Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. US-Demokraten pochen auf erneute Welt-Führerschaft Amerikas
  2. Die Drohnenkönigin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) und CDU/CSU blasen zum Sturm auf die SPD-Linke
  3. Busse und Bahnen sind wieder die Verkehrsmittel der Armen
  4. “Notwendig ist endlich ein Schutzkonzept für die 900.000 Pflegeheimbewohner”
  5. Test von Kombi-Impfungen gegen Corona – Das Beste aus zwei Welten
  6. Die Intensivstationen waren auch vor Corona schon am Limit
  7. Kahlschlag der deutschen Krankenhäuser verhindern!
  8. Vertrauen wagen, Demut wagen, Demokratie wagen
  9. Stuttgarter FriedensPreis 2020 für Julian Assange
  10. The Great Reset Conspiracy Smoothie

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. US-Demokraten pochen auf erneute Welt-Führerschaft Amerikas
    Joe Biden und Hillary Clinton zeigen: Die US-Demokraten fordern statt «America first» jetzt «America must lead the world again».
    «America First!» Das propagierte der abgewählte US-Präsident Donald Trump. «America must Lead the World Again», fordern nun die Demokraten. Der neu gewählte US- Präsident Joe Biden und die frühere Aussenministerin Hillary Clinton haben es in zwei Grundsatzpapieren dargelegt.
    Das Auffälligste an diesen Essays: In beiden kommen die Vereinten Nationen (UNO) überhaupt nie vor. Dafür beteuern sie mehrmals, dass «Amerika bereit ist, wieder zu führen». Denn «das internationale System, das die Vereinigten Staaten einst so sorgfältig konstruiert» hätten, drohe gerade aus den Fugen zu geraten – «coming appart at the seams»; dies wegen der vierjährigen Herrschaft Trumps. (…)
    Der künftige Präsident Joseph R. Biden, hat seine weltpolitischen Vorstellungen schon im März dieses Jahres in der Zeitschrift «Foreign Affairs» (Aussenpolitik) publiziert. Titel seiner Darlegungen: «Warum Amerika wieder führen muss” («Why America Must Lead Again»).
    Das zweite Papier hat Hillary Clinton nun in derselben Zeitschrift veröffentlicht. Sie legt dar, wie Bidens globaler Führungs-Anspruch militärisch kostenwirksamer («More Bang for the Buck», wie es in den USA heisst) umgesetzt werden könnte. Titel: «Eine nationale Sicherheits-Aufrechnung.» Clinton schreibt, zu den höchsten Prioritäten zähle die Modernisierung des US-Militärs. Konkret: Weniger Geld für teure, überkommene Waffensysteme wie etwa die elf US-Flugzeugträger, schwere Kampfpanzer oder den Super-Kampfjet F-35. Stattdessen Milliarden-Investitionen in neue, moderne U-Boote und in den Langstrecken-Bomber B-21 Raider.
    Dieses Bomber-Projekt hat die damalige demokratische US-Regierung 2015 bei Northrop-Grumman für Entwicklungskosten von 23,5 Milliarden US-Dollar in Auftrag gegeben. Der B-21 werde jede Fliegerabwehr überwinden, rühmt Clinton. Und was sie, allgemein beschönigend, zuvor noch als «defense» (Verteidigung) darstellte, kommt nun als das daher, was es ist: «Long-range conventional attack», zu deutsch: Konventionelle Angriffe über (welt-)weite Distanzen.
    «Verteidigung» als militärische «Intervention» zur Durchsetzung von «US-Interessen» weltweit: Das hat in Washington Tradition – von Korea über Vietnam bis in den Irak. Aktuell nennt Clinton «the skies and seas of East Asia» (Luftraum und See in Südostasien): Da sei «die Überlegenheit der USA nicht länger gesichert». Darum habe sie als US-Aussenministerin noch ein Abkommen ausgehandelt, um 2500 Marines auf einer US-Basis in Australien direkt am Südchinesischen Meer zu stationieren.
    Quelle: Infosperber
  2. Die Drohnenkönigin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) und CDU/CSU blasen zum Sturm auf die SPD-Linke
    Rolf Mützenich: „Der Einsatz bewaffneter Drohnen verwischt den Unterschied zwischen Krieg und Frieden und droht, die Hemmschwelle zur Anwendung militärischer Gewalt zu senken.“
    Die Worte des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag klingen zunächst wie Musik in den Ohren der SPD-Linken und weiterer linksliberaler PolitikerInnen. Die SPD wird voraussichtlich trotz Widerstand der Parteilinken letztlich, wenn auch mit Vorbehalten, der Beschaffung bewaffneter Kampfdrohnen zustimmen…
    Beim Nachrichtensender ntv hat sich Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer… sich für den Schutz deutscher Soldaten in Afghanistan stark gemacht. Nur die Beschaffung von Kampfdrohnen hilft angeblich weiter. „Wenn ich den Wunsch der Soldaten hier mitnehme, und ich kann ihn ehrlich gesagt nachvollziehen, dann spricht vieles für die Bewaffnung der Drohne“, sagte die CDU-Politikerin bei einem Besuch der deutschen Soldaten im nordafghanischen Kundus.
    Es gehe stets um den Eigenschutz der Soldaten. „Und dabei müsse man ernsthaft fragen, ob wir mit Blick auf das Leben der Soldaten, das hier eingesetzt wird, es wirklich unterlassen, das was wir an Möglichkeiten haben, auch einzusetzen“…
    Der Instrumentenkoffer
    Der „Verteidigungsexperte“ der CDU, Henning Otte, prägte aus größter Sorge um die bedrohten Soldaten in Afghanistan den Begriff des Instrumentenkoffers: „Wir können unseren Soldaten Teile aus dem militärischen Instrumentenkoffer nicht verwehren, schon gar nicht, wenn sie dem elementaren Schutz unserer Truppe dienen“, sagte er. Dass die Bewaffnung der Drohnen eine weitere Eskalation der Kriegshandlungen bedeutet, ist für die Heimatpolitiker kein Denkansatz…
    Parteilinke der SPD sind noch nicht weichgekocht
    Während die Parteilinken der SPD im Deutschen Bundestag noch nicht weichgekocht sind, haben „einflussreiche“ Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, wie z.B. die Wehrbeauftragte Eva Högl und der altgediente Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu Zustimmung signalisiert, unter strengen Einsatzbedingungen den bewaffneten Drohnen zuzustimmen…
    Quelle: Von links gedacht

