Es ist 13:54 Uhr. Hinter leichten Wolken toben sich Militärflugzeuge aus. Vermutlich Luftkampfübungen für den nächsten Krieg. Nicht so schlimm wie in früheren Tiefflugzeiten. Aber nervig. Für alle und besonders für jene Menschen, die hier Ferien machen wollen. Vor gut 30 Jahren haben hier in der Region Tausende von Menschen gegen diesen Wahnsinn demonstriert und wir haben mit politischem Druck erreicht, dass die Regierung Kohl den Alliierten diese Machtdemonstration ausgeredet hat. Albrecht Müller.
Jetzt, eine Viertelstunde später, tobt es wieder am Himmel. Aus allen Ecken und bedrohlich klingend. Wo ist der Widerstandswille, wo ist die Widerstandskraft geblieben? Niedergemacht wie beim Corona-Lockdown? Sind wir heute nur noch schweigende Lämmer? Eingepfercht von Angst und Feindbild-Propaganda.
Damals, in der 2. Hälfte der achtziger Jahre und zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren sehr viele Menschen engagiert. Sie ließen Ballons an Schnüren hochsteigen. Sie bombardierten ihre Abgeordneten und die Zuständigen beim Verteidigungsministerium in Bonn mit Telefonaten und Briefen und bedrängten die Redaktionen von Zeitungen und Rundfunk, sich um das Thema zu kümmern.
Dieser Widerstand des Volkes war die Basis für unsere politischen Vorstöße. Zusammen mit einigen anderen Bundestagskolleginnen/en und Ortsvereinen haben wir beim Bundesparteitag der SPD in Münster 1988 einen Beschluss gegen Tiefflug durchgesetzt. Der generelle Verzicht – das war wichtig. Siehe den folgenden Text im Antrag A 30, der in Münster angenommen wurde:
Wir hatten damals recherchiert und festgestellt, dass militärischer Tiefflug für die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und der NATO nicht nötig war. Deshalb haben wir keine halben Sachen gemacht, also nicht – wie von den damaligen Beschwichtigern empfohlen – über eine Erhöhung der Flughöhe und über die Flugzeiten – zum Beispiel über die Einhaltung der Mittagspause – debattiert. Der Beschluss war klar. Allerdings nur bei der Oppositionspartei. Da aber der damalige Bundeskanzler und Pfälzer Helmut Kohl den Druck seiner Heimat zu spüren bekam, lenkte er ein.
Und heute? Keinerlei Widerstand gegen diese Belästigung und schon gar kein Widerstand gegen die mit Luftkampfübungen geplanten militärischen Interventionen. Die SPD ist müde geworden, sie würde keine so „radikalen“ Beschluss mehr fassen. Militärpolitiker und Freunde der Rüstung nehmen Schlüsselpositionen ein. Seit 1999 ist sie mit Schröder, Scharping und Struck selbst am Kriegsspiel beteiligt. Und die anderen? Die Grünen? Verklärende Bewunderer von USA und NATO. Die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ist nicht annähernd so einsichtig wie Helmut Kohl. Außerdem: Wen kümmert schon die Belastung der Menschen mit diesem Lärm? Wen kümmert schon die Bedrohung anderer Völker mit militärischen Interventionen? Die Ignoranz ist üblich geworden. Rückschritt. Restauration.
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