Hinweise des Tages

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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Sarrazin, Hartz IV, Verdeckte Zulagen, Rente mit 67, Vom neuen Profitstreben in der Sozialarbeit, Lobbypolitik: Zensur bei Beckmann, Depubliziertes, Eine sozialpolitische Ohrfeige!, UN-Milleniumsgipfel. (KR)

  1. Sarrazin
  2. Hartz IV
  3. Verdeckte Zulagen
  4. Rente mit 67
  5. Vom neuen Profitstreben in der Sozialarbeit
  6. Lobbypolitik: Zensur bei Beckmann
  7. Depubliziertes
  8. Eine sozialpolitische Ohrfeige!
  9. UN-Milleniumsgipfel

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sarrazin
    1. Analyse – Die seltsamen Methoden des Thilo Sarrazin
      Von den „Daten und Fakten“, die Sarrazin bringen will, bleibt nach gründlicher Analyse nicht mehr viel übrig. Vielmehr ist das Buch von Verfälschungen, Unterschlagung von Wissen, zweifelhaften Quellen und Fehlschlüssen geprägt. 
      Verfälschend ist beispielsweise die Praxis, Korrelationskoeffizienten als Prozente auszugeben, um sie nach oben zu manipulieren. Eine Verfälschung ist auch, „angeboren“ mit „erblich“ zu verwechseln.
      Unterschlagen werden beispielsweise die statistischen Daten zur Angleichung des generativen Verhaltens oder zu den Auswirkungen von Förderung und Erziehung auf Intelligenz und Bildungsleistungen.
      Zweifelhafte Quellen sind extrem umstrittene Arbeiten wie die von Herrnstein/Murray oder wie die des auf S. 353 zitierten Eugenikers Richard Lynn.
      Ein Fehlschluss ist, dass die schlechten Bildungsleistungen von Migranten- oder Unterschichtskindern auf erbliche Intelligenzdefizite bestimmter Bevölkerungsgruppen zurückzuführen seien. Ein Fehlschluss ist auch die zentrale These, dass die deutsche Bevölkerung immer dümmer werden würde, weil die Prämisse, dass die Migranten und Unterschichtsangehörigen weniger intelligente Erbanlagen hätten, nicht zutrifft.
      Von Prof. Dr. Volker Eichener, Rektor der EBZ Business School – University of Applied Sciences 
      Quelle: Rohmert-Medien – “Der Immobilienbrief”

      Anmerkung KR: Überaus lesenswert.

    2. Sarrazin will Ausländern an die Existenz
      In einem Capital-Streitgespräch bringt der SPD-Politiker radikale Einschnitte bei den Sozialleistungen für Integrationsverweigerer ins Spiel. Ökonom Straubhaar bleibt gelassen – und vergleicht Einwanderer mit eingeführten Turnschuhen.
      Straubhaar ist Mitglied im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration und leitet das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI).
      Quelle: FTD

      Anmerkung Martin Betzwieser: Dass Gesprächspartner Thomas Straubhaar auch Aktivist der Arbeitgeberlobby Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist, erfährt hier natürlich niemand.

    3. Das Ostler-Gen
      Vor zwanzig Jahren sprach auch noch keiner von der Unterschicht, dem Hauptwort nicht nur der letzten Sarrazin-Wochen …
      Wahrscheinlich hätte Thilo Sarrazin damals ein Buch über das spezifische Ost-Gen geschrieben. Sarrazin kommt übrigens aus Gera! Zur geistigen Ober- oder Mittelschicht gehört er wohl nicht, sonst hätte er bemerken müssen: Unterschichten reproduzieren sich nicht genetisch, Unterschichten werden gemacht. Nehmen wir das 20. Jahr der deutschen Einheit als Anlass, darüber nachzudenken: Wie entstehen Unterschichten?
      Quelle: TAZ
  2. Hartz IV
    1. Darf es ein bisschen mehr sein?
      Ursula von der Leyen lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Nachdem sie bereits im Februar von den Verfassungsrichtern in Karlsruhe mit der Aufgabe betraut wurde, die Hartz-IV-Gesetzgebung auf verfassungskonforme Füße zu stellen, zog sich von der Leyen monatelang in ihre Berliner Wagenburg zurück und veranstaltete mit der Öffentlichkeit ein Katz- und Maus-Spiel. Der eigentliche Angriff auf den Sozialstaat kommt derweil auf leisen Sohlen daher und wird von der FDP als „alternativlos“ bezeichnet.
      Quelle: Spiegelfechter
    2. De dicto
      “Innerhalb von drei Monaten sollen Arbeitslose bei Fehlverhalten künftig sanktioniert werden. Das Arbeitsministerium will den komplizierten Gesetzestext vereinfachen, damit Jobcenter-Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit einfacher durchgreifen können. Gleichzeitig sollen Sanktionen so in allen Jobcentern gleich angewendet werden. Bisher liegt es oft auch im Ermessen der Arbeitsvermittler, wie hart sanktioniert wird.”
      Paul Ronzheimer, BILD-Zeitung vom 20. September 2010

