 von 439.000 auf knapp 1,1 Millionen mehr als verdoppelt. Den hart erarbeiteten Lebensstandard kann die Rente nur noch in Ausnahmefällen sichern.
Quelle: DIE LINKE. im Bundestag - IMK: Deutsche Lohnstückkosten sinken 2021 und 2022 deutlich
Die Lohnstückkosten der deutschen Wirtschaft werden in diesem und im kommenden Jahr deutlich sinken. Grund dafür ist, dass mit der konjunkturellen Erholung von der Corona-Krise die Produktivität wieder erheblich wächst. Das ergibt sich aus der gestern vorgelegten Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Ökonomen rechnen für 2021 mit einem Rückgang der Lohnstückkosten je Stunde um 2,1 Prozent und 2022 um weitere 1,2 Prozent. Schaut man auf einzelne Quartale, gehen die Lohnstückkosten bereits seit der zweiten Hälfte 2020 zurück, nachdem sie in der ersten Jahreshälfte durch den zeitweiligen Zusammenbruch von Lieferketten und die weit verbreitete Kurzarbeit stark angestiegen waren.
„Dass die Lohnstückkosten 2020 kräftig um vier Prozent im Jahresmittel angestiegen sind, ist eine Folge der erfolgreichen Beschäftigungssicherung in der Corona-Krise, die in Deutschland erreicht worden ist. Es handelt sich also um ein Ausnahmephänomen, das sich im aktuellen Aufschwung wieder zurückbildet“, sagt Prof. Dr. Alexander Herzog-Stein, Arbeitsmarktexperte des IMK. „Außerdem muss man berücksichtigen, dass der Staat die Wirtschaft mit vielen Milliarden Euro stabilisiert hat – auch in Form von massiver finanzieller Unterstützung für Unternehmen.“ Dass Massenentlassungen verhindert werden konnten, helfe den Unternehmen nun beim Aufholprozess nach Abklingen der Krise.
Quelle: Hans Böckler Stiftung - Urteil zur 24-Stunde-Pflege – Wie eine Bulgarin gegen die Ausbeutung kämpft
Pflegende, die Seniorinnen und Senioren zuhause betreuen, so ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, haben jetzt auch für Bereitschaftszeiten Anspruch auf Mindestlohn.
Tagtäglich 24 Stunden arbeiten, ohne einen freien Tag in der Woche oder das Haus für längere Zeit verlassen zu können? Das Bundesarbeitsgericht entschied jetzt: Für Bereitschaftszeiten wie diese muss der volle Mindestlohn gezahlt werden. Dobrina D., die ehemalige Pflegekraft aus Bulgarien, berichtet:Frauen aus Osteuropa bekommen weniger Geld, sie bezahlen uns einfach weniger.
Sie hat ihren bulgarischen Arbeitgeber in Deutschland verklagt, denn sie musste deutlich länger arbeiten, als in ihrem Arbeitsvertrag stand.
Quelle: ZDFdazu: Jede Stunde Arbeit zählt
Jede Stunde Arbeit muss entlohnt werden – Punkt! Es muss Schluss sein mit dem systematischen Gesetzesbruch, auf dem lukrative Geschäftsmodelle unzähliger Vermittlungsagenturen inzwischen beruhen. Ich gratuliere der Klägerin zu diesem Erfolg und hoffe, dass viele weitere Live-Ins dem Beispiel dieser mutigen Frau folgen – denn kämpfen lohnt sich“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, das Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt im Fall einer bulgarischen Frau, die die Vermittlungsagentur auf Bezahlung ihrer kompletten Arbeitszeit von 24 Stunden verklagt hatte. Ferschl weiter:
„Die sogenannte 24-Stunden-Pflege ist ein besonders eklatantes Beispiel für den Verstoß gegen geltende Arbeitszeitregeln und die schamlose Ausbeutung osteuropäischer Beschäftigter. Es ist gut, dass die Gerichte hinschauen, wo die Bundesregierung die Augen verschließt: bei der flächendeckenden Arbeitszeiterfassung. Nötig ist eine verpflichtende Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber aller Branchen, damit das Arbeitszeitgesetz eingehalten wird und Beschäftigte sich auf vereinbarte Zeiten auch verlassen können. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden begrenzt werden, denn überlange Arbeitszeiten machen krank. Ich kritisiere scharf, dass die Bundesregierung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung in den letzten zwei Jahren nicht umgesetzt hat. Damit leistet sie solchen missbräuchlichen Arbeitsbedingungen Vorschub.“
Quelle: DIE LINKE. im Bundestag - Unternehmensbesteuerung: Ein maßlos überschätzter Faktor
Zurzeit wird von den üblichen Verdächtigen die Werbetrommel für niedrigere Unternehmenssteuern gerührt. Mit an Bord sind die vertrauten Rechtfertigungen. Die Lasten der Betriebe sind zu hoch und weniger Steuern würden neue Wirtschaftsimpulse freisetzen. Warum diese Argumente nicht stichhaltig sind, erläutert das #schlaglicht 24/2021 aus Niedersachsen.
