Leserbriefe zu „Corona-Kritik schafft ‚seltsame Bettgenossen’”
In diesem Beitrag wird festgestellt, dass sich Kritiker der Corona-Politik inhaltlich teils neben politisch fragwürdigen Formationen wie FDP oder „Bild“-Zeitung wiederfinden. Dies sei aber kein Grund, die berechtigte Kritik einzustellen. Außerdem illustriere dieser befremdliche Zustand vor allem ein Versagen der „linken“ Kräfte. Wir danken unseren Lesern für die Briefe, von denen wir einige hier veröffentlichen. Zusammengestellt von Redaktion.
1. Leserbrief
Da hat mir der Tobias Riegel aus dem Herzen geschrieben. Es ist dieser Tage schwer einen kritischen Beitrag zum medialen und politischen Coronarummel zu finden.Auf der Suche danach landet man dann immer wieder auf Seiten, die man auf gar keinen Fall unterstützen möchte.
Von Anfang an war ich überrascht wie wenig sich die Linke selbst und mit eigenen Gedanken positioniert hat.Es wurde einfach die Marschrichtung der Regierung übernommen.Das war vielleicht am Anfang auch so in Ordnung aber ziemlich schnell wurde ja offensichtlich, dass die ganze Corona-Zahlendreherei zumindest mal hinterfragt werden sollte.Es fühlt sich wirklich so an, als hätte ich meine “politische Heimat” verloren.
K. Rebner
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
Ihr Artikel trifft genau meine ambivalente Haltung zu den Corona-Demonstrationen. Im Prinzip sehe ich die ganze Entwicklung sehr kritisch. Als Statistikerin konnte ich die ganze Panikmache von Anfang an nicht nachvollziehen. Jeder der irgendetwas von Statistik versteht und eine Vorstellung von Pandemien hat, weiß, dass es nicht um absolute Zahlen, sondern immer um Relationen geht. Aber darum ging es von Anfang an nicht. In meinem pirvaten – eher linken – Umfeld versuche ich immer, das ausführlich und begündet zu erklären. Aber auch hier hat sich die Angst so festgesetzt, dass ein Durchdringen mit den statistischen Fakten kaum mehr möglich ist. Um mich nicht völlig in meinem Umfeld zu isolieren, überlege ich immer wieder wenigstens an den Demonstrationen teilzunehmen. Aber als engagierte Linke kann ich mich einfach nicht dazu durchringen. Vereint mit Menschen zu demonstrieren, deren Haltung bzgl. Wirtschaft und Gesellschaft ich seit Jahren kritisiere, das widerstrebt mir zutiefst. Ihnen aber das Feld der Corona-Kritik zu überlassen, macht mich auch extrem unzufrieden. Dass die Kritik der linken Organisationen komplett ausgefallen ist, macht es für kritische linke BürgerInnen wie mich extrem schwierig. Bei mir erzeugt es ein Gefühl der Isolation und Hoffnungslosigkeit, aus dem ich bisher noch keinen konstruktiven Ausweg gefunden habe.
Schöne Grüße, Anne Claire Groffmann
3. Leserbrief
Hallo Herr Riegel,
es hat mir schon heftige „kognitive Dissonanzen“ verschafft, als mich gute, linke Freunde auf ein „wichtiges und hochinteressantes“ Interview von Punkt.Preradovic mit – ausgerechnet – einem Herrn Reitschuster hingewiesen haben. Es gehe dort um Ängste von Journalisten. Aber bitte doch nicht etwa DER Reitschuster, der mir als Lügenbaron und Putin-Hetzer aus Moskau bekannt ist? Doch, genau der. Meine Aversion gegen den Namen Reitschuster ist so groß, dass ich mir das Interview nicht angehört habe. Was hat es für einen Wert, wie glaubwürdig ist ein Bericht von DEM? Als Beleg für meine Argumente könnte ich seine Geschichten jedenfalls nicht weitergeben, auch wenn sie hundertpro in MEIN Narrativ passen würden.
