„Putins Koch“, Laschet-Bashing, „Impf-Turbo“: Die Welt von ARD-„Kontraste“

„Putins Koch“, Laschet-Bashing, „Impf-Turbo“: Die Welt von ARD-„Kontraste“

„Putins Koch“, Laschet-Bashing, „Impf-Turbo“: Die Welt von ARD-„Kontraste“

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

Wer drei der aktuell dominierenden Stränge der Meinungsmache auf engstem Raum erleben wollte, musste gestern nur das ARD-Magazin einschalten. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Einen komprimierten Überblick über momentan bestimmende Themen einer fragwürdigen Berichterstattung in zahlreichen großen Medien lieferte die letzte Ausgabe von „Kontraste“. Es sind darum nicht nur die fragwürdigen Macharten der einzelnen Beiträge, die irritieren, es ist auch die Zusammenstellung. Die kommt einer simplen Verstärkung ohnehin fest etablierter „Narrative“ gleich.

„Putins Koch“

Dass Kontakte nach Russland von vielen deutschen Medien in die Nähe von „Feindkontakten“ gerückt werden, ist nichts Neues. In den letzten Tagen wurde diese Linie nochmals verschärft, auch befeuert durch die politisch-offiziellen Äußerungen vom G7-Gipfel, die Russland „bösartige Aktivitäten“ vorwerfen. Dementsprechend überraschte es nicht, dass auch der aktuelle „Kontraste“-Bericht über deutsch-russische Kontakte („Putins Koch“) aufgemacht war wie der Bericht über einen Kriminalfall: mit Thriller-Piano als Untermalung und gehalten in einem raunenden und „investigativen“ Grundton.

Dass Russland – wie zahlreiche andere Länder auch – versucht, Beziehungen zu wichtigen Persönlichkeiten in Deutschland aufzubauen, ist so selbstverständlich wie unbestritten. Allein die Darstellung dieses offensichtlichen Faktes als Sensation kann bereits als Meinungsmache bezeichnet werden. Die Frage sollte darum nicht sein, ob es diese Kontaktaufnahmen gibt, sondern: Sind diese Beziehungen und Kontakte (im Fall des „Kontraste“-Berichts etwa zu Bundestagsabgeordneten aus vier Parteien) in deutschem Interesse? Und wenn nein: Werden sie verschleiert? Die erste Frage kann mit „ja“ beantwortet werden, die zweite (zumindest im konkreten Fall) mit „nein“. „Kontraste“ versucht aber den gegenteiligen Eindruck bei beiden Fragen zu vermitteln.

Dass die ganze angestrengte Inszenierung des Beitrags als investigative „Aufdeckung“ ein bisschen lächerlich und selbstbeweihräuchernd erscheint – geschenkt. Nebenbei drängt sich aber auch hier die schon oft gestellte Frage auf, warum fürstlich ausgestattete öffentlich-rechtliche Sender immer wieder „Recherche-Gemeinschaften“ mit Privatmedien eingehen müssen, in diesem Fall mit der „Zeit“. Ist die eigene, vom Bürger bezahlte Man- und Brain-Power also nicht einmal für solch dünne antirussische Meinungsmache ausreichend, wie sie der besprochene Beitrag anstrebt?

Endgültig widersprüchlich wird der privat-öffentlich-rechtliche Bericht dadurch, dass ausgerechnet ein Experte vom „German Marshall Fund Of The United States“ angesichts der russischen Kontakte mit deutschen Parlamentariern vor ausländischer Einmischung warnen darf. Zustimmen kann man dagegen einer Äußerung eines der „Beschuldigten“ im Beitrag (des Bundesverbands für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft): Man könne nicht alle seine Kontakte von der Gewährung einer „transatlantischen Akzeptanz“ abhängig machen.

Laschet-Bashing

Der „Kontraste“-Bericht über Armin Laschet und seinen schweren Stand bei CDU-Verbänden im Osten folgt auf eine weitverbreitete, teils heftige Stimmungsmache vieler großer Medien gegen den Unions-Kanzlerkandidaten. Hier beißt sich die mediale Katze in den Schwanz: Viele der Ressentiments gegen Laschet, die „Kontraste“ in Bildern und O-Tönen aktuell im Osten einfing, wurden auch durch ähnliche Berichte in der jüngeren Vergangenheit geschürt. Die teils auch durch diese Meinungsmache erst provozierten Zitate können nun wiederum für die fortgesetzte Meinungsmache genutzt werden und stützen diese scheinbar.

Der teils zu beobachtende Impuls, ausgerechnet einen führenden CDU-Politiker gegen unseriöse Meinungsmache in Schutz nehmen zu „müssen“, muss für viele Bürger sehr ungewohnt sein. Eine Befremdung angesichts dieser Meinungsmache sollte nicht als Verteidigung der CDU-Politik missverstanden werden. Aber bei allen starken und berechtigten prinzipiellen Vorbehalten gegenüber der CDU, die etwa Albrecht Müller gerade im Artikel „Der CDU/CSU die Maske abgenommen“ thematisiert hat, und auch bei den berechtigten Vorbehalten gegenüber dem konkreten Politiker Laschet sollte auch bedacht werden: Laschet ist möglicherweise die Person, die am ehesten noch eine Kanzlerin Baerbock verhindern könnte.

Der stotternde „Impf-Turbo“

Man muss kein prinzipieller Impf-Skeptiker sein, um der Art der Berichterstattung zum Thema AstraZeneca in „Kontraste“ skeptisch gegenüberzustehen. Der deutsche „Impfturbo“ werde durch das inzwischen weitverbreitete Misstrauen vieler Bürger gegenüber AstraZeneca und ihrem „Beharren“ auf anderen Impfstoffen gebremst. Dieses Misstrauen soll in dem ARD-Magazin offensichtlich zerstreut werden.

Schließlich sei die „tatsächliche“ Gefahr, „schwer an Corona zu erkranken“, nach Ansicht von Risikoforschern für „die meisten Menschen“ viel höher, als schwere Impf-Nebenwirkungen zu erleiden. Viele Hausärzte wünschten sich nun Schützenhilfe von der Politik. Manche Ärzte würden sich „den Mund fusselig reden“, um Patienten doch noch von dem AstraZeneca-Stoff zu überzeugen, so eine Ärztin. Aber die Marke sei beschädigt.

Die Frage, ob es die Aufgabe von Hausärzten ist, ihre zweifelnden Patienten von bestimmten pharmazeutischen Marken-Produkten zu „überzeugen“, wird nicht angemessen gestellt. Das Misstrauen wird auch als Ergebnis eines verunglückten Marketings beschrieben.

Der Bericht schließt mit einer fragwürdigen „Modulation“ der Humboldt-Uni Berlin, bei der die „Inzidenzen“ in dem Maße jäh abstürzen würden, in dem der „Impfturbo“ angeworfen würde. Als Motivation werden am Schluss Sehnsuchtsbilder von Spielplätzen, Cafés und vollen Stränden gezeigt. Die indirekte Botschaft: Wenn die Bürger weiter stur und störrisch auf ihren Zweifeln gegenüber bestimmten Produkten der Pharmaindustrie „beharren“, dann wird ihnen dieser Zustand auch weiterhin (und zu recht, wie der Beitrag indirekt vermittelt) verweigert.

Titelbild: Sergey Kohl / Shutterstock

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