Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Grüne und SPD sprechen von Vertuschung im Gesundheitsministerium
- Ireland could lose €2.2bn a year with corporation tax reform – Donohoe
- G7 take big step to recover tax but just for themselves
- EU macht erste Schritte für mehr Steuertransparenz
- Wirtschaftsstabilisierungsfonds zum Transformationsfonds umbauen
- Große Mehrheit für Vermögenssteuern, aber Medien schreiben dagegen
- Samirah Kenawi: Den Gesundheitssektor verstaatlichen!
- „Keine Empfehlung für alle gesunden Kinder zu erwarten“
- Nach Klage: Ex-Gesundheitsamtsleiter Pürner soll erneut versetzt werden
- „Leben muss endlich wieder wie gewohnt weitergehen“
- Koalition einig über Verlängerung der „epidemischen Lage“
- Im Reich der Großagrarier
- Ein preisverdächtiger Wahlkampf
- Vertrauliches Gutachten: Laschets Regierung vernachlässigt Umweltkriminalität
- Offener Brief: Alle gegen noch mehr Staatstrojaner
- „Wir spielen mit unserer eigenen Zerstörung“
- Israel – Deutschland – Palästina
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Grüne und SPD sprechen von Vertuschung im Gesundheitsministerium
Jens Spahns Ministerium wollte nutzlose Corona-Masken unter anderem an Obdachlose und Menschen mit Behinderung verteilen. Nachdem der SPIEGEL dies enthüllt hatte, fordern Politikerinnen Konsequenzen. (…)
Glöckner empört sich unter anderem darüber, dass die unbrauchbaren Masken in Sonderaktionen an Menschen mit Behinderungen, Hartz-4-Empfänger und Obdachlose losgeschlagen werden sollten. »Damit gefährdet er willentlich die Gesundheit dieser besonders verwundbaren Gruppen. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang«, sagt Glöckner. »Menschen mit Behinderungen sind keine Versuchskaninchen, denen die Überbleibsel schlechter Entscheidungen hingeworfen werden dürfen«, so Glöckner. Das Vorhaben zeuge von Spahns Verständnis gegenüber Menschen mit Behinderungen.
Quelle: SpiegelAnmerkung unseres Lesers H.M.: Wann ist Jens Spahn (CDU) fällig? Die Liste seiner teuren Verfehlungen wird immer länger: Der Kauf überteuerter und mangelhafter FFP 2 Masken (teils über politische Freunde), die teure Verteilung der Schutzmasken über Apotheken (ohne jede Anweisung zur Handhabung), die grottenschlechte Corona-Testverordnung mit einer Einladung an alle Absahner und Abzocker zur Selbstbedienung und zum Missbrauch. Die Verordnung bringt kaum Nutzen (es gibt viel bessere Alternativen), kostet den Steuerzahler täglich zig Millionen Euro.
Solange die SPD, die den politischen Murks mitgetragen hat, nicht die Reißleine zieht (die Testverordnung gehört ganz fix in den Reißwolf) macht sie sich zum Komplizen von Verschwendungminister Jens Spahn. Und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet muss sich längst fragen, ob er mit Jens Spahn auf den richtigen politischen Kumpel gesetzt hat.
Anmerkung J.K.: Bis zur Bundestagswahl wird Spahn seinen Posten sicher behalten. Die Union wird nichts riskieren was ihr Wahlergebnis negativ beeinflussen kann. Der Zynismus dabei, jeder der Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung übt wird durch die Konzern- und öffentlich-rechtlichen Medien sofort in die rechte Ecke gestellt, während es schwerfällt beim Gedankengut, das offenbar im Gesundheitsministerium herrscht, nicht an den Begriff Euthanasie zu denken.
Dazu: SPD-Chef bringt Rauswurf von Gesundheitsminister Spahn ins Spiel
Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans hält den Umgang von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit angeblich minderwertigen Corona-Masken für menschenverachtend und fordert Konsequenzen. CDU-Chef Armin Laschet müsse »sich jetzt der Frage stellen, ob dieses skandalöse Vorgehen von Jens Spahn für eine Partei mit einem christlichen Etikett noch tragbar ist«, sagte Walter-Borjans der »Bild am Sonntag«. »Die Öffentlichkeit hat das Recht auf eine schnelle Antwort.« (…)
»Es ist unwürdig und menschenverachtend, wenn ein Gesundheitsminister Menschen in zwei Klassen einteilt, nämlich die mit Anspruch auf qualitätsgeprüfte Masken und die, für die absolut untaugliche Masken gut genug sind, um ihr Leben eben nicht zu schützen«, sagte Walter-Borjans der »Bild«-Zeitung. »Wenn das einem Minister der SPD einfiele, wüssten wir, was zu tun ist.«
Quelle: Spiegel - Ireland could lose €2.2bn a year with corporation tax reform – Donohoe
The Minister for Finance has said the Government could lose around €2.2bn a year in corporation tax revenue, if today’s G7 agreement on corporation tax reform is implemented.
Paschal Donohoe was speaking after the meeting of finance ministers from the seven leading industrial nations in London. He said the Department of Finance had already built in expectations of lost corporate tax revenue into Budget plans. The minister added that even with losses of this level, he expected the Government could balance its books in the coming years. Mr Donohoe attended the meeting in his capacity as President of the Eurogroup.
Speaking to RTÉ News, he said: “The modelling we have been doing indicates it could affect up to one fifth of our corporate tax revenue.