    Dazu: Drohnenbewaffnung: SPD-Widerstand!
    Erst kürzlich meldete das Verteidigungsministerium selbstbewusst, es wolle noch in diesem Jahr die Bewaffnung der Heron-TP-Drohne eintüten… Vor allem aus den Reihen der SPD-Verteidigungspolitiker wurde ebenfalls Zustimmung signalisiert… Nun meldet aber die Süddeutsche Zeitung, aus der SPD-Spitze komme erfreulicherweise Widerstand: „Über das Thema sei noch nicht ausreichend debattiert worden, findet Parteichef Walter-Borjans. Einem Großprojekt von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer droht nun das überraschende Aus auf der Zielgeraden. […] ‚Zusammen mit großen Teilen der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend‘, sagte er der Süddeutschen Zeitung. […] Mit diesem Veto gerät jedoch der gesamte Fahrplan ins Wanken. […] Dem Vernehmen nach ist es mittlerweile höchst fraglich, ob die SPD im Jahr vor der nächsten Bundestagswahl überhaupt noch ihre Zustimmung zu Kampfdrohnen gibt.“
    Quelle: IMI

    Anmerkung Christian Reimann: Wacht die SPD-Spitze wenigstens bei diesem Thema endlich mal auf? Aber Vorsicht – es „sei noch nicht ausreichend debattiert worden“ bedeutet schließlich nicht, dass die Parteispitze das Projekt Drohnenbewaffnung tatsächlich auch ablehnen wird.

