Leserbriefe zu „Identitätspolitik: Thierse und die Verrenkungen der SPD“

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In diesem Artikel thematisiert Tobias Riegel die Reaktionen der SPD-Spitze auf einen Debattenbeitrag des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse in der FAZ. Anstatt über das Thema Identitätspolitik zu diskutieren, seien „harte Abwehr-Reflexe“ gegen den Parteifreund festzustellen. Dieser „(Nicht-)Umgang mit seinen Argumenten“ könne als „ein Armutszeugnis“ empfunden werden. Danke für die anregenden und interessanten E-Mails. Hier eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Lieber Tobias Riegel,
 
zwar stimme ich Ihnen zu, dass man inhaltliche Debatten bei aller Schärfe sachlich führen und das Gegenüber nicht herabwürdigen sollte. Aber die Wortwahl „verstört“ in der Reaktion von Saskia Esken und Kevin Kühnert auf die Einlassungen von Wolfgang Thierse kann ich anders als Sie nicht als „diffamierende Strategie“ einstufen.
 
Eine jahrhundertelang von der heteronormativen Mehrheit unterdrückte und diskriminierte Minderheit darf durchaus „verstört“ sein, wenn ausgerechnet ein Sozialdemokrat (und ausgerechnet im führenden konservativen Blatt Deutschlands) beklagt, dass im öffentlichen Diskurs “Fragen ethnischer, geschlechtlicher und sexueller Identität dominieren”. Abgesehen davon, dass diese Aussage in gefährlicher Nähe zu AfD-Positionen steht, kann ich mich dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass Thierse sich nie wirklich mit den Befindlichkeiten queerer Menschen auseinandergesetzt hat, die allerdings allen Grund haben, in unserer gesellschaftlichen Realität auf der Debatte der genannten Fragen zu bestehen.
 
Hätten sie das in der Vergangenheit nicht getan (gegen den beträchtlichen Widerstand einer großen heteronormativen Mehrheit), wären wir nicht da, wo wir heute (immerhin) sind. Und die Sache ist ja noch lange nicht ausgestanden, wie der Artikel von FAZ-Feuilletonchefin Sandra Kegel allzu deutlich macht. Die Sozialdemokratie wie auch die gesamte Linke tat sich lange schwer mit der Akzeptanz queerer Menschen, die im Übrigen nichts mit der „Übernahme von Partikular-Interessen“ zu tun hat.
 
Wolfgang Thierse sollte nicht verteilungspolitische Gerechtigkeitsthemen gegen Identitätsthemen ausspielen – sie haben beide ihre tiefe Berechtigung. Er, der in der Vergangenheit die Verweigerung der gleichgeschlechtlichen Ehe durch Politiker als “legitime respektable Position” bezeichnet hat, darf sich nicht wundern, wenn seine Ansichten zur „Identitätspolitik“ verstören, zumal in einer Partei, die sich historisch als Kraft des gesellschaftlichen Fortschritts begreift – auch wenn ihr dieses Charakteristikum spätestens seit Schröder abhanden gekommen zu sein scheint.
 
Freundliche Grüße
Arndt Krödel


2. Leserbrief

Liebes Nachdenkseiten Team, lieber Tobias Riegel,

Wolfgang Thierse kritisiert linke Identitätspolitik und wird prompt von Saskia Esken und Kevin Kühnert in den Senkel gestellt. Leider spielen sich solche Geschichten in allen Parteien ab, die sich selbst mehr oder weniger dem linken politischen Lager zugehörig fühlen.

Es ist schon zum Verzweifeln: Linke diskutieren lieber über die passenden Formen gendergerechter Schreibweisen als über wachsende Klassengegensätze oder Aufrüstung.

In Berlin haben die Studenten einer Hochschule durchgesetzt, dass ein auf spanisch verfasstes Gedicht von Egon Gomringer von der Fassade eines Hochschulgebäudes entfernt werden musste, weil es angeblich sexistisch sei. In dem Gedicht geht es um irgendwelche Blumen und irgendwelche Straßen über die irgendwelche Frauen flanieren. Es gibt Gedichte von Bert Brecht oder von Gottfried Benn, die mich regelrecht erschüttern. Das Gomringer Gedicht finde ich sterbenslangweilig. Mir ist auch völlig egal, ob es auf einer Hauswand steht oder nicht. Den Streit, ob so etwas Langweiliges womöglich sexistisch ist oder nicht, halte ich für völlig plemplem.