Nun Ja. Ich bin halt auch eigensinnig, habe meine Vorurteile. Ich meine, diese Geschichte von den Ängsten könnte ja stimmen. Der könnte ja nur ein selektiver Lügner in bezug auf Russland sein, sonst aber eine reine Seele. — Nein! Das ist fadenscheinig, jetzt will ich mir einfach nützliche Geschichten an Land ziehen, dann bin ich auch so ein irrationaler Windhund, der sich die Welt so zurechtlegt, wie es gerade passt.
Diagnose: eindeutig kognitive Dissonanz und emotionale Verwirrung.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Meyer
4. Leserbrief
Lieber Tobias Riegel, liebe Nachdenkseiten-Macher …
wäre es nicht Zeit für eine “Aktion Seltsame Bettgenossen” ??
Wollen wir wirklich nur zusehen, wie alles weitergeht wie normal und Merkel sich bei der Bundestagswahl über ihren schwarzen Balken freuen kann?
Bräuchten wir nicht ein Projekt “Codename: AfAfD” ??
Also eine Alternative für die AfD?
Ich möchte nicht die AfD wählen, die noch kapitalistischer ist als die FDP!
Von einer Kipping’schen LINKEN verspreche ich mir aber auch nichts mehr!
Wie schön wäre es, könnten wir die Querdenker, Aufstehen und die Gesprächskreise der Nachdenkseiten bündeln!
Welche mächtige Kraft wäre das !!!
Lieber “seltsame Bettgenossen” als ein “Weiter So!”, oder?
Ich habe mir eine Kompromißformel ausgedacht, auf die sich alle 3 einigen könnten?
3x Schweden!
- bei Corona Augenmaß wie in Schweden, statt Holzhammer
- ein sozialer Kapitalismus wie in Schweden (ja ich weiß: das Ideal ist teilweise abgebröckelt)
- Neutralität und Frieden wie in Schweden
Könnten nicht mal alle ins Gespräch kommen?
Könnte es nicht mal eine Tagung aller Köpfe (von Sahra Wagenknecht über Ken Jebsen und Albrecht Müller bis Michael Ballweg) geben?
Wollen wir wirklich alle doof dasitzen, bis sich Merkel bei der BTW über ihren schwarzen Balken freuen kann?
Martin
5. Leserbrief
Hallo,
ich bin der Meinung man sollte in dieser Sache ideologische Scheuklappen ablegen (natürlich mit Grenzen) und mit jedem Demokraten zusammenarbeiten.
Das Thema ist zu wichtig, als das man sich in ideologischen Grabenkämpfen verschleißt.
Es geht hier schließlich nicht um weniger als die Erhaltung der Demokratie.
Das wäre doch ein kleinster gemeinsamer Nenner, auf den man sich einigen kann.
Die Fragmentierung der (ohnehin überschaubaren-) Oposition in dieser Frage spielt nur denen in die Hände, die von der aktuellen Panikmache profitieren wollen.
Eine wesentliche Frage wird im Artikel zwar gestellt, aber nicht beantwortet.
Warum lässt sich gerade die Linke durch Propaganda zum Schweigen bringen.
Ich halte die Frage für absolut wesentlich, weil das nicht nur die Coronapolitik betrifft.
Es mag hart klingen, aber ich halte auch die Linke, von Ausnahmen abgesehen, inzwischen für so weit korrumpiert, dass sie sich nicht mehr traut bzw. nicht mehr willens ist, bei so einem wichtigen Thema gegen den Mainstream zu schwimmen.
Die Ursachen sind sicherlich verschieden, z.T. liegt es wahrscheinlich daran, dass man sich als regierungsfähig präsentieren will und schlechte Presse fürchtet.
Ich halte das für eine Katastrophe, weil die Linke auf die Art permanent wesentliche Themen nicht mehr besetzt und der Rechten, speziell der AfD, überläßt und wesentliche Teile der Bevölkerung nicht mehr repräsentiert.
Für mich der direkte Weg in die Bedeutungslosigkeit.
Viele Grüße
Andrej R.
6. Leserbrief
Wat denn, icke n`Schutzmann frajen? Nee – lieba verloof ick mir, wa!