“But we have been planning for this, so those kinds of revenue losses are already included in our budgetary calculations, so that even with those losses our projections show an ability of the Irish economy to return to a position of fiscal balance in the coming years.”
Quelle: RTEAnmerkung unseres Lesers S.N.: Die 15% waren mal wieder der kleinste gemeinsame Nenner – die USA hatten 21 % vorgeschlagen und allgemein wurde mit 25% gerechnet. Was die mutmaßlichen Mindereinnahmen Irlands von 2,2 Mrd. €/a angeht: Das gilt nur, wenn Irland seinen sehr niedrigen Unternehmensteuersatz nicht auf 15% anghebt. Wenn es das tut, dann wird das Land mindestens 7,2 Mrd. € pro Jahr mehr einnehmen (taxobservatory.eu, S. 27). Aber das will man scheinbar nicht.
- G7 take big step to recover tax but just for themselves
Responding to the G7’s announcement on the global minimum corporate tax rate, Alex Cobham, chief executive at the Tax Justice Network, said:
“The G7 has decided to finally move the international tax system into the 21st century but only enough to shamelessly benefit just themselves, leaving the rest of the world behind. The world’s eyes were on the G7, hoping that in the face of this global pandemic they would throw their weight behind a new tax system that would bring back home to all countries the billions in corporate tax they were robbed of and urgently need to rebuild and recover. Instead, the G7 finance ministers are proposing to follow OECD proposals that would ensure the G7 themselves take the lion’s share of any new tax revenues – which will in any case be limited by their lack of ambition.
“The G7 made it clear that they know the race to the bottom has been damaging economies and people’s lives for decades. By settling for anything less than a 25% tax rate, the G7 is telling their citizens and the world that they’re willing to keep the race to the to bottom alive and kicking. Rarely does the opportunity to better the lives of billions of people in a single stroke come by but when history came knocking today, the leaders of the richest countries in the world turned their back on it.
“Our modelling1 shows that a 25% minimum effective tax rate could raise $780bn in additional revenues worldwide – and still leave multinationals with three quarters of their gross profits. Countries outside the G7 could receive $355 billion under the fairer approach we’ve proposed. If the G7 pushes ahead with a 15% minimum rate under the deeply unequal OECD approach, they will leave barely more than $100 billion for other countries – while taking $170 billion just for themselves.
“This cannot stand. The rest of the world must object absolutely. The G20 group, and the Inclusive Framework, may rightly feel entirely disenfranchised but they can take back the power by challenging this openly, pushing for a higher rate and insisting on a balanced distribution of recovered tax, like that offered by the METR2 proposal.
“Even the G7 and OECD recognise that the international tax rules are unfit for purpose. The disproportionate power exercised by these rich countries’ clubs today shows that the way international tax rules are determined, too, is unfit for purpose. It is now well past time for international tax rules to be set democratically at the UN, starting with a UN tax convention.”
Quelle: Tax Justice Network - EU macht erste Schritte für mehr Steuertransparenz
Neben vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen setzt sich das Netzwerk Steuergerechtigkeit seit vielen Jahren für die Einführung von öffentlicher länderbezogener Berichterstattung ein (public Country-by-Country Reporting, public CbCR). Das Konzept sieht vor, dass multinationale Unternehmen verpflichtet werden, zentrale ökonomische Daten (z. B. Umsätze, Gewinne, Mitarbeiter*innenzahl und Steuerzahlungen) aufgegliedert nach Ländern zu veröffentlichen. (Details dazu hier: Öffentlich länderbezogene Berichterstattung – warum die typischen Gegenargumente nicht überzeugen). Die verabschiedete Richtlinie ist ein erster Schritt für mehr Steuertransparenz in der EU, sie enthält jedoch große Lücken:
Laut der Richtlinie müssen multinationale Konzerne nur Daten über Steuerzahlungen und Gewinne in EU-Staaten und einigen wenigen von der EU gelisteten Ländern (graue und schwarze EU-Liste) veröffentlichen. Diese Liste der nicht-kooperativen Steuerjurisdiktionen ist jedoch politisch motiviert und enthält kaum relevante Steueroasen.
Damit bleiben die übrigen weltweiten Konzern-Aktivitäten intransparent, z. B. in den drei wichtigsten Steuersümpfen für Konzerne: den Britischen Jungferninseln, den Kaimaninseln und Bermuda. Die lückenhafte Richtlinie könnte dazu führen, dass Konzerne ihre Gewinne noch stärker in Gebiete außerhalb der EU verschieben, um Offenlegungspflichten zu umgehen. Missbräuchliche Steuerkonstruktionen wären so kaum zu analysieren und bekämpfen.
Darüber hinaus enthält die Richtlinie ein weiteres Schlupfloch, dass es Konzernen erlaubt, Informationen bis zu fünf Jahre zurückzuhalten, wenn sie als kommerziell sensibel angesehen werden. Dies ermöglicht beispielsweise, Daten zu Gewinnverschiebung in Niedrigsteuerländer zurückzuhalten.
In einem offenen Protest-Brief sprach sich Transparency International mit 62 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen (darunter das Netzwerk Steuergerechtigkeit) für echte Steuertransparenz aus, welche nur durch weltweite Berichtspflichten erzielt werden kann.
Die getroffene Vereinbarung sieht eine Überprüfung der Richtlinie nach vier Jahren vor. Angesichts der Tatsache, dass viele große multinationale Konzerne Rekordgewinne einfahren, während die Corona-Pandemie soziale Ungleichheiten weiter verschärft, dürfte der Druck der Zivilgesellschaft für echte Steuertransparenz weiter steigen.
