Dies ist ein Text von Willy Wimmer zur Nominierung von Joe Biden und zum Vergleich mit dem Präsidenten Trump. Wie immer formuliert der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium sehr deutlich. Er fühlt sich konsequent der Erhaltung des Friedens verpflichtet. Seine freundliche Einschätzung des jetzigen Präsidenten der USA teile ich nicht. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Albrecht Müller
Willy Wimmer:
Jetzt ist Joe Biden als Präsidentschaftskandidat nominiert und damit der Exponent der politischen Formation in Amerika, auf die die Bundeskanzlerin, neben der Evangelischen Kirche in Deutschland, nach der Wahl von Präsident Trump gesetzt hatte. Wie anders soll man es werten, dass nach den Schalmeienklängen von Menschen- und sonstigen Rechten man in Ex-Präsident Obama jemanden auf einem Kirchentag in Berlin sprechen ließ, der an fast jedem Tag seiner Präsidentschaft Krieg geführt hatte? Den christlichen Kirchen sollte man es heutzutage nicht durchgehen lassen, auf der vermeintlich sicheren Seite wieder „Kanonen segnen zu können“.
Im politischen Kontext wiegt alles noch schwerer. Die Fehleinschätzung der deutschen Politik wurde beim letzten Präsidentschaftswahlkampf, den Trump gewann, evident. Anders als in den Jahrzehnten zuvor, war man nicht in die Wahlkampf-Camps auf den beiden Seiten eingebunden und hat es so versäumt, auf die politische Agenda im deutschen Interesse Einfluss zu nehmen. In völliger Verkennung der deutschen Interessen hat man anschließend durch den Herrn Bundespräsidenten und die Frau Bundeskanzlerin gegen den Präsidenten Trump Front gemacht, weil der die Verständigung mit Russland auf seine Polit-Fahnen geschrieben hatte. Stattdessen hielt man es mit der Kriegstreiber-Truppe um Hillary Clinton und Obama auf der demokratischen und McCain auf der republikanischen Seite.
Dadurch, dass man Präsident Trump zum Schaden Deutschlands die kalte Schulter zeigte, offenbarte man eine desaströse Fehleinschätzung der amerikanischen Politik und der inneren Ursachen für die Wahl eines Präsidenten Trump. Die Amerikaner waren hinlänglich bedient von der Abgehobenheit der Elite in Washington. Sie hatten die Nase voll von Zinksärgen, in denen ihre Töchter und Söhne aus den Obama-, Bush- und Clinton-Kriegen heimkehrten, den durch die Decke gehenden anti-semitischen Vorfällen und vor allem dem sichtbaren Niedergang des eigenen Landes.
Mit Wahlkampf hat das in USA jetzt alles nicht mehr zu tun: Das ist Wahlkrieg. Die Instrumente der amerikanischen Politik, die gemeinhin zur Vernichtung eines anderen Landes eingesetzt werden, richten sich jetzt gegen den innenpolitischen Gegner. Geradezu rechtzeitig ist die Führungsspitze der OSZE in Wien zerfallen, um nicht in endlosen Sondereinsätzen Spezialmissionen zur Wahlbeobachtung in die USA zu entsenden. In den USA von „fairen und freien Wahlen“ zu sprechen, kann nur derjenige, der morgens schon zu viel Ahorn-Sirup gelöffelt haben dürfte.
Für Berlin, dem die Washingtoner Volksferne zunehmend auf den Leib geschneidert zu sein scheint, stellt sich allerdings eine entscheidende Frage. Trump hat man bekämpft, weil er mit Russland die Verständigung wollte und hat auf die Washingtoner Kriegstreiber gesetzt. Wie wird man sich bei einem möglichen Präsidenten Biden verhalten, der in der Kontinuität der Kriegsfraktion in Washington steht? Die bisherige deutsche Politik gegenüber Trump war „gemeingefährlich“. Wird sie bei einem Präsidenten Biden für das deutsche Volk wegen der Politik der Bundeskanzlerin „tödlich“?
Willy Wimmer, 22. August 2020
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