Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona-Aufarbeitung: Warum alle falsch lagen
  2. Streit um Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite
  3. Mit dem Handy gegen das Virus – Was bringt die Corona-App?
  4. Bundesregierung beteiligt sich an Impfstoffhersteller CureVac
  5. Private Equity präsentiert sich als Krisengewinner
  6. Konzerne könnten Staaten bald für Corona-Schutz verklagen – auf »Schadensersatz«
  7. Der Lohn des Verzichts ist die Katastrophe
  8. Opel: Betriebsrat lehnt Verhandlungen über Betriebsrenten ab
  9. Gegen Ausbeutung
  10. Sahra Wagenknecht: Die Bundesregierung muss mit diesem Schweinesystem aufräumen, dass unser aller Gesundheit gefährdet
  11. Confessions of a Former Bastard Cop
  12. Eine andere Polizei ist möglich – oder?
  13. Erinnert sich noch jemand an den Putsch in Bolivien vor einem guten halben Jahr?
  14. Oskar Lafontaine: «Aufstehen» plant neuen Anlauf

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona-Aufarbeitung: Warum alle falsch lagen
    Das Coronavirus verzieht sich allmählich. Was hat sich in den vergangenen Wochen eigentlich abgespielt? Die Experten haben grundlegende Zusammenhänge übersehen. Die Immunantwort gegen das Virus ist viel stärker, als man dachte.
    Dies ist keine Anklageschrift, aber eine schonungslose Bilanz. Ich könnte mich selber ohrfeigen, weil ich das Virus SARS-Cov-2 viel zu lange mit Panik im Nacken betrachtet habe. Ein wenig ärgere ich mich auch über viele meiner Immunologen-Kollegen, die bislang die Diskussion rund um Covid-19 den Virologen und Epidemiologen überlassen haben. Mir scheint, es wäre Zeit, einige der hauptsächlichen und komplett falschen Aussagen rund um dieses Virus in der Öffentlichkeit zu kritisieren.
    Erstens: Es war falsch, zu behaupten, das Virus sei neu.
    Zweitens: Noch falscher war es, zu behaupten, es bestünde in der Bevölkerung keine Immunität gegen dieses Virus.
    Drittens: Es war sozusagen die Krönung der Dummheit, zu behaupten, man könne die Krankheit Covid-19 symptomlos durchmachen oder andere gar ohne Symptome anstecken.
    Quelle: Beda M. Stadler auf der Achse des Guten

    Anmerkung Jens Berger: Ausnahmsweise mal ein lesenswerter Artikel auf dieser ansonsten kritisch zu sehenden Plattform. Auch wenn Stadler stellenweise zuspitzt sind seine Ausführungen zur Immunität sehr interessant.

  2. Streit um Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite
    Die jüngsten Erfolge bei der Eindämmung des neuen Coronavirus in Deutschland lassen Forderungen nach einer Abkehr von den Restriktionen lauter werden. Die Fraktionen der AfD und FDP sprachen sich am Donnerstag, 18. Juni 2020, dafür aus, die vom Bundestag am 25. März getroffene Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite aufzuheben. CDU/CSU und SPD sowie die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wandten sich dagegen und warnten davor, die Corona-Krise als beendet zu betrachten.
    In der Aussprache ging es konkret um zwei Vorlagen der FDP-Fraktion, über die erstmals beraten wurde. Die FDP will die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag aufheben, ohne dass zugleich die in der Folge erlassenen Rechtsverordnungen und Anordnungen außer Kraft treten. Zu den weiterhin erforderlichen Regelungen zähle etwa die Unterstützung von medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen, heißt es in einem Gesetzentwurf der Fraktion „zur Weitergeltung von Rechtsverordnungen und Anordnungen aus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite angesichts der Covid-19-Pandemie“ (Covid-19-Rechtsverordnungsweitergeltungsgesetz, 19/20042).
    Die Abgeordneten schlagen vor, den Passus im Gesetz, wonach die Rechtsverordnungen und Anordnungen mit Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite ebenfalls außer Kraft treten, befristet bis zum 30. September zu streichen. Die Rechtsverordnungen und Anordnungen blieben bis dahin in Kraft, sofern sie nicht vom Bundesgesundheitsminister aufgehoben würden. In einem separaten Antrag (19/20046) fordert die FDP die Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Statt einer dynamischen Entwicklung gebe es ein tendenziell abnehmendes Infektionsgeschehen, heißt es zur Begründung in dem Antrag. Beide Vorlagen wurden im Anschluss zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung JK: Ich halte das für einen Witz, man schustert sich die Rechtslage jetzt so zu recht wie es einem gefällt. Alle Parteien, mit Ausnahme der FDP (die allerdings nicht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken) und der AfD, wollen den Ausnahmezustand aufrecht erhalten. Mit der gleichen verlogenen Argumentation, nur in verschiedener Ausprägung, dass es allein um den Gesundheitsschutz gehe. Wenn es wirklich so wäre, hätten man hier schon viele Dinge ändern müssen.
    Immerhin räumt die SPD ein, “dass mit den Verordnungsermächtigungen ein Ausnahmezustand bestehe und die Grundrechte eingeschränkt würden”. Es scheint aber niemanden weiter zu stören, dass eben allein mit (Not-)Verordnungen die wesentlichen Grundrechte eingeschränkt werden.
    Zudem ist niemand gewillt, exakte Kriterien zu benennen, die zu einer Aufhebung des Ausnahmezustandes führen können. Jede regionale Erhöhung von Infektionszahlen (ohne Frage nach den Gründen, wie etwa den mörderischen Arbeitsbedingungen bei Tönnies) wir als Legitimation für die Fortdauer des Ausnahmezustandes genutzt, d.h. aber dieses Spiel lässt sich bis in alle Ewigkeiten weiter treiben, da das Corona-Virus wie seine Verwandten, die Grippe-Viren, erst einmal nicht verschwindet.

