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  1. Jens Wendehals Spahn will nun Privilegien für Geimpfte, die er vorher so entschieden abzulehnen vorgegeben hat
  2. Maut-Affäre: Scheuer schweigt die Ermittler an
  3. 189,2 Milliarden Euro öffentliches Finanzierungsdefizit im Jahr 2020
  4. Auch in der Krise steigen die Gewinne
  5. Trotz Nullrunde im Westen: Corona-Krise und Neuabgrenzung beitragspflichtiger Entgelte lassen amtliches Rentenniveau deutlich steigen
  6. Auch in Corona-Zeiten sind vier von zehn Neueinstellungen befristet – aktuelle Daten für alle Städte und Landkreise
  7. Fachkräftemangel: Ökonomen fordern mehr Zuwanderung und höheres Rentenalter
  8. Groko ignoriert eigene Berater*innen: Kein gesundes Essen mit Hartz IV
  9. Bewegungsmangel ist ein globaler Killer
  10. Identitätspolitik: Wenn das eigene Selbstverständnis spaltet
  11. Die grüne Welle
  12. Nach Drohungen muss Pestizid-Forscherin Brasilien verlassen
  13. Haiti am Abgrund: Ein Land in Gangsterhand
  14. EMA-Direktorin war jahrelang Lobbyistin der größten europäischen Pharmaorganisation
  15. Keir Starmer zerstört Labour

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Jens Wendehals Spahn will nun Privilegien für Geimpfte, die er vorher so entschieden abzulehnen vorgegeben hat
    Wer noch nicht zum Vollzyniker geworden ist, dem muss es den Magen umdrehen. Unser Bundesgesundheitsminister, der noch vor vier Monaten betont hatte, gegenseitige Rücksicht verbiete Privilegien für Geimpfte, will diese nun. Wo sind die Beteuerungen geblieben, es werde keine Impflicht geben, auch nicht durch die Hintertür? Was sagen die “Faktenchecker” dazu, die das “Geraune” von Impfpflicht als Verschwörungsglauben entlarvt hatten?
    Am 4. April war in der Zeit zu lesen, dass, wer gegen das Coronavirus geimpft ist, nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in den nächsten Wochen bestimmte Freiheiten zurückbekommen soll. Der CDU-Politiker und langjährige, ausweislich seines Immobilienbesitzes wohl erfolgreiche Pharma-Lobbyist sagte der Bild am Sonntag.
    “Wer geimpft ist, kann ohne weiteren Test ins Geschäft oder zum Friseur. Zudem müssen nach Einschätzung des RKI vollständig Geimpfte auch nicht mehr in Quarantäne.”
    Am 28.12.2020 war dagegen auf ZDF-Online zu lesen gewesen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lehne Sonderrechte für Geimpfte ab:
    “Viele warten solidarisch, damit einige als Erste geimpft werden können. Und die Noch-Nicht-Geimpften erwarten umgekehrt, dass sich die Geimpften solidarisch gedulden”, sagte Spahn den Zeitungen der “Funke-Mediengruppe” laut Vorabbericht. “Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten.”
    Spahn wurde weiter zitiert mit den schönen Worten, es sei gegenseitige Rücksicht, die die Nation zusammenhalte. Zuvor hätten sich schon Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gegen Privilegien für Geimpfte ausgesprochen. (…)
    Menschen mit einem Mindestmisstrauen in die Obrigkeit wussten schon vor einem Jahr wohin der Hase laufen soll. (…)
    Was Spahn jetzt vorschlägt, ist ohne die von der Regierung und der EU ohnehin schon geplanten standardisierten Impfpässe nicht umzusetzen. Wie und warum Spahn schon lange an diesen Impfpass-Plänen arbeiten und trotzdem noch Ende Dezember so tun konnte, als wolle er keine Privilegien für Geimpfte, bleibt sein Geheimnis.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Neben Bundesminister Scheuer bekommt auch Herr Spahn zunehmend ein Glaubwürdigkeitsproblem. Hat der Pharmalobbyist im Bundesministerium für Gesundheit gelogen?

    dazu: Initiative für Corona-Impfpass ohne belastbare Daten?