Die CDU Vorsitzende Kramp Karrenbauer hat auf einer Fastnachtsrede einen nicht sehr witzigen Witz über geschlechterneutrale Toiletten gemacht. Danach haben sich das halbe Land und die gesamte Medienwelt empört.

In einer unbedeutenden Unterhaltungs-Talkshow haben die Teilnehmer das Thema Rassismus diskutiert und die heutzutage politisch korrekte Aussprache kritisiert, nach dem Motto: Nicht mal mehr Zigeunerschnitzel darf man sagen. Auch dieses geschmacklose, völlig nebensächliche, völlig unwichtige Geschehen entfachte einen Tsunami der Wut. Es gehe schon mal gar nicht, dass 5 weiße Männer über Rassismus sprechen. Allein die Tatsache, dass keine Frauen und keine People of Colour (so nennt man das heute) in der Diskussionsrunde waren, sei rassistisch. Ganz besonders ekelhaft und rassistisch sei es, dass man sich darüber lustig gemacht habe, dass der Begriff „Zigeuner“ nicht mehr verwendet werden solle.

Bezeichnend ist, was die Öffentlichkeit so nebenbei zur Kenntnis nimmt ganz ohne sich darüber zu empören:

  • Über Militärinterventionen im Jemen, wo seit 2015 Zivilisten jeden Alters verrecken, weil Saudi-Arabien, der gute Freund des Westens, das Land zerbombt,
  • über 12 Auslandseinsätze der Bundeswehr (Stand 2021),
  • über die Haftfolter an dem australischen Journalisten Julian Assange,
  • über Guantanamo, einen Militärstützpunkt der USA auf Kuba, betrieben gegen den Willen Kubas, wo Menschen seit Jahrzehnten ohne Gerichtsverfahren und ohne Anklage von den USA eingesperrt werden,
  • über den Drohnenkrieg der USA, bei dem von Deutschland gesteuerte Drohnen weltweit Menschen ohne Anklage und Gerichtsurteil ermorden, die von den USA als Terroristen eingestuft werden,
  • über Milliardenvermögen von Superreichen und ihren wachsenden Einfluss auf die Politik.

Ich habe kürzlich ein Buch zur Hand genommen, das mich vor langer Zeit als Schüler sehr beeindruckt hat: Mein Herz wollte Freiheit – die Autobiographie von Angela Davis, 1975 in Deutsch erschienen. Angela Davis hat als schwarzes Kind und Jugendliche selbst noch die Apartheid im Süden der USA erlebt. Für ihren Kampf gegen Rassismus wurde sie in den USA ins Gefängnis gesteckt und mit der Todesstrafe bedroht. Schließlich wurde sie freigesprochen, wohl auch auf internationalen Druck hin. Besonders in der DDR haben sich die Menschen sehr für Angela Davis eingesetzt. Angela Davis arbeitete lange in der Führung der kommunistischen Partei der USA, wurde Professorin und war ihr ganzes Leben lang politisch aktiv und ist es heute noch, beispielsweise in der antizionistischen BDS Bewegung, die vom deutschen Bundestag als antisemitisch eingestuft wurde (auch mit Stimmen der sich selbst als links verstehenden SPD und Grünen). Angela Davis ist eine mutige linke Kämpferin für Bürgerrechte und gegen Rassismus. Viele von denen, die heute vorgeben, gegen Rassismus zu sein, sind schlicht kleinbürgerliche Arschgeigen, bei denen sich ihr Kampf gegen Rassismus darin beschränkt, hysterisch aufzuschreien, wenn jemand „Zigeuner“ sagt oder „Neger“ und nicht den albernen Begriff „das N-Wort“ verwendet. Beim Durchblättern von Angela Davis’ Buch habe ich übrigens mehrmals das Wort „Neger“ gelesen. Die Autorin verwendete es in den 1970er Jahren völlig wertfrei. Möglicherweise tut sie das heute nicht mehr und ich befürworte, dass man den Begriff vermeidet, wenn er heute als diskriminierend empfunden wird. Ich habe aber etwas dagegen, wenn Menschen, die sich als politisch links einstufen, ihre Zeit verschwenden mit unfruchtbaren identitätspolitischen Diskussionen, anstatt sich zu empören, wogegen es sich zu empören lohnt: gegen Krieg, Gewalt, Hass, Lüge und Ungerechtigkeit.