  3. Busse und Bahnen sind wieder die Verkehrsmittel der Armen
    Wer gut verdient, meidet den Nahverkehr und steigt auf Auto oder Fahrrad um – nur Einkommensschwache nutzen Busse und Bahnen laut einer Studie noch nennenswert. Die Schäden am System könnten demnach bleibend sein. (…)
    »Der öffentliche Verkehr bleibt auch im Herbst der Corona-Verlierer«, folgert Andreas Knie. Den Betreibern fehlen damit auch Ticketeinnahmen – das dürfte im nächsten Jahr so bleiben.
    So rechnet der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für das Jahr 2021 trotz einer langsamen Erholung mit Einnahmeverlusten von rund 3,5 Milliarden Euro durch die Corona-Pandemie. Beim VDV geht man außerdem davon aus, dass angesichts der gestiegenen Infektionszahlen im November und Dezember nur etwa 50 bis 60 Prozent der sonst üblichen Fahrgäste mit Bus und Bahn unterwegs sind. Zuvor war die Nachfrage ab Juni gestiegen und hatte im September immerhin 80 Prozent des Niveaus von vor der Pandemie erreicht.
    Quelle: Spiegel
  4. “Notwendig ist endlich ein Schutzkonzept für die 900.000 Pflegeheimbewohner”
    Der Countdown zum harten Lockdown läuft: Im Interview mit Telepolis kritisiert der Chef der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, in scharfer Form die Bundesregierung, die Impf-Strategie und den blinden Aktionismus der Landespolitiker […]
    Wie betrachten Sie denn aus Sicht der Patienten die neuen Planungen für einen verschärften Lockdown?
    Eugen Brysch: Mittlerweile überbieten sich die Regierungschefs bei den Maßnahmen für einen härteren Lockdown. Ob das in Krisenzeiten wirklich zielführend ist, scheint fraglich. Es muss nicht alles getan werden, sondern das Richtige. Notwendig ist endlich ein überzeugendes, bundesweit einheitliches Schutzkonzept für die 900.000 Pflegeheimbewohner. Sie bilden schließlich die verletzlichste Gruppe in der Pandemie. Grundlegende Maßnahmen bleiben ein sicherer Infektionsgrundschutz, eine lückenlose Kontaktdokumentation und laborgestützte PCR-Tests zweimal in der Woche. Ebenso müssen zusätzlich tägliche Schnelltests bei allen Mitarbeitern und Besuchern erfolgen. Nur so kann es gelingen, das Virus möglichst schon vor der Einrichtung zu stoppen.
    Hat die Regierung nicht einige Fehler gemacht und die Pandemie unterschätzt? Wurden von der Politik die realen Ängste vor dem Virus vernachlässigt? Besonders Ältere, Vorerkrankte sind bedroht. Es gibt hunderte Tote pro Tag …
    Eugen Brysch: Nach dem ersten Lockdown konkurrierten die Länderchefs regelrecht bei den Lockerungen. Die Mehrheit ignorierte die Warnungen von Experten vor einer zweiten Welle. Es wurde in den Sommermonaten versäumt, die Hochrisikogruppe dort zu schützen, wo sie lebt. Ebenso sind die Gesundheitsämter nicht digital fit gemacht worden. Das rächt sich jetzt. Denn immer mehr Pflegeeinrichtungen verhängen erneut Betretungsverbote aus Angst vor Infektionsausbrüchen. Zudem gibt es weiterhin keine genauen Zahlen zum Infektionsgeschehen in den 12.000 Pflegeheimen. Bund und Länder erfassen nicht, wie viele Heimbewohner tatsächlich isoliert leben müssen. Zwar reden die Regierungschefs viel von den vulnerablen Gruppen, aber täglich abrufbare Fakten werden hier nicht gesammelt.
    Quelle: Telepolis
  5. Test von Kombi-Impfungen gegen Corona – Das Beste aus zwei Welten
    Anfang kommenden Jahres will Großbritannien verschiedene Corona-Impfstofftypen in Kombination testen. Die Prüfung könnte auch das Rätsel um eine AstraZeneca-Studie lösen. […]
    Insgesamt traten in beiden Studien bis zur Zwischenauswertung 131 Covid-19 Fälle auf. Die Auswertung der Daten der zunächst mit der halben Dosis geimpften Probanden basiert auf nur 33 Fällen. Drei davon betrafen Studienteilnehmer, die den Wirkstoff erhalten hatten. Eine detaillierte Auswertung dazu ist am Dienstagnachmittag im Fachmagazin »The Lancet« erschienen (mehr dazu lesen Sie hier).
    Eine abschließende Erklärung für das überraschende Ergebnis gibt es bis heute nicht. Denkbar ist, dass die bessere Wirksamkeit in der Gruppe mit der halben Dosis zufällig zustande kam und sich bei größeren Datenanalysen nicht bestätigen würde. Die Impfstoffe von Biontech und Moderna haben nach ersten Erkenntnissen eine Wirksamkeit von 95 Prozent.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung Jens Berger: Der SPIEGEL schreibt, es gäbe „bis heute keine abschließende Erklärung“ für die inkonsistenten Daten der AstraZeneca-Studie. Das ist so nicht ganz richtig. Wie zahlreiche internationale Medien meldeten und die Uni Oxford mittlerweile selbst bestätigt hat, gab es nicht nur eine Panne – man hat sich bei der Dosierung schlicht verrechnet -, sondern die Gruppe, bei der die höhere Schutzwirkung festgestellt wurde, enthielt auch keinen einzigen Probanden über 55 Jahren. Da jüngere Probanden seltener Symptome und nur sehr selten schwere Verlaufsformen entwickeln, sind diese Daten vollkommen unbrauchbar. Auch das zum SPIEGEL-Verlag gehörende Manager Magazin berichtete darüber. Dass der SPIEGEL dies nicht einmal zur Kenntnis nimmt, ist unverständlich.