  3. Mit dem Handy gegen das Virus – Was bringt die Corona-App?
    Lange angekündigt, ab Dienstag ist sie einsatzbereit: Die Corona-Warn-App soll helfen, die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Bedenken der Datenschützer scheinen ausgeräumt. Die Daten werden anonym gesammelt und nur lokal auf dem Handy gespeichert. Für viele das Wichtigste: Die Nutzung ist freiwillig. Das wollen allerdings nur etwa 40 Prozent der Deutschen auch tun – zu wenig, sagen Experten.
    Viel Aufwand, wenig Nutzen? Wie sicher ist die App? Und wie wichtig ist sie im Kampf gegen die Pandemie?
    Alexander Kähler diskutiert mit:
    – Alexander Kekulé, Virologe
    – Constanze Kurz, Chaos Computer Club
    – Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für Datenschuz
    – Florian Kutzner, Sozialpsychologe Uni Heidelberg
    Quelle: phoenix

    Anmerkung Christian Reimann: Interessant sind insbesondere die Ausführungen von Herrn Kekulé hinsichtlich der technischen Probleme und Risiken sowie der medizinische (Nicht-)Nutzen. Alle teilnehmenden Personen sind sich einig, dass die App für die jetzige Coronakrise zu spät kommt. Bitte lesen Sie dazu auch Corona-App – ein soziales Experiment mit Risiken und Nebenwirkungen.

    dazu: Tracing-App – Der Freiwilligkeits-Schwindel
    In Kürze soll die Corona-App kommen. Die Nutzung soll freiwillig sein, doch schon jetzt wird großer sozialer Druck aufgebaut, diese App zu installieren. Ein App-Begleitgesetz ist daher dringend nötig.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    und: Einlass nur mit App auf dem Handy!
    Zu den vertrauensbildenden Maßnahmen, mit denen die Corona-Warn-App einer möglichst großen Zahl von Handynutzern nahegebracht werden soll, gehört ein heiliges Versprechen der Bundesregierung: Installation und Nutzung der App seien vollkommen freiwillig. Rechtlich gibt es in der Tat keine App-Pflicht – aber faktisch könnte sich das anders entwickeln. Denn falls sich das Tool tatsächlich als wirksam bei der Warnung potenziell Infizierter erweist, wäre der durchschnittliche Corona-App-Nutzer weniger ansteckungsträchtig als seine Mitmenschen ohne App. Die meisten werden sich ja testen lassen, sobald ein riskanter Kontakt gemeldet wird.
    Das aber wirft ungemütliche Fragen auf: Darf ein Betrieb, der sich gerade mühsam vom Shutdown erholt, seine Belegschaft zum Download verpflichten, um die Firma virenfrei zu halten? Kann der Restaurantbesitzer, der endlich wieder öffnen darf, Besucher ohne Warn-App abweisen? Droht also, mit anderen Worten, die Diskriminierung app-loser Menschen? Und was wäre das Freiwilligkeitsversprechen dann noch wert?
    Quelle: Süddeutsche

    außerdem: Snowden warnt: Überwachungsstaat, den wir jetzt schaffen, wird Corona überstehen
    Der Ex-NSA-Mitarbeiter und Whistleblower warnt vor den Tracking-Maßnahmen, die weltweit gegen die Pandemie gesetzt werden
    Weltweit sehen immer mehr Staaten Überwachungsmethoden als Möglichkeit an, um gegen das Coronavirus vorzugehen. Auch die Bundesregierung erwog, Smartphone-Tracking einzelner Personen einzusetzen, etwa bei der Suche nach Kontaktpersonen einer erkrankten Person, ins Coronagesetz schafften es diese Pläne aber vorerst nicht. Jedoch erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz am Donnerstag, dass man prüfe, wie andere Länder mit der Thematik umgehen – die “neue Normalität” werde nicht so sein wie vor dem Coronavirus.
    Für den US-Whistleblower Edward Snowden sind solche Maßnahmen keineswegs gerechtfertigt. Während eines Interviews beim Copenhagen International Film Festival stellte er die Frage, was Behörden eigentlich davon abhalte, Überwachungsmethoden aufrechtzuerhalten, wenn das Coronavirus besiegt ist.
    Quelle: DerStandard.de