Quelle: Netzwerk Steuergerechtigkeit - Wirtschaftsstabilisierungsfonds zum Transformationsfonds umbauen
Nachhaltiger Strukturwandel statt Förderung überholter Geschäftsmodelle
Mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) werden in der Corona-Krise große Unternehmen in finanzieller Not mit Steuergeldern gestützt, denen sonst kein Finanzier mehr helfen will. Es ist eines der größten und gleichzeitig fragwürdigsten Instrumente der Wirtschaftshilfen im Zuge der Corona-Krise. Denn der Staat geht ins Risiko, ohne seine Unterstützung an Bedingungen zu knüpfen, die den gesellschaftlichen Mehrwert der Rettung sicherstellen.
Dabei wären Kriterien, die die Rettung mit einem gesellschaftlichen Nutzen verbinden, sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Perspektive erforderlich. Staatliche Unterstützung ist nur gerechtfertigt, wenn die betroffenen Unternehmen im Gegenzug den nachhaltigen Umbau ihres Geschäftsmodells anpacken. Stellen sie sich dagegen nicht nachhaltig auf, dann sieht es langfristig sowohl für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, als auch für die Rückzahlung der öffentlichen Mittel, schlecht aus. Statt überholte Geschäftsmodelle künstlich am Leben zu halten, sollte die Bundesregierung einen Transformationsfonds einrichten, der den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft voranbringt.
Der Bund wiederholt beim WSF die Fehler aus der Bankenkrise, wo er mit dem Finanzmarktstabilisierungsfonds Milliarden an Steuergeldern in hoffnungslose Banken versenkte. Die richtigen Lehren hat die Bundesregierung daraus offensichtlich nicht gezogen. Auch damals wurden Milliarden zur Verfügung gestellt ohne ausreichende Transparenz und Kontrolle, was im Ergebnis zu gigantischen Verlusten für den Steuerzahler führte, während einige Banker mit einem goldenen Fallschirm davonkamen. Verurteilt wurde in Deutschland bekanntermaßen keiner der Banker, die maßgeblich zum Entstehen der Finanzkrise beigetragen haben.
Während Boni und Ausschüttungen bei gestützten Unternehmen immerhin untersagt sind, gibt es beim WSF keine ausreichende Einschränkung für die Förderung von Unternehmen, die sich als Steuertrickser hervortun. Dabei hatte Olaf Scholz genau das im Frühjahr 2020 versprochen. Diverse Unternehmen wie TUI, FTI oder MV-Werften, die bisher durch den WSF aufgefangen wurden, haben Verbindungen mit Schattenfinanzzentren. Solche Verbindungen sind ein starker Hinweis auf gemeinwohlschädliche Steuersparmodelle.
Im Falle der Lufthansa legt eine Studie im Auftrag von Finanzwende nahe, dass die Gewinne des Unternehmens besonders gerne über 92 Tochterunternehmen in Schattenfinanzzentren und Steueroasen erzielt werden. Die Steuerlast am deutschen Konzernstandort ist entsprechend niedrig. Damit unterstützt der Staat diejenigen, die sich höchstwahrscheinlich um ihren Beitrag zum Gemeinwohl drücken. Durch eine öffentliche länderbezogene Steuerberichterstattung durch geförderte Unternehmen und darauf aufbauend einen Ausschluss von Steuertricksern hätte dies verhindert werden können.
Quelle: Gerhard Schick in blog politische ökonomie - Große Mehrheit für Vermögenssteuern, aber Medien schreiben dagegen
ForscherInnen des sozialliberalen Momentum Instituts haben die Medienberichte der letzten fünfzehn Jahre über Vermögenssteuern analysiert und sind zu einem erstaunlichen Ergebnis gekommen: 69% der JournalistInnen-Kommentare in Österreichs Tageszeitungen lehnen Vermögenssteuern ab. Das steht im Widerspruch zur Meinung der Bevölkerung: Tatsächlich gibt es seit mehr als zehn Jahren eine deutliche Mehrheit für Vermögenssteuern.
Die Autoren der Studie „Die Vermögenssteuer-Debatte in österreichischen Tageszeitungen“ Quirin Dammerer und Georg Hubmann haben sich 1.045 Kommentare in fünf Tageszeitungen angesehen. Untersucht wurden Kommentare in „Der Standard“, „Die Presse“, „Kleine Zeitung“ „Oberösterreichische Nachrichten“ und „Tiroler Tageszeitung“ aus den Jahren 2005 bis 2020. In 69% dieser Kommentare werden Vermögenssteuern ablehnend beurteilt.
Mehrheit der Menschen ist für Vermögenssteuern in Österreich
„Es ist interessant, dass wir auf der einen Seite sehen, dass es Mehrheiten für eine Vermögenssteuer in der Bevölkerung gibt und gleichzeitig diese veröffentlichte Meinung stark von dieser befürwortenden Haltung abweicht“, sagt Studienautor Dammerer.
Denn seit 2009 spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung in Umfragen mehrheitlich für Vermögenssteuern aus. Die Zustimmung liegt bei bis zu 70 Prozent, aber niemals nur bei 22 Prozent wie in den Kommentaren der JournalistInnen im Untersuchungszeitraum. Und die Ablehnung der Vermögenssteuern in Österreichs Tageszeitungen ist nicht sehr differenziert:
In 93% der ablehnenden Kommentare findet sich kein einziges Pro-Argument, sondern ausschließlich negative Argumente. (…)
Die Kluft zwischen der öffentlichen Meinung und der veröffentlichten Meinung zeigt sich nicht nur in Österreich: Ähnliche Resultate finden vergleichbare Studien auch für andere europäische Länder.