    Zweifel an Uni Oxford und AstraZeneca – Aktie rutscht ab
    Hinzu kommt noch eine weitere Information, die der Öffentlichkeit zunächst vorenthalten wurde: In dem Teil der Studie, der zu einer Wirksamkeitsannahme von 90 Prozent führte, befand sich kein einziger Proband, der älter als 55 Jahre war. Diese Tatsache wurde laut “Financial Times” erst am Dienstag bekannt, als Moncef Slaoui vom “Warp Speed”-Programm für Impfstoffentwicklung der US-Regierung eine entsprechende Angabe machte. Als Konsequenz sollte hinter das 90-Prozent-Ergebnis vermutlich schon aus diesem Grund ein Fragezeichen gesetzt werden, denn die Anfälligkeit für schwere Verläufe der Covid-19-Erkrankung steigt bekanntlich mit zunehmendem Alter rapide an. Menschen unter 55 Jahren haben per se ein deutlich geringeres Risiko als ältere Menschen.
    Alles in allem ergibt das ein Bild, dass die Verlässlichkeit der Angaben von AstraZeneca sehr fraglich erscheinen lässt.
    Quelle: Manager Magazin

    dazu auch (leider im Bezahlbereich): Wie Astra Zeneca versucht, sich seinen Impfstoff schönzurechnen
    90 Prozent Wirksamkeit? Oder nur 62 Prozent? Astra Zeneca ist mit seinem Impfstoff ein Rechenfehler unterlaufen. Mit einer Milchmädchenrechnung versuchte man, den Fauxpas zu beheben. Die Konsequenzen erläutert Virologe Alexander Kekulé in einem Gastbeitrag. […]
    Mit dieser Milchmädchenrechnung sind die Zweifel an den Studiendaten jedoch nicht auszuräumen. Warum eine halbe Dosis besser schützen sollte als eine ganze, ist wissenschaftlich nicht zu erklären. Bislang gibt es für diesen paradoxen Effekt kein Beispiel – abgesehen von homöopathischen Globuli, die ebenfalls durch Verdünnung an Wirkungskraft gewinnen sollen. Zudem haben diese „optimale“ Dosis nur 2800 Probanden erhalten. Wie die angebliche Effektivität von 90 Prozent berechnet wurde, lässt sich nicht nachprüfen, weil Astra Zeneca – im Gegensatz zu Pfizer und Moderna – nicht bekannt gibt, wie viele Geimpfte sich im Vergleich zur Kontrollgruppe infiziert haben.
    Klar ist, dass insgesamt 11.700 Studienteilnehmer den Wirkstoff bekamen und im Studienverlauf insgesamt 131 symptomatische Covid-19-Infektionen auftraten – das sind nur etwa halb so viele Daten wie bei den erfolgreichen Konkurrenten. Da es obendrein auch noch abweichende Protokolle für Teilstudien in Brasilien und Großbritannien gab, könnte die scheinbar überlegene Wirkung der halben Dosis auch auf einem statistischen Fehler beruhen.
    Quelle: Alexander Kekulé in der WELT

