In den letzten Tagen fällt auf, wie einvernehmlich von Politik und Medien verkündet wird: Die Inzidenzwerte steigen wieder. Die Mutanten sind gefährlich. Vor allem die englischen. Die 3. Welle kommt. Fazit der offiziellen Politik: Jetzt zu öffnen, wäre viel zu früh. – Der frühere Verfassungsschutz-Präsident Maaßen hat in einem Video eindrucksvoll geschildert, wie Experten von der Politik benutzt werden, um zu beweisen, was man bewiesen haben will, im konkreten Fall, dass die Erde eine Scheibe ist. Siehe hier. Interessant, auch wenn einem die Person unsympathisch ist. Albrecht Müller.
Maaßen erklärt auf der Basis seiner beruflichen Erfahrungen als Beamter im Bundesinnenministerium und beim Verfassungsschutz, wie die Regierungsspitze ein Ziel – aktuell konkret, den Lockdown jetzt nicht zu lockern – mithilfe abhängiger Ministerialbeamter und Wissenschaftler erreichen kann.
Die Methode kann auf alles Mögliche angewandt werden. Letzthin wurde die Botschaft, die Demonstrationen gegen die Corona-Politik seien an der Verbreitung des Virus schuld, mithilfe sogenannter Wissenschaftler und der Medien unter die Leute gebracht. Siehe hier „Mehr Covid-19-Infektionen nach „Querdenken“-Demonstrationen“.
Auch die permanente und geradezu lächerliche Absenkung der Inzidenzwerte auf 50, dann auf 35 und jetzt auf 10 wurde auf ähnliche Weise mithilfe von Wissenschaftlern vorbereitet. Und die meisten Medien machen das alles mit. Das Handelsblatt äußerte sich in seinem heutigen Morning Briefing immerhin mit einem gewissen ironischen Unterton so:
Die Auswirkungen der nun erfolgenden Schulöffnungen will Gesundheitsminister Spahn abwarten. Erst danach will er verkünden, wann es zu Öffnungen in der Gesellschaft kommt. Nachdem die Bundesregierung erst einen Inzidenzgrenzwert von 50 propagierte und dann zu 35 wechselte, spricht der CDU-Politiker jetzt von der Zahl 10. Eine Inzidenz von unter 10, die sei „jedenfalls in den allermeisten Regionen in Deutschland gerade ziemlich weit weg“. Und deshalb ist für das täglich grüßende Regierungsmitglied ein verbindlicher Stufenplan für Lockdown-Lockerungen ganz weit weg. Falsche Versprechungen wolle er angesichts leicht steigender Infektionswerte nicht machen, hieß es bei „Bericht aus Berlin“ in der ARD:
„Alle wünschen sich einen Drei- und Sechs-Monatsplan, aber das geht halt gerade nicht.“
Soweit das Handelsblatt. Viele werden die leichte Ironie nicht mitbekommen.
Die Methode, sogenannte Wissenschaftler und Experteneinrichtungen zu zitieren, kennen wir aus vielen anderen Bereichen. Zurzeit wird der Rückgriff auf sogenannte Experten und als sachverständig geltende Einrichtungen und NGOs besonders viel genutzt, um das Feindbild Russland aufzubauen. Darüber haben die NachDenkSeiten in den letzten Wochen immer wieder berichtet.
Auch um zu begründen, warum viel mehr Geld für Rüstung ausgegeben werden soll, warum aufgerüstet statt wie verabredet abgerüstet werden soll, werden Experten herangezogen. Ich erinnere, weil es so schön war, an das Interview in den Tagesthemen vom 5.2.2021 mit der Expertin Ulrike Franke vom European Council on Foreign Affairs, mit Einzelheiten zur EU-Drohne. Die „Expertin“ sprach sich für die Anschaffung bewaffneter Drohnen aus. Das passt so ganz und gar nicht zur Anmutung dieser jungen Frau:
Aber so ist eben die Welt. Wenn man glaubhaft machen will, dass die Erde eine Scheibe ist, dann muss man solche Kontrastmittel einsetzen.
P.S.: Wunderbar passend zum gesamten Thema: Sahra Wagenknechts letzte Wochenschau ‚Von wegen „Wissenschaftskanzlerin“ – Ein Jahr Anmaßung und gebrochene Versprechen‘
Titelbild: Die Rheinpfalz am Sonntag vom 21.2.2021