Studienautor Hubmann führt das auf den Einfluss von finanzstarken Akteuren zurück: „Argumente gegen Vermögenssteuern haben Rückenwind, von kapitalnahen Lobby-Organisationen genauso wie im Mainstream der Ökonomie. Das schlägt sich auch in der medialen Berichterstattung nieder.“ Österreichs Medien sind nicht nur stark von Inseraten großer Firmen abhängig, deren Eigentümer häufig gegen Vermögenssteuern sind. Ihre Herausgeber sind auch oft Vermögende, die sich nicht über Vermögenssteuern freuen würden.
Quelle: Kontrast.at - Samirah Kenawi: Den Gesundheitssektor verstaatlichen!
Corona bedroht die Menschheit nicht mit Massensterben. Beim Vergleich der Sterberaten 2020 mit denen von 2019 zeigt sich, dass die Sterblichkeit in einigen Ländern etwas gestiegen, in anderen gering gesunken ist.
Vielmehr drohen in den Industriestaaten die medizinische Versorgung und die Altenpflege zusammenzubrechen. Grund dafür ist akuter Personalmangel infolge vergleichsweise schlechter Bezahlung bei wachsendem Leistungsdruck.
Ein gutes Gesundheitssystem verfügt in normalen Zeiten über große Überkapazitäten, damit es in Krisenzeiten problemlos viele Patienten aufnehmen und versorgen kann. Sinnvoll wäre ein regulärer Sechsstundentag durch ein Vierschichtsystem, damit Pflegekräfte in Krisenzeiten in der Lage sind, Mehrarbeit zu verkraften.
Doch seit Jahrzehnten werden Krankenhäuser privatisiert und damit privaten Profitinteressen untergeordnet. Die Folge: Freie Betten und Personal, das zwischendurch auch Zeit für ein Gespräch mit den Patienten hatte, wurden abgebaut; denn das kostet Geld, statt Einnahmen zu schaffen.
Durch den Abbau freier Kapazitäten zwecks Kostensenkung ist das Gesundheitswesen nicht mehr in der Lage, in Krisenzeiten vermehrt Patienten aufzunehmen und zu betreuen. Die Politik reagiert auf diesen Notstand seit nunmehr einem Jahr mit dem Bemühen, die Zahl der Patienten durch Dauerisolierung aller per Kontaktbeschränkung und Lockdown auf dem geringen Niveau der medizinischen Kapazitäten zu halten.
Diese Politik verschlingt Milliarden. Es fragt sich, warum nicht lieber ein Teil dieses Geldes verwendet wird, um das Problem an der Wurzel zu packen. Krankenhäuser müssten wieder verstaatlicht und freie Kapazitäten wieder aufgebaut werden.
Dem Personalmangel müsste mit den Mitteln der sonst viel gepriesenen freien Marktwirtschaft begegnet werden, wo bei Knappheit die Preise steigen. Doch auf Teile des Arbeitsmarktes werden die Gesetze von Angebot und Nachfrage nicht angewandt, denn das würde erfordern, dem Personalmangel so lange durch steigende Löhne zu begegnen, bis genügend Arbeitskräfte verfügbar sind.
Aber zwischen solchem freien Wettbewerb, kombiniert mit dem Bedarf an Überkapazitäten, und dem Profitinteresse gibt es einen unauflöslichen Konflikt. Deshalb sollten die Erfahrungen der Corona-Pandemie den Staat motivieren, für das Gesundheitswesen Artikel 14 Absatz 3 des Grundgesetzes zur Anwendung zu bringen, der lautet:
„Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt“.
Die Milliarden, die der Lockdown kostet, sollten sinnvoll in den Wiederaufbau medizinischer Pflegekapazitäten gesteckt werden sowie in die Erhöhung der Löhne für medizinisches Fachpersonal und Personal in der Altenpflege. Das wäre sinnvolle Coronapolitik und ein Weg aus dem Dauerlockdown.
Quelle: Samirah Kenawi in Geld und mehr - „Keine Empfehlung für alle gesunden Kinder zu erwarten“
Die Ständige Impfkommission wird voraussichtlich keine generelle Empfehlung für die Impfung von Kindern aussprechen. Laut Stiko-Vorsitzendem Thomas Mertens reichten die Daten „bei weitem nicht aus“. (…)
Der Stiko lägen nicht nur Studien zum individuellen Nutzen einer Impfung für Kinder selbst vor, sondern auch Modellrechnungen zu den Auswirkungen auf die generelle Impfkampagne und den Fortgang der Pandemie, fügte Mertens an. So sei untersucht worden, ob es einen Unterschied mache, wenn sämtliche Kinder oder lediglich vorerkrankte Kinder geimpft würden. Der Unterschied sei dabei „nicht groß genug“, um eine generelle Impfkampagne zu empfehlen.