  6. Die Intensivstationen waren auch vor Corona schon am Limit
    Die Politiker warnen vor dem Kollaps der Intensivmedizin. Den gab es auch schon in den Vorjahren und dennoch wurde am Personal gespart. Das ist die Geschichte eines einzigartigen Politikversagens, meint Gunnar Schupelius […]
    Dabei war die Not schon lange groß. So warnte das Deutsche Ärzteblatt im Oktober 2019: „Bereits jetzt kommt es in Spitzenzeiten wie der Grippewelle 2017/2018 zu Einschränkungen in der Notfallversorgung der Bevölkerung.“
    Direkt nach dieser großen Grippewelle, die rund 25.000 Todesopfer forderte, stellte das ARD-Mittagsmagazin am 27. März 2018 fest: „Die jährliche Grippe-Saison führt zu einer Krise im System.“ Als Beispiel wurde der Großraum München genannt, in dem in einer Nacht in jenem März alle Intensivstationen sämtlicher Krankenhäuser wegen Überfüllung geschlossen wurden. […]
    Das tat man aber nicht. Im Gegenteil: Bundesweit wurden noch im September und Oktober über 3000 Intensivbetten abgebaut, wahrscheinlich um Personal einzusparen.
    Quelle: Gunnar Schupelius in der BZ

    Anmerkung Jens Berger: Die Analyse ist richtig und wurde etwas ausführlicher auch schon auf den NachDenkSeiten gemacht. Falsch ist jedoch die Behauptung, man habe 3.000 Intensivbetten abgebaut. Die Betten sind immer noch da, sie werden nur nicht mehr dem Intensivregister gemeldet, da sie zur Zeit personell nicht betrieben werden können. Dafür müsste man Personal von anderen Stationen abziehen, was jedoch zur Zeit nicht nötig ist.

    Anmerkung JK: Vor diesem Hintergrund ist Merkels Phrase, dass gegenwärtig zu viel über Glühweinstände gesprochen werde und zu wenig über die Krankenschwestern und Pflegekräfte, an Zynismus nicht zu überbieten.