Liebe NDS-Redaktion,
das scheint mir mit einfachen Worten gesagt, eure Position zu den Corona-Maßnahmen zu sein. Dagegen sein alleine, ist noch kein kritisches Denken. Die “Corona-Verhaltensregeln” sind das kleine Einmaleins bei einer jeden Infektionskrankheit. Ihr macht ein Riesendrama daraus. Ihr wundert euch, dass ihr in einem Bett mit BILD, AFD und FDP aufwacht? Glaubt ihr wirklich, die sorgen sich um die Gesundheit der Bevölkerung, um die Freiheit des “kleinen Mannes”, um den Wohlstand der Alleinerziehenden und der Hartz-Vierer? Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Eher um Aktienkurse. Es hat 9500 Todesfälle in Deutschland gegeben (wow, da ist man auch noch stolz drauf – “wir sind gut durch die Pandemie gekommen”), 230000 in Europa, 208000 in den USA, weltweit rund 1 Million? Was soll daran nicht seriös sein? Am Mittwoch in der vorigen Woche sind wieder 12 Menschen an Covid gestorben (wieviele Grippetote hatten wir da eigentlich?) Man braucht keine Letalitätsraten bis auf die 6. Nachkommastelle genau, oder glaubt ihr, ich gehe mit dem Eisbären kuscheln, nur weil die Statistik sagt, der wäre total ungefährlich. Der will doch nur spielen! Wissenschaft ist doch keine Faktenhuberei. Zur Gefahrenabwehr müssen Entscheidungen zeitnah getroffen werden. Ein Abwarten, bis die Wissenschaft die Unsicherheit des Wissens gemindert hat, ist nicht möglich. (Das scheint auch Ioannidis nicht richtig einzuschätzen). Die Landesregierungen haben es versäumt, die Zeit des Lockdowns für Schulsanierungen zu nutzen. Man hätte auch jetzt Belüftungsgeräte anschaffen können, Zelte oder Container anmieten können, um den Schulbetrieb zu entzerren und sicherer zu machen. Offensichtlich dienen die Schulen als Verwahranstalten für Kinder. Die können ja nicht unbeaufsichtigt zu Hause Homeschooling betreiben, beide Eltern sollen ungestört arbeiten können. Die Wiedereröffnung der Schulen soll der Wirtschaft dienen, weniger der Bildung. Kunst und Kultur kommt auch wieder – ist halt jetzt mehr Kleinkunst. Die Zeit der Mega-Events scheint vorüber – aber 300 Euro für eine Eintrittskarte zu einem Konzert mit Helene Fischer – wer kann die hinlegen? Oder sich die Dauerkarte beim BVB leisten? Der Eckrentner etwa? Diese Wirtschaft tötet, hat Papst Franziskus gesagt, gemeint hat er die ökonomistische vor Corona. Millionen Menschen verhungern schon seit Jahrzehnten – jetzt sollen die Corona-Maßnahmen am Elend der Welt schuld sein? Eure Links führen zu Stereotypen vom “schwarzen Mann”, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Wenn Entwicklungshilfe nicht ankommt, dann wohl, weil es sich um eine Außenwirtschaftsförderung für heimische Unternehmen handelt, weil Freihandelsabkommen und IWF-Kredite das Gegenteil von Hilfe sind. Freiheit im Kapitalismus für abhängig Beschäftigte? Wo soll die sein? Es gibt vermutlich nur verschiedene Formen oder Rahmenbedingungen von Freiheitlichkeit, die richten sich im Kapitalismus vor allem nach dem Portemonaie. Die Linken haben aus den Augen verloren, dass die Trennlinie immer noch zwischen Kapital und Arbeit verläuft. Ziel linker Politik muss es sein, den abhängig Beschäftigten größtmöglichen Gesundheitsschutz bei geringstmöglichen finanziellen Einbußen zukommen zu lassen – aber die Linken haben die Rote Fahne mittlerweile gegen eine regenbogenfarbene eingetauscht.