Quelle: RP-online - Nach Klage: Ex-Gesundheitsamtsleiter Pürner soll erneut versetzt werden
Im vergangenen Jahr sorgte er mit Kritik an der bayerischen Corona-Politik für Schlagzeilen, wurde daraufhin versetzt. Nun plant die Regierung von Schwaben offenbar, die Abordnung des ehemaligen Leiters des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg, Friedrich Pürner, zurückzuziehen. Der Arzt selbst vermutet dahinter ein taktisches Manöver. (…)
Denn in dem Schreiben, in dem man ihm die geplante Rücknahme seiner bisherigen Abordnung mitteilt, steht auch, dass man eine erneute Versetzung plane, diesmal an die Regierung von Oberbayern, mit Sitz in München, wo er sich ab Mitte Juni um Angelegenheiten ausländischer Ärzte im Rahmen ihrer Approbation kümmern solle.
“Für mich ist das reine Schikane. Was ich dort konkret machen soll, ist mir noch völlig unklar. Die genannte Tätigkeit liegt überhaupt nicht in meinem Fachbereich. Aber anscheinend soll ich nun wie ein Wanderpokal weitergereicht werden”, so der Epidemiologie. Er vermutet, dass der Regierung nun klar geworden sei, dass er vor Gericht gute Erfolgschancen gehabt hätte. “Vielleicht wollte man auch vermeiden, dass Sachverhalte im Rahmen der öffentlichen Verhandlung zum Vorschein kommen, die besser nicht bekannt würden – eben zu meiner derzeitigen Tätigkeit.”
In einem aktuellen Schreiben an Pürners Anwalt bestätigt die Regierung nun zum ersten Mal die Vermutung des Arztes, seine Versetzung habe keinen fachlichen Hintergrund – ein Szenario, das von offizieller Seite bislang immer bestritten worden war. Laut Pürners Aussage verweise die Behörde in dem Schreiben auf ein Interview mit ihm, das auf Youtube zu sehen sei. Seine Aussagen in diesem Video seien demnach ausschlaggebend dafür gewesen, dass man ihn nicht länger im Rahmen einer Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst einsetzen wolle.
Quelle: nordbayernAnmerkung unserer Leserin S.H.: Die NDS hatten ja schon vor etlichen Monaten ein Interview mit Friedrich Pürner, dem geschassten Leiter des Gesundheitsamtes in Aichach. Er war mitten in der Pandemie “abgeordnet” worden, weil er Kritik an der Corona-Politik der Staatsregierung geübt hatte. Dagegen klagt er, Gerichtsverhandlung wäre demnächst gewesen. Jetzt versetzt ihn die Regierung von Schwaben überraschend erneut, wieder in einen Bereich, der ihm fachfremd ist. Wohl weil ihr schwante, dass ihr eigenwilliges Vorgehen vor Gericht keinen Bestand gehabt hätte.
In meinen Augen offenbart der Umgang mit Pürner die Hilf- und Ideenlosigkeit der Regierenden im Umgang mit Kritik, auch wenn sie wie in diesem Fall aus fachkundigem Munde stammt.
- „Leben muss endlich wieder wie gewohnt weitergehen“
Fünf Bundestagsabgeordnete der CDU und einer der SPD haben einen Brandbrief an ihre Kollegen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD geschrieben. Ihre Forderung: Keine Verlängerung der epidemischen Lage! (…)
Unmissverständlich schreiben sie an die Bundestagspolitiker von CDU/CSU und SPD: „Wir müssen im Sinne des Volkes handeln. Der Schutz der Gesundheit ist lange genug die einzige Leitlinie der politischen Entscheidungen gewesen. Wir haben die Gesundheit der Menschen geschützt – zumindest die körperliche. Jetzt muss es um den Schutz der seelischen Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und um den Zusammenhalt in der Gesellschaft gehen. Deswegen mein Appell: Stimmen Sie am 10.06.2021 mit ‚NEIN‘.“
Neben Brandbrief-Verfasser Albert Weiler haben auch seine Parteikollegen Sylvia Pantel, Dietlind Tiemann, Veronika Bellmann und Hans-Jürgen Irmer sowie der SPD-Abgeordnete Florian Post den Aufruf unterschrieben.
Quelle: Bild - Koalition einig über Verlängerung der „epidemischen Lage“
Trotz sinkender Infektionszahlen will Bundeskanzlerin Merkel, dass die sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite weiterhin gilt. Davon sind viele Regelungen abhängig. Die Entscheidung muss jedoch der Bundestag treffen. (& )
Auch Verfassungsrechtler sahen eine Verlängerung um drei Monate kritisch. Wir alle sollten ein Interesse daran haben, dass der grundrechtliche Normalzustand möglichst schnell wieder hergestellt wird , sagte etwa der Jenaer Staatsrechtler Michael Brenner. Die Union hatte hingegen argumentiert, dass der Bundestag erst im März festgelegt habe, dass die epidemische Lage für jeweils drei Monate gelte und dann automatisch außer Kraft trete. Außerdem könne der Bundestag die epidemische Lage jederzeit vorzeitig aufheben. Es wäre daher unnötig und völlig widersinnig, alle paar Wochen das Gesetz zu ändern , sagte Frei.
Mit der Bundesnotbremse , die am 30. Juni auslaufen soll, hat das nichts zu tun. Diese war nachträglich ins Infektionsschutzgesetz geschrieben worden. Eine Verlängerung ist nach WELT-Informationen nicht geplant.
Quelle: WeltAnmerkung Christian Reimann: Wann, wenn nicht jetzt, sollen denn die „epidemische Lage“ und die damit im Zusammenhang stehenden politischen Maßnahmen beendet werden? Möchte die Mehrheit des Deutschen Bundestages etwa noch weiter abwarten und zusehen, dass z.B. noch mehr Bürgerinnen und Bürger finanziell und psychisch belastet werden sowie insbesondere zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen pleite gehen, was das Bild vieler Innenstädte verändern wird? Was soll vor allem aus Kindern und Jugendlichen werden, die sich schnell an eine „neue Normalität“ gewöhnen könnten?