  7. Kahlschlag der deutschen Krankenhäuser verhindern!
    Es gibt etliche Gesundheitsberater, die Corona zum Anlass nehmen, einen massiven Abbau von Krankenhauskapazitäten einzufordern. Die Frage, ob unser deutsches Gesundheitswesen überlastet sein könnte, wird nicht mehr gestellt. Die Meldungen von Krankenhäusern, die angesichts der Pandemie an ihre Behandlungskapazitäten gelangen, führen nicht zu der Schlussfolgerung, dass Kapazitäten ausgebaut oder zumindest nicht weiter abgebaut werden dürfen.
    Die bange Fragestellung, ob die Behandlungskapazitäten in deutschen Krankenhäusern angesichts steigender Fallzahlen ausreichen werden, scheint bei ihnen keine Rolle zu spielen. Könnte es in Krankenhäusern zu Grenzentscheidungen kommen, welche/r PatientIn zuerst eine adäquate stationäre Corona-Behandlung erhält? Auch diese Fragestellung blenden die Gesundheitsberater offensichtlich aus. Das Fatale; Gesundheitsberater wie Prof. Dr. Reinhard Busse und Prof. Dr. Boris Augurzki sind ständige Berater der Bundesregierung. Ihre Expertisen haben ein hohes Gewicht bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie recherchieren auch für die Bertelsmann Stiftung, die 2019 in einer Studie „Krankenhäuser schließen – Leben retten!“ 600 statt bisher 1.925 bundesdeutsche Krankenhäuser forderte.
    Was die meisten BürgerInnen nicht verfolgen, ExpertInnen und Politik aber registrieren und aufgreifen: Inmitten der Corona-Krise preschen das BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung, die Robert Bosch Stiftung und die Bertelsmann Stiftung jetzt mit einem „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren“ vor, das den Titel „Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020“ trägt. Man reibt sich die Augen, denn es gibt sie tatsächlich noch, die BefürworterInnen klinischer Konzentrationsprozesse und Kapazitätsverringerungen. AutorInnen des Papiers: Prof. Dr. Boris Augurzky, Prof. Dr. Reinhard Busse, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, Prof. Dr. Gabriele Meyer. Trotz der Erfahrungen der Corona-Pandemie, die an die Kapazitätsgrenzen der Behandlungsressourcen ging und noch immer geht, empfehlen die AutorInnen der Bundesregierung und den Krankenkassenverbänden, Corona ausschließlich in großen Krankenhäusern behandeln zu lassen. Nicht belegte angebliche Qualitätsdefizite kleiner Krankenhäuser werden hierfür zur Begründung bemüht. Kleine ländliche Krankenhäuser würden somit aus hochwertigen Behandlungen – auch Corona – ausgeschlossen und komplett in ein Integriertes ambulant-/stationäres Zentrum (IVZ) umgestaltet. Mit der nicht belegbaren Behauptung, Corona könne man stationär lediglich in großen Krankenhäusern der Schwerpunkt- oder Maximalversorgung adäquat behandeln, propagieren Gesundheitsberater und Stiftungen eine ganz neue Kliniklandschaft.
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand
  8. Vertrauen wagen, Demut wagen, Demokratie wagen
    Der Kniefall Brandts, der Warschauer Vertrag: Wie Bundeskanzler Willy Brandt vor fünfzig Jahren den Völkern einen neuen Weg geöffnet hat – und was wir heute daraus lernen können. (…)
    Als die Maschine des Bundeskanzlers Willy Brandt auf dem Militärflugplatz in Warschau landete, standen am Rande des Rollfelds 376 Journalisten. Noch nie zuvor in Polen hatte ein politisches Ereignis annähernd so viele Journalisten auf die Beine gebracht. Zählte man die Ehrengäste, die Diplomaten, die Funktionäre und die Geheimpolizisten hinzu, waren mehr Leute anwesend, als der deutsch-polnische Vertrag Wörter hat: 435 Wörter … (…)
    In Hans Ulrich Kempskis Reportage auf der Seite 3 der Süddeutschen Zeitung sind es auch nur wenige Zeilen. Erst schildert er, wie Brandt, um Polens gefallene Freiheitskämpfer zu ehren, am 7. Dezember den Tag mit einer Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten beginnt. Und dann: “Ein zweiter Kranz wird von Brandt wenig später vor dem Mahnmal im ehemaligen Ghetto niedergelegt. Dies zu tun, ist der ausdrückliche Wunsch des Bundeskanzlers gewesen. Ein Führer, der ihm erklären will, welche Leiden Polens Juden hier haben ertragen müssen, kommt mit seinem Vortrag nicht zum Schluss. Er verstummt, als er sieht, wie der Kanzler, von aufgewühlten Empfindungen überwältigt, niederkniet. Brandt braucht Sekunden, die den Zeugen endlos erscheinen, bis er wieder steht. Es sieht aus, als brauche er alle Kraft, um Tränen niederzukämpfen.”
    Quelle: Heribert Prantl in Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers H.H.: Ein sehr lesenswerter Artikel von der Edelfeder der Süddeutschen Zeitung. Der gute Eindruck verblasst aber leider zum Ende von Prantls Ausführungen. Es scheint irgendwie eine Art “Mainstream-Reflex” zu sein, dass es kaum Artikel gibt, in denen nicht mindestens ein kleiner Seitenhieb auf Putin untergebracht wird. Dass er hier im vorletzten Satz, also praktisch am Ende platziert wurde, ist umso ärgerlicher und man möchte Herrn Prantl zurufen, den Ratschlag, den er allen anderen gibt, auch bei sich selbst anzuwenden, denn m.E. ist es eine Unart des Miteinander-Umgehens, wenn man den vermeintlichen Gesprächspartner auf “staatskriminelle Aktionen” reduziert.