  4. Bundesregierung beteiligt sich an Impfstoffhersteller CureVac
    Die Bundesregierung steigt über die Förderbank KfW mit einem dreistelligen Millionenbetrag in die Firma CureVac ein. Das Unternehmen sucht einen Impfstoff gegen das Coronavirus. (…)
    CureVac setzt bei seinen Forschungsarbeiten – wie auch der US-Biotechkonzern Moderna und die Mainzer Biotechfirma Biontech – auf Impfstoffe auf Basis der sogenannten Boten-RNA (mRNA). Sie soll den menschlichen Zellen die Information zur Produktion von Proteinen und damit zur Bekämpfung der Krankheitserreger vermitteln. Biontech hatte im April als erstes Unternehmen in Deutschland grünes Licht für eine klinische Studie mit einem Corona-Impfstoffkandidaten hierzulande erhalten.
    Am Wochenende hatten Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern AstraZeneca bekannt gegeben, mit der sich die EU-Staaten bis zu 400 Millionen Dosen eines in der Entwicklung befindlichen Corona-Impfstoffs sichern. Weltweit gab es nach Angaben des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa) vom Mai mehr als 120 Impfstoffprojekte, von kleinen Firmen wie Biontech aus Mainz oder CureVac in Tübingen bis zu Konzernen wie Sanofi und GlaxoSmithKline. Doch wann eine Impfung zugelassen wird, weiß derzeit niemand.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Das hat mit Gesundheitspolitik nichts zu tun. Das ist Wirtschaftspolitik/Geschäftemacherei zugunsten der Pharmabranche – hier CureVac.
    Boten-RNA, auch mRNA genannt – da sollten (müssten) sämtliche Alarmsirenen ganz laut aufheulen. Warum übernimmt die Bundesregierung Anteile an einer Firma, die mit “biopharmazeutisches Unternehmen” nichts anderes als Gentechnologie umschreibt und betreibt? Und weshalb möchte die Bundesregierung gerade vor diesem Hintergrund keinen Einfluß auf die Geschäfte nehmen? Informativ und interessant ist z.B. dieser Artikel: Arzneimittel und Impfstoffe: Ohne Gentechnik geht es nicht. Besondere Nebenwirkungen und negative Langzeitfolgen dürften nicht erforscht sein. Genau deshalb nimmt die Herstellung von Impfstoffen üblicherweise viele Jahre in Anspruch.
    Offenbar ist der Mehrheitseigner von CureVac, Herr Hopp, quasi ein deutscher Bill Gates bzw. Mark Zuckerberg, die ebenfalls aus der Welt der Computer kommend in die Pharmabranche eingestiegen sind. Aber einige sind ja bereits vertreten:
    “CureVac hat signifikante Eigenkapitalinvestitionen erhalten, darunter von der dievini Hopp BioTech holding und der Bill & Melinda Gates Foundation. Zudem kooperiert CureVac mit multinationalen Konzernen und Organisationen wie Boehringer Ingelheim, Eli Lilly & Co, Genmab, CRISPR Therapeutics, CEPI sowie der Bill & Melinda Gates Foundation. CureVac hat seinen Hauptsitz in Tübingen und verfügt über weitere Standorte in Frankfurt und Boston, MA, USA.”