Die Nachdenkseiten beteiligen sich nicht an überflüssigen identitätspolitischen Diskussionen sondern weisen auf Missstände hin, die tatsächlich Grund zu Empörung liefern. Dafür herzlichen Dank und weiter so.

Mit freundlichem Gruß
Thomas Arnold


3. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mannschaft der Nachdenkseiten,

woher kommt dieser Haß gegen jeden, der es wagt, die Gender- und Identitäts-Politik zu kritisieren, insbesondere die Gender-Sprache, mit der jeder Text unleserlich wird?

Dieser Haß, der jetzt von einer kleinen Minderheit in der SPD gegen Wolfgang Thierse geschürt wird und der ebenfalls von einer kleinen Minderheit in der Linkspartei seit Jahren gegen Sahra Wagenknecht geschürt wird (sie würde angeblich „Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit, Homophobie schüren und nicht ausreichend die Interessen der Frauen vertreten“); dieser Haß erinnert an die politischen Säuberungen im Stalinismus der 30er Jahre in der KPdSU.

Auch da wurde von einer kleinen Minderheit (von Karrieristen) ausgerechnet jenen Parteimitgliedern, die sich seit Jahrzehnten mit aller Kraft für ihre Partei eingesetzt haben und alle ihre persönlichen, familiären und beruflichen Wünsche der Partei untergeordnet haben, vorgeworfen, sie würden „nicht die richtige Haltung“ haben und „Verrat an der Partei begehen“ und „die Meinung des Gegners vertreten“ und „von der Parteilinie abweichen“ … usw. Und ausgerechnet diese in jahrzehntelangen Kämpfen für ihre Partei erfahrenen Parteimitglieder wurden zu Sündenböcken und „Feinden“ erklärt. Das erinnert auch an die religiösen Fanatiker des Mittelalters, die in ihrem religiösen Wahn jeden, der nicht ihre Meinung vertrat, sondern Kritik äußerte, zum „Ketzer“ und „Antichrist“ erklärten und verfolgten und auf dem Scheiterhaufen verbrannten.

Damit das niemand absichtlich falsch versteht: die kleine Minderheit, die geradezu fanatisch der großen Mehrheit ihre Identitäts-Politik aufzwingen will, wird ihre Kritiker sicher nicht verhaften und einsperren oder gar ermorden wie im Stalinismus der 30er Jahre. Aber dieser Mechanismus, mit dem eine kleine Minderheit von Fanatikern (von Karrieristen, Narzißten und Wichtigtuern) jeden, der nicht ihre Meinung vertritt, zum Feind erklärt, voller Haß beschimpft, diffamiert, mundtot machen möchte und Rufmord begeht, das erinnert an die stalinistischen Säuberungen der 30er Jahre und an den religiösen Wahn des Mittelalters, denn es ist (fast) der selbe Haß und Fanatismus, die selbe Intoleranz sowie die selbe geistige und charakterliche Beschränktheit.

Das Ergebnis waren die katastrophalen Niederlagen der Sowjetunion in den ersten Kriegsmonaten ab Juni 1941 mit furchtbarsten Verlusten, weil man sich der Fachleute entledigt hat und weil man nicht auf die wenigen verbliebenen Fachleute und auf ihre Warnungen vor der drohenden Gefahr hören wollte. Auch das erinnert an die derzeitige Situation in SPD und Linkspartei. Ob beide Parteien sich dann nach den – angesichts der parteiinternen Diffamierungen – zu erwartenden weiteren kommenden Niederlagen jedoch nochmals aufrichten können wie die Sowjetunion und ihre Rote Armee ab Dezember 1941, das ist sehr fraglich.