Die Debatte war absehbar. Kaum lässt die Pandemie nach und rückt die Bundestagswahl näher, kehren die Arbeitgeber, ihre Sprachrohre und manche Parteien zu einem ihrer All Time Classics zurück. Lautstark ertönt der Ruf nach Steuerentlastungen für die Unternehmen. So war es jetzt auch im Corona-Sonderausschuss des Niedersächsischen Landtages. Zuerst forderte der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall eine Senkung der Körperschaftssteuer sowie die völlige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Im Anschluss verlangte die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg eine Schranke gegen die steigende „Gewerbesteuerspirale“.
Zur Begründung niedrigerer Unternehmenssteuern müssen die üblichen Argumente herhalten. Die steuerpolitischen Anreize würden die Betriebe zu mehr Investitionen veranlassen und damit die Wirtschaft kräftig ankurbeln. Zudem sind die deutschen Steuersätze im internationalen Vergleich viel zu hoch. Deshalb sollte jetzt endlich nachgezogen werden, weil sonst die Wettbewerbsfähigkeit verloren geht. Das alles hat man schon x-mal gehört.
Nur das Problem ist: Einer genaueren Analyse halten diese Parolen nicht stand! Niedrige Steuersätze sind alles andere als der große unternehmerische Muntermacher. Erst kürzlich hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) gezeigt, dass Steuersenkungen für Unternehmen keinen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben. Als ökonomischer Faktor wird ihre Rolle in der öffentlichen Diskussion daher maßlos überschätzt.
Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht - Cum-ex-Affäre: Der Scholz, der gar nichts wusste
Weil ihr Geldhaus viele Millionen Euro an Steuern zurückzahlen sollte, trafen sich die Haupteigner der Warburg-Bank mehrfach mit Olaf Scholz, damals Erster Bürgermeister Hamburgs. Scholz kann sich daran nicht mehr konkret erinnern. Neu aufgetauchte Dokumente lassen Zweifel an den Gedächtnislücken des SPD-Kanzlerkandidaten aufkommen. […]
Das nun aufgetauchte Briefing dürfte die Diskussion weiter anheizen: Ein Bürgermeister führt zwar viele Gespräche, allerdings sind Treffen mit potenziellen Steuerbetrügern alles andere als alltäglich, gerade wenn es um mögliche Steuerhinterziehung in dreistelliger Millionenhöhe sowie die Gefahr der Pleite einer renommierten Bank mit Hunderten Angestellten geht.
Auffällig ist, dass Scholz nicht von Anfang an Erinnerungslücken bei dem Thema hatte. Und das ist nur eine von mehreren Merkwürdigkeiten, die sich der Kanzlerkandidat bei der Aufklärung der Vorfälle leistete. Immer wieder stand auch die Frage im Raum: Hat Scholz möglicherweise im Parlament nicht die ganze Wahrheit gesagt? Parlamentarier in Berlin wie in Hamburg jedenfalls fühlten sich wiederholt angeschwindelt von Scholz.