      Zum Gesagten sei angemerkt: Obige Belegstelle entstammt einem Text, der unter dem Aufmacher “Hartz IV-Revolution” logiert. Was von einem Elaborat unter diesem Label zu halten ist, muß nicht gesondert konkretisiert werden. Fraglich ist aber dennoch, was die BILD-Zeitung mit der Textstelle ausdrücken will. Reichlich Fragezeichen blühen auf; drei Seltsamkeiten springen dabei besonders ins Auge.
      Quelle: ad-sinistram

  3. Verdeckte Zulagen
    Bundesweit kassieren Landtagsabgeordnete Millionen Euro Steuergeld durch verdeckte Zulagen zusätzlich zu ihren Diäten. Das geht aus einer Umfrage des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ unter allen 63 Landtagsfraktionen der Flächenländer hervor. Danach geben die Fraktionen jährlich rund 4,5 Mio. Euro für Zulagen an Funktionsträger wie Parlamentarische Geschäftsführer, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Arbeitskreisleiter aus. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Zulagen in einem Urteil vom 21. Juli 2000 (Az. 2 BvH 3/91) für verfassungswidrig erklärt, weil sie “gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten” verstoßen.
    Quelle: SWR  Report Mainz
  4. Rente mit 67
    1. Jeder Fünfte muss wegen Krankheit in den Ruhestand
      Rente mit 67? Von wegen. Jeder fünfte Berufstätige muss aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand, das Durchschnittsalter aller Ruheständler liegt laut Statistischem Bundesamt bei etwa 55 Jahren. Besonders früh müssen Arbeiter aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
      Quelle: STERN
    2. Rente mit 67: Länger leben, länger arbeiten
      Die Quote der Beschäftigten im Alter zwischen 60 und 64 Jahren hat sich seit 1999 verdoppelt. Mit den Zahlen liefert das Statistische Bundesamt neue Argumente für eine längere Lebensarbeitszeit und einen späteren Eintritt in den Ruhestand.
      Quelle: FR

      Anmerkung: Volker Bahl kommentiert diesen journalistischen Tiefpunkt der FR so: Sollte man es nicht besser umdrehen – länger arbeiten, damit man endlich nicht mehr so lange lebt?
      Hier zwei Zitate aus den Leserkommentaren der FR:

      • 21.09.2010, 21:29 Uhr
        Andrew13 sagt:
        Das ist doch kein Journalismus, sondern eine billige Werbung für die Rente mit 67. Letztere ist aber eher ein Vehikel für weitere Umverteilung von unten nach oben. Soviel analytische Wahrhaftigkeit sollte der FR eigentlich eigen sein.
      • 22.09.2010, 07:34 Uhr
        Rudi68 sagt:
        Liebe FR-Redaktion, ich schlage vor, dass die Redakteure der FR eine Pflichtveranstaltung “Statistik für Anfänger” belegen, damit sie in Zukunft besser in der Lage sind, den Aussagewert von statistischen Daten zu erkennen und womöglich kritisch zu hinterfragen.
  5. Dienstmaserati und Traumrendite – Vom neuen Profitstreben in der Sozialarbeit
    Der Maserati des Geschäftsführers der Berliner Treberhilfe machte bundesweit Schlagzeilen. Mittlerweile tauchen in den Medien immer mehr Beispiele dubioser Sozialfirmen auf, zumeist gemeinnützige GmbHs. Für die Anbieter eröffnen sich viele Chancen, besonders lukrative Strukturen aufzubauen.
    Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Audio-Podcast, mp3, ca. 30 Minuten, ca. 13 MB)
    Quelle 2: Deutschlandradio Kultur (Text, PDF)
  6. Lobbypolitik
    1. Zensur bei Beckmann
      Leser U.S. schreibt uns:

      Ich habe am Montag Abend die Sendung Beckman nur am Rande verfolgt, da wohl keine kritischen Fragen zu erwarten waren.
      Dann kam aber doch ein kleines Highlight. Ab ca. der 21 Minute wurde ein kleiner Einspieler gezeigt. Der Juso Vorsitzende Vogt sagte in einem Interview (?) etwa folgendes (aus meinem Gedächtnis): “Das eben Steinbrück im Jahr 2008 vor dem Ausbruch der Finanzkrise noch Deregulierungen zugelassen hat”. Er hat auch benannt was Steinbrück da zugelassen hatte.
      Ich wollte mir diesen Teil der Sendung in der ARD Mediathek noch einmal genauer ansehen. Da mußte ich aber leider feststellen, dieser kritische Teil der Sendung wurde entfernt!
      Ab Minute 21 und 11 Sekunden kann man nur noch sehen, wie Peer Steinbrück auf den Einspieler reagiert. Natürlich geht er dabei ganz geschickt, nicht auf den Vorwurf von Vogt ein:
      [mit leichtem Witz in der Stimme]
      “Ich bin ganz froh das er kein Parteiausschlussverfahren gegen mich beantragt hat.”
      [dann mit verächtlichem Tonfall]
      “Ja das ist son’n kleiner “Mini-Jakobiner” der da – da – da durchscheint um das mal deutlich zu sagen.”
      [weiter mit normalem Tonfall]
      “Nach dem Motto wenn die nicht unserer Auffassung sind, dann dürfen sie in der Partei nicht eine exponierte Position haben.”
      “Ich bring’s mal auf den Punkt: Derselbe – respektable Juso Vorsitzende hält ein flammendes Plädoyer dafür, dass die Rente mit 67 abgeschafft oder suspendiert werden muss. Damit vertritt er Gegenwartsinteressen einer älteren Generation und nicht die Interessenlage der Generation die er eigentlich vertreten müsste. Die Generation meiner Kinder und eines Tages meiner Enkelkinder.”
      “Wie ein Vertreter einer Jugendorganisation aus einem innerparteilichen Kräfteringen heraus und einer Nähe auch zu manchen, ich sag mal, Gewerkschaftsposition heraus, versucht eher in die Nähe dieses Mainstreams innerhalb der Partei zu kommen.”
      [mit geballten Fäusten]
      “Aber nicht für seine eigene Generation spricht in diesem Zusammenhang, bezogen auf die zukünftige Finanzierung der Altersversorgung – ist mir ein Rätsel.”

      Beckmann geht auch nicht mehr auf den Vorwurf von Vogt ein.

      Zwei Wiederholungstermine der Sendung gibt es noch:
      Mittwoch, 22.09.2010 | 01:00 Uhr (rbb)
      Freitag, 24.09.2010 | 10:15 Uhr (3Sat)

      Ob bei diesen Wiederholungen die gesamte Sendung unzensiert gezeigt wird???

      Nachtrag KR: Der NDR hatte das Interview mit Vogt zunächst als Fremdfilmausschnitt betrachtet und aus lizenzrechtlichen Gründen aus der Onlinefassung entfernt. Der Irrtum wurde inzwischen korrigiert. Meine Einstufung, es handele sich dabei um ein Beispiel für den Einfluss von Lobbys auf die Medien, hat sich als voreilig herausgestellt und ist obsolet.

      AM glaubt nicht, dass dies aus lizenzrechtlichen Gründen oder aus Versehen geschehen ist.