Letzter Ausweg: Haß, Diffamierung, Anfeindungen, Fanatismus und Intoleranz in den eigenen Reihen beenden, ehrliche Debatten führen statt Feindbilder schüren.

Mit freundlichen Grüßen
Roland Großmann


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Tobias Riegel, geschätztes NDS Team,

der Artikel “Identitätspolitik: Thierse und die Verrenkungen der SPD” hat wieder einmal gezeigt, was von diesem “neuen Links sein” zu halten ist.

Die SPD wird von mir schon lange nicht mehr als links wahrgenommen, die gehören doch irgendwie zur Merkel Truppe.

Zumindest würde ich sie nicht als links bezeichnen, solange sie neoliberale, transatlantische Politik betreibt.
Das Thema Identitätspolitik schien mir mehr bei den ebe
nfalls neoliberal, transatlantischen Grünen und Teilen der Linken verortet, die zumindest nach außen für eine offene Gesellschaft stehen.

Aber kann es eine offene Gesellschaft geben, in dem man den Meinungskorridor verengt, zensiert und Menschen, die sich nicht an diese neuen unausgesprochenen Grenzen halten (political correctness) diskreditiert und ausschließt?

Ich glaube, dass diese neuen Linken, egal ob sie Antifa, Cancel Culture oder Queer anhängen, durch ihr rigoroses Denken dem Faschismus genau so nahe stehen, wie manche Rechtsradikale.

Wer anderen vorschreiben will, was sie gefälligst zu denken und wie sie zu sprechen haben und dabei auch vor Gewalt nicht zurückschreckt (Antifa), handelt totalitär und ist nicht besser als die Faschisten von damals.

Wer sich nicht mit Argumenten auseinandersetzt, sondern versucht den Gegenüber mundtot zu machen, dem fehlt es auch an intellektueller Reife.

Es gehört schon eine Menge Arroganz dazu, sich einzubilden, seine eigene Haltung und Sprache wäre denen aller anderen überlegen.

Die Linken sollten sich auf das besinnen, was sie ehemals groß gemacht hat, nämlich die Massen zu mobilisieren im Kampf gegen die Ausbeutung durch Kapitalisten und Konzernmacht, statt den Menschen mit ihrem Gendergedöns auf den Keks zu gehen.

Es stellt sich mir auch die Frage, auf welche Wählergruppe denn dabei geschielt wird, wenn die Probleme eines Großteils der Gesellschaft nicht so wichtig genommen werden, wie die Anwendung einer erzwungenen, vermeintlich politisch korrekten Sprache.

Es erscheint mir als Ausweichziel für diejenigen, die dem Neoliberalismus nichts entgegensetzen können oder wollen.

Die Jugend frönt dem Anglizismus und findet es eben “cooler”, sich mit “queer” ,”cancel culture” und “black live matters” zu identifizieren, als sich mit den Konsequenzen transatlantischer Politik auseinander zu setzen.
 
MfG
Jürgen Dennerlein


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

diese ganze “woke” Ideologie in der SPD, bei den Grünen und – nicht zu vergessen – auch den Linken ist Neoliberalismus pur und an Absurdität nicht zu überbieten. Leider haben sich die Protagonisten bereits so weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt, dass eine Rückkehr aussichtslos erscheint.

Während linke Bewegungen historisch immer versucht haben, die Ausgebeuteten und Benachteiligten gegen ihre Unterdrücker zu vereinen, sind sie heute dabei, sie in immer kleinere Grüppchen aufzuspalten. Die Ausbeuter und Kriegstreiber klatschen vor Vergnügen in die Hände.

Mir konnte noch niemand erklären, weshalb die Erklärung “alle Menschen sind von Natur aus gleichberechtigt” nicht ausreichen soll, man sie stattdessen immer kleinteiliger klassifizieren und aufteilen muss, um ihnen dann anschließlich – verschiedene – Rechte zuzuweisen, die dazu da sind, die zuvor erfolgte Einteilung wieder “zu überwinden”.

