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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Am “Tag der Arbeit” wenig Anlass zum Feiern – Deutschland bleibt Niedriglohnland
  2. Offener Brief an Susanne Hennig-Wellsow
  3. Victoria «Fuck the EU» Nuland ist wieder im Amt
  4. Das Ende der Pandemie
  5. Pressefreiheit und Corona: “Panik ist kein guter Ratgeber”
  6. Abschied von der Friedensunion, Aufbruch in neue Klimapolitik – und Zensur bei Facebook
  7. “Russland dort treffen, wo es wirklich wehtut!” – Fischer und Lambsdorff machen mobil
  8. 65.000 Mitarbeiter fehlen: Dem Handwerk gehen die Fachkräfte aus
  9. „Sie strampeln sich wahnsinnig ab, aber sie kommen nie auf die sichere Seite“
  10. »Es ist ein Geheimnis, das alle teilen und über das niemand spricht«
  11. Merkel schwänzt EU-Sozialgipfel – schon wieder
  12. Frankreich lockert wieder – die letzte Möglichkeit das Gesicht zu wahren?
  13. Mutanten, Sauerstoffmangel, überfüllte Kliniken: Was ist wirklich los in Indien?
  14. Klimaschutz: Warum die nächste Wahl alles entscheidet
  15. Paraquat Papers: Wie Syngenta jahrzehntelang Warnungen ignorierte, um sein hochgiftiges Pestizid im Markt zu halten
  16. Düsseldorfer Verwaltungsgerichtspräsident kritisiert Merkel scharf
  17. Generalstreik in Kolumbien: “Regierung gefährlicher als das Virus”
  18. Die offene Gesellschaft und ihre neuen Feinde

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Am “Tag der Arbeit” wenig Anlass zum Feiern – Deutschland bleibt Niedriglohnland
    Und es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches wohl mehr zur Spaltung beitragen dürfte, als jede vermeintliche ausländische Kraft – sollte es solche mit diesem Ziel überhaupt geben – vermöchte. Zudem hat es langfristige Folgen. Während für viele Niedriglöhner und andere prekär Beschäftigte während ihres Arbeitslebens Grundrechte wie Wohnen und gesundes Leben nahezu unbezahlbar werden und Familiengründungen nur noch durch Verschuldung finanzierbar sind, ist die Aussicht auf Altersarmut für Millionen Arbeitnehmer wohl Gewissheit, denn der Schutz vor materieller und sozialer Unsicherheit ist ohne existenzsicherndes Einkommen nicht möglich. Schon 2018 verdienten acht Millionen abhängige Beschäftigte weniger als 11,40 Euro brutto pro Stunde, sehr viele erhielten sogar weniger als den gesetzlichen Mindestlohn, wie eine Bertelsmann-Studie aufzeigt. Durch die Corona-Krise kommt eine sehr große Anzahl an Selbstständigen hinzu, die nicht mehr von ihrer Arbeit leben kann. Gleichzeitig werden Unternehmen mit Milliarden subventioniert, welche als Dividenden teils wieder bei jenen landen, die bereits für ihre Enkel mit ausgesorgt haben dürften – auch in Form von Kurzarbeitergeld.
    Schwer vorstellbar sind die Lebensrealitäten von prekär Beschäftigten womöglich bereits von jenen, die mittleren Entgelte teils deutlich oberhalb von 6.000 Euro – wie etwa Juristen mit guten Jobs in der Rechtsberatung oder Rechtsprechung – erhalten. Der wirkliche Kontrast aber zeigt sich zu den Gehältern von Konzernchefs. Im Corona-Jahr gehörte Linde-CEO Steve Angel mit einer Gesamtvergütung von 53,4 Millionen Euro mit Abstand zur Spitze der DAX-Konzernchefs. Laut der Zeitschrift Capital sah es für Adidas-Chef Kasper Rorsted schlechter aus: Gehörte er mit Bezügen in Höhe von 7,2 Millionen Euro 2019 noch zu den Großverdienern unter den DAX-Vorstandschefs musste er im vergangenen Jahr, in dem sein “Unternehmen von der Krise übel erwischt wurde”, mit nur noch 3,7 Millionen Euro über die Runden kommen. Und diese Unterschiede weiten sich aus – die durchschnittlichen Reallöhne sinken, während DAX-Vorstandsgehälter zuletzt ein Plus von 14,6 Prozent verzeichnen konnten.
    Im Friseurgewerbe hingegen – mit einem Niedriglohnanteil von 92 Prozent – lag das mittlere Einkommen zuletzt bei 1.680 Euro brutto im Monat. Bei den Berufskraftfahrern im Personentransport sind wie auch im Bereich Kosmetik 78 Prozent, in der Floristik arbeiten 85 Prozent aller regulär Vollzeitbeschäftigten zu niedrigen Löhnen. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken zum Tag der Arbeit.
    Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, die die Anfrage gestellt hat, prangert an, dass der sogenannte Mindestlohn bisher wenig daran geändert hat, dass Millionen Beschäftigte mit niedrigsten Löhnen abgespeist würden. “In der Corona-Krise werden nun ausgerechnet die Beschäftigten mit den niedrigsten Löhnen am härtesten von den Lockdowns getroffen.”
    Vorrangig müsse die Krisenabsicherung deutlich verbessert werden. “Das Kurzarbeitergeld ist für viele Beschäftigte zu niedrig, um davon leben zu können”, sagte Zimmermann. Auch das Arbeitslosengeld müsse erhöht werden. Zügig müsse der Mindestlohn auf 12 Euro steigen. Der Sozialverband VDK fordert einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro.
    Zum Tag der Arbeit hat auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz eine bessere Bezahlung etwa von Pflegekräften und Verkäuferinnen verlangt. “Der 1. Mai ist und bleibt ein wichtiger Feiertag. Er erinnert uns an die Würde der Arbeit,” sagte Scholz den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft am Freitag. Wer dies wie finanzieren muss, erklärte der Finanzminister auch: Wenn man eine bessere Bezahlung für die Pflegekräfte wolle, dann habe das Konsequenzen für die Pflegeversicherung. “Und wenn die Verkäuferinnen anständig entlohnt werden, wird sich das auf die Preise auswirken. Das müssen uns der Respekt und die Würde schon wert sein”, meinte der Bundesfinanzminister. Die Co-Chefin der Linken, Janine Wissler, konterte jedoch mit einem Verweis auf die Verantwortlichkeit der Bundesregierung. Grundsätzlich begrüße sie es, dass der Vizekanzler Anerkennung und Würde für die Pflegekräfte entdecke, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Allerdings entstehe der Eindruck, als habe er mit der Regierungspolitik der letzten Jahre nichts zu tun. “Herr Scholz, Sie sind Teil der Bundesregierung, Ihre Aufgabe ist es nicht zu klatschen und über Anerkennung zu sprechen, Ihre Aufgabe ist es zu machen”, erinnerte ihn Wissler.