    Vorstoß von Gesundheitsminister Spahn basierte offenbar nur auf Kurzinfo des RKI. Institut bestätigt: “Keine weiteren Untersuchungen”
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat seine Initiative für mehr Rechte für Geimpfte in der Corona-Pandemie offenbar ohne belastbare wissenschaftliche Daten ergriffen. Ein entsprechender Vorstoß, den Spahn in der Bild am Sonntag öffentlich gemacht hat, basiert nach Recherchen von Telepolis offenbar lediglich auf einer Kurzinformation des Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, vom 31. März. Das Dokument führt keine belastbaren Daten oder gar neuen Erkenntnisse an.
    Quelle: Telepolis

  2. Maut-Affäre: Scheuer schweigt die Ermittler an
    Wenn ein Verkehrsminister die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbeauftragten ablehnt, hat das für die Opposition etwas Skandalöses zu bedeuten. Es ist der Brief seines Anwalts, der die Ermittler und die Opposition im Bundestag erzürnt. Dabei geht es um die Aufarbeitung der gescheiterten Pkw-Maut. Scheuer verheimliche etwas, so der Vorwurf. Und in der Tat: Der Verkehrsminister ist nicht gerade hochkooperativ.
    Nachdem Scheuers Modell für eine Pkw-Maut im Sommer 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterte, stand der Vorwurf im Raum, Scheuer habe Verträge abgeschlossen, bevor Rechtssicherheit bestand. Dann forderten seine Betreiber-Partner 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte.
    Für Scheuer gilt die Unschuldsvermutung. Ein Untersuchungsausschuss soll nun Weiteres um den glücklosen Minister klären. Doch die Zusammenarbeit mit dem Ermittler Jerzy Montag bei der Sichtung seiner E-Mail-Postfächer, die ihm als Bundestagsabgeordneter zur Verfügung stehen, stockt.
    Montag beschwerte sich beim Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses. Er sehe keine Möglichkeit mehr, seinen Auftrag als Ermittlungsbeauftragter zu erfüllen.
    Scheuers Anwalt hingegen setzt noch einen drauf: Er verweist auf eine bereits erfolgte Herausgabe der Korrespondenz aus dem Abgeordnetenpostfach an den Untersuchungsausschusses. Scheuer stimmt dem “umfänglichen Eingriff in seine verfassungsrechtlich garantieren Rechte als Bundesabgeordneter” nicht zu. FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic kritisierte:
    “Herr Scheuer mauert in Sachen E-Mails weiterhin mit allen Mitteln, scheinbar hat er etwas zu verbergen. Er hat kein Recht, dem Ermittlungsbeauftragten generell die Zusammenarbeit zu verweigern. Ein solches Verhalten ist eines Ministers unwürdig, er bricht damit auch sein eigenes Wort.”
    Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer sagte:
    “Nur wer etwas zu verheimlichen hat, arbeitet nicht mit dem Ermittlungsbeauftragten zusammen.”
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten weisen seit langer Zeit auf die Fehlleistungen dieses Bundesministers hin. Bitte lesen Sie dazu z.B.:

    1. Tempolimit: Scheuer kritisiert neue Haltung des ADAC mit einer Anmerkung
    2. Ich würde Andi Scheuer nicht mal zum Kaffeekochen einstellen
  3. 189,2 Milliarden Euro öffentliches Finanzierungsdefizit im Jahr 2020
    Die Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts sind im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 12,1 % auf 1 678,6 Milliarden Euro gestiegen. Gleichzeitig sanken die Einnahmen um 3,5 % auf 1 489,4 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, errechnet sich daraus in Abgrenzung der Finanzstatistiken ein kassenmäßiges Finanzierungsdefizit von 189,2 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis zeigt deutlich die Folgen der Corona-Krise für die öffentlichen Haushalte. Es handelt sich um das erste Defizit seit 2013 und das höchste seit der deutschen Vereinigung. 2019 war noch ein Finanzierungsüberschuss von 45,2 Milliarden Euro erzielt worden. Die Angaben beziehen sich auf vorläufige Ergebnisse der Kern- und Extrahaushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, der Sozialversicherung sowie der EU-Anteile im Rahmen der vierteljährlichen Kassenstatistik. (…)
    Die gestiegenen Ausgaben des Öffentlichen Gesamthaushalts lassen sich hauptsächlich durch die gestiegenen Zuweisungen und Zuschüsse infolge der Corona-Pandemie erklären. So gingen vom Bund an die Länder rund 17,8 Milliarden Euro, die als Corona-Hilfen an kleine Unternehmen und Soloselbstständige weitergeleitet werden (davon 14,1 Milliarden Euro Soforthilfen und 3,7 Milliarden Euro Überbrückungshilfen). Rund 13 Milliarden Euro gingen als Zuweisungen an den Gesundheitsfonds, aus dem die Krankenkassen Mittel erhalten, um Leistungen für ihre Versicherten zu finanzieren. (…)
    Der Rückgang der Einnahmen des Öffentlichen Gesamthaushalts begründet sich im Wesentlichen durch die geringeren Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben. Diese sind im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 3,8 % auf 1 308,4 Milliarden Euro gesunken. Allein beim Bund sanken die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben im Jahr 2020 im Vorjahresvergleich um 11,5 % auf 315,8 Milliarden Euro.