Staunend erleben wir, wie der LGBTI-BLM-CC-Buchstabensalat länger und länger wird, ohne dass auch nur ein einziger Betroffener irgend etwas davon hätte. Würde man künstliche “Minderheiten” gar nicht erst schaffen, bräuchte es auch keine “Verteidigung von Minderheitenrechten”. Warum heißt es sogar in Gesetzestexten, niemand dürfe aufgrund von XYZ diskriminiert werden? Aufgrund von ABC aber sehr wohl, oder wie soll man das verstehen? Hier tun sich (auch rechtlich) bedenkliche Interpretationsspielräume auf. Die künstliche Einteilerei anhand willkürlich gewählter Merkmale schafft im Wortsinne erst jene Diskriminierung, die zu beseitigen man vorgibt. Das ist doch wirklich nicht schwer zu verstehen. Vor allem ist es nicht schwer zu erkennen, wem das nützt! Den vermeintlichen Minderheiten jedenfalls nicht.

Nun ist Sexualität durchaus eine interessante Angelegenheit und für die meisten von uns sicherlich auch wichtig. Menschen jedoch allein aufgrund sexueller Merkmale zu beschreiben ist im Grunde eine ungeheuerliche Reduktion und Beleidigung! Es ist eine anmaßende Distanzlosigkeit, die in intimste Lebensbereiche eingreift, ohne darum gebeten worden zu sein. Es ist schlicht übergriffig und dehnt somit autoritäre Strukturen bis in den Privatbereich aus, statt sie zu beseitigen. Das gilt gleichermaßen übrigens auch für die Farbe der Haut, Haare, Augen, die Sprache, kulturelle Herkunft usw.

Warum teilt man uns eigentlich nicht ebenso genau in Einkommens- und Vermögensklassen ein? Weil das die gewaltige Schieflage der kapitalistischen Welt enthüllen würde? Das tägliche Brot, das Einkommen, ist doch mindestens genauso wichtig wie unsere sexuellen Vorlieben? Seltsam, auf diesem Gebiet werden die statistischen Grenzen regelmäßig so gezogen, dass alles miteinander verschwimmt und kein klares Bild entstehen kann, sodass sich selbst Personen wie Friedrich Merz oder Olaf Scholz verbal “der Mittelschicht” zuordnen können, der anzugehören auch die kleine Friseurmeisterin glaubt, von den wirklich Reichen einmal ganz zu schweigen, die (außer in ihren internen Rankings der perversen Eitelkeiten, wie bei Forbes) nirgends mehr auftauchen. Hier sind plötzlich alle “gleich”.

Man kann natürlich versuchen, jeden von uns bis ins kleinste Detail zu klassifizieren und einzuteilen. Am Ende wird man bei der Einmaligkeit des individuellen Genoms ankommen, ohne irgend etwas (positives) bewirkt zu haben. Denn am Ende bleibt doch immer nur die Feststellung, dass wir zwar alle individuell verschieden, im Menschsein aber völlig gleich (-berechtigt) sind, oder besser: sein sollten! Und genau diese, die derzeit herrschenden Macht- und Besitzverhältnisse fundamental in Frage stellende Feststellung soll hinter der Nebelwand von politischer Korrektheit, Genderwahn und ähnlicher Narretei verborgen werden. Man frage sich, wem das nützt! Und vor allem: wem es schadet.

Ich möchte für das, was ich im Leben – beruflich, privat – erreicht habe, beurteilt werden, danach, was ich aus meinen Möglichkeiten gemacht und damit vielleicht die Menschengemeinschaft vorangebracht habe, und nicht nach eventuellen sexuellen Vorlieben oder der Augenfarbe. Das ist dermaßen absurd! Um so mehr befremdet es, dass führende Vertreter sich als “links” definierender Parteien sich willig vor diesen üblen Karren spannen lassen und damit das Geschäft der Ultrareichen betreiben (die selbst übrigens, von Gates über Zuckerberg bis Bezos, von Musk über Buffet bis Soros, alles andere als “divers” sind).

Dass Esken und Kühnert unfähig sind, solche einfachen Zusammenhänge zu erkennen, ist ziemlich offensichtlich. Dass aber niemand sie daran hindert, erheblichen Mobbing-Druck auf die Klügeren aufzubauen, ist ein Skandal!

