Diese Frage kann man nicht immer gleich und eindeutig beantworten. In den letzten Jahrzehnten neigt sich die Waage immer mehr zugunsten dessen, was man einflussreiche Eliten oder Machteliten nennen könnte. 2015, im Oktober, hat der frühere Mitherausgeber der NachDenkSeiten, Wolfgang Lieb, die Trennung von den NachDenkSeiten und mir als Mitherausgeber unter anderem damit begründet, ich sähe nur noch „einflussreiche Eliten“. Das war damals schon eine Unterstellung. Aber unabhängig davon ist es schon erstaunlich, dass Lieb wie auch andere Zeitgenossen die gefährliche Dominanz der Machteliten nicht sehen, obwohl dieser antidemokratische Zustand schon Jahrzehnte währt. Bei der Lektüre von David Talbots „Das Schachbrett des Teufels“ bin ich auf eine einschlägige Passage gestoßen. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download
Der Autor beschreibt einen Disput in den USA, der Anfang und Mitte der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts zugange war. Der US-amerikanische Soziologe C. Wright Mills (“Die Machtelite – Rezension eines soziologischen Klassikers” und “C. Wright Mills: Die Machtelite“) hat die herrschende Elite, die man auch Clique nennen könnte, beschrieben und in seinem 1956 erschienenen Buch „Die amerikanische Elite“ einem breiteren Publikum öffentlich gemacht.
Die einschlägigen sechs Seiten werden im Folgenden, verbunden mit einem großen Dank an den Westend Verlag für die Veröffentlichung dieses Buches, wiedergegeben.
Die Lektüre lohnt sich:
Der Soziologe Mills beschreibt die Lage in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der damals von Außenminister John Foster Dulles und dem CIA-Chef Allen Dulles angeregte und vielfältig und professionell inszenierte Kalte Krieg lag im Interesse der Eliten, der sogenannten Eliten und nicht im Interesse des Volkes. So wie auch die vielen von den USA geführten Kriege und auch der neue Konfrontationsaufbau in Europa nicht von den Menschen gewollt waren und sind.
Das sind im Wesentlichen Produkte der Machteliten. Es kann nicht die Rede davon sein, dass wir bei diesen wichtigen Fragen davon sprechen können, in einer Demokratie zu leben. Deshalb gehört dieser Beitrag als Nummer 5. zur NachDenkSeiten-Serie zur Demokratie.
Es wäre ausgesprochen naiv anzunehmen, die Macht der Eliten hätte sich seit 1956, dem Erscheinungsjahr des Buches von Talbot, zugunsten des Volkes und der Demokratie verschoben. Sowohl 2015, dem Abschied von Lieb, als auch heute ist die Lage sogar noch schlimmer. Dafür spricht die weitere Verschiebung der Einkommen und Vermögen zugunsten der sogenannten Eliten wie auch die weitergewachsenen Möglichkeiten der Manipulation der Mehrheit der Menschen. Und es kommt hinzu, dass die großen asozialen Medien wie Google und Facebook zugunsten der großen Interessen und gegen die kritischen Medien arbeiten, wie wir es am eigenen Leib erleben.
Dass wir NachDenkSeiten-Macher trotzdem noch die Hoffnung haben, dass sich gelegentlich auch die Interessen der Mehrheit des Volkes durchsetzen könnten, mag man illusionär nennen. Wir haben sie trotzdem. Andernfalls müssten wir wirklich den Versuch aufgeben, aufzuklären.
Übrigens: Die Differenzen sah Dr. Lieb bei seinem Ausscheiden auch im Blick auf zwei andere wichtige Fragen:
- Bei der Bewertung der USA und ihrer imperialen Politik. Er nannte mich einen Antiamerikanisten. (Ich war das nie und wusste auch nicht, was das ist. Aber ich sehe wie auch viele Leserinnen und Leser immer mehr, welches große Risiko das Imperium der USA darstellt.)
- Für die neue Konfrontation in Europa machte Dr. Lieb Russland genauso verantwortlich wie den Westen.
Zu beidem wird gelegentlich noch etwas anzufügen sein.
Die andere große Differenz betraf die Verantwortung für die neuen Konflikte in Europa:
Es folgt hier als Anhang noch der Auszug aus dem Abschiedsbrief von Dr. Wolfgang Lieb.
Anhang
Auszug aus dem Schreiben von Dr. Wolfgang Lieb zum Abschied von den NachDenkSeiten:
Es reicht eben meines Erachtens nicht aus, die … Ursache nahezu allen Übels auf der Welt einflussreichen Kräften (oft in den USA) oder undurchsichtigen „finanzkräftigen Gruppen“ oder pauschal „den Eliten“ zuzuschreiben.
…
Wenn es „in der Geschichte keine Zufälle“ gäbe und „einflussreiche Kreise“ im Hintergrund ohnehin die Politik und die Medien hierzulande und in der Welt steuerten und es also vor allem um „abgekartete Spiele“ ginge, dann wäre politisches Engagement und das demokratische Ringen um Alternativen sinnlos.