    Der Bund glich dieses Einnahmendefizit im Wesentlichen durch Schuldenaufnahme aus. Die starken Einnahmenausfälle der Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände infolge der Corona-Pandemie konnten zum großen Teil durch Zuweisungen vom Bund an die Länder und von den Ländern an die Gemeindeebene ausgeglichen werden.
    Quelle: Statistisches Bundesamt
  4. Auch in der Krise steigen die Gewinne
    Erst kassiert der Konzern Hilfen, dann zahlt er üppige Dividenden aus. Das ist die Logik dieses Systems
    Wie kann ein Unternehmen, das wegen der Corona-Pandemie Milliarden an Staatshilfen erhalten hat – welche es ja offenbar benötigt haben muss, um Engpässe, Verdienstausfälle, Profiteinbrüche und Absatzschwierigkeiten abzufedern –, seine Dividendenausschüttung erhöhen?
    Daimler hat genau das vorgemacht. Kurzarbeit ermöglichte, dass der Konzern Beschäftigte gehalten hat, obwohl die Bänder wegen Corona still standen. Dafür floss viel Geld, rund 700 Millionen Euro sparte man so. Die Konzern-bilanz wurde entlastet, die Krisenkosten wurden für das Unternehmen gesenkt. Was nicht zuletzt dazu führte, dass 2020 der Gewinn stieg. Also in der Konsequenz auch die Dividenden. Diese legten um beachtliche 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Die Aktienkurse setzen zu immer neuen Höhenflügen an. Alle haben verstanden: Kurzarbeitergeld und hohe Gewinne – das schließt sich nicht aus.
    Quelle: der Freitag
  5. Trotz Nullrunde im Westen: Corona-Krise und Neuabgrenzung beitragspflichtiger Entgelte lassen amtliches Rentenniveau deutlich steigen
    Zum 1. Juli 2021 steht für die Renten der rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner eine formelbedingte Nullrunde an. Ohne die allgemeine Schutzklausel (»Rentengarantie«) würden die Bruttorenten sinken. Die Faktoren der Anpassungsformel tragen in unterschiedlicher Weise zu diesem Ergebnis bei. Alleine aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Angleichungsschritte wird der aktuelle Rentenwert (Ost) um 0,72 Prozent angehoben. Schließlich ist bei den Anpassungen der Jahre 2019 bis 2025 sicherzustellen, dass das Sicherungsniveau vor Steuern (SvS) den Wert von 48 Prozent nicht unterschreitet (Niveau-Haltelinie). Im Ergebnis beträgt der aktuelle Rentenwert ab Juli 2021 unverändert 34,19 Euro; der aktuelle Rentenwert (Ost) wird von 33,23 Euro auf 33,47 Euro erhöht.
    Die Höhe der jährlichen Rentenanpassung wird von insgesamt drei Faktoren bestimmt:

    • der Entwicklung der beitragspflichtigen Entgelte,
    • der Belastungsveränderung bei den Altersvorsorgeaufwendungen der Aktiven (Beitragssatz zur Rentenversicherung sowie privater Altersvorsorgeanteil) und
    • dem sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor.