- Im Reich der Großagrarier
Der Boden in Sachsen-Anhalt ist besonders fruchtbar. Eine Reform sollte die Kleinbauern stärken – doch dann nutzten riesige Betriebe ihre Lobbymacht. (…)
Nachdem der Bauernverband den Entwurf des Agrarstrukturgesetzes abgelehnt hatte, knickte vor allem die Regierungspartei CDU ein, die traditionell eng verbunden mit der Agrarlobby ist. Auch der CDU-Politiker Hermann Onko Aeikens, bis 2016 Agrarminister in Sachsen-Anhalt, war schon mit einem ähnlichen Vorstoß gescheitert.
Ihre Ablehnung scheint die CDU auch nach der Wahl am Sonntag beibehalten zu wollen: In ihrem Wahlprogramm taucht das Gesetz nicht auf. So ist es auch bei der FDP. Die AfD äußert sich in ihrem Programm überhaupt nicht zur Landwirtschaft. Nur Grüne und SPD werben in ihren Programmen damit, dass sie ein Agrarstrukturgesetz erreichen wollen.
Quelle: taz - Ein preisverdächtiger Wahlkampf
Wenn man der Annahme folgt, dass Parteien im Wahlkampf demonstrieren, was sie im Falle einer Regierungsbeteiligung tun würden, dann wollen Union, SPD und FDP wohl einfach vier Jahre lang über die Grünen meckern. Letztere haben bisher im Grunde jedes Thema gesetzt, wenn auch teilweise unfreiwillig.
Diesmal geht es um eine politische Forderung: Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will, dass man im Jahr 2023 für einen Liter Benzin 16 Cent Klimaaufschlag zahlt.
Genau genommen will sie, dass dann eine Tonne CO2 in Deutschland 60 Euro kostet statt 25 Euro wie aktuell, was auf den Liter Benzin gerechnet laut ADAC schon etwa sieben Cent sind. So soll unter anderem die Verkehrswende an Fahrt gewinnen, obwohl es sich natürlich auch auf andere Lebens- und Wirtschaftsbereiche wie das Heizen auswirken würde.
Ihr SPD-Konkurrent Olaf Scholz fuhr schweres rhetorisches Geschütz auf: “Wer jetzt einfach immer weiter an der Spritpreisschraube dreht, der zeigt, wie egal ihm die Nöte der Bürgerinnen und Bürger sind”, sagte er der Bild. (…)
Auch die Linke meckert ausgiebig. Dort hat man allerdings einen politischen Gegenentwurf im Gepäck. Man bevorzuge beim Klimaschutz “intelligentes Ordnungsrecht”, schreibt das Spitzenduo Janine Wissler und Dietmar Bartsch gemeinsam mit dem Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin in einer Erklärung vom Freitag.
“Klimapolitik vor allem über Preiserhöhungen zu betreiben, spaltet die Gesellschaft und nützt dem Klima wenig, weil die Besserverdienenden, die zu einem höheren CO2-Ausstoß beitragen, die höheren Preise problemlos zahlen können”, heißt es weiter.
Die Vorschläge der Linken sind an vielen Stellen noch recht unspezifisch. Auch ein Sätzchen zum Thema Erdgas, zu dem sich gerade Dietmar Bartsch in der Vergangenheit schon klimapolitisch fragwürdig geäußert hatte, wäre spannend gewesen. Wie die Partei es schaffen will, ihr extrem ambitioniertes Ziel “Klimaneutralität 2035” zu erreichen, ohne klimaschädliches Verhalten teurer zu machen, bleibt rätselhaft.
Aber der Fokus auf eine gerechte Verteilung der Kosten ist dringend nötig – einpreisen muss man dabei natürlich auch die gigantischen Kosten, die die Klimakrise verursacht, weil sie Lebensgrundlagen zerstört. Die Klimakrise ist insgesamt eine riesige Verteilungsfrage.
Die Linken tun galant als “schwammiges Grünen-Konzept der Kompensationszahlungen” ab, was die Grünen als Sozialausgleich eingeplant haben, nämlich das sogenannte Energiegeld. Das würde an alle Bürger:innen gleichmäßig aus den Einnahmen des CO2-Preises ausgeschüttet.
Reiche Haushalte bekämen dadurch wohl einen kleineren Anteil des für CO2 gezahlten Geldes zurück als arme – allerdings nur, weil die sich das Klimaanheizen von vornherein nicht im selben Maße leisten können.
Dass die Linken diesem Konzept keine große Beachtung schenken, lässt sich wohl durch Wahlkampftaktik erklären, aber vielleicht auch damit, dass sie es schlicht nicht als gerecht anerkennen.
Quelle: klimareporter - Vertrauliches Gutachten: Laschets Regierung vernachlässigt Umweltkriminalität
Die 38 Seiten, die noch immer in einem Ordner in Düsseldorf schlummern, waren eigentlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Dabei haben sie die Landesregierung rund 75.000 Euro gekostet. Noch unangenehmer ist für die Auftraggeberin jedoch der Inhalt. In dem vertraulichen Gutachten listen Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers detailliert auf, wie die schwarz-gelbe Landesregierung die Strukturen im NRW-Umweltministerium im Sommer 2017 entscheidend änderte – und damit die Bekämpfung von Umweltkriminalität zur Nebensache abwertete.