    Quelle: RT DE
  2. Offener Brief an Susanne Hennig-Wellsow
    Dein Angriff auf Sahra Wagenknecht im SPIEGEL-Interview (SPIEGEL 18/21)
    Hallo Susanne!
    Deine Aufgabe als Parteivorsitzende ist es, DIE LINKE nach außen zu repräsentieren und nach innen zu integrieren. Abgesehen davon, dass Dir ersteres in Deinen bisherigen Fernsehauftritten nicht besonders gut gelungen ist: In Deinem Spiegel-Interview tust Du das genaue Gegenteil: Mit Deinem öffentlichen Angriff auf Sahra Wagenknecht, die Spitzenkandidatin der Linken in NRW zur Bundestagswahl, desintegrierst Du nicht nur eine ganze Strömung der Linken, sondern brüskiert einen wichtigen Landesverband und schadest diesem massiv im Bundestagswahlkampf. Schaden nimmt damit die ganze Partei, so auch wir in Oldenburg mitten im Kommunalwahlkampf, wo wir eine anerkannte kommunalpolitische Kraft sind, die immer wieder von Sahras Unterstützung profitiert.
    Dazu kommt die Substanzlosigkeit Deines Vorwurfs gegenüber Sahra: Unter Hinweis auf ihr neues Buch sagst Du ohne jegliche inhaltliche Begründung, sie suche ihre Antworten in der Vergangenheit und in einer Gesellschaft, die nicht mehr existiere. Gemeint sein kann damit ja nur das, was Sahra im zweiten Teil ihres Buches als ihren gesellschaftlichen Gegenentwurf vorstellt. Auf dem Zeitstrahl, auf dem dieser Entwurf in der Vergangenheit liegt, würde ich liebend gerne leben.
    Als Anknüpfungspunkte für ihren Zukunftsentwurf definiert Sahra in dem Buch gemeinschaftsorientierte Werte wie Zusammenhalt, ein faires Miteinander und Hilfsbereitschaft. Gerade diese Werte seien nur durch sozialen Ausgleich zu erreichen. Statt einer Vertiefung der als antidemokratisch und antisozial beschriebenen europäischen Integration (Vergangenheit) möchte Sahra den Umbau der EU zu einer Konföderation souveräner Demokratien (Zukunft).
    Ein weiteres Feld, dem Sahra sich in dem Buch mit konkreten Vorschlägen widmet, ist die Verhinderung wirtschaftlicher Macht (Vergangenheit). Sie plädiert für eine De-Globalisierung und für ein internationales Regelwerk, das den einzelnen Ländern größere Spielräume zur Gestaltung der eigenen Wirtschaftspolitik gibt. Sie entwirft die Zielvorstellung einer „Marktwirtschaft ohne Konzerne“ in der die Zusammenballung wirtschaftlicher Macht unterbunden werden soll (Zukunft).
    Einen erheblichen Schritt über den gegenwärtigen Diskurs hinaus geht Sahra mit ihrem Vorschlag für ein neues Eigentumsrecht, für das sie den Begriff des Leistungseigentums einführt. Ein Unternehmen solle keine externen Eigentümer (Vergangenheit), sondern Kapitalgeber mit unterschiedlichem Verlustrisiko haben. Dadurch würde sichergestellt, dass diejenigen, die im Unternehmen wirklich eine Leistung erbrächten profitierten (Zukunft). Ein visionärer Gedanke, der eine breite öffentliche Debatte verdient. […]
    Quelle: Jonas Höpken
  3. Victoria «Fuck the EU» Nuland ist wieder im Amt
    Was viele befürchtet haben, ist Realität. Victoria Nuland, die 2014 für die Ukraine zuständige US-Diplomatin, ist nun reaktiviert.
    Nicht nur in Europa, auch in den USA haben etliche Organisationen, die für internationalen Frieden einstehen und die Kriegspolitik der Demokraten unter Präsident Joe Biden nicht unterstützen, in öffentlichen Appellen davor gewarnt, Victoria Nuland politisch zu reaktivieren (Infosperber hat darüber informiert). Nuland war die einflussreichste Strippenzieherin im Jahr 2014, als auf dem Maidan in Kiev in der Ukraine gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Wiktor Janukowytsch demonstriert wurde, was schliesslich in einem Putsch endete. Neuer Ministerpräsident wurde denn auch Victoria Nulands Kandidat Arsenij Jazenjuk (2014-2016), weil dieser der Garant war, dass jetzt alles nach US-Wunsch lief.
    In Europa wurde Victoria Nuland bekannt, weil sie in einem abgehörten Telefongespräch die Formulierung «Fuck the EU» verwendete: Scheiss auf die EU.
    Jetzt hat der US-Kongress ihre Ernennung zur «Under Secretary of State for Political Affairs» bestätigt, also als «Unterstaatssekretärin», womit sie nun zu den engsten Beratern von Aussenminister Blinken gehört. Dass dies ausgerechnet jetzt geschehen ist, wo die geopolitischen Spannungen zwischen den USA, der NATO und der EU einerseits und Russland und China andererseits so angespannt sind wie seit dem Kalten Krieg nie mehr, ist kein gutes Signal aus Amerika.
    Quelle: Infosperber
  4. Das Ende der Pandemie
    Das Ende der Pandemie naht. Der Chef des RKI wehrt sich zwar noch, aber inzwischen dürfte klar sein, Lothar Wieler wird seinen Stuhl bald räumen müssen. Die Behörde steht für eklatantes Versagen in der Corona-Pandemie. Seit einem Jahr gelingt es nicht, verlässliche Daten bereitzustellen oder zu erheben, auf deren Grundlage man brauchbare Aussagen tätigen oder Szenarien über den Fortgang der Pandemie entwickeln könnte. Die letzte Prognose, die Wieler und sein Team vorstellten, beschrieb eine Katastrophe. Inzwischen steht fest, das trifft nur auf die Projektion selbst zu. (…)
    Während in Deutschland ernsthaft darüber gestritten wird, welche Rechte Geimpfte, Genesene oder Getestete in ein paar Wochen vielleicht beanspruchen dürfen, wird anderswo einfach für alle geöffnet. Einen anderen Weg gibt es auch nicht mehr. Die Glaubwürdigkeit der Behörden ist dahin und die der Wissenschaftler, die über virale Raketenantriebe fabulierten ebenso. Dennoch versucht die Bundesregierung erst einmal die Einschränkungen für Geimpfte und Genesene aufzuheben. Das muss sie auch tun, da es sonst die Gerichte erledigen. Der Weg ist dennoch falsch, da er ja bedeutet, den anderen diese Rechte weiter vorzuenthalten. Viel Spaß dabei, das sind ja auch Wähler. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat die Sprengkraft eines solchen Vorgehens wohl erkannt und sich daher letzte Woche dagegen ausgesprochen.