    Maßgebend ist die Veränderung der diese Faktoren bestimmenden Werte im Vorjahr zum vorvergangenen Jahr – für die Anpassung 2021 wird also Bezug genommen auf die Veränderungen in 2020 gegenüber 2019. Angepasst werden der aktueller Rentenwert (AR) bzw. der aktuelle Rentenwert (Ost) (AR(O)); der aktuelle Rentenwert entspricht dem Monatsbetrag der Rente für ein Jahr Beitragszahlung auf Basis des Durchschnittsentgelts und einem Zugangsfaktor von 1,000 – also ohne Rentenabschläge oder Rentenzuschläge.
    Die Anpassung erfolgt getrennt für die alten und die neuen Länder; die Entgeltentwicklung des Vorjahres basiert auf dem vorläufigen Datenstand zu Beginn des Anpassungsjahres. Die regionale Entgeltwicklung in den neuen Ländern ist seit der Anpassung 2018 nur noch für die sogenannte Vergleichsrechnung maßgebend: Führt die ostdeutsche Lohnentwicklung seit 2018 zu einem höheren Wert als er durch die Angleichungstreppe des § 255a Abs. 1 SGB VI vorgegeben ist, so gilt der auf Basis der Lohnentwicklung Ost ermittelte Vergleichswert als neuer AR(O). – Bei den Veränderungsraten des durchschnittlichen Beitragssatzes sowie den Belastungsveränderungen bei den Altersvorsorgeaufwendungen der Aktiven und des Rentnerquotienten im Rahmen des Nachhaltigkeitsfaktors handelt es sich um bundeseinheitliche Werte.
    Quelle: Portal Sozialpolitik

  6. Auch in Corona-Zeiten sind vier von zehn Neueinstellungen befristet – aktuelle Daten für alle Städte und Landkreise
    Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber haben ihre Neueinstellungen im Zuge der Corona-Krise dramatisch zurückgefahren. So lag die Zahl der Menschen, die eine neue Beschäftigung aufnahmen, im zweiten Quartal 2020 um 29 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Obwohl sich Arbeitgeber bei Einstellungen also offensichtlich auf das „Nötigste“ beschränken, ist der Anteil der Befristungen weiterhin hoch: 39,4 Prozent der neu Eingestellten erhielten im Frühjahr 2020 einen befristeten Arbeitsvertrag. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 ging diese Quote aber moderat um 2,5 Prozentpunkte zurück. Das zeigt eine neue Untersuchung von Forschern des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, die auch aktuelle Daten für alle kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland liefert. Die regionalen Daten lassen sich auch über eine interaktive Karte und Datenblätter in der digitalen Datenbank „Arbeitsmarkt im Wandel“ (AIWA) der Stiftung abrufen (Links unten).
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  7. Fachkräftemangel: Ökonomen fordern mehr Zuwanderung und höheres Rentenalter
    Der Fachkräftemangel droht sich laut einer Studie des arbeitgebernahen IW Köln bis 2040 drastisch zu verschärfen. Der Staat müsse schon jetzt gegensteuern, verlangen die Ökonomen.
    In Deutschland droht in den nächsten Jahrzehnten eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels. Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnten die Unternehmen bis 2040 ohne gezielte Zuwanderung und ein höheres Rentenalter jede achte Fachkraft verlieren. Dabei seien die Auswirkungen der Coronapandemie noch nicht berücksichtigt, hieß es.