  9. Stuttgarter FriedensPreis 2020 für Julian Assange
    6. Dezember, Theaterhaus, FriedensGala der AnStifter: Verleihung des Stuttgarter FriedensPreises an den im Londoner Hochsicherheits-Gefängnis Belmarsh eingesperrten Julian Assange. So war es geplant. Corona hat das verhindert. Eine vom Internationalen Netzwerk der Assange-Mahnwachen für denselben Tag geplante Kundgebung bot nun die Möglichkeit, Assange Solidarität zu beweisen. Moderne Technik machte es per Live-Stream möglich, die Kundgebung in viele Teile der Welt zu senden.
    Peter Grohmann, Gründer der AnStifter, rief den 500 Besuchern in Erinnerung, dass sich die Anstifter mit der Verleihung des FriedensPreises unter anderem an Edward Snowden, Giuliana Sgrena und an Asli Erdogan schon mehrfach für die Freiheit des Wortes eingesetzt haben: „… für Freiheit und Demokratie, für die Einhaltung der Menschenrechte, für die Entrechteten und Gedemütigten weltweit für Menschen wie Julian Assange.“
    Am 7. Dezember 2020 ist Julian seit 10 Jahren nicht mehr in Freiheit. Für den 4. Januar 2021 ist die Entscheidung des britischen Gerichts über den Auslieferungsantrag der USA-Regierung angekündigt. Julian Assange befindet sich in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Ärzte haben dies bestätigt. Stella Morris, Assanges Lebensgefährtin, von London zugeschaltet: „Julian ist schwach. Es geht ihm sehr schlecht. Er wird im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten zusammen mit 65 Schwerverbrechern. Von ihnen sind derzeit 23 positiv auf Corona getestet.“ Für Julian sei es eine Horror-Vorstellung in das USA-Sondergefängnis zu kommen; dort werde man lebendig begraben und das sei schlimmer als der elektrische Stuhl. Stella Morris hat bereits an US-Präsident Trump geschrieben und um eine Begnadigung gebeten.
    Quelle: Die Anstifter
  10. The Great Reset Conspiracy Smoothie
    A viral conspiracy theory blends together legitimate critiques with truly dangerous anti-vaccination fantasies and outright coronavirus denialism.
    WRITING ABOUT “The Great Reset” is not easy. It has turned into a viral conspiracy theory purporting to expose something no one ever attempted to hide, most of which is not really happening anyway, some of which actually should.
    It’s extra confusing for me to unpick this particular knot because at the center of it all is a bastardization of a concept I know a little something about: the shock doctrine. (…)
    In short, the Great Reset encompasses some good stuff that won’t happen and some bad stuff that certainly will and, frankly, nothing out of the ordinary in our era of “green” billionaires readying rockets for Mars. (…)
    Less a conspiracy theory than a conspiracy smoothie, the Great Reset has managed to mash up every freakout happening on the internet — left and right, true-ish, and off-the-wall — into one inchoate meta-scream about the unbearable nature of pandemic life under voracious capitalism. I’ve been doing my best to ignore it for months, even when various Reset “researchers” have insisted that all of this is an example of the shock doctrine, a term I coined a decade and a half ago to describe the many ways that elites try to harness deep disasters to push through policies that further enrich the already wealthy and restrict democratic liberties.(…)
    What Schwab and the WEF are doing with the Great Reset is both more subtle and more insidious. Schwab is, of course, absolutely right when he says that the pandemic has revealed many deadly structural failures of capitalism as usual, as does the accelerating climate crisis and the hoovering of the planet’s wealth up toward the Davos class, even in the midst of a global pandemic. But like the WEF’s earlier big themes, the Great Reset is not a serious effort to actually solve the crises it describes. On the contrary, it is an attempt to create a plausible impression that the huge winners in this system are on the verge of voluntarily setting greed aside to get serious about solving the raging crises that are radically destabilizing our world.
    Quelle: Naomi Klein auf Intercept

    Anmerkung Jens Berger: Sehr lesenswert. Auch in Deutschland die Geschichte vom Great Reset im Netz sehr populär und lenkt die Kritik in eine falsche Richtung, da sie den Blick von der realen Schock-Doktrin ablenkt, die sich vor unseren Augen abspielt.

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