    Doch auch er kommt um das einleuchtende juristische Argument nicht herum. Geimpfte stellen nach offizieller Lesart der Pandemie keine Gefahr mehr dar. Sie in ihren Rechten zu beschränken, ist daher weder angemessen, noch verhältnismäßig. Das es nun immer noch nicht genug Impfstoff für alle anderen gibt, ist kein Grund, der gegen diese Auffassung spräche, sondern vor allem eines: politisches Versagen. Die Impfstoff-Knappheit hätte vermieden werden können, stellt aber auch so kein großes Problem mehr dar, da die Risikogruppen davon nicht mehr betroffen sind. Auch das gehört zur Lesart der Pandemie. Der Schutz der Alten wird langsam abgeschlossen. Sie sind weitgehend imunisiert, nun so zu tun, als bestünde auch für alle anderen, mit Ausnahme der Vorerkrankten, eine außerordentliche Gefahr, ist unredlich. So hart es nun einmal klingt, aber dafür sterben aus diesen Altersgruppen einfach viel zu wenige. (…)
    Die niedersächsische Regierung passt sich dieser unausweichlichen Lage offenbar an und plant daher nun für den 10. Mai mit weitgehenden Lockerungen für alle. Die alberne Terminbuchung soll für den Einzelhandel fallen und die Testpflicht, für die man vielerorts auch wieder Termine braucht, vermutlich ebenso. Plötzlich spielen bei den Überlegungen die Erfahrungen aus Supermärkten, Drogerien und Co. eine Rolle, wo es das alles seit einem Jahr Pandemie nie gegeben hat. Ein Einfluss auf das Infektionsgeschehen ist nicht nachgewiesen. Und weil man das auch weiterhin nicht wissen will, gibt es auch keinen Grund mehr für pauschale Schließungen. Darauf haben ebenfalls die Gerichte bereits hingewiesen. Die bloße Behauptung oder Vermutung des Verordnungsgebers reicht nicht mehr aus, wenn durch eine bessere Erforschung von Infektionsumfeldern die erforderliche Klarheit geschaffen werden könnte.
    Im Übrigen verläuft die gesellschaftliche Spaltung auch nicht zwischen Geimpften/Genesenen und Ungeimpften/Gesunden, sondern zwischen Arm und Reich. Das hat man lange auch nicht wissen wollen in dem Land, in dem die Kanzlerin mit freundlicher Unterstützung der SPD gut und gerne lebt. Die Erkrankung trifft Menschen aus einkommensschwachen Bevölkerungsschichten deutlich häufiger. Der Grund sind beengte Wohnverhältnisse und prekäre Jobs. An diesen Zuständen ändern dann auch noch viel härtere Lockdowns nichts. Die Stilllegung des öffentlichen Lebens, besonders perfide sichtbar beim Sperren von Spielplätzen, trägt nichts dazu bei, die Benachteiligten und Armen aus ihren prekären Verhältnissen zu befreien. Darüber sollte am 1. Mai gerade die woke Linke einmal nachdenken, die bei Lanz nur noch bedeutungsschwanger vor sich hin philosophiert und sich dann darüber wundert, dass sie in den Umfragen so schlecht dasteht.
    Quelle: TauBlog
  5. Pressefreiheit und Corona: “Panik ist kein guter Ratgeber”
    Sabine Schiffer über das rauere Klima gegen Journalisten, Gefahren durch Projekte gegen Desinformation und verengte Diskurskorridore nach einem Jahr Pandemie
    Zum heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit hat Telepolis mit der Sprachwissenschaftlerin und Medienpädagogin Sabine Schiffer über die Situation der Branche nach einem Jahr Corona-Pandemie gesprochen. Dabei geht es nicht nur um die offensichtlichen Einschränkungen der Pressefreiheit, wenn etwa Journalistinnen und Journalisten gewaltsam an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden.
    Im Interview mit Telepolis äußert sich Schiffer auch zu subtileren Trends: der Polarisierung der Branche, vorschnellen Einordnung von kritischen Akteuren in das Lager der “Corona-Leugner”, aber auch über (über-)staatliche Angriffe auf diskursive Freiheiten, wenn es etwa um das Thema Russland geht.
    Deutlich wird in dem Gespräch mit der Geschäftsführerin des Instituts für Medienverantwortung, dass die Freiheit der Presse von vielen Seiten eingeschränkt werden soll.
    Quelle: Telepolis
  6. Abschied von der Friedensunion, Aufbruch in neue Klimapolitik – und Zensur bei Facebook
    Gestern war ein schwarzer Tag für EUropa. Das Europaparlament hat den 7,9 Mrd. Euro schweren Verteidigungsfonds gebilligt – und damit Abschied von der alten Friedensunion genommen.
    Künftig fördert die EU nicht mehr nur zivile Projekte, sondern auch die Aufrüstung. Es geht um die Entwicklung von Drohnen und den Aufbau militärischer Kapazitäten, um auf Krisen reagieren zu können.
    Zur Begründung muß der frühere US-Präsident Trump herhalten – die EU müsse sich von den USA unabhängig machen, heißt es. Das könnte sie aber auch innerhalb der Nato.
    Dort ist Aufrüstung ja auch schon programmiert. Man müsste einen “europäischen Pfeiler” der willigen Staaten (ohne die Türkei) bilden, um innerhalb der Allianz voranzukommen.
    Doch da sind Polen und andere Osteuropäer vor. Sie verhindern eine EU-Identität in der Nato – und blockieren gleichzeitig eine selbstständige europäische Armee.
    Quelle: Lost in Europe
  7. “Russland dort treffen, wo es wirklich wehtut!” – Fischer und Lambsdorff machen mobil
    Nicht nur Amerika, auch Joschka Fischer “is back”! Letzte Woche zeigte er zusammen mit Alexander Graf Lambsdorff im “Spiegel” Russland, wo es langzugehen hat. Erstes Opfer: Natürlich Nord Stream 2.