Quelle: manager magazin - Breitscheidplatz-Anschlag: Geschwärzte Akten und offene Fragen
Der Abschlussbericht ist fertig, doch viele Fragen bleiben offen: Wie verlief der Fluchtweg des Attentäters am 19. Dezember 2016? Welche Helfer hatte er wohl davor und danach? Warum erscheinen Spuren am Tatort bis heute unlogisch? Und warum haben deutsche Sicherheitsbehörden nicht erkannt, wie gefährlich der Attentäter Anis Amri wirklich war?
Quelle: Tagesschau - „Britisches Kriegsschiff hatte dort nichts verloren“ – Craig Murray zum Vorfall im Schwarzen Meer
Der ehemalige britische Botschafter und Experte für Seerecht, Craig Murray, hat in einem Blogeintrag die Konfrontation in der Straße von Kertsch kommentiert. Der britische Zerstörer habe in russischen Gewässern nichts verloren und es gelte keineswegs das Recht auf friedliche Durchfahrt.
Am Donnerstag ist nach wie vor nicht geklärt, was genau sich tags zuvor vor der Küste der Krim ereignet hat. Fest steht: Ein britisches Kriegsschiff fuhr durch die Straße von Kertsch, es wurden Schüsse von russischer Seite abgegeben.
Während auch er auf weitere Informationen wartet, hat Craig Murray am Mittwochabend auf seinem Blog eine erste Einschätzung der Lage veröffentlicht.
Murray, der vor allem dafür bekannt ist, dass er britischer Botschafter in Usbekistan war und als Menschenrechtsaktivist ein enger Vertrauter des inhaftierten Wikileaks-Gründers Julian Assange ist, hat auch eine Expertise in Seerecht. Von 1989 bis 1992 führte er die Maritime Abteilung im Außenministerium Großbritanniens an. In seine Zuständigkeit fielen unter anderem die Verhandlungen zur UN-Konvention zum Seerecht.
Manchmal müsse man das Offensichtliche sagen, schreibt Craig Murray eingangs seines Blogbeitrags, nämlich: Das Vereinigte Königreich habe keine Küste im Schwarzen Meer. „Britische Kriegsschiffe befahren das Schwarze Meer nicht mit friedlicher Absicht, und es gibt auch keinen Grund für sie, umstrittene Gewässer in der Nähe von jemandes Küste zu befahren.“ Es gebe auch kein Ziel, das ein britisches Kriegsschiff unter Berufung auf das Recht der friedlichen Durchfahrt ansteuern könnte, das es nötig machte, Küstengewässer der Krim zu befahren, denn das Schwarze Meer sei eine Sackgasse.
Quelle: SNA - Warren Buffett: Wohltäter und Milliarden-Spender in eigener Sache
Der amerikanische Großinvestor Warren Edward Buffett (90) gehört mit rund 44 Milliarden Dollar Privatvermögen zu den reichsten Männern der Welt. Jetzt spendet der weithin als das “Orakel von Omaha” bekannte wieder Geld. Es gehen 4,1 Milliarden unter anderem an die Gates-Stiftung, in deren Verwaltungsrat er selbst sitzt.
Buffett trennte sich von der Hälfte seiner Berkshire-Hathaway-Aktien. Er kennt sich aus, wie man steuervermeidend maximal öffentlichkeitswirksam agieren kann. Nach geleakten Steuerunterlagen vor ein paar Wochen zahlte er laut ProPublica zwischen den Jahren 2014 und 2020 nur 0,1 Prozent seines Einkommens an die Steuer. Das belegen Daten der US-Steuerbehörde IRS. Während sein Vermögen um 24,3 Milliarden zunahm, betrug sein Einkommen insgesamt 125 Millionen. Dafür musste er 23,7 Millionen Steuern zahlen. Sein Rezept: Er spendete. Nicht selten waren die Empfänger seine Freunde wie etwa Bill Gates. Dieser saß auch im Verwaltungsrat von Buffetts Fonds Berkshire Hathaway. Im März trat er von dem Posten zurück. Auch Buffett will demnächst seinen Verwaltungsratsjob bei der Gates-Stiftung an den Nagel hängen.