  5. Private Equity präsentiert sich als Krisengewinner
    Die Branche frohlockt bereits: Geringe Wertschwankungen und zweistellige Renditen dürften außerbörsliche Beteiligungen für Anleger auch in Corona-Zeiten attraktiv machen.
    Während der Finanzkrise 2008 brauchten die Beteiligungshäuser nach der Analyse von Triago noch 24 Monate, bis sich die Branche von den Tiefständen erholt hatte und sich wieder auf dem vorherigen Niveau einpendelte. Diesmal sollte es den Prognosen nach schneller gehen. Der Berater begründet das unter anderem mit den massiven Staatshilfen für die Wirtschaft.
    Die Experten sind sich sicher: Private Equity wird nach der Coronakrise seinen Siegeszug fortsetzen. In normalen Zeiten liegen die Renditen zwischen elf und 16 Prozent. Dagegen bleibt die Unsicherheit an den weltweiten Aktienmärkten hoch. Und bei Bonds wie beispielsweise den zehnjährigen Bundesanleihen sind nur Negativzinsen drin. Anleger bekommen am Ende der Laufzeit also weniger Geld ausbezahlt, als sie investiert haben.
    Derzeit verfügen die Beteiligungshäuser nach der Berechnung des Analysehauses Preqin über rund 1,5 Billionen Dollar, die sie für Firmenkäufe einsetzen können – Tendenz steigend. „Es ist jedoch ein gewisser Konzentrationsprozess hin zu den größeren Fondsgesellschaften zu beobachten“, erklärt Coller-Capital-Mann von Deuten. Nach der Umfrage seines Hauses erwarten zwei Drittel der Großanleger über die nächsten fünf Jahre eine Konzentration auf die größten Beteiligungshäuser.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JK: Die Reichen und Superreichen gewinnen auch in der Krise. Umso unverständlicher ist es, dass eine öffentliche Diskussion über eine angemessene Beteiligung der Vermögensbesitzer an den ökonomischen Rettungsmaßnahmen völlig unterdrückt wird.

  6. Konzerne könnten Staaten bald für Corona-Schutz verklagen – auf »Schadensersatz«
    Bald können Investoren Staaten wegen Corona-Maßnahmen vor Schiedsgerichten verklagen. Etwa weil sie den Patentschutz für Medikamente aufgeweicht haben. Wir müssen uns entscheiden: Demokratie oder neoliberale Handelsabkommen.
    Die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht ganz abzuschätzen, da lauern Investoren bereits darauf, geltende Handelsabkommen für ihre Zwecke vor Schiedsgerichten durchzusetzen. Es gibt bereits Anzeichen:
    »Peru vor potentiellen ICSID-Klagen wegen Covid-19 Maßnahmen gewarnt« berichtete eine Zeitschrift für internationale Schiedsgerichtsbarkeit Ende April. Kurz zuvor kündigte der peruanische Kongress an, die Mautzahlungen auf den privatisierten Autobahnen des Landes während der Pandemie auszusetzen. Damit sollte der Transport essenzieller Güter und Arbeitskräfte vereinfacht und vergünstigt werden. Ausländische Autobahnbetreiber sahen dadurch ihre Gewinne bedroht und kündigten ein Verfahren vor einem privaten Schiedsgericht an, sollte der Kongress an seiner Entscheidung festhalten.
    Klagen ausländischer Investoren gegen Staaten vor internationalen Schiedsgerichten sind nichts Neues. Tatsächlich werden sie immer zahlreicher. Ein weites Netz aus über 2500 Investitionsabkommen und mehr als 300 Handelsabkommen mit Investitionsschutzkapiteln macht diese unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragenen Klagen möglich. Dabei können Investoren gegen alle staatlichen Maßnahmen vorgehen, die ihr Geschäft negativ beeinflussen und (zukünftige) Gewinne mindern könnten. Auch Maßnahmen zum Umwelt-, Klima-, oder Gesundheitsschutz der Bevölkerung fallen darunter.
    Quelle: Jacobin
  7. Der Lohn des Verzichts ist die Katastrophe
    Es gibt kein Zurück zur Normalität von vor der Krise. Die neuen Lektionen müssen schnell gelernt werden, sonst droht eine wirtschaftliche Katastrophe. Insbesondere bei den Schulden und beim Lohn der Arbeit müssen die Weichen jetzt richtig gestellt werden.
    Alle wollen zurück zur Normalität – auch wirtschaftlich. Was die meisten allerdings noch nicht wahrhaben wollen: Die Normalität von vor der Krise wird es nicht mehr geben. Die Wirtschaft wird nach der Krise nicht mehr die Wirtschaft sein, die wir vorher kannten. Es ist ganz anders gekommen, als es sich die Politiker und vermutlich auch die Virologen und Epidemiologen vorgestellt hatten. Die Operation „Große Ferien“, nach der die Welt nach drei oder vier Monaten einfach wieder zum altbekannten Leben zurückkehren sollte, ist grandios gescheitert.
    Wir wollen nicht erneut über die Gründe des Scheiterns reden. Jetzt kommt es darauf an, nicht neue gravierende Fehler zu machen, die in Deutschland und ganz Europa die wirtschaftliche Entwicklung auf Jahrzehnte hinaus schädigen können.
    Ein Muster, das zu vollkommen falschen Entscheidungen führt, kündigt sich schon an. Genau wie nach der Finanzkrise von 2008/2009 überfällt die Koalitionäre in Berlin panische Angst vor der eigenen Courage. Nachdem man damals die Finanzkrise mit öffentlichen Schulden erfolgreich bekämpft hatte, wurde in rasendem Tempo die Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben und jahrelang das Ziel der Schwarzen Null verfolgt – zum Schaden nicht nur der deutschen Wirtschaft, sondern auch der der EWU-Partner.
    Nun wirft der damals eingefädelte Rückzahlmechanismus seine Schatten bei der derzeitigen Krisenbekämpfung voraus. Und auch das zweite große Thema, das ebenso entscheidend dafür sein wird, welche langfristigen ökonomischen Schäden die Corona-Krise in Deutschland und Europa hinterlassen wird – nämlich die Lohnabschlüsse in den nächsten 12 bis 24 Monaten – scheint sich bereits in eine fatale Richtung zu entwickeln.
    Quelle: Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker auf Makroskop