Frau Esken, Herr Kühnert: Die Beleidigung für einzelne Gruppen besteht nicht darin, sie in die große Menschengemeinde zurückzuholen, wie Thierse es versucht hat, sondern darin, sie zuvor aufgrund sexueller oder sonstiger Merkmale künstlich ausgeschlossen zu haben, um ein Objekt (!) zu schaffen, für das man dann mangels eigener Substanz öffentlichkeitswirksam “kämpfen” und sich selber profilieren kann, wie Sie es tun. Genau das ist diskriminierender Missbrauch und also schwer beleidigend, zumal die Betroffenen, die Sie um diese vergiftete “Wohltat” nie gebeten haben dürften, damit gleich doppelt zu Opfern werden.

Und schließlich noch ein Wort zur “gendergerechten Sprache”. Auch hier ist die simple Absicht schnell erkennbar: Verbale “Rechte” sind wohlfeile Wohltaten und sollen von der Notwendigkeit echter Gleichstellung ablenken. Ich bin der Erste, der sich auf die Barrikade stellt, um z.B. für gleiche, gerechte Bezahlung für alle Frauen (und Männer) zu kämpfen, aber der Letzte, der sich dafür hergibt, ihnen diese Gleicheit und Gerechtigkeit durch Vergewaltigung der Sprache lediglich vorzugaukeln.

Das bin ich im Übrigen auch der wunderschönen Sprache von Christa Wolf, Hannah Arendt und all der anderen großartigen Literatinnen deutscher Sprache schuldig. Wer unfähig ist, die Struktur der deutschen Sprache zu begreifen (wie neuerdings selbst die Duden-Redaktion), sollte sich mit Anderem befassen.

Die wunderschöne Lyrik von Eva Strittmatter in “gendergerechter Sprache” muss ein Albtraum sein! Wenn wir nicht bald entschlossen umsteuern, werden wir ihn erleben.

Freundliche Grüße,
Dr. H. Demanowski


6. Leserbrief

In Abwandlung eines bekannten Gedichts:

Als sie ferne Länder bombardiert haben, hab ich mitgemacht. Ich wohnte ja nicht dort.

Als sie Arbeitslose ins Elend gestürzt haben, hab ich mitgemacht. Ich war ja kein Arbeitsloser.

Als sie den Wählerwillen in GroKos ignoriert haben, hab ich mitgemacht, ich hatte ja einen sicheren Sitz im Bundestag.

Als ich ihre Cancel Culture kritisiert habe, war keiner mehr da, mir zur Seite zu stehen.

Warum nur?

LG
Bernd Kulawik


7. Leserbrief

Liebe NDS,
 
Esken und Kühnert fühlen sich von Thierse „zutiefst beschämt“. Nun denn. Ich hingegen schäme mich wie ein Bettsaicher, weil ich diese hirnverbrannten Karriere-geilen Typen bei der Mitgliederbefragung nicht nur gewählt, sondern hierzu auch aufgerufen habe. Statt „Nikolaus-Groko-aus“, wurde elend weitergewurstelt. Erstmals trat dann Frau Esken in Erscheinung, als sie Menschen, die ihre Grundrechte gegen ein unsinniges Coronaregime verteidigten, als Covidioten beschimpfte und mit Reichsbürgern auf eine Stufe stellte. Statt einer gebotenen Entschuldigung für diese Entgleisung, kürte sie dann eine „Schwarze Null“ zum Kanzlerkandidaten – bei derzeit sweet little sixteen Prozenten. Geht’s noch tiefer ??? Ja Klabauterbach machts möglich.
 
Schneller als Esken-Kühnert hat sich noch kein Parteivorsitzender um 180 Grad gedreht und sein Wahlprogramm verraten, was wegen ihrer einschlägig bekannten Vorgänger Nahles und Schulz zugegebenermaßen schon eine gewisse Leistung ist.
 
Da aber die Linke seit dem Ausstieg von Wagenknecht und De Masi auch keine große Hoffnung mehr ist, überlege ich mir bei der nächsten Bundestagswahl erstmals ungültig oder überhaupt nicht zu wählen. Manche Genossen sind bereits so verzweifelt, sich mit dem Gedanken einer Wahl der AfD zu beschäftigen – nur um den menschenverachtenden und irrsinnigen Lockdown zu beenden.
 
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Koch


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