Viele Grüße
M. W.
7. Leserbrief
Liebes NDS-Team,
zum Artikel ‘Corona-Kritik schafft “seltsame Bettgenossen”’:
Zunächst ein Zitat aus nachdenkseiten.de/?p=58468
Argumentativ bleibt er dabei jedoch durchgängig im intellektuellen Nichtschwimmerbecken. Immer wenn man als Leser gerne ein Argument hätte, kramt […] stattdessen das Adjektiv „umstritten“ aus seinem Phrasenkasten. Alles was […] selbst anders sieht, ist dann einfach „umstritten“.
Und was machen die NDS? Zitate: fragwürdige Medien, unseriöse Beiträge, mit der Kneifzange anfassen, fragwürdige Formationen, fragwürdige Charakter, fragwürdige Medien, usw.
Fällt Euch da was auf?
Wir sind *alle* Mitglieder der selben Menschheitsfamilie [wir teilen uns sogar den gleichen Planeten]. Viele Ansichten unterscheiden sich. Man nennt es Meinungsvielfalt. Das klingt komisch, ist aber so und das ist gut so. Und verschiedene/andere Meinungen verteufelt man nicht oder steckt sie in irgendwelche Schubladen [wie umstritten, fragwürdig, bla, foo, baz], sondern setzt sich mit ihnen argumentativ im Debattenraum auseinander! Idealerweise fair und face-to-face: idw-europe.org
Ich persönlich mache das Spaltungsspiel nicht (mehr) mit. Ich unterstütze auch keine “Kontaktschuld” Scheinargumente. Ich stelle mich (z.B. bei einer Demo) neben jede Person, die das Grundgesetz achtet und mit Personen respektvoll umgeht/diskutiert; und das auch, wenn wir nur (neben dem Menschsein) eine einzige kleine Gemeinsamkeit haben (z.B. das eine Ziel, wofür wir demonstrieren). Und nein; ich muss mich nicht rechtfertigen/distanzieren, neben wem ich stehe und wer (zufällig) in der Nähe steht.
Ihr habt das Gefühl, dies tun zu müssen (in einem ganzen Artikel). Warum
eigentlich?
Viele Grüße
C. L.
8. Leserbrief
Liebes Leserbrief-Team,
vielen Dank für den Artikel von Tobias Riegel, der, wie ich finde, einfach zu viel von den Leitmedien und linken Parteien erwartet.
Es zeigt sich doch jetzt endlich, wo diese Menschen, die in den angesprochen Medien und Parteien tätig sind, in Wahrheit stehen. Sie sind in ihrem Grundgefühl, was echte demokratische Auseinandersetzung angeht und alternative Möglichkeiten erarbeitet werden müssen, einfach unfähig, sich darauf einzulassen – im Kern also antidemokratisch.
Wer sich als Kanzlerin oder Kanzler, als Parteichefin oder Chef nach ganz oben durchsetzen will, muss härter sein als alle anderen und nicht klüger oder menschlicher. Die Härte zählt. Nur so ist Frau Eskens zu verstehen, die sich kaltblütig hinstellt und Demonstranten für die Wiedereinführung des Grundgesetzes, als Cov-Idioten bezeichnet. Wurde sie dafür gerügt von irgendeiner Seite?
Oder Frau Merkel und mit im Boot die Medizin, vertreten (im Sinne des Wortes) dieser Dr.Drosten und das RKI – seine Beteiligung an der Herstellung von Test-Sticks mit großen finanziellen Vorteilen und immer wieder ungenauen Angaben zu den Daten und Zahlen von Erkrankten oder Infizierten, dieses Hochschaukeln durch Aussagen, dass der Herbst gaaaanz besonders schlimm werden wird – sind so abgrundtief unwissenschaftlich und unmenschlich, dass es an böse Zeiten erinnert, in denen auch die Medizin versuchte Politik zu machen und Menschenversuche gestattet wurden.
Auch jetzt, in der Corona-Zeit, werden Versuche gestartet, was das Impfen angeht oder der Gehorsam der Bevölkerung getestet wird und der Politik in die Hände gespielt.