    Seien wir nicht ungerecht: Es ist ja nicht so, dass Deutschland Joschka Fischer überhaupt nichts zu verdanken hätte! Immerhin hat er uns als rot-grüner Außenminister 2003 davor bewahrt, von den USA in ihre Koalition der Willenlosen und damit in den Irakkrieg hineingezogen zu werden. Sein trotziges “Excuse me, I am not convinced!” mit leichtem Bibbern in der Stimme Richtung Donald Rumsfeld am 8. Februar 2003 auf der Münchner Sicherheitskonferenz war eine Sternstunde deutscher Selbstbehauptung und hätte der Startschuss für eine Emanzipation vom großen Bruder jenseits des Atlantiks werden können …
    Das war es aber auch schon.
    Abgesehen von diesem Sündenfall bewährte sich der Frankfurter Ex-Sponti stets als verlässlicher Transatlantiker, vermutlich zur vollen Zufriedenheit seiner Partner jenseits des Großen Teichs. Legendär sein enges Verhältnis zu Madeleine Albright! Mittlerweile genießt Fischer längst seinen wohlverdienten politischen Ruhestand, will sagen: Er berät über seine Consulting-Firma nicht nur finanzstarke Unternehmen (fast) sämtlicher Couleur, sondern belehrt altersweise, als wolle er Helmut Schmidt beerben, mit gerunzelten Sorgenfalten in der Stirn gleich die ganze Welt.
    Letzte Woche war es mal wieder so weit, diesmal hatte das Qualitätsmagazin von der Hamburger Ericusspitze die Ehre, dem Elder Statesman die Stichworte zu liefern. Mit von der Partie war Fischers Transatlantikbruder im Geiste, der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff, und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass hier nicht nur Schleichwerbung für dessen neues Buch “Wenn Elefanten kämpfen” betrieben, sondern auch – die Grünen halten sich eben sämtliche Optionen offen – außenpolitische Gemeinsamkeiten für eine künftige Regierungskoalition öffentlich durchbuchstabiert werden sollten.
    Es ging, natürlich, um Russland, das laut Spiegel “mit dem Säbel rasselt”, und um das “nach Macht und Einfluss strebende”China. Bereits die Überschrift machte unmissverständlich klar, wohin die Reise bezogen auf Deutschlands großen Nachbarn im Osten zu gehen hat: “Wir müssen Russland dort treffen, wo es wirklich wehtut.” (…)
    Schließlich habe, so Fischer, Russland “schon einmal mit Waffengewalt europäische Grenzen verändert”, was für Europa “vollkommen inakzeptabel” sei. Dann allerdings folgte ein bedenklicher Satz, der den begründeten Verdacht nahelegt, dass der 73-jährige Ex-Außenminister mittlerweile an retrograder Amnesie leiden könnte:
    “Die Europäer waren sich nach Ende des Kalten Krieges einig, dass ihr Kontinent nie wieder zum Schauplatz eines Krieges werden darf.”
    Wohl wahr! Aber war da nicht mal was?
    Da Fischer es offenbar selbst nicht mehr schafft, wäre es hier die Aufgabe der beiden Qualitätsjournalist*innen vom Hamburger Nachrichtenmagazin gewesen, dem löchrigen Gedächtnis des grünen Bellizisten auf die Sprünge zu helfen und ihn entlang der klassischen psychoanalytischen Guideline “Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten” geduldig dabei zu unterstützen, seinen offenbar tief verdrängten (gar abgespaltenen?) Anteil an des wiedervereinten Deutschlands erstem – und noch dazu, wie Fischers damaliger Chef Gerhard Schröder Jahre später unumwunden einräumte, völkerrechtswidrigem – Waffengang, und zwar gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Frühjahr 1999, wieder ins Bewusstsein zu rufen. Nicht schlecht wäre es auch gewesen, Fischer bei dieser Gelegenheit mit dem gebotenen therapeutischen Taktgefühl behutsam an seinen damaligen mehr als abwegigen Auschwitzvergleich, mit dem er seine grüne Basis in den Krieg gelockt hatte, zu erinnern. – Doch nichts dergleichen, der Spiegel gab sich handzahm wie immer!
    Quelle: Leo Ensel in RT DE
  8. 65.000 Mitarbeiter fehlen: Dem Handwerk gehen die Fachkräfte aus
    Handwerksbetriebe in Deutschland kämpfen mit dem Fachkräftemangel: Offene Stellen können häufig nicht mehr mit Gesellen oder Meistern besetzt werden. Das hat für Firmen vor allem wirtschaftliche Folgen, Aufträge gehen verloren. Viele unbesetzte Lehrstellen könnten das Problem in Zukunft noch verschlimmern.
    Vielen Handwerksbetrieben in Deutschland fällt es auch in der Corona-Krise schwer, ausreichend Mitarbeiter zu finden. Deutschlandweit fehlen aktuell 54.000 Gesellinnen und Gesellen, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergeben hat, über die auch die “Rheinische Post” berichtete. Insgesamt beziffert die Untersuchung den Fachkräftemangel im Handwerk auf knapp 65.000 Arbeitskräfte. Kunden müssten deshalb oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen, den Betrieben entgingen Aufträge.
    Einbruch “bislang einzigartig” So wenige Azubis wie seit Jahrzehnten nicht […]
    Betroffen von Fachkräftemangel sei aber auch der Verkauf von Fleischwaren. Meisterinnen und Meister sind der Studie zufolge beispielsweise in der Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik sowie im Hoch- und im Tiefbau besonders knapp. Die Corona-Krise habe sich bei den einzelnen Handwerksbranchen unterschiedlich stark bemerkbar gemacht. Friseure, Optiker und Hörgeräteakustiker hätten durch die Lockdowns starke Umsatzeinbußen erlitten. Deshalb sei in diesen Branchen die Nachfrage nach Arbeitskräften unter das Niveau von vor der Pandemie gesunken. Viele Unternehmen aus dem Bauhandwerk hätten sich dagegen vergleichsweise schnell von der Krise erholt, so dass die Arbeitskräftenachfrage in diesem Bereich im Dezember 2020 wieder über dem Vorkrisenniveau gelegen habe.