Was nun genau nach der Trennung von Bill Gates und seiner Frau Melinda passieren wird, ist nicht bekannt. Mit rund 50 Milliarden Dollar Vermögen ist die Stiftung eine der größten weltweit. Sie kämpft nach eigenen Angaben gegen Armut, Krankheiten und Ungerechtigkeiten rund um die Welt.
Auch Buffetts drei Kinder gehen nach Informationen des Handelsblattes nicht leer aus. Alle drei Kinder seiner letzten Frau und die seiner verstorbenen ersten Frau betreiben gemeinnützige Organisationen, die er bedacht hat. Er hatte stets reichen Amerikanern geraten, den Kindern nicht zu viel Geld zukommen zu lassen, aber doch genug, um nichts tun zu müssen.
Auch wenn er, der immer noch seit 1958 in seinem bürgerlichen Steinhaus in Omaha wohnt, noch 238.624 Berkshire-Papiere für rund 100 Milliarden Dollar hält, hat er weiterhin das Sagen in seiner Firma.
Quelle: RT DE - Laschet-Regierung will Demonstrierende wie Kriminelle behandeln
Die schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen unter Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet will in der kommenden Woche ein Versammlungsgesetz beschließen, das im Vorfeld für Kritik und Proteste sorgt. Kritiker:innen sehen in den Plänen der Landesregierung autoritäre Tendenzen.
Der Gesetzentwurf der Laschet-Regierung nennt die weißen Maleranzüge, die Demonstrant:innen bei manchen Klimaprotesten seit Jahren tragen, in einer Reihe mit Springerstiefeln und Uniformen der Nazi-Organisationen SS und SA.
Ein Protestbündnis, das schon zahlreiche Demonstrationen organisiert hat, wirft der Landesregierung vor, sie wolle Axt an dem für das Versammlungsrecht wichtigen Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes von 1985 anlegen.
Damals befasste sich das höchste Gericht erstmals mit dem Versammlungsrecht und legte es in einer Grundsatzentscheidung zu Gunsten von Demokratie und Demonstrierenden aus. Der Beschluss sieht hohe Hürden für Demonstrationsverbote vor und niedrige Hürden für Bürger:innen, um eine Demonstration durchzuführen.
Das nordrhein-westfälische Vorhaben stelle nun jedoch nicht die Versammlungsfreiheit in den Vordergrund, sondern die Gefahrenabwehr und damit Staat und Polizei, so das Bündnis.
Quelle: netzpolitik.org - Gesperrte Salzbachtalbrücke: „Viel dramatischer als befürchtet“
„Die Situation an der Salzbachtalbrücke ist noch viel dramatischer, als wir ohnehin schon befürchtet hatten“, kommentierte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im hessischen Landtag, Stefan Naas, neue Informationen über die marode Salzbachtalbrücke in Wiesbaden. Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Die Grünen) hatte die Mitglieder des Verkehrsausschusses am Mittwochnachmittag über die Situation rund um die einsturzgefährdete und voll gesperrte Brücke unterrichtet, die in der Landeshauptstadt und dem westlichen Rhein-Main-Gebiet zu massiven Verkehrsbehinderungen auf der Straße und im Bahnverkehr führt. Ob die Brücke zügig abgerissen oder gar gesprengt werden kann und welche Maßnahmen unternommen werden, damit das Verkehrschaos ein Ende hat, will die Autobahngesellschaft des Bundes am Freitagmorgen in Wiesbaden mitteilen.
„Der Verkehrsminister musste heute zugeben, dass sich niemand der Brücke auf 50 Meter nähern darf und der Abriss aus Gründen der Arbeitssicherheit voraussichtlich nicht wie geplant stattfinden kann“, teilte Naas mit. Nun müsse die Brücke erst einmal gesichert werden, um überhaupt weitere Maßnahmen vornehmen zu können. Entsetzt äußerte er sich darüber, dass der bis Ende 2020 zuständige Landesbetrieb HessenMobil die vierzehntägigen Routine-Kontrollen ausgesetzt habe, als die Südbrücke der beiden Brückenbauwerke nicht mehr befahren worden sei. „Das war fahrlässig“, sagte Naas. Für ihn trägt Al-Wazir die Verantwortung für den Zustand der Brücke.