    dazu: Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Mindestlohn von 12 Euro
    Hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen sich für eine schrittweise Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro sowie gegen eine “Corona-Nullrunde” beim Mindestlohn aus. Der Text der gemeinsamen Initiative ist heute als ganzseitige Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen. Die Initiative wird vom DGB unterstützt.
    Quelle: DGB

    und: Keine guten Zukunftsaussichten für die Beschäftigten in den Gastronomieunternehmen
    Es ist erst ein paar Wochen her, dass die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in ihren Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) einen Mindeststundenlohn von 12 Euro für die Beschäftigten der Tarifgruppe 2 verlangte. Nach 3 ergebnislosen Verhandlungen wurde erst nach der Schlichtung Anfang März eine Einigung erzielt. Die Löhne steigen ab 1.7.2020 zwar, aber lediglich auf 10,00 Euro. Die geforderten 12.00 Euro gibt es für die rund 120.000 Beschäftigten der Tarifgruppe 2 erst ab dem 1.12.2023.
    Heute spürt die Gastronomiebranche die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise in Verbindung mit der in Deutschland flächendeckend staatlich angeordneten Betriebsschließungen und -einschränkungen infolge der Corona-Krise in Form von massiven wirtschaftlichen Auswirkungen bis hin zur Existenzvernichtung.
    Der Deutsche Hotel­ und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA) prüft derzeit ob Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden können.
    Da ist er wieder, der Ruf nach öffentlichen Geldern, ausgesandt von einer Branche, die hinreichend schon staatlich subventioniert wird. Seit 2 Jahrzehnten wird dort fast nur noch mit Mini-Jobs gearbeitet, bei einem Verdienst, von dem die Menschen nicht leben können und Arbeitslosengeld II von den Jobcentern beantragen müssen. So sind rund 1 Milliarde Euro als staatlicher Lohnzuschuss im vergangen Jahr in den Gastronomiebereich geflossen.
    Vor diesem Hintergrund lässt sich für die Beschäftigten nichts Gutes vorhersagen.
    Im Folgenden soll die konkrete Lebens- und Arbeitssituation der Beschäftigten im Gastronomiebereich beleuchtet werden…
    Quelle: Gewerkschaftsforum

    Anmerkung Marco Wenzel: Lesenswert. Eine sehr gute Darstellung der Arbeitsbedingungen im Gastronomiegewerbe.

  8. Opel: Betriebsrat lehnt Verhandlungen über Betriebsrenten ab
    Der Autobauer Opel will seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Betriebsrente kürzen: im Schnitt stolze fünf Prozent Zins gibt es bei den Rüsselsheimern noch, arbeitgeberfinanziert. Doch der Betriebsrat stellt sich quer – und lehnt Verhandlungen ab.
    Ein Schreiben von Personalchef Ralf Wangemann sorgte in dieser Woche für Aufregung beim Autobauer Opel. Das hauseigene Betriebsrenten-System bedürfe einer „grundlegenden Modernisierung“, so schrieb er an die Belegschaft – wobei sich hinter dieser Formulierung leicht verklausuliert Pläne verbergen, den Rotstift anzusetzen. Denn die Renten seien ein „gewichtiger Kostenfaktor“, der „seit vielen Jahrzehnten…deutlich über dem üblichen Marktstandard“ angesiedelt sei (der Versicherungsbote berichtete).
    Opel will also die Betriebsrenten kürzen – und hofft dabei auch auf Verständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn den Rüsselsheimer Autobauer planen Absatzsorgen. Um bis zu 90 Prozent seien die Verkäufe infolge der Coronakrise eingebrochen, zitiert das „Handelsblatt“ aus dem Rundschreiben. Doch die Arbeitnehmer-Vertreter geben sich hart.
    “Angriff“ auf Loyalität der Beschäftigten
    Wie das „Handelsblatt“ weiter berichtet, hat der Betriebsrat eine Verhandlung über die Betriebsrenten schlicht abgelehnt. „Hände weg von der Opel-Altersversorgung“ ist demnach ein Rundschreiben betitelt, das der Betriebsr
    Quelle: Versicherungsbote