    Schwierigkeiten habe das Handwerk, alle Ausbildungsplätze zu vergeben. Der Anteil der unbesetzten Lehrstellen sei im Handwerk höher als in anderen Ausbildungsbereichen. Das Handwerk habe bei jungen Menschen noch immer mit einem Imageproblem zu kämpfen. “Jugendliche wissen viel zu wenig über die vielfältigen und zukunftssicheren Möglichkeiten im Handwerk”, klagte ZDH-Präsident Wollseifer. Es gebe zahlreiche Handwerksberufe mit “mit Karriereoptionen, die denen eines Studiums in Nichts nachstehen”.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Überraschung! Es war ein erklärtes Ziel der Agenda 2010, jegliche Berufsqualifikation nach nur 12 Monaten Arbeitslosigkeit zu entwerten und einen Arbeitslosen zu jeder Tätigkeit zu zwingen. Dazu kamen weitere Sozialkürzungen, welche die Wechselfälle des Lebens immer stärker auf das Individuum verlagerten. Welche Anreize setzt das, sich neben dem Beruf in der Freizeit auf eigene Kosten weiter zu qualifizieren und einen Meister zu machen? Und wie sieht es für junge Menschen aus mit der Aussicht aus, bis 67 in ihrem erlernten Beruf tätig zu sein? Die gesetzliche Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist 2001 ersatzlos entfallen. Und ausgerechnet Menschen in belastenden Berufen bekommen keinen bezahlbaren privaten Schutz vor Berufsunfähigkeit. Da wählt man dann womöglich eher einen Beruf, in dem man wahrscheinlich eher bis 67 durchhält.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Handwerksbetriebe bzw. ihre Lobbyverbände können auch immer nur klagen – in diesem Fall ganz besonders ungerechtfertigt. Zu wenige Friseure? Ist das ein Wunder, wenn der Mindestlohn bei Friseuren dem miserablen allgemeinen Mindestlohn (!!) von 9,50 Euro entspricht und die Steigerung auf 10,45 Euro ab Juli 2022 “herausfordernd” genannt wird, also der Bruttolohn deutlich unter 2.000 Euro liegt? Für die angeblich fehlenden Augenoptiker werden Löhne von 2.000 bis 2.400 Euro genannt, für Hörgeräteakustiker vielleicht ein bisschen höher – Hungerlöhne allerorten. Aber vielleicht wird auf dem Bau besser verdient? Für Elektriker gilt aktuelle ein Mindestlohn von 12,40 Euro pro Stunde (ca. 2.000 Euro/Monat). Die Nettolöhne liegen also alle im Bereich von 1.300 bis 1.700 Euro, womit man in vielen Großstädten keine Mietwohnung bekommt und sich eine Familie völlig abschminken kann. Von den geringen Ausbildungsvergütungen muss man gar nicht erst anfangen. Worüber soll man mit dem HDE diskutieren, wenn er von “attraktiven Jobs” schwafelt und “händeringend” sucht, statt endlich vernünftige Löhne zu zahlen?

  9. „Sie strampeln sich wahnsinnig ab, aber sie kommen nie auf die sichere Seite“
    Zur neuen „Working Class“ zählt die Journalistin Julia Friedrichs Menschen, die alleine von ihrem Arbeitsnetto leben und nicht in der Lage sind, Rücklagen aufzubauen. In Deutschland seien das ungefähr 50 Prozent der Arbeitenden, sagte Friedrichs im Dlf. Sie warnt vor fatalen Folgen für die Gesellschaft.
    „Ihr werdet es einmal schlechter haben als wir.“ Diesen Satz könnten heute viele ältere Menschen in Deutschland zu ihren Kindern sagen und würden damit vermutlich recht behalten. Denn was vor einigen Jahrzehnten noch als selbstverständlich galt, ist heute gar nicht mehr so leicht: Sich Wohlstand zu erarbeiten, und es aus eigener Kraft zu mehr zu bringen als noch die Eltern. (…)
    In der Pandemie habe sich auch gezeigt, dass diejenigen, die nicht in der Lage sind, Vermögen aufzubauen, von Widrigkeiten des Lebens sofort existentiell betroffen werden. Auch wenn es noch zu wenig Daten gebe, sei zu befürchten, dass die Corona-Pandemie die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößern werde, sagte Friedrich.
    Für die Zukunft sieht die Journalistin eine „ganz, ganz große Gefahr darin“, dass diejenigen, die trotz größtem Einsatz das Gefühl haben, nicht voranzukommen, aufstecken und sich frustriert zurückziehen. „Und sagen: Ich bin kein aktiver Bürger dieses Landes mehr.“ In einigen westlichen Industrieländern sei eine solche Entwicklung schon zu beobachten.
    Um Gegenzusteuern bedürfte es nach Ansicht von Friedrichs nicht nur höherer Löhne und ein anderes Steuersystem, sondern auch „ein Anerkennen, dass bestimmte Berufe notwendig“ seien, die dann auch entsprechend bezahlt werden müssten – „sei es in der Reinigung, sei es in der Pflege oder bei den Kassiererinnen – ich glaube, die Liste ließe sich noch sehr, sehr lange fortführen.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  10. »Es ist ein Geheimnis, das alle teilen und über das niemand spricht«
    Die Mode lebt von Träumen. Von denen, die sie verkauft. Und von denen der Menschen, die auf eine glamouröse Karriere hoffen und dafür unbezahlt schuften. Giulia Mensitieri hat einige von ihnen getroffen.
    Sie tragen Gucci und Prada am Körper, übernachten im Ritz und sind gleichzeitig so arm, dass sie sich keine Wohnung leisten können. Wer in der Mode arbeitet, gehört oft einer seltsamen sozialen Klasse an, einem »Prekariats des Dazwischen«, wie es die Anthropologin Giulia Mensitieri nennt. Sie hat die Pariser Modewelt untersucht, wo Designerinnen, Stylisten und Models oft kein Geld für ihre Arbeit bekommen, sondern: Sichtbarkeit. Und sie befürchtet, dass dies kein Problem der Mode allein ist, sondern sich hier unter einem Brennglas zeigt, wie Klassenstrukturen verschwimmen und neue Formen der Ausbeutung entstehen.
    Quelle: Spiegel
  11. Merkel schwänzt EU-Sozialgipfel – schon wieder
    Es soll der Höhepunkt der portugiesischen EU-Präsidentschaft werden: Der Sozialgipfel am 7. und 8. Mai in Lissabon. Doch Kanzlerin Merkel fährt nicht hin – angeblich wegen des deutschen Lockdowns. Dabei hat sie schon einmal einen Sozialgipfel geschwänzt.