Quelle: FAZ - Von Tätern, Opfern und Kollaborateuren (III)
Im Schatten der einmarschierenden Wehrmacht starteten deutsche NS-Verbrecher vor genau 80 Jahren gemeinsam mit mittel- und osteuropäischen Kollaborateuren die ersten Pogrome und Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung der Sowjetunion. Gestern vor 80 Jahren begannen etwa in der litauischen Stadt Kaunas unter den Augen von Wehrmachtssoldaten Pogrome, bei denen deutschen und litauischen Tätern bereits bis zum 29. Juni 3.800 Jüdinnen und Juden zum Opfer fielen. Nur fünf Prozent der ungefähr 200.000 litauischen Juden überlebten die Shoah in Litauen, bei der die deutschen Menschheitsverbrecher über kontinuierliche Unterstützung litauischer Helfershelfer verfügten. Estland stellte – bei einer Vorkriegsbevölkerung von rund 1,2 Millionen Menschen – rund 60.000 Freiwillige für den NS-Kampf gegen die Sowjetunion, Lettland – mit 1,8 Millionen Einwohnern – gut 100.000. Einheimische Waffen-SS’ler werden heute im Baltikum mit Denkmälern und mit Gedenkmärschen geehrt: als “Freiheitskämpfer” gegen Moskau. Dies entspricht – wie in der Ukraine – der aktuellen Frontstellung des Westens gegen Russland.
Quelle: German Foreign Policy - „Kapital und Ressentiment“ von Joseph Vogl
Der Literaturwissenschaftler Joseph Vogl hat mit „Kapital und Ressentiment: Eine kurze Theorie der Gegenwart“ ein Buch vorgelegt, das verstehen hilft, welche Macht sich durch die Verkettung von Finanzkapital und Internet-Plattformen zusammengeballt hat; eine Macht, der die Menschheit in ihrer Rolle als Nutzer der Netzwerke ausgeliefert ist. Franz Schneider hat das Buch für „Geld und mehr“ gelesen und rezensiert.
Mit der Gewinung von Daten über das Verhalten von Menschen soll das ganz große Geschäft mit der Werbung gemacht werden. Wenn ich möglichst alles über einen Menschen weiß, dann kann ich ihn mit den Waren bewerben, bei denen er am wahrscheinlichsten zugreift.
In dieser banalen Erkenntnis erschließt sich das pragmatische Motiv der Finanzbranche, ihr Geld in die Informationsökonomie zu investieren. Wenn Karl Marx von Mehrwert spricht, dann meint er die Geldsumme, die sich der Unternehmer in die eigene Tasche stecken kann. Also die Summe, die über den von ihm gezahlten Lohn hinausgeht. Wenn die heutigen Finanz- und Internet-Plattform-Kapitalisten an Mehrwert denken, dann lächeln sie über diesen Peanuts-Mehrwert.
Die Abschöpfer des Verhaltensmehrwerts begnügen sich nicht mit einer achtstündigen Arbeitszeit. Sie begnügen sich auch nicht damit, dass der Mensch nur als arbeitendes Wesen zur Abschöpfung herangezogen wird. Die Mehrwertquelle wird gewaltig ausgedehnt. Auf das gesamte Verhalten des Menschen und zeitlich unbeschränkt. Also rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, immer dann, wenn er zum Netz-Nutzer wird. Den Nutzern soll noch nicht einmal bewusst sein, dass sie und wie sie ein Mehrwert verheißendes Produkt erzeugen. Das Ganze soll vielmehr Spaß machen. […]
Die Herstellung dieses „Produkts“ ist besonders kostensparend, weil sie ohne mühevolle und kostenverursachende Pflege eigener Produktionsmittel auskommt. Amazon, Facebook und unzählige andere Plattformen produzieren nur ausnahmsweise eigene Waren. Die Zahl ihrer Datenlieferanten erhöht sich quasi automatisch ohne weiteres Zutun. Denn das Netzwerkprinzip ‘Nutzer generieren weitere Nutzer‘ verheißt „Monstermärkte“.
Quelle: Norbert Häring