    2. Auf dem Rücken der Patienten
      Nicht nur, dass Minister Rösler kein Problem des Gesundheitswesens löst. Er schafft neue und verschärft alte, indem er alle Kostensteigerungen auf die Versicherten abwälzt.  Durch das geplante Einfrieren des Arbeitgeberanteils werden alle künftigen Kostensteigerungen auf die Versicherten abgewälzt. Das ist liberale Politik, die Union folgt damit ihrem ursprünglich zu den Akten gelegten marktradikalen Kurs des Leipziger Parteitags von 2003. Das Einfrieren ist nichts Geringeres als ein Bruch mit der bewährten, über 120 Jahre alten Tradition der Bismarck’schen Sozialgesetzgebung. Grundprinzip der 1883 eingeführten Krankenversicherung ist die gemeinsame Finanzierung und Verwaltung der Kassen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Schon heute beteiligen sich die Arbeitgeber nur noch mit 40 Prozent an den Kosten, weil die Versicherten zum Beispiel die Praxisgebühr zahlen müssen. Durch das Festschreiben des Arbeitgeberanteils werden sich die Lasten für die Kassenmitglieder aber in kurzer Zeit massiv erhöhen.
      Obwohl den Arbeitgebern künftig also die Beitragsentwicklung egal sein kann, sitzen sie weiterhin in der Selbstverwaltung der Kassen. Das ist fatal; denn es besteht die Gefahr, dass im Arbeitgeberlager künftig diejenigen den Ton angeben, denen ein Ausgabenanstieg nutzt. Man denke an die Klinikkonzerne oder die Pharmaindustrie. Die Einsparungen, die die Koalition etwa mit dem Arzneimittelsparpaket erreichen will, dürften sich auf diesem Wege zurückholen lassen.
      Quelle: FR
    3. Einladung zur Manipulation
      Wenn die Manager großer Pharmakonzerne neben ihren Renditen an etwas Höheres glauben, müssten sie sich wohl bekreuzigen, wenn der Name Christopher Hermann fällt. Der Mann hat sich innerhalb von vier Jahren zum leibhaftigen Schrecken der Pillenbranche entwickelt. Hermann drückt ihre hohen Preise, wo er nur kann. Als die Bundesregierung im Jahr 2007 den Krankenkassen ermöglichte, wirksame Rabattverträge für Arzneimittel zu verhandeln, hat er als Vizechef der AOK Baden-Württemberg sofort zugeschlagen und den Generikaherstellern 91 Millionen Euro abgetrotzt. Dieses Jahr will er den Pharmaunternehmen 520 Millionen abknöpfen. Bundesweit sparen die Kassen mit Hilfe solcher Rabattverträge schon mehr als eine Milliarde Euro. Doch damit dürfte bald Schluss sein, denn das von Gesundheitsminister Philipp Rösler geplante neue Arzneimittelgesetz (AMNOG) sieht in Artikel 1 Punkt 9 vor, dass das Kartellrecht künftig rigoros auch auf Krankenkassen angewendet werden soll. Die Konsequenz: Hermann kann dann künftig wohl nicht mehr mehrere AOK gemeinsam als Marktmacht in die Waagschale werfen, sondern muss für jede einzelne extra Ausschreibungen organisieren. “In dem Moment, wo es in die Fläche geht, werden die Rabattverträge kaputtgemacht”, fürchtet der Kassen-Mann.Im Klartext: Die Konzerne torpedieren den Wettbewerb ausgerechnet mit dem Wettbewerbsrecht. Die Dummen sind die Beitragszahler.
      Quelle: Spiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Da können unsere Mainstreamökonomen jubeln. Endlich fällt die Solidargemeinschaft unter das Kartellrecht.

    4. Wie die Bundesregierung sauberen Strom aus Norwegen blockiert
      Theoretisch könnte norwegische Wasserkraft den Strom von 60 europäischen Atomkraftwerken ersetzen. Doch dazu braucht man Leitungen durch die Nordsee. Zuständig ist Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Er müsste der Kraft NAV (Kraftwerksnetzanschlussverordnung) nur das Wort “Seekabel” hinzufügen. Doch das Ministerium schreibt (…), man sehe derzeit “keinen Änderungsbedarf”.
      Billige norwegische Wasserkraft im Überfluss. Nur nicht für Deutschland. Weil der Zugang zum Netz nicht geregelt ist.
      Quelle: ARD – Report Mainz

      Anmerkung KR: Leser U.S. empfiehlt drei weitere Beiträge dieser Sendung mit den Themen:

      • Skandalöse Arbeitsbedingungen im Lebensmittelhandel
      • Wieso viele Volksvertreter zu Unrecht kassieren
      • Die Bundesregierung lässt Integrationskurse finanziell aushungern.
    5. Offener Brief an Kanzlerin Merkel gegen Lobbypolitik
      Mit einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin haben wir heute die politische Praxis der Bundesregierung scharf kritisiert. “Sie gewähren mächtigen Lobbyakteuren einen privilegierten Zugang und verhandeln mit ihnen wie mit Geschäftspartnern, statt Entscheidungen am Gemeinwohlinteresse auszurichten und allen Stimmen das gleiche Gehör zu verschaffen“, heißt es in dem Schreiben. Die jüngsten politischen Entscheidungen in den Bereichen Atom/Energie und Gesundheit zeigen, wie mächtige Lobbyakteure aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden die Politik der Regierung prägen. “Das ist ein Zustand, der in einer Demokratie inakzeptabel ist, der eine gleichberechtigte Partizipation aller verhindert und gemeinwohlorientierte Entscheidungen blockiert. Sie als Kanzlerin und Vorsitzende der größten Regierungspartei tragen die Verantwortung dafür”, schreiben Heidi Klein und Ulrich Müller, Vorstandsmitglieder von LobbyControl.
      Quelle: LobbyControl
    6. Aktion: Stoppen Sie das Absahnen von EU-Kommissaren! Stoppen Sie Verheugen!
      Gerade sechs Monate nachdem Günter Verheugen als Industriekommissar aus der Europäischen Kommission ausgeschieden ist, hat er vier Beratungstätigkeiten in der Wirtschaft ergattert, unter anderem als Chefberater bei der Royal Bank of Scotland und im Aufsichtsrat der Lobbyagentur Fleishman-Hillard. Jetzt kam heraus, dass er bereits im April eine eigene Lobbyberatung gegründet hat. Unterschreiben Sie unsere Online-Aktion, um diese Seitenwechsel zu unterbinden!
      Quelle: LobbyControl
  7. Depubliziertes
    Ab sofort steht unter depub.org/tagesschau das vor kurzem “geleakte” Archiv von tagesschau.de als Online-Version zur Verfügung. Enthalten sind rund 200.000 Meldungen aus den letzten 10 Jahren tagesschau.de.
    Durch die Veröffentlichung versuchen wir die Artikel vor dem Verschwinden aus dem Netz zu bewahren. Im geleakten Archiv befanden sich rund 270.000 Dateien.
    Quelle: Depubliziertes
  8. Eine sozialpolitische Ohrfeige!
    Sowohl die Süddeutsche Zeitung vom 16. als auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. September 2010 melden, dass aus einem Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums hervorgehe, dass die Beitragsbemessungsgrenze für die Gesetzliche Krankenkasse im nächsten Jahr erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik gesenkt werden solle, weil die Wirtschafts- und Finanzkrise zu sinkenden Bruttolöhnen geführt habe. „Anstatt diese Situation zu nutzen und den Anpassungsmechanismus der Beitragsbemessungsgrenze bzw. diese selbst zu überdenken, folgt man starr den selbst gesetzten Regeln und sorgt so dafür, dass die Gesetzlichen Kassen noch weniger Geld bekommen. So viel Starrsinn hätte ich nicht mal der schwarz-gelben Regierung zugetraut“, so der stellvertretende Vorsitzende des vdää, Dr. Gerhard Schwarzkopf-Steinhauser. „Nach der im Gesetzentwurf der Bundesregierung geplanten Anhebung der Beiträge um 0,6 Prozent-Punkte wirkt die Absenkung der Beitragsbemessungsgrenze als Maßnahme zur Umverteilung der Lasten von Reich nach Arm faktisch wie eine sozialpolitische Ohrfeige…“, so Schwarzkopf-Steinhauser weiter.
    Quelle: Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte e.V.
  9. UN-Milleniumsgipfel
    1. Deutschland spart Entwicklungshilfe
      Das einzige Ergebnis von New York: Die Millenniumsziele zur Verringerung der globalen Armut bleiben unerreichbar.
      Quelle: TAZ

      Anmerkung KR: Der letzte Absatz des Artikels macht die Verlogenheit der Debatte wunderbar deutlich.