Dem WDR-Magazin Westpol liegt das Organisationsgutachten zur „Untersuchung über die Auflösung der Stabsstelle Umweltkriminalität“ vor. Seit September 2020 ist es bereits fertig gestellt – und noch immer unter Verschluss. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) legte dem Landtag im Januar 2021 lediglich eine grobe schriftliche Zusammenfassung vor.
Quelle: WDRAnmerkung unseres Lesers H.H.B.: nach meiner Einschätzung werden wir ab September den Kanzler Laschet ertragen müssen….
Und es wird spannend, wie sich die dann wahrscheinlich (bis vielleicht?) mitregierenden Grünen in ihrer ‘Kernkompetenz Umwelt’ mit eben diesem arrangieren werden…
Wo doch selbst der WDR immer wieder mal Kritik an Laschet üben muss.
- Offener Brief: Alle gegen noch mehr Staatstrojaner
Es gibt nur wenige Gesetzesvorschläge, bei denen sich einfach alle einig sind, dass sie ganz schlechte Ideen sind. Für das Ende der Legislaturperiode hat die Koalition aus CDU, CSU und SPD gleich zwei davon auf der To-Do-Liste:
Mit dem Gesetz zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts sollen alle deutschen Geheimdienste die Befugnis zum Hacken erhalten.
Das Bundespolizeigesetz soll der Behörde nicht nur den Einsatz von Staatstrojanern gestatten, sondern auch noch erlauben, damit Personen zu hacken, die gar keine Straftat begangen haben oder einer verdächtigt werden: Denn neben den verdächtigen Zielpersonen sollen auch Unverdächtige gehackt werden dürfen.
Und mit der maßlosen Ausweitung der Trojanereinsätze ist es nicht getan: Anbieter von Internet-Diensten sollen verpflichtet werden, aktiv bei der Infektion der Geräte ihrer Kundinnen mitzuwirken. So sollen offenbar insbesondere Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messenger gezielt geschwächt werden.
„Dies wäre der Todesstoß für das Vertrauensverhältnis zwischen Nutzerinnen und Anbieterinnen“, sagte Linus Neumann, Sprecher des CCC. Um die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu brechen, muss auf jeden Fall in die Integrität der Geräte eingegriffen werden – ein Grundrechtseingriff mit weitreichenden Konsequenzen. „Man fragt sich mittlerweile, wie beratungsresistent eine Regierung schon sein muss, um sämtliche Kritik einfach nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen und zusätzlich private Unternehmen zu Hilfsarbeitern der Geheimdienste zu machen.“
Die Vorschläge sind so absurd, dass wirklich alle in die Ausschussanhörung im Bundestag eingeladenen Sachverständigen die Ideen scharf kritisierten, selbst die von den Fraktionen der Großen Koalition vorgeschlagenen. Doch nicht nur der Chaos Computer Club und sämtliche der bestellten Sachverständigen kritisieren das Ansinnen scharf: Selbst Facebook und Google – bisher nicht als Vorreiterinnen der Privatsphäre positiv aufgefallen – sprechen sich vehement gegen das Vorhaben aus.
Der CCC wendet sich in dem gemeinsamen offenen Brief zusammen mit Facebook, Google sowie Verbänden und vielen privatsphärebewussten Dienstanbieterinnen und NGOs gegen diese Vorhaben und fordert: Sicherheit und Vertrauen online schützen – Gegen eine unbegrenzte Ausweitung von Überwachung und für den Schutz von Verschlüsselung.
Wenn sich weit und breit keinerlei Fürsprecher mit Sachverstand sowie Respekt für Grundrechte und innere Sicherheit finden lassen, dann sollte man ein Vorhaben einfach seinlassen.
Quelle: Chaos Computer Club - „Wir spielen mit unserer eigenen Zerstörung“
Interview mit Noam Chomsky über den israelisch-palästinensischen Konflikt und warum die Menschheit sich an einem einmaligen Moment in der Geschichte befindet
Sie gehören zu den bekanntesten Experten des israelisch-palästinensischen Konflikts im Nahen Osten und zu den größten westlichen Kritikern Israels. Wie bewerten Sie die jüngste Eskalation?
Noam Chomsky: Es gibt immer neue Wendungen, doch im Grunde genommen handelt es sich hierbei um eine alte Geschichte, die vor rund einem Jahrhundert begann und nach dem Sechs-Tage-Krieg und den israelischen Eroberungen im Jahr 1967 neue Formen annahm. Man entschied sich damals für die Expansion und zog diese gegenüber Sicherheit und einem diplomatischen Abkommen vor. Die Vereinigten Staaten unterstützten diesen Schritt in jeglicher Hinsicht. Sie hätten den Konflikt schon längst lösen können, doch der politische Wille hat hierfür gefehlt.
Währenddessen bewegte sich die dominierende Tendenz innerhalb der zionistischen Bewegung in Richtung eines langfristigen Zieles: Die Vertreibung der Palästinenser und ihre Ersetzung durch jüdische Siedler, die als „rechtmäßige Besitzer des Landes“ betrachtet werden und nun nach einem „Jahrtausend des Exils“ zurückkehren. Lord Arthur James Balfour, der Verfasser der gleichnamigen Deklaration (1917) und jener Mann, der den Juden eine „nationale Heimstätte“ in Palästina versprach, war mit diesem Projekt zufrieden. Er war der Meinung, dass das zionistische Bestreben wichtiger sei als die Wünsche und Vorstellungen der damals 700.000 Palästinenser, die in jenem historischen Land beheimatet waren.
