Gestern vor 60 Jahren wurde der gewählte Premierminister des Kongo, Patrice Lumumba, ermordet – unter anderem persönlich entschieden vom US-amerikanischen Präsidenten Eisenhower, gedeckt von der gerade abgelösten Kolonialmacht Belgien und internen Gegnern Lumumbas. Sein Vergehen: er hatte schon bei den Unabhängigkeitsfeiern die Kolonialmacht Belgien kritisiert, er wollte die Ressourcen seines Landes für die Kongolesen nutzen und er hat dann in Bedrängnis Kontakte zur Sowjetunion aufnehmen wollen. Er war wohl auch ein Hindernis beim ungezügelten Versuch, die rohstoffreiche Provinz des Kongo, Katanga, auszubeuten. (Siehe dazu in diesem Fall Wikipedia, weil nach meiner Erinnerung informativ.) Die Ermordung Lumumbas ist ein Mord in einer langen Serie von Morden, die von westlichen sogenannten Demokratien initiiert und arrangiert worden sind. Albrecht Müller.
In die Serie der Morde gehört vermutlich der Absturz und Tod des UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld am 18. September des gleichen Jahres 1961. Im September 1973 wurde – ebenfalls initiiert und angetrieben von den USA – der gewählte Präsident Chiles, Allende, in den Tod getrieben. Trotz dieser und vieler anderer politischer Morde, trotz Drohnenmordens und mörderischer Kriege wird hierzulande wie auch jetzt im Umfeld des Sturms auf das Kapitol die US-amerikanische „Demokratie“ beschworen. Affirmativ, gedankenlos!
Was für eine Macke – Verzeihung – welche Schlagseite muss man haben, um das Geschehen so zu bewerten? Was muss man gelernt und internalisiert haben, um einen Staat wie die USA und ihre Helfer „Demokratien“ zu nennen?
Ein Heer von Journalisten, Politikern, Politikwissenschaftlern, Historikern und Bürgerinnen und Bürgern ist in diesem Geist erzogen: die USA, der Westen, wir sind die Guten und wenn wir Böses tun, wenn wir morden, dann tun wir das für einen guten Zweck und der Zweck heiligt die Mittel.
Wir haben es also mit dem seltsamen Phänomen zu tun, dass
- eine Nation Mord und Krieg als Instrument der Weltherrschaft einsetzt und andere Völker mit Kriegen überzieht und ausbeutet, und
- diese Nation zugleich von maßgeblichen Teilen unsere Eliten und des Volkes bewundert und verehrt wird, und unterstützt wird.
Dieses Phänomen muss uns beschäftigen, weil große Teile unserer führenden politischen, politikwissenschaftlichen und publizistischen Köpfe von diesem Geist geprägt sind. Sie haben den Glauben an das Gute im Westen verinnerlicht. Und wenn es mal erschüttert wird, dann durch einen tumben Tor wie den Noch-Präsidenten Trump. Aber diese Erschütterung führt dann im Umkehrschluss zu einer noch größeren Bewunderung des angeblich guten Teils der USA. Das funktioniert wie hier beschrieben über den Wippschaukeleffekt: Trump und Biden auf der Wippschaukel – je tiefer T, desto höher B.
Wie bedeutsam und zukunftsrelevant für uns dieses Phänomen ist, konnte man auch bei der Wahl des CDU-Vorsitzenden sehen. Da standen nur zwei völlig USA-Ergebene (Röttgen und Merz) und ein normal ergebener Politiker zur Wahl. Die Bindung an die USA ist im christdemokratischen Lager total verankert, aber inzwischen auch bei Rot und Grün, und selbst bei RotRot im Kommen. Die jahrzehntelange PR-Arbeit, die Einflussarbeit über die Pflege von Personen und Beziehungen, über Reise- und Austauschprogramme zahlt sich aus.
Die Lumumbas dieser Welt haben auch heute keine Chance.
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