    Im November 2017 sagte Merkel die Teilnahme am Sozialgipfel in Göteborg ab. Damals schob sie die Koalitionsverhandlungen vor – und schickte keine Vertretung.
    Damit torpedierte sie die “Europäische Säule sozialer Rechte“, die in Göteborg ausgerufen wurde. Nun, in Lissabon, geht es darum, diese Säule konkret auszugestalten.
    Immerhin will Merkel diesmal virtuell teilnehmen. Aber ob das reicht, um Beschlüsse zu fassen, ist nicht sicher.
    Ich würde mich nicht wundern, wenn es aus dem Kanzleramt hieße, im Videoformat sei dies leider nicht möglich.
    Fest steht, dass Merkel mit dem sozialen EUropa nicht wirklich warm wird.
    Nun nutzt sie auch noch das “social distancing” – also den von ihr selbst angeordneten deutschen Lockdown – als Ausrede…
    Quelle: Lost in Europe
  12. Frankreich lockert wieder – die letzte Möglichkeit das Gesicht zu wahren?
    Wer in den letzten Wochen die deutsche Berichterstattung über Frankreich über sich ergehen ließ, kam wohl aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Berichterstattung reichte von schlecht gedrehten Dokumentationen (siehe „Die Pandemie-Polizei: Kontaktsperre-Kontrollen in Frankreich“) bis hin zu zahlreichen „Updates“ über die katastrophale Lage der wahnsinnig einschränkenden Maßnahmen in Frankreich. Die Ereignisse in Frankreich wurden der deutschen Öffentlichkeit wohlwollend als Gesellschaftskollaps verkauft. Leider ist das nur die halbe Wahrheit, besser ausgedrückt ein ziemlich verzerrtes Bild der Wirklichkeit vor Ort. Es ist zwar richtig, dass die bürgerlichen Freiheiten massiv eingeschränkt wurden und bis heute Ausgangssperren gelten. Was aber gerne verschwiegen wird oder möglicherweise auch nur unwissentlich nicht erwähnt wird, ist der tatsächliche Umgang der französischen Bevölkerung mit den in Kraft getretenen Regelungen.
    Ja es gibt und gab strenge Regelungen in Frankreich und insbesondere in Paris. Eine Frage müsste aber hinzugefügt werden: halten sich die Franzosen auch tatsächlich alle immer daran? Antwort: es kommt drauf an.
    Besonders hier werden die Mentalitätsunterschiede zwischen der deutschen und der französischen Gesellschaft deutlich. Man könnte es in pauschaler und plakativer Weise in einem Satz beschreiben. Wenn der Staat neue freiheitseinschränkende Maßnahmen erlässt fragt der eine wie, wann und wo man sie zu befolgen hat und der andere wie man sie umgehen kann. Es herrscht eine ganz andere Rechtskultur in beiden Ländern (siehe Begriff „Legal culture“). (…)
    Das Katz-und-Maus-Spiel auf, vor und neben den weitläufigen Treppen des Sacré-Coeur in Montmartre zwischen Polizeibeamten und Bürgern geht schon seit mehreren Monaten. Jede Stunde kommen Polizeibeamten vorbei und jagen die Bürger von den Treppen und bemängeln halbherzig die fehlenden Sicherheitsabstände. Laut Gesetz muss im Freien eine Maske getragen werden. Ein Verstoß dagegen wird von der Polizei oftmals ignoriert oder wenn dann nur halbherzig gerügt. Solche Szenen spielen sich auch an den beliebten Ufern der Pariser Kanäle und den großen Plätzen ab. Die Polizei ist immer irgendwo dabei, aber was die den ganzen Tag genau machen, weiß keiner wirklich so recht. Ansonsten herrscht keine nennenswerte Polizeipräsenz auf den Straßen. Die seit den Terroranschlägen 2015 patrouillierenden Polizisten und Fremdenlegionäre an den Bahnhöfen sind aber geblieben. (…)
    Trotz des Chaos und der Schäden die entstanden sind, gibt es in Frankreich einen Weg der Versöhnung zwischen den Menschen mit Meinungsverschiedenheiten, ein wieder zusammenkommen, ein wieder gemeinsames Erleben. Das Leben in Frankreich nimmt wieder Fahrt auf, die freundschaftlichen Wunden, die es auch geben wird, werden verheilen. Ob dies auch für Deutschland gilt, wo Tag für Tag die Bevölkerung ideologisch über eine ungeheuerlichen Vielzahl von Stigmas gespalten wird? Die abwertenden Begrifflichkeiten mit denen herumgeworfen wird, hat eine beträchtliche Länge gewonnen: Corona-Leugner, Corona-Skeptiker, Corona-Verharmloser, Coronaschwurbler, Coronarebellen, Covidiot, Schwurbler, Verschwörungstheoretiker, Verschwörungsideologen, Verschwörungsmystiker…
    Quelle: Sean Henschel in KenFM
  13. Mutanten, Sauerstoffmangel, überfüllte Kliniken: Was ist wirklich los in Indien?
    In den Nachrichten kursieren derzeit Horrormeldungen über die Corona-Krise in Indien. Dass Metropolen wie Neu-Delhi in den letzten Jahren mehrfach aufgrund von Atemwegserkrankungen durch Smog den Gesundheitsnotstand ausriefen, wird konsequent ignoriert. (…)
    In Indiens Metropole ist die Luftqualität schon seit längerem ein Problem: In den letzten Jahren war Neu-Delhi immer unter den zehn Städten mit der schlechtesten Luftqualität weltweit vertreten, von den 15 Städten mit der schlechtesten Luftqualität befinden sich zudem 14 in Indien. Experten zufolge ist ein Tag in Neu-Delhi so schädlich wie das Rauchen von 40 bis 50 Zigaretten. In der Vergangenheit hatte dies öfter dazu geführt, dass in der Stadt der Notstand ausgerufen, Schulen geschlossen und Fahrverbote verhängt wurden. Doch eine wirkliche Lösung des Problems war nie in Sicht, da sich politisch niemand für langfristige Lösungen verantwortlich fühlte. Durch den ersten Lockdown im Frühjahr des vergangenen Jahres hatte sich die Luftqualität in Neu-Delhi zu einem hohen sozialen Preis zwar deutlich verbessert. Doch seit November 2020 ist das Smog-Problem wieder dasselbe und verschärft seither die Gesundheitskrise durch COVID-19.