Sie vergleichen also die gegenwärtigen Entwicklungen mit den damaligen Vertreibungen von Palästinensern?
Noam Chomsky: Es handelt sich um die Fortführung der damaligen Politik. Der Zionismus war schon immer opportunistisch. Sofern es möglich ist, adaptieren die israelische Regierung sowie die gesamte zionistische Bewegungen Strategien des Terrors und der Vertreibung. Falls die Bedingungen es nicht zulassen, wird auf sanftere Mittel zurückgegriffen. Vor einem Jahrhundert geschah dies mittels eines Wachturms und eines Zauns. Bald wurden daraus Siedlungen und vor Ort wurden Fakten geschaffen. Die Menschen wurden verjagt und vertrieben und der israelische Staat ist entstanden. Natürlich hat alles, was heute geschieht, mit diesen Ereignissen zutun, Man kann sie nicht einfach ausblenden. Heute ist es ebenjener Staat, der palästinensische Familien aus ihren Häusern, in denen sie seit Generationen leben, vertreibt. Die juristischen Rechtfertigungen hierfür, die es innerhalb Israels gibt, sind absolut rassistisch.
Das Rückkehrrecht der Palästinenser steht nicht zur Debatte. Selbst eine Rückkehr zu dem, was von den Häusern übriggeblieben ist, wird nicht gestattet. Das Ziel der israelischen Regierung ist die Errichtung eines „Großisraels“, dass weite Teile Jerusalems und die umgebenden arabischen Dörfer, das Jordantal sowie einen großen Teil des Westjordanlandes beinhaltet. Das Schicksal der palästinensischen Bevölkerung, die in diesen Gebieten lebt, interessiert die Verantwortlichen nicht. Sie werden als Menschen zweiter Klasse betrachtet.
Quelle: Emran Feroz in buchkomplizenAnmerkung Christian Reimann: Auf den NachDenkSeiten ist vor wenigen Tagen dieses Interview von Emran Feroz mit Noam Chomsky erschienen: „Ein brutaler Gefängniswärter hat kein Recht, danach zu fragen, wie er sich gegen den Widerstand der Gefangenen zu verteidigen hat“.
- Israel – Deutschland – Palästina
Das Beziehungsgeflecht zwischen Israel, Deutschland und Palästina ist komplex, gerade weil seine historischen Koordinaten augenscheinlich einfach zu erklären sind. ja auf der Hand liegen.
Dass Deutsche an Juden im 20. Jahrhundert Monströses verbrochen, und Juden die israelische Staatsgründung auf dem Rücken der Palästinenser vollzogen haben, ist evident, lässt aber zugleich die Frage der Kausalbeziehung zwischen beiden geschichtlichen Ereignissen und ihre Relevanz für das gegenwärtige Beziehungsgeflecht aufkommen. Denn insofern die Gründung des zionistischen Staates durch die Dringlichkeit einer Zufluchtsstätte für Juden infolge der Shoah mit internationalem Einverständnis beschleunigt wurde, stellt sich die Verbindung von Shoah und Israel von selbst her, somit aber auch mutatis mutandis die Verbindung der Palästinenser zu Deutschland: Denn insofern die Gründung Israels (mit) eine Folge der von den Deutschen verursachten Shoah war, ist damit auch das mit dieser Staatsgründung von Juden an den Palästinensern begangene historische Unrecht impliziert. (…)
Deutsche Solidarität mit Israel – kann es, fragt man sich spontan, ein Muss geben, das weniger hinterfragbar wäre? Ist, so die unwillkürlich aufkommende Assoziation, eine solche Solidarität nicht ganz und gar selbstverständlich, eine gleichsam zur Maxime geronnene, an jede/n anständige/n Deutsche/n zu stellende Forderung? Aufgrund des von Deutschen an Juden verbrochenen Völkermords kann doch die Solidarität mit Israel weder moralisch noch politisch-zweckhaft ernstem Zweifel unterstellt werden, und wenn dies dennoch geschieht, so die auf unabdingbare Solidarität pochende Vermutung, darf davon ausgegangen werden, dass solcher Zweifel antisemitischen Impulsen, gar ausgewachsenem Antisemitismus geschuldet sei.
Diese Auffassung beruht gleichwohl auf einem fundamentalen Missverständnis. Denn es wird hier ein weder rein begrifflich noch vom Selbstverständnis vieler Juden her zulässiger Konnex hergestellt. Juden schlichtweg mit Israel und mit der israelischen Staatsideologie des Zionismus identifizieren zu wollen, mag dem psychologischen Bedürfnis nachkommen, Kollketivitäten in lapidaren Begriffsbildungen zu fassen und deren Heterogenität unter leicht handhabbaren Ordnungsvorstellungen zu subsumieren, geht jedoch an der Vielfalt innerjüdischer Diskurse über das jüdisch Kollektive und an den divergenten Richtungskämpfen um den Anspruch auf eine allgemein „verbindliche“ jüdische Identität vollkommen vorbei. Und wenn dies schon einen Verrat am Judentum darstellt, muss man sich erst die Ausmaße des Verrats dieser Analogisierungsideologie an den Palästinensern vorstellen. In vielerlei Hinsicht ist da Hitlers verlängerter Arm am Werk.
Quelle: Moshe Zuckermann in buchkomplizen