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Surprise, surprise – Arbeitgeber können freiwillig gewährte Betriebsrenten ganz nach Kassenlage auch wieder zurückfahren. Da fragt man sich als Arbeitnehmer doch, wovon man im Alter leben soll: Die GRV ist vorsätzlich und ohne Not geschwächt worden, die “Riesterrente” leidet überraschenderweise an hohen Kosten und niedrigen Kapitalmarktzinsen und die Betriebsrente leidet unter Willküraktionen und ebenfalls niedrigen Zinsen. Wer seinen Arbeitgeber wechselt kann womöglich nur zu wesentlich schlechteren Konditionen eine neue Betriebsrente erhalten – oder muss sie womöglich sogar komplett selbst finanzieren. Wann wird unsere Politik endlich einsehen, dass nur die GRV eine ausreichende und sicher Altersversorgung gewähren kann? Mit einer massiv erhöhten Erbschaftsteuer, einer Vermögensabgabe sowie einer Wertschöpfungsabgabe ließe sich das alles auch in einer Industrie 4.0 sehr “generationengerecht” finanzieren.

  9. Gegen Ausbeutung
    Faire Löhne und Ende von Kinderarbeit: Deutschland will seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein EU-weites Lieferkettengesetz zu erarbeiten. (…)
    Er wolle Regeln für die Lieferketten zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen, sagte er anlässlich des Internationalen Tags gegen Kinderarbeit der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Alle großen Unternehmen wären dann verpflichtet, faire Löhne für die Arbeiter in ihren Lieferketten zu bezahlen und Kinderarbeit zu beenden, dort wo unsere Schuhe, Kleidung, Kaffee produziert werden“, sagte Müller.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wie unzureichend, symbolisch oder schwer zu kontrollieren so ein Gesetz auch sein möge, ist es vielleicht wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Nur: warum in die Ferne schweifen? Auch in Deutschland werden Menschen gnadenlos ausgebeutet, nicht nur in Schlachthöfen und bei Erntehelfern, sondern auch in vielen anderen Jobs. Harte Arbeit für wenig Lohn. Das wurde noch vor zwei, drei Wochen rauf und runter diskutiert. Um wie viel einfacher könnten die deutsche Regierung und der Bundestag hier die Arbeitsbedingungen verbessern? So viel besser als die von Hemden-Näherinnen in Bangladesh oder von Kindern in den Kobaltminen sind die Arbeits- und Wohnbedingungen dieser Menschen nämlich nicht. Aber auch der taz fällt der naheliegende Hinweis auf die Skandale in Deutschland nicht ein. Und natürlich gibt es auch im Rest der EU ohne Ende skandalöse Arbeitsbedingungen. Irgendwie schaut die EU dann doch lieber nach Afrika und Asien…

  10. Sahra Wagenknecht: Die Bundesregierung muss mit diesem Schweinesystem aufräumen, dass unser aller Gesundheit gefährdet
    657 von 983 getesteten Mitarbeitern in einer Schlachtfabrik von Tönnies haben sich mit dem Coronavirus infiziert. Nun müssen alle Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh wieder schließen, Tausende werden in Quarantäne geschickt. Das ist schlimm: Am schlimmsten für die Arbeiter, um deren Schutz sich Tönnies offenbar kaum gekümmert hat. Schlimm aber auch für die Kinder und deren Eltern, die jetzt weiter schauen müssen, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen. Ich finde: für diese schlimmen Folgen muss man Herrn Tönnies zur Rechenschaft ziehen, er sollte Schmerzensgeld an seine Mitarbeiter zahlen, er sollte für den Schaden haften, den er in Gütersloh angerichtet hat!
    Dass sowohl Tönnies als auch Herr Laschet die Schuld nun auf die Wanderarbeiter schieben, finde ich unterirdisch! Die furchtbaren Zustände in deutschen Schlachthöfen sind seit Jahren bekannt – und sowohl Herr Laschet als auch die Bundesregierung haben im Interesse von Tönnies und anderen Fleischkonzernen beide Augen fest zugedrückt. Zwar soll es nun ein Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft geben. Aber warum soll das Verbot von Werkverträgen erst ab 2021 gelten, warum werden nicht auch sachgrundlose Befristungen verboten, warum gibt es nach wie vor zu wenig Kontrolleure und Kontrollen und keine wirklich abschreckenden Strafen?
    Mehr noch: Da der Fehler im System steckt, muss etwas gegen die Konzentration bei Schlachthöfen & Tierhaltung getan werden. Tönnies ist der größte Schlachtbetrieb Europas, allein in Rheda-Wiedenbrück bei Gütersloh werden bis zu 30.000 Schweine geschlachtet – am Tag! Bei so einem Durchsatz können gar keine Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden, das sagt auch die zuständige Gewerkschaft NGG. Seit Jahren beschweren sich unsere Nachbarländer über das deutsche Lohndumping in der Fleischwirtschaft. Es ist ein Skandal, dass man bis heute nicht mit der gnadenlosen Ausbeutung von Wanderarbeitern ausgeräumt hat, die oft genug selbst um den mickrigen Mindestlohn betrogen werden und denen man hohe Kosten für schäbige Sammelunterkünfte noch vom Lohn abzieht. 30.000 Schweine am Tag – das bedeutet auch Massenquälerei von Tieren, die aus ganz Europa herangekarrt werden. Eine völlig unnötige Quälerei, denn die Tiere könnten genauso gut in den Heimatländern geschlachtet und zerlegt werden. Die Bundesregierung muss mit diesem Schweinesystem aufräumen, das unser aller Gesundheit gefährdet. Jetzt sofort!
    Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook

    Anmerkung JK: Absolut! Wenn es der politischen Elite so um den Schutz der Gesundheit geht, muss mit dem, man kann es nicht anders formulieren als Sahra Wagenknecht, Schweinesystem sofort Schluss gemacht werden. Jetzt können die Damen und Herren Abgeordneten beweisen, wie ernst sie es mit dem Gesundheitsschutz aller meinen. Oder sieht man das bei einem Angehörigen der deutschen Oligarchie anders?

    dazu: Corona-Ausbruch bei Tönnies Video zeigt Hygieneverstöße
    Eine übervolle Kantine, Mindestabstand – Fehlanzeige: Ein Video aus der Tönnies-Fleischfabrik, das dem SWR vorliegt, zeigt Verstöße gegen Hygienevorschriften – nachdem diese vom Land NRW verschärft wurden.
    Quelle: Tagesschau

  11. Confessions of a Former Bastard Cop
    I was a police officer for nearly ten years and I was a bastard. We all were.
    This essay has been kicking around in my head for years now and I’ve never felt confident enough to write it. It’s a time in my life I’m ashamed of. It’s a time that I hurt people and, through inaction, allowed others to be hurt. It’s a time that I acted as a violent agent of capitalism and white supremacy. Under the guise of public safety, I personally ruined people’s lives but in so doing, made the public no safer… so did the family members and close friends of mine who also bore the badge alongside me.
    But enough is enough.
    The reforms aren’t working. Incrementalism isn’t happening. Unarmed Black, indigenous, and people of color are being killed by cops in the streets and the police are savagely attacking the people protesting these murders.
    American policing is a thick blue tumor strangling the life from our communities and if you don’t believe it when the poor and the marginalized say it, if you don’t believe it when you see cops across the country shooting journalists with less-lethal bullets and caustic chemicals, maybe you’ll believe it when you hear it straight from the pig’s mouth.
    WHY AM I WRITING THIS
    As someone who went through the training, hiring, and socialization of a career in law enforcement, I wanted to give a first-hand account of why I believe police officers are the way they are. Not to excuse their behavior, but to explain it and to indict the structures that perpetuate it.
    I believe that if everyone understood how we’re trained and brought up in the profession, it would inform the demands our communities should be making of a new way of community safety. If I tell you how we were made, I hope it will empower you to unmake us.
    One of the other reasons I’ve struggled to write this essay is that I don’t want to center the conversation on myself and my big salty boo-hoo feelings about my bad choices. It’s a toxic white impulse to see atrocities and think “How can I make this about me?” So, I hope you’ll take me at my word that this account isn’t meant to highlight me, but rather the hundred thousand of me in every city in the country. It’s about the structure that made me (that I chose to pollute myself with) and it’s my meager contribution to the cause of radical justice.
    Quelle: Medium
  12. Eine andere Polizei ist möglich – oder?
    Allenthalben in Amerika fordern Aktivisten: Schafft die Polizei ab! In Camden passierte das schon 2013 – auch, weil die Stadt pleite war. Jetzt gibt es weniger Kriminalität. Oder ist das nur schöner Schein? (…)
    Doch nicht alle sind mit den Ergebnissen zufrieden. Dass man die Dominanz der mächtigen Polizeigewerkschaften brechen konnte, führte zum Beispiel dazu, dass viele Polizisten nun weniger Geld verdienen. Sie wurden erst entlassen und dann zu niedrigeren Löhnen wieder eingestellt. So konnte die klamme Kommune insgesamt mehr Polizisten beschäftigen. Die bekommen nun immerhin Deeskalationstrainings. Die Umorganisation der Polizei war aber letztlich ein gemeinsam aus der Not geborenes Projekt des republikanischen Bundesstaates und der demokratisch regierten Stadt. Geld zu sparen und dabei bessere Ergebnisse zu erzielen, war die Vorgabe.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers M.P.: Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass US-Städte planen, die Polizei abzuschaffen, kam mir sofort der Gedanke, so ein Quatsch, die haben doch gar nicht die Ressourcen, die werden die Polizisten entlassen und zu niedrigeren Gehälter wieder einstellen. Oder man findet dann noch weniger qualifizierte Leute.
    Scheint so zu sein, zumindest in Camden.
    Wie naiv kann man eigentlich sein, um zu glauben, jetzt wird alles besser? Nö, gibt einfach nur weniger Geld und die Polizisten müssen sich eben (noch) mehr korrumpieren lassen. Gewerkschaften mögen nicht alles richtig machen, wie die Polizeigewerkschaft in den USA, aber ohne geht es nicht.
    Wir werden die Klagen der Mitarbeiter der Gigafabrik von Herrn Musk in Brandenburg noch hören (denn der mag Gewerkschaften so gar nicht), aber dann will es wieder niemand gewesen sein.