    Die Forscher haben drei Szenarien zu den Folgen des bevorstehenden Ausscheidens der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsleben untersucht: […]
    Auf jeden Fall müsse sich die Wirtschaft darauf einstellen, dass sich das Fachkräfteangebot in den kommenden Jahrzehnten strukturell stark verändern werde. Denn immer mehr junge Menschen strebten eine akademische Ausbildung an. Während die Zahl der beruflich qualifizierten Fachkräfte sinke, werde die Zahl der Akademiker in den nächsten zwei Jahrzehnten steigen.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Und täglich grüßt das Murmeltier. Seit 40 Jahren herrscht in Deutschland Massenarbeitslosigkeit, seit 30 Jahren sind trotz Frühverrentung, Exportstrategie und Statistik-Tricks die (tatsächlichen) Arbeitslosenzahlen nicht unter 3 Millionen gesunken, aktuell stecken wir in einem Zwischenhoch (Zwischentief?) mit 3,6 Millionen Arbeitslosen, das wäre das heißeste Thema für vernünftige Politiker; aber hey: da wird der seit 20 Jahren untote Propaganda-Blödsinn von jetzt aber bald wirklich drohendem Fachkräftemangel wieder ausgegraben. Bei aktuell weit über 3 Millionen Arbeitslosen finden sich Millionen Fachkräfte, die verzweifelt eine Stelle suchen; “die Wirtschaft” entlässt Zehntausende Fachkräfte in der Automobil- und der Zulieferindustrie und in den Banken; aber alle die zählen natürlich nicht. Im Originalartikel des IW werden die Untersuchungsergebnisse und die Szenarien übrigens viel vorsichtiger bewertet, aber der SPIEGEL betätigt sich einmal mehr als neoliberaler Einpeitscher. Denn natürlich gibt es für den behaupteten Fachkräftemangel überhaupt keinen Beleg: weder steigende Löhne noch irgendwelche ernsthaften Lücken. Und wer ist überhaupt “Fachkraft”, und um welche Bereiche geht es (Handwerk, Industrie, Gesundheit; gewerbliche Arbeitnehmer, Krankenschwestern, Ingenieure???). Zweitens könnten sich die Unternehmen ja selber bemühen, eine angeblich existierende “Fachkräftelücke” zu schließen: durch die Bereitstellung von mehr (und nicht, wie aktuell, weniger) Ausbildungsplätzen, durch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter (statt aktuell Nullrunden oder sogar unbezahlte Mehrarbeit zu fordern). Gefordert wird natürlich wieder das krasse Gegenteil: noch niedrigere Renten, indem das gesetzliche Renteneintrittsalter nach Forderung “der Wirtschaft” mal eben um drei Jahre nach oben auf dann 70 Jahre angehoben werden soll. Eine solche Erhöhung des Renteneintrittsalters entspricht einer Rentenkürzung um ca. 12%. Laut aktueller Gesetzgebung gilt das gesetzliche Rentenalter von 67 Jahren zuerst ab 2031. Soll dann innerhalb von 9 Jahren das Renteneintrittsalter um weitere drei Jahre steigen? Und seit wann geht es der Wirtschaft darum, alte Arbeitnehmer zu halten, wenn doch heutzutage jeder mit 55, spätestens 60 auf der Abschussliste steht und umgekehrt viele Arbeitnehmer gesundheitlich kaum bis 65 durchhalten? Und natürlich wird wieder nach noch mehr Einwanderung gerufen: irgendwie müssen die zartesten Ansätze von Lohnerhöhungen durch ein Reserveheer von Millionen Arbeitslosen erstickt werden.

  8. Groko ignoriert eigene Berater*innen: Kein gesundes Essen mit Hartz IV
    Hartz IV reiche nicht aus für eine ausgewogene Ernährung, sagen Berate­r*innen im Agrarministerium. Das Arbeitsministerium sieht das anders. […]
    Der Regelsatz liegt aktuell für Alleinstehende bei 446 Euro im Monat. Neben Erwerbslosen müssen auch Kinder, Menschen mit Behinderung oder altersarme Menschen ihr Leben von der Grundsicherung bestreiten. Für Lebensmittel und Getränke sind für Singles dabei aktuell rund 5,09 Euro täglich als Ausgabenposten vorgesehen. Für Kinder und Jugendliche sowie Menschen in Paarhaushalten liegt der Betrag noch niedriger.
    Damit könne man sich nicht gesund ernähren, betont die Soziologieprofessorin Sabine Pfeiffer von der Universität Erlangen-Nürnberg, wo sie zu Ernährungsarmut in Deutschland forscht. „Gerade wenn Menschen länger im Bezug sind, stellt das für sie ein manifestes Problem dar. Eine kurze Zeit kann man mit so wenig Geld über die Runden kommen, aber umso länger man die Grundsicherung bezieht, desto weniger leicht lassen sich anfallende Posten ausgleichen.“
    Pfeiffer fordert entsprechend eine Erhöhung der Regelsätze. „Dass wir sagen, hier muss keine oder keiner verhungern, kann in einem Land wie Deutschland nicht der Maßstab sein.“ Ernährung sei kein Luxusthema, betont die Forscherin.
