SPD als Phönix aus der Asche – Gibt es eine Vergebung des Wählers ohne Buße?
„Wir haben Vertrauen in Deutschland“ heißt es im Wahlmanifest der SPD, die entscheidende Frage bei den möglichen Neuwahlen wird aber sein, ob Deutschland noch oder wieder Vertrauen in die SPD hat. Ob die SPD mit einem neuen optischen Erscheinungsbild in den Zeitungsanzeigen dieses Vertrauen zurückgewinnen kann? Ob das mit einem Wahlmanifest gelingen kann, das den Eindruck erwecken soll, als stünde es dank der SPD über Nacht in Deutschland alles zum Besten, als wäre die siebenjährige Regierungszeit eine einzige Erfolgsgeschichte gewesen und als schwebte die SPD auf einer Woge der Zustimmung? Ob die Wählerinnen und Wähler der SPD ohne Buße und Reue über die Zumutungen durch die zurück liegende Agenda-Politik eine weitere Wahlabstrafung erlassen wird?
Das Wahlmanifest der SPD tut so, als habe es den Ärger um die Hartz-Reformen nie gegeben, als hätten die Leute die Belastungen durch die Gesundheits- und die Rentenreform längst vergessen, als hätte es die Abstrafungen der letzten Wahlen nie gegeben. Wie der mythologische Vogel Phönix will die SPD aus der Asche aufsteigen und sich in dem Manifest als Symbol der Erneuerung darstellen. Ob die Menschen an diesen Mythos noch glauben?
Um es kurz zu machen: In diesem Wahlmanifest stehen viele Dinge drin, die vernünftig sind, vernünftiger jedenfalls, als das was bisher angeboten wurde – ich will das hier nicht im Einzelnen aufzählen, das geschieht anderswo zur Genüge. Einiges ist auch kritisierenswert und problematisch, wie etwa das Elterngeld, bei dem die Kinder reicher Eltern dem Staat mehr wert sein sollen. Man denke an die Probleme die mit der Bürgerversicherung verbunden sind (Vgl. Eintrag in den Nachdenkseiten vom 6.7.2005).
Hätte die SPD als Regierungspartei nicht sieben Jahre lang das politische Handeln im Bund bestimmt, könnte das, was in dem Manifest niedergelegt ist, sicherlich viele überzeugen. Es ist ein altes Gesetz, dass die Menschen bei Wahlen weniger zurück blicken als dass sie einen Vertrauensvorschuss für die Zukunft geben. Von dieser Erfahrung mögen sich die Verfasser des Manifestes wohl haben leiten lassen und deswegen appellieren sie an das Vertrauen schon in der Überschrift. Das Gesetz funktioniert jedoch nur, wenn das Vertrauen in der Vergangenheit nicht zerstört wurde oder längst verloren gegangen ist. Die neun Wahlschlappen seit der Ausrufung der Agenda sind aber ein schmerzlicher Beweis dafür, dass genau dieser Vertrauensverlust eingetreten ist.
Hätte mit dem Manifest dieses verloren gegangene Vertrauen wieder aufgebaut werden sollen, dann hätte man den wegen der Agenda-Politik in die Wahlenthaltung oder gar zu anderen Parteien abgeschwenkten Wählerinnen und Wählern, wenigstens eingestehen müssen, dass man ihnen über Gebühr viel zugemutet hat, dass sich die Versprechungen der Agenda nicht oder nur in geringem Maße erfüllt haben und man hätte den Leuten zusichern müssen, dass es mit solchen Zumutungen jetzt ein Ende hat und man eine Umkehr will.
Um es einmal religiös auszudrücken: Man hätte Buße tun müssen. Man hätte seine Schuld eingestehen oder beichten müssen und man hätte darauf hin einen Sinneswandel bekennen müssen. Dann hätte der Wähler und die Wählerin der SPD vielleicht noch einmal vergeben können.
Da die SPD aber keine Reue zeigt, wird es für sie nach den möglichen Wahlen eine lange Fastenzeit geben.