    Anmerkung J.K.: Hier muss man genau hinhören. Die Abschaffung der Polizei ist auch eine Idee aus dem ultra-liberalen oder libertären Dunstkreis, dessen Ideologen ja alles nur noch auf Basis privatrechtlicher Verträge organisieren wollen. Der Entwicklung, dass die Polizei nicht nur in den USA, immer mehr zum Gegner der Bürger wird, sollte man einmal genauer auf den Grund gehen. Die Zunahme von Gewalt und Rücksichtslosigkeit könnte ja vielleicht auch etwas mit der Durchsetzung der neoliberalen Ideologie und der daraus resultierenden sozialen Polarisierung zusammenhängen. Die Forderung nach Abschaffung der Polizei ist eine Forderung aus dem linksliberalen Elfenbeinturm. Die Reichen und Superreichen schützen sich längst durch eigene Privatarmeen.

  13. Erinnert sich noch jemand an den Putsch in Bolivien vor einem guten halben Jahr?
    Der linke indigene Präsident Evo Morales hatte die Präsidentschaftswahlen mit 47,1% gegenüber 36,5% für den stärksten Herausforderer Carlos Mesa (mitte-rechts) am 20. Oktober klar gewonnen. Um im ersten Wahlgang nach bolivianischem Wahlgesetz anerkannt zu werden, braucht es einen Vorsprung von 10 Prozentpunkten. Bei der Schnellauszählung war der Vorsprung zwischenzeitlich knapper. Als diese bei 83,8% der Wahlerstimmen war und Morales nur mit 7,1% Pp führte, gab es eine Unterbrechung. Am Ende gewann Morales jedoch direkt, mit 10,57 Prozentpunkten Vorsprung.
    Diese “Trendwende” wurde als Beleg für einen angeblichen Wahlbetrug gesehen. Es kam zu gewaltätigen Demonstrationen, die von Militär und Polizei gestützt wurden, und die schließlich zunächst zur Ausrufung von Neuwahlen und dann zum Rücktritt von Evo Morales und anderer Spitzenpolitiker der MAS führten. Schließlich wurde die rechtskonservative Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Ánez, mit Unterstützung des Militärs in einer rechtlich hochumstrittenen Konstruktion (Interims-)Präsidentin. Proteste dagegen wurden vom Militär gewaltsam unterdrückt. Einen Ort dieser Massaker in der Nähen von Cochabamba hatte ich im Februar besucht.
    Zunächst sollten Neuwahlen am 22. Januar stattfinden, dann am 3. Mai 2020, mittlerweile sind die Neuwahlen für den 6. September vorgesehen. In der Zwischenzeit hat Anez vielfältige Fakten geschaffen, die nicht in die Befugnis einer Interimspräsidentin gehören, darunter etwa die 180°-Kehrtwende in der Außenpolitik, die nun stramm auf US-Kurs ist.
    Der Vorwurf des Wahlbetrugs wurde seinerzeit maßgeblich von der Wahlbeobachtungsmission der US-kontrollierten OAS in die Welt gesetzt und befeuert, die als einzige eine relevante internationale Wahlbeobachtermission im Land hatte. Der Putsch wurde denn auch von den USA, der Bundesregierung und hier sogar von den Grünen begrüßt und als Weg in die Demokratie angesehen. https://www.gruene-bundestag.de/…/historischer-moment-in-bo…
    Fast alle “Qualitätsmedien” übernahmen das Narrativ des Wahlbetrugs der OAS, darunter auch der “faktencheck” der Tagesschau https://www.tagesschau.de/…/bolivien-wahlmanipulation-101.h…, obwohl sich die “Trendwende” auch damals schon durch die erst am Ende ausgezählten Hochburgen von Morales sauber erklären ließ. Belege für einen Wahlbetrug gab es nicht.
    Jetzt hat sogar die New York Times die damaligen Vorwürfe des Wahlbetrugs entkräftet. Man darf gespannt sein, ob die Medien in Deutschland und auch die Bundesregierung ihre damaligen Einschätzungen korrigieren. Entsprechende