    Die SPD hat sich der Regelsatzermittlung in ihrem Wahlprogramm-Entwurf angenommen. Dort heißt es jedoch nur vage: „Die Kriterien zur Regelsatzermittlung werden wir weiterentwickeln und Betroffene und Sozialverbände miteinbeziehen.“
    Quelle: taz
  9. Bewegungsmangel ist ein globaler Killer
    Das Coronavirus tötet weltweit Millionen Menschen. Das Gleiche lässt sich über körperliche Inaktivität sagen, wobei es grosse regionale Unterschiede gibt.
    Wir alle starren wie gebannt auf die täglich ansteigende Zahl der Corona-bedingten Todesfälle. Sie liegt mittlerweile bei knapp 2,9 Millionen. Eine andere Pandemie macht weniger Schlagzeilen, führt aber nicht weniger häufig zum Tod: die körperliche Inaktivität. Sie begünstigt eine Vielzahl von Krankheiten, die Menschen frühzeitig sterben lassen. Nach einer neuen Schätzung von amerikanisch-kanadischen Forschern dürften 2016 weltweit knapp 4 Millionen Personen an den Folgen von Bewegungsmangel gestorben sein.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Sehr interessant, um einmal eine Verhältniszahl zu Corona zu bekommen und zum Geschwurbel, dass der Schutz der Gesundheit der kategorische Imperativ allen staatlichen Handelns sein soll. Die weltweit 4 Millionen Personen, die an den Folgen von Bewegungsmangel gestorben sind, haben bisher niemanden groß gestört und das könnte man weiter fortsetzen mit den jährlich 1,2 Millionen Menschen, die laut dem WHO Global tuberculosis report an Tuberkulose sterben, wobei diese Krankheit behandelbar und vollständig heilbar ist. Die durch das HIV-Virus verursachte und seit 40 Jahren grassierende Pandemie, mit weltweit bisher 32 Millionen Todesopfern läuft sogar völlig unter dem Horizont öffentlicher Aufmerksamkeit. Was wohl daran liegt, dass die meisten Infizierten und die meisten Toten in Afrika zu verzeichnen sind. Was erstaunt, wo doch inzwischen die radikalsten Lockdownanhänger auf der Seite der Linken zu finden sind.

  10. Identitätspolitik: Wenn das eigene Selbstverständnis spaltet
    Die aktuelle Identitätspolitik bietet keine Lösung, um gesellschaftliche Missstände zu beseitigen, meint der Politologe Ramon Schack. Im Gegenteil: Statt Zugehörigkeit zu schaffen, verschärfe sie Konflikte ohne Probleme der Diskriminierung zu lösen.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  11. Die grüne Welle
    Wo “grün” draufsteht, muss kein Grün drin sein. Das gilt für Anleihen von Containerreedereien genauso wie für die Papiere von Finanzinstituten. Eine Studie räumt mit der “naiven Erwartung” auf, wirkliche Nachhaltigkeit gehe gut mit hohen Renditen zusammen.
    Quelle: Klimareporter
  12. Nach Drohungen muss Pestizid-Forscherin Brasilien verlassen
    Larissa Mies Bombardi, Professorin der Abteilung für Geographie der Universidade de São Paulo, wird nach eigenen Angaben verfolgt und ins Exil gezwungen.
    In einem Brief an die Kolleg:innen ihrer Fakultät berichtet Bombardi, die zum Pestizideinsatz in Brasilien forscht, dass sie seit der Veröffentlichung ihres Atlas “Geographie des Pestizideinsatzes in Brasilien und Verbindungen mit der Europäischen Union” im Jahr 2017 unter Druck gesetzt und eingeschüchtert wird.
    Ihre Forschungsergebnisse hatten dazu geführt, dass Skandinaviens größtes Netzwerk für Bioprodukte den Kauf von Lebensmitteln aus Brasilien aussetzte und damit die wirtschaftlichen Interessen des Agrobusiness tangierte.
    Seit dem Amtsantritt von Präsident Jair Bolsonaro hat die Regierung weit über 800 neue Pestizide zugelassen ‒ viele davon hoch toxisch (amerika21 berichtete).
    Quelle: amerika 21
  13. Haiti am Abgrund: Ein Land in Gangsterhand
    Haiti steht vor dem Abgrund. Hunderte Häftlinge entkommen aus einem Hochsicherheitsgefängnis, Bandenkriminalität gehört zum Alltag, die Regierung scheint machtlos.