    Die Problematik der toxischen Luft in Indiens Metropolen wurde in den letzten Jahren auch von anderen Medien gelegentlich thematisiert: “Smog in Delhi: Tödliche Luft”, lautete beispielsweise die Überschrift eines FAZ-Artikels aus dem November 2019. Auch der Spiegel griff das Thema im Jahr 2014 im Artikel “Indien: Smog in Neu-Delhi ist schlimmer als in Peking” auf, ebenso die Welt 2017 mit “Smog-Alarm: Neu-Delhi derzeit nicht zum Wohnen geeignet”. Die NZZ berichtete 2019 sogar über die erste “Sauerstoff-Bar” in Indien. Vermutlich fanden sich die Beiträge irgendwo auf Seite 11 der jeweiligen Ausgabe, vielleicht schafften es einige Artikel auch auf die Hauptseite – um in den nächsten Tagen wieder vergessen zu werden.
    Doch seit der Corona-Krise muss man das Bedrohungsszenario bekanntermaßen aufrechterhalten: Da spielt es auch keine Rolle mehr, dass die Atemwegserkrankungen COPD und Tuberkulose sowie Atemwegsinfektionen wie Bronchitis, die zu Lungenentzündungen führen, zu den zehn häufigsten Todesursachen in Indien zählen. Man stirbt bekanntlich nur noch an COVID-19. In Indien gab es bisher etwas mehr als 200.000 Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19. Im Vergleich dazu starben in den letzten Jahren 1,2 Millionen Inder vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung. Die Dunkelziffer könnte jedoch noch viel höher sein, da Feinstaub als Todesursache nicht immer eindeutig zu erkennen ist.
    Und Atemwegserkrankungen sind nicht das einzige Gesundheitsproblem in Indien: Dort sterben jeden Tag etwa 2.000 Menschen an Durchfallerkrankungen, was vor allem auf einen Mangel an sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen zurückzuführen ist. Solche Bedingungen bilden ein ideales Umfeld für übertragbare Krankheiten. Im Land sterben zudem immer noch 1,4 Millionen Menschen jährlich an Tuberkulose. Da durch den Lockdown wesentlich weniger Menschen geimpft wurden, dürfte sich diese Zahl in den nächsten Jahren drastisch erhöhen. Aber auf die Kollateralschäden von Lockdowns einzugehen, würde an dieser Stelle zu weit führen.
    Damit soll keineswegs die dramatische Lage, die derzeit in Indiens Krankenhäusern herrscht, schöngeredet werden. Doch die Situation ist nicht erst seit der Corona-Krise dramatisch, und diese derart zu instrumentalisieren, wie es derzeit in den Mainstream-Medien geschieht, ist in erster Linie heuchlerisch. An dieser Stelle kann man den Redakteuren einiger Medienhäuser nur empfehlen, gelegentlich einen Blick ins Zeitungsarchiv zu werfen. Die Lektüre der eigenen Artikel aus den letzten Jahren könnte ganz hilfreich sein, um die Lage realistisch einzuordnen – sofern man daran interessiert ist.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung der (RT DE) Redaktion: In einer ursprünglichen Fassung hieß es, dass es etwas mehr als 20.000 Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 gegeben habe. Tatsächlich waren es etwas mehr als 200.000.

  14. Klimaschutz: Warum die nächste Wahl alles entscheidet
    Die Kanzlerin spricht von einer “wegweisenden” Entscheidung, der Vizekanzler will sich sogleich an die Arbeit machen: Nie hat sich eine Bundesregierung so artig für eine Klatsche bedankt wie Union und SPD für die Klima-Ansage aus Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht verlangt Nachbesserungen am Klimaschutzgesetz, und die Bundesregierung scheint geradezu erleichtert zu sein. Als hätten Außerirdische jenes Gesetz erlassen, das die Regierung nun endlich korrigieren darf.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  15. Paraquat Papers: Wie Syngenta jahrzehntelang Warnungen ignorierte, um sein hochgiftiges Pestizid im Markt zu halten
    Das von Syngenta vermarktete Paraquat ist eines der ältesten und giftigsten Pestizide der Welt. Hunderte von internen Dokumenten, die Public Eye und Unearthed erhalten haben, erzählen die Geschichte eines verantwortungslosen Agrochemiekonzerns, der über Jahrzehnte nichts unversucht liess, um sein Herbizid auf dem Markt zu halten – während Zehntausende daran starben. Warunika war sechzehn Jahre alt, als sie einen Schluck «Gramoxone» aus einer Flasche trank, die im Haus ihrer Familie herumstand. Ihre Eltern sind sich sicher: Sie wollte nicht sterben. Nach einem Streit mit ihrem Bruder hatte sie sich wütend die Flasche geschnappt und einen Schluck genommen. «Hier, ich hab das getrunken!», rief sie ihrer Mutter zu. «Sie hat das getan, um mir Angst zu machen», erklärt Kumarihami. Warunika starb am nächsten Tag im Krankenhaus. Ihre Eltern, Kleinbauern im Norden Sri Lankas, benutzten Gramoxone als Unkrautvernichter auf ihren Reisfeldern. Das Produkt enthält Paraquat – eines der giftigsten Herbizide der Welt – in hoher Konzentration. Zur Zeit als Warunika starb – vor rund 20 Jahren – tötete Paraquat jedes Jahr Hunderte von Menschen in Sri Lanka. Niemand weiss, wie viele Menschen insgesamt durch das Schlucken der Chemikalie gestorben sind, seit die britische Firma Imperial Chemical Industries (ICI) Gramoxone 1962 auf den Markt brachte.
    Quelle: Public Eye
  16. Düsseldorfer Verwaltungsgerichtspräsident kritisiert Merkel scharf
    Der Präsident des Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat die sogenannte Bundes-Notbremse und Bundeskanzlerin Merkel scharf kritisiert. „Wenn die Bundeskanzlerin es als Mehrwert sieht, dass die Verwaltungsgerichte ausgeschaltet werden, dann frage ich mich, was für ein Verständnis von Rechtsstaat sie hat“, sagte Andreas Heusch beim Jahrespressegespräch des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtes.
    Quelle: RP-online
  17. Generalstreik in Kolumbien: “Regierung gefährlicher als das Virus”
    Landesweiter Aufmarsch sozialer Organisationen. Allgemeine Unzufriedenheit ist groß. Steuerreform, Menschenrechtslage und Gesundheitspolitik im Fokus
    Seit Mittwoch finden im ganzen Land zahlreiche Demonstrationen mit mehreren Millionen Teilnehmenden statt. Die Kritik an der Politik der Regierung von Präsident Iván Duque steht dabei im Vordergrund. Am Abend des ersten Streiktages haben die Dachverbände der Gewerkschaften und der Gewerkschaft der Bildungsarbeiter:innen trotz der aktuell hohen Anzahl von Coronafällen in Kolumbien den Streik um einen Tag verlängert und weitere Proteste für den Monat Mai angekündigt. Die Streikationen gingen auch am Freitag weiter.