    2. Hilfe für Afrika ist ein Gewinn
      Als die Vereinten Nationen vor zehn Jahren acht gute Vorsätze der Entwicklungshilfe formulierten, sprachen sie vollmundig von Millenniumszielen. Jahre oder Jahrzehnte waren nicht genug, es musste gleich ein ganzes Jahrestausend sein. Es galt schließlich, die Welt zu retten. Immerhin wurden die Ziele zum konkreten Bezugspunkt für weitere Vorgaben von G 8, G 20 und Europäischer Union. Doch auf dem neuerlichen Millenniumsgipfel in New York müssen sich nun die versammelten Staats- und Regierungschefs vorhalten lassen, dass sie weit hinter Plan liegen.
      Die neue Vereinbarung sieht nun vor, dass die Uhr trotz verfehlter Zwischenetappen wie bisher bis zum Jahr 2015 läuft. Fünf Jahre sollen alles zum Guten wenden. Ach, man könnte lange spotten, und es ist sicher richtig, dass sich die Teilnehmer mit Vorsatz in die Tasche lügen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in Afrika hat sich in den zehn zurückliegenden Jahren wirklich einiges getan. So kommen viele Länder auf ansehnliches Wirtschaftswachstum, werden mehr Kinder eingeschult und haben mehr Menschen Zugang zu HIV-Medikamenten. Wenn afrikanische Staaten als strategische Partner verstanden würden, dann hätten beide Seiten mehr davon. Denn es gibt ja auf diesem Nachbarkontinent Europas nicht nur Armut, Gewalt und Krankheiten, sondern boomende Volkswirtschaften, junge Menschen und unermessliche Rohstoffe. Es ist kein Zufall, dass sich China mit Milliarden und Abermilliarden engagiert, nicht als Helfer, sondern als Investor. Anstatt immer nur von China und Indien zu schwärmen, sollten sich deutsche Unternehmen ihre Chancen in Afrika erschließen. Aus Risiken erwächst Gewinn.
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Ein sympathischer Artikel, weil er versucht, Hoffnung zu verbreiten. In der mittelfristigen Realität besteht aber wenig Anlass für Hoffnung. Das ansehnliche Wirtschaftswachstum basiert vor allem auf dem Reichtum natürlicher Ressourcen in einigen afrikanischen Ländern. Dieser Rohstoffreichtum wird aber in den wenigsten Fällen zum Aufbau infrastruktureller Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der afrikanischen Volkswirtschaften genutzt. Diese “leichten” Einnahmemöglichkeiten stehen leider nur allzu häufig dem Bemühen im Wege, eigene Kompetenzen, die auf dem Weltmarkt verwertbar sind, zu entwickeln. Kaum vorhandene Rechtsstaatlichkeit trägt ein Übriges dazu bei, dass bei der Verteilung dieses Reichtums meist nur einige Wenige davon profitieren.
      Die Hoffnung, dass westliche Investoren die vorhandenen Chancen nur ergreifen müssten, ist trügerisch. Auch die in diesem Artikel hervorgehobenen chinesischen Investitionen dienen vor allem der Sicherung von Rohstoffvorkommen, angefangen bei der Erdölförderung bis hin zur Pacht von riesigen Agrarflächen. Darüber hinaus gehende Investitionen sind an bestimmte Rahmenbedingungen geknüpft, die die meisten afrikanischen Länder nicht erfüllen. Selbst die politische Stabilität ist bei vielen afrikanischen Volkswirtschaften nicht gegeben, dabei ist sie die aller erste Voraussetzung für komplexere, hochwertige Investitionen. Letztere erfordern aber auch eine Mindestzahl an qualifizierten Arbeitern und Angestellten, Ingenieuren, Ärzten, Lehrern usw. Leider ist es aber so, dass Afrika einen “brain drain” seiner besten Kräfte zu verzeichnen hat. Aber selbst für Investitionen in arbeitsintensive Billiglohn-Produktion ist z.B.  ein Minimum an Verkehrsinfrastruktur notwendig. So ist beispielsweise die Hafeninfrastruktur vieler afrikanischer Länder nicht in der Lage, sich den Hafenkapazitäten Europas anzupassen. So führt die unzureichende Anzahl von Liegeplätzen zulangen und teuren Wartezeiten, so dass sich Engpässe im Schiffsverkehr zwischen Europa und Afrika bilden. Und selbst wenn sich die Hafenkapazitäten relativ schnell erweitern ließen, stellt der unterentwickelte Ausbau der Landverbindungen zu diesen Häfen ein Problem dar.

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