    Die Bilder wirken vertraut, obwohl sie das Ausmaß des Horrors übertreffen, an den Haiti sich notgedrungen gewöhnen musste: Kinder in Schuluniformen gehen mit abgewandten Gesichtern an auf der Straße liegenden Toten vorbei, von denen es heißt, die Polizei habe sie auf der Flucht erschossen. Ein Beamter mit Helm und kugelsicherer Weste setzt seinen Fuß auf den Rücken eines wie George Floyd mit Handschellen geknebelten, auf dem Bauch liegenden Mannes. Und vermummte Polizisten treiben einen Trupp mit Stricken gefesselter Gefängnisausbrecher vor sich her, als handle es sich um eine Viehherde oder eine Sklavenkarawane. Was ist passiert?
    Croix-des-Bouquets ist kein Vorort von Port-au-Prince, wie die Medien behaupten, sondern eine Kleinstadt auf halbem Weg nach Malpasse an der Grenze zur Dominikanischen Republik. Früher, als Touristen sich hierher verirrten, kauften sie Kunsthandwerk aus Fer Forgé, Öltonnenblech als Rohstoff für schmiedeeiserne Skulpturen. Doch das ist lange her. Heute macht Croix-des-Bouquets nur noch Schlagzeilen durch im Blut erstickte Gefangenenmeutereien, denn anders als die aus der Kolonialzeit stammenden Verliese, in denen Haitis Häftlinge sonst vegetieren, verfügt Croix-des-Bouquets über eine moderne Haftanstalt mit Hochsicherheitstrakt.
    Quelle: FAZ
  14. EMA-Direktorin war jahrelang Lobbyistin der größten europäischen Pharmaorganisation
    Bis 1998 vertrat Emer Cooke die Interessen von Konzernen wie AstraZeneca und Pfizer in dem europäischen Dachverband der Pharmaindustrie. Im November 2020 wurde sie EMA-Direktorin. Einen Monat später erhielt der Corona-Impfstoff von Pfizer die EU-Zulassung, wenig später der von AstraZeneca. Sie gilt zudem als vehemente Verteidigerin von AstraZeneca trotz zahlreich gemeldeter Nebenwirkungen.
    Quelle: RT DE
  15. Keir Starmer zerstört Labour
    Vor einem Jahr versprach Keir Starmer, die Labour Party zu einer starken Opposition zu machen. Tatsächlich lässt er seither Boris Johnson alles durchgehen – den härtesten Kurs fährt er gegen den linken Flügel seiner eigenen Partei.
    Im ersten Jahr seiner Amtszeit als Vorsitzender der britischen Labour Party ist es Keir Starmer gelungen, selbst die Erwartungen seiner schärfsten Kritikerinnen zu unterbieten. Laut Umfragen genoß er unmittelbar nach seiner Wahl breite Unterstützung innerhalb der Bevölkerung – nach kurzer Zeit lag seine Labour Party in den Umfragen Kopf-an-Kopf mit den Tories. Ein Jahr später hat jeder fünfte Labour-Wähler eine negative Haltung zu Starmer. Derzeit liegt die Zufriedenheit mit seiner Regierungsarbeit in der Bevölkerung bei -9 Prozent.
    Starmer-Anhänger deuten diese Zahlen als Indiz für die Nachwirkungen der Corbyn-Ära. Doch die jüngsten Umfragewerte deuten auf etwas anderes hin. Wenn die Labour Party unter Corbyn die Wählerinnen und Wähler wirklich so nachhaltig verschreckt hätte, dann wäre Starmer in den Umfragen anfangs nicht so erfolgreich gewesen. Vielmehr hätte das Gegenteil passieren sollen: Die Menschen, die Starmer glaubten, als er behauptete, seine Politik stehe in Kontinuität mit Corbyn, hätten ihn zunächst in einem ungünstigen Licht gesehen, ihre Meinung dann aber mit der Zeit geändert.
    In Wirklichkeit ist Starmer selbst für die Bilanz seines ersten Jahres als Oppositionsführer verantwortlich. Er hat einerseits Sozialistinnen und Sozialisten entfremdet, indem er eine Kampagne gegen die Linke führte und Jeremy Corbyn aus der Partei ausschloss, und andererseits Liberale verloren, indem er einer der korruptesten und autoritärsten Regierungen Großbritanniens keinen Widerstand leistete.
    Quelle: Jacobin

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