    Zahlreiche Solidaritätsaktionen haben auch im Ausland stattgefunden, unter anderem in Spanien, Deutschland, Australien sowie den USA.
    Der unmittelbare Aufhänger für die Demonstrationen ist die angekündigte Steuerreform, welche vor allem Nachteile für den einkonmmensschwachen Teil der Bevölkerung sowie für die Mittelschicht mit sich bringen würde. Einerseits soll die Mehrwertsteuer auf viele Produkte des täglichen Bedarfs, zum Beispiel Mehl, Salz, Zucker, Eier, Benzin, von sechs auf 19 Prozent erhöht werden, andererseits werden viele Produkte zu Luxusgütern erklärt, welche bislang als tägliche Bedarfsgüter Steuerfreiheit genießen (amerika21 berichtete).
    Kritiker:innen der Steuerreform wie Fabio Arias Giraldo vom Gewerkschaftsdachverband CUT sind der Ansicht, dass stattdessen vor allem die Steuerbefreiungen für große Unternehmen abgeschafft und Steuerflüchtlinge verfolgt werden sollten. Auch kritisiert er die seiner Meinung nach unnötige Anschaffung 24 neuer Kampfflugzeuge.
    Die Gründe für die große Mobilisierung sind ähnlich wie schon beim großen Streik im November 2019: Laut dem Streikkomitee verlange die Bevölkerung, dass soziale Aktivist:innen effektiv geschützt, die Vereinbarungen des Friedensabkommens eingehalten sowie die Gesundheitsversorgung gestärkt werde. Weitere Punkte sind unter anderem eine schnellere Impfung, die Garantie eines Basiseinkommens, die Gratisimmatrikulation für Studierende sowie eine Hilfe für kleine Unternehmen.
    Die Forderungen der Demonstrant:innen umfassen ein breites Spektrum: Sie richteten sich auch, wie etwa in Anorí im Departamento Antioquia, gegen die geplante Wiederaufnahme von Glyphosat-Sprühflügen zur Drogenbekämpfung (amerika21 berichtete). Weiter wurde das Vordringen von großen Unternehmen in Gebiete der indigenen Bevölkerung und von afrokolumbianischen Gemeinschaften angeprangert. In Cali haben Vertreter:innen der indigenen Bevölkerung Misak die Statue des spanischen Eroberers Sebastián de Belalcázar vom Sockel gestürzt.
    Die Bevölkerung wolle einen grundlegenden ökonomischen und sozialen Wandel, sagte der Senator Iván Cepeda in einem Fernsehinterview.
    Quelle: amerika21
  18. Die offene Gesellschaft und ihre neuen Feinde
    Wie nach dem zweiten Weltkrieg stehen wir heute erneut vor einer Weichenstellung zwischen Freiheit und Totalitarismus – zwischen einer offenen Gesellschaft, die jeden Menschen bedingungslos als Person anerkennt, und einer geschlossenen Gesellschaft, die die Gewährung von Grundrechten an bestimmte Bedingungen knüpft.
    Herausforderungen wie die Ausbreitung des Coronavirus oder der Klimawandel sind in ihrer Qualität und Grössenordnung nicht völlig neu. Solche Herausforderungen wurden von offenen Gesellschaften stets gemeistert durch spontane Verhaltensanpassung und technologische Innovation.
    Akteure aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft in Verbindung mit Massenmedien reden diese Herausforderungen zu existenziellen Krisen für die Menschheit hoch, um mittels gezielt geschürter Angst Akzeptanz dafür zu erhalten, die Grundwerte unseres Zusammenlebens beiseite zu schaffen.
    Man spielt dabei Externalitäten so aus, dass letztlich jedes freie Handeln unter dem Verdacht steht, andere zu schädigen. Von diesem Verdacht kann man sich dann nur durch einen Impf-, Nachhaltigkeits- oder allgemein sozialen Pass befreien. Die Ausübung von Freiheit wird damit unter Bedingungen gestellt, die Experten festsetzen, welche für sich in Anspruch nehmen, ein moralisch-normatives Wissen zur Steuerung der Gesellschaft zu haben – wie einst die Philosophen-Könige Platons.
    Dagegen kann man nur mit einem substanziellen Menschenbild angehen, das auf Freiheit und Menschenwürde basiert, woraus sich Grundrechte ergeben, die bedingungslos gelten. Es gibt keinen moralischen Wert, der über der Würde jedes einzelnen Menschen steht. (…)
    Wie nach dem zweiten Weltkrieg stehen wir heute vor einer Weichenstellung, welche unsere Gesellschaft für die kommenden Jahrzehnte prägen könnte, weil sie einen Trend setzen könnte, der alle wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen und politischen Parteien umfasst. Peter Sloterdijk hat im März 2020, zu Beginn der Coronakrise, gesagt, dass der Westen sich als genauso autoritär wie China erweisen wird.[5] Leider sollte er im vergangenen Jahr in einer Weise Recht bekommen, die viele, der Autor dieses Papiers eingeschlossen, nach der Erfahrung der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts nicht für möglich gehalten haben. Ein grosser Teil der Organisationsformen der gesellschaftlichen Gruppen ebenso wie der politischen Parteien – einschliesslich derer, welche die Bezeichnung «liberal» führen – hat sich in den Trend zu dem neuen Totalitarismus umfassender Kontrolle eingereiht. Aber es gab auch viele, die sich aus liberaler, religiöser oder sozialer Überzeugung dagegen gewandt haben – oder einfach nur, weil sie sich nicht den gesunden Menschenverstand haben nehmen lassen durch eine modellierte Realität, die ihnen Medien vorgegaukelt haben.
    Es ist höchste Zeit, dass wir uns der Weichenstellung bewusst werden, vor der wir stehen. Dazu braucht es einen nüchternen Blick, der sich nicht von den Ängsten trüben lässt, welche die neuen Feinde der offenen Gesellschaft schüren, nämlich den Blick und das Vertrauen darauf, was jeden einzelnen von uns als vernunftbegabtes Lebewesen auszeichnet: die Würde der Person, die in ihrer Freiheit im Denken und Handeln besteht.
    Quelle: Michael Esfeld in European Scientist

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