Wenn die „Bild-Zeitung“ oder andere Blätter, die plötzlich mal Fragen stellen, können das auch einfach nur Absprachen sein – wie böser Cop und guter Cop – sehr gut auch dargestellt von Jens Spahn, als Gesundheitsminister, der sich hinstellt und erklärt, dass man mit dem Wissen von heute wahrscheinlich nicht mehr so handeln würde wie zu Beginn der Corona „Pandemie.“ Damit hat er gepunktet und ist in der Beliebtheitsskala nach oben gerückt. Aber geändert hat er nichts!
Solange Merkel, die Regierung, die Länder-MinisterInnen, der Bundestag und die Leitmedien wie auch ARD und ZDF in den Nachrichten, an dieser Pandemie-Lüge und damit der Aussetzung unseres Grundgesetzes laut und deutlich festhalten, werden, behaupte ich, Gewinner geschützt, nämlich die, davon profitieren und das ist die große Finanzwirtschaft, die namenlos im Hintergrund bleibt, sowie bestimmte Wirtschaftszweige, die vom Staat mit Geld geflutet werden und die Länder und Gemeinden, die durch die Strafen/Bußgelder in die Gemeindekassen bekommen. Auch die Maskenhersteller verdienen Geld.
Dass wir derzeit kein demokratisches Land mehr sind, ist all denen, die nicht aufstehen gegen diese Merkel-Politik und das RKI einfach egal. Es scheint ihnen Spaß und Freude zu machen, sich als Retter aufspielen zu können, wo es nichts – zumindest an Menschenleben – zu retten gibt. Hauptsache Frau Merkel hat endlich die Macht um der Welt zu zeigen, wie stark sie ist.
Es geht nicht um das demokratische Deutschland, den Sozialstaat. Es geht um die CDU Frau Merkel und die Diktatur, die sie kennt. So gesagt im Jahr 2010 – auf You Tube gut anzuhören: „Denn wir haben wahrlich (ein Wort aus der Bibel, bzw. so sprach Jesus, wenn er was erklärte: Wahrlich, wahrlich ich sage euch…) keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“
10 Jahre später hat sie es geschafft. Und keiner schmeißt sie raus aus der Regierung oder der CDU. Deutlicher geht Verachtung für einen demokratischen Sozialstaat wirklich nicht!
Beste Grüße
Karola Schramm
9. Leserbrief
Lieber Herr Riegel,
in Ihrem sehr interessanten Artikel weisen Sie ja auch auf den Artikel von Jens Berger “Medien und Corona – Taktgeber mit ersten Selbstzweifeln” hin. In diesem Artikel erwähnt er auch den Aufruf des Redakteurs Stephan Hebel in der Frankfurter Rundschau “Wir alle haben das Wort” vom 17.September.
Als ich den Aufruf gelesen hatte, habe ich sofort folgenden Leserbrief an die FR verfasst, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte (“Bronski” ist dabei der Leserbrief-Redakteur):
“Lieber Herr „Bronski“ Büge, lieber Herr Hebel,
zuerst dachte ich, was ist bei der FR passiert, dass Sie, sehr verehrter Herr Hebel, einen solchen Artikel/Aufruf schreiben wie „Wir alle haben das Wort“, schließlich hatte ja bereits Ihr Chefredakteur Thomas Kaspar am 17. Juli darum gebeten, ihm persönlich die Meinung zur Corona-Berichterstattung der FR als Leser mitzuteilen. Meine Mail an ihn, der ich vier Leserbriefe zum Thema anhängte, quittierte er mit einem freundlichen Dank und dem Satz „Die Briefe dokumentieren ja auch bei Ihnen eine gewisse Entwicklung bei dem Thema, die ich sehr spannend finde.“ Das war‘s.
Der in seinem damaligen „Editoral“ vertretenen Meinung “Zwei Grundsätze der Rundschau greifen in diesen Tagen besonders: Transparenz und Vielfalt. (…) Vielfalt bedeutet, jede Position zu brechen und einzuordnen und so viele Daten wie möglich zur Verfügung zu stellen. Über die Vielzahl der Autorinnen und Autoren holen wir zudem sehr kontroverse Einschätzungen ins Blatt.“ kann man bei anderen Themen durchaus auch zustimmen. Wenn nicht bei der Berichterstattung selbst, dann doch bei der Veröffentlichung von dazu kritischen oder ergänzenden Leserbriefen, wie ich selbst oft genug erfahren durfte.
Bei Corona aber scheint jede Diskussionsmöglichkeit privat und öffentlich völlig vernagelt zu sein. Von der Vielfalt, „jede Position zu brechen und einzuordnen“ habe ich in der Berichterstattung der FR jedenfalls nichts gespürt. „Lediglich Dr.Hontschik durfte mit seiner Gesundheitsdiagnose alle 14 Tage weiterhin gegen den Strich bürsten!” so schrieb ich es in einem Leserbrief. Auf die Kritik von zahllosen Ärzten und Wissenschaftlern an den RKI Mitteilungen; auf die (verfassungs)rechtlichen Bedenken vieler Juristen an den Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen und auf fachübergreifende Anmerkungen vieler Wissenschaftler, dass die ergriffenen Maßnahmen zu größeren Schäden in der Gesellschaft führen würden, als Corona selbst: kein Wort in der FR Berichterstattung! Auf einen weiteren Leserbrief schrieb mir „Bronski“ zurück (Sie sehen, wir sind durchaus im Gespräch): „Der Begriff “Transparenz”, den Chefredakteur Kaspar verwendet hat und den Sie zitieren, trifft durchaus zu. Man muss diese Transparenz allerdings auch wahrnehmen. Bezüglich des Lebensschutzes folgt die FR also einer klaren Linie.“ Gerade der letzte Satz impliziert m.E., dass alle Kritiker der Maßnahmen keine(!) klare Linie bezüglich des Lebenschutzes verfolgen und deshalb in der Berichterstattung der FR auch nicht auftauchen.
Was die „Rechten“ angeht, die Stephan Hebel in seinem Aufruf richtig und zu Recht ausführlich erwähnt, sind sie natürlich kein Konstrukt von Corona, sondern ein zu beklagendes (und auch zu bekämpfendes) Ergebnis der (Sozial)Politik der verschiedenen Regierungen und der gesellschaftlichen Entwicklung im Neoliberalismus. So muss es auch nicht verwundern, dass sie sich leider auf alles stürzen, was gegen das „Establishment“ aufbegehrt.
Stephan Hebel beklagt die mangelnde Abgrenzung zu den „Rechten“ in den laufenden Demonstrationen. Da ist sicher etwas dran. Aber wenn die tausenden friedlichen Demonstranten praktisch in allen öffentlichen Medien als „Covidioten, Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextreme, Antisemiten, Aluhutträger usw.“ verschrien werden, muss man sich über „Querdenken, wir sind weder rechts noch links“ nicht wundern. Zuletzt in der FR Katja Thorwart in ihrer Kolumne: „Aber welche Freiheit meinen diejenigen, die wöchentlich durch die Städte marschieren? All jene, die selbstverständlich so frei sind, auf einen Mundschutz in der wogenden Menge zu verzichten, die Reichsflagge zu schwenken und sich von einem fanatischen Verschwörungsideologen ihrer Wahl die Gehirnzellen lahmlegen zu lassen?“ Wer so verächtlich gemacht wird, bricht doch leichten Herzens seinen Kontakt zu den „etablierten“ Medien ab und schwenkt um zu den sogenannten „alternativen“, wo er sich mehr verstanden fühlt. Also, liebe FR Redakteure, fasst Euch an Eure eigene Nase!
Also meine Frage: Was hat den Aufruf von Stephan Hebel in der FR bewirkt? Ist es ein rein rhetorischer Aufruf? Soll er quasi eine vielfältigere und kritischere Berichterstattung einläuten, wie sie sogar von der BILD inzwischen propagiert würde (habe ich gelesen)? Ich bin gespannt!
Mit freundlichen Grüßen….
Soweit der Leserbrief.
Ein Printmedium ist natürlich nicht in der Lage, eine große Auswahl an Leserbriefen zu drucken, aber eine Reflexion darüber hätte ich in der von Tobias RiegelPrint-Ausgabe von Herrn Hebel doch erwartet. Nun, vielleicht ist es dafür noch zu früh?
Allerdings hat “Bronski” in seinem FR-Blog bereits eine Einordnung geliefert (Vollständig zu lesen unter frblog.de/coronademo/):
“(…) Der bisher gängige Weg, in solchen Fällen eine Verständigung zu erreichen, ist die Diskussion. Das wird allerdings immer schwieriger, zumal sich jene Zeitgenossen stetig zu vermehren scheinen, die nicht auf Verständigung aus sind, sondern aufs Rechtbehalten. Sie wollen nicht auf die Perspektive der Zeitungen oder Sender einsteigen, die sie als „Systemmedien“ verunglimpfen, sondern sie wollen, dass die Medien ihre Perspektive ändern und die Dinge so darstellen, wie diese Zeitgenossen sie sehen. Das eigene Weltbild ist „wahr“, und alle, die es anders sehen, sind Lügner und/oder Teil eines „unterdrückenden Komplotts der Mächtigen“, wie Hebel schreibt. Unterschiedliche Sichtweisen und Einschätzungen sind bei einer solchen Herangehensweise von vornherein unmöglich. Man ist im Besitz der alleinigen Wahrheit.
Es ist also so etwas wie eine neue Religiösität, die da um sich greift. Da ist viel Glauben im Spiel und wenig Wissen, viel Echo aus den Filterblasen und wenig Bereitschaft, aufeinander zuzugehen. Sind auf einer solchen Basis überhaupt ernsthafte Gespräche möglich? Müsste man sich nicht zuerst darüber verständigen, was überhaupt „wahr“ ist, um eine Basis für Gespräche zu schaffen? Der Hebel-Essay hat eine Reihe von Zuschriften ausgelöst, die mich skeptisch machen. (…)”
Ich, als Leser, habe allerdings auch nach dem Aufruf von Stephan Hebel, den er in der FR ja an die Leser richtete, nichts an Selbstzweifeln bemerken können. Auch der Kommentar im FR-Blog weist ja nicht unbedingt darauf hin. Insofern bleibt m.E. die FR, wie wahrscheinlich auch andere Leitmedien, ihrer Linie weiterhin treu.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Wooge
10. Leserbrief
Liebes Nachdenkseitenteam,
wie schön, dass Sie mal für einen Moment erkennen, wer noch mit Ihnen im Bett liegt. Dieser kurze Moment der Erleuchtung wird dann selbstüberschätzend sofort wieder im Weiterschlafen ausgelöscht und später als Defizit der Linken zugeschoben. Irgendwie erinnert mich das an Donald, der eigene Fehler auch sofort anderen zuschreibt.
Monatelang bedienen Sie die Riege konservativer (neoliberaler) “Expertenprofessoren” und deren Anhänger und wundern sich dann über das, was Sie beim kurzen Aufwachen undeutlich wahrnehmen.
Sie werden von mir keine inhaltliche Kritik lesen, denn dazu müsste ich ein Buch schreiben, die Zeit ist mir zu schade. Es langt bereits die Menge an Adrenalin die ich jedes Mal alleine beim Lesen verbraucht habe.
Wenn ich nicht vielen anderen Artikeln zustimmen könnte, läge mein Abschied von den Nachdenkseiten schon lange hinter mir. So hadere ich immer nur mit mir, habe aber den Absprung noch nicht geschafft.
I.H.
11. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Riegel,
im Grunde stimme ich Ihrer Haltung zu. Dies vorweg. Ich frage mich allerdings, warum gerade jetzt der Zeitpunkt sein soll, da der Freiraum des Irrtums endet. Für mich haben die Verantwortlichen diesen Freiraum längst nicht mehr. Ihr Gesicht können sie nur mehr mit einer Rundum-Entschuldigung wahren. Die zarten Ansätze des Herrn Spahn reichen nicht. Frau Merkel tritt weiterhin als unfehlbar auf. Desgleichen ihr Flüsterer Drosten. Und sie vermiesen uns unser Leben. Die Maßnahmen im Namen des Virus sind Spaßkiller. Systematisch wird alles begrenzt, gemaßregelt und mit Strafen versehen. Dazu die ausufernde Überwachung der Gesundheits-Sherriffs. Bei all dem ist die Gesichtswahrung unserer Verantwortlichen das kleinste Problem. Das Problem der falschen Bettgenossen habe ich als kleiner Leser nicht so sehr. Als grundsätzlich Wahlberechtigter bin ich gelegentlich gefragt, ob ich vom Nicht- zum AfD-Wähler werden soll. Doch diese Anflüge vergehen sehr schnell wieder. Dann lieber nichts wählen oder wie hier in Dortmund alles außer SPD und Rechts.
Viele Grüße sendet Thorsten Peitzmeier
12. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten, lieber Tobias Riegel,
der von Ihnen beschriebene Artikel war längst überfällig. Bereits vor der Coronakrise musste man sich schon fragen, welche Partei sich kriegstreiberischer und damit rechter zeigt: Grüne oder AfD? Gerade bei der Anlehnung an Russland gab es da mehr befürwortende Stimmen in der AfD (z.B. die Fraktionsmitglieder Hampel, Gottschalk oder Gauland ) als bei den Grünen. Nach dem Ausscheiden von Christian Ströbele (der eigentlich längst nicht mehr in die Partei passte) kenne ich in dieser Partei niemanden mehr, der eine Enstspannung mit dem großen Nachbarn im Osten sucht. Auch waren es Mitglieder der AfD, die das Gespräch mit syrischen Regierungsvertretern suchten, was die Grünen und Medien sofort scharf kritisierten. Dennoch bleibt für mich die AfD eine rechte Partei, deren kapitalistische Zielrichtung (wie etwa die gewünschte Privatisierung der Rente durch den Herrn Professor) ich nie unterstützen würde. Um so tragischer ist es aber auch, wenn Redner der Linken sich im Bundestag für eine Versöhnung mit Russland aussprechen und sie dabei Beifall von ihrer Partei und der AfD Beifall erhalten, während alle anderen Fraktionsmitglieder Buhrufe erteilen. Die AfD bleibt rechts, aber das kritische Niveau gegenüber der Kriegstreiberei war bei allen anderen Parteien und natürlich allen Medien bereits vor der Coronakrise gesunken. Das scheint auch Michael Ballweg bemerkt zu haben, sonst hätte er nicht nur Putin, sondern auch Trump zur Demo eingeladen. Natürlich wusste er, dass beide nicht kommen konnten, aber es war immerhin eine Provokation für die Elite (erstaunlicherweise erschien ja der Neffe von John F. Kennedy). Herr Ballweg wusste zu genau, dass Trump sich in einigen Punkten auch gegen das Establisment auflehnt. Da ist zunächst die Außenpolitik gegenüber Russland und Nordkorea. Zur Auflehnung gegen den Mainstream gehört aber auch sein Umgang mit den Coronamaßnahmen wie das Weglassen der Masken und der fehlende Sicherheitsabstand. Warum legt er sich auch hier mit seiner mächtigen Gegnerschaft an? Interessanterweise ist das kritische Niveau des amerikanischen Präsidenten gegenüber dieser ausgerufenen Pandemie viel höher als bei vielen Einrichtungen auch bei uns (z.B. Kirchen, Gewerkschaften usw). Auch Bolsonaro und Lukaschenko verzichten auf die Maske und auch sie zeigen eine kritische Haltung gegenüber dem Coronamainstream. Was wissen solche Präsidenten wie Trump, Lukaschenko oder Bolsonaro mehr als die vielen anderen Regierungen der Welt? Oder was glauben sie mehr zu wissen? Darauf hätte ich gern eine Antwort. Sie sind alles andere als links. Aber aufgrund meiner mittlerweile doch recht langen Lebenserfahrung glaubte ich immer, dass links mit kritisch gleichzusetzen sei. Das scheint aber zumindest im Zusammenhang mit dem Widerstand gegenüber scheinbar übertriebenen Coronamaßnahmen oder aggressiver Außenpolitik nicht mehr der Fall zu sein.
Mit freundlichem Gruß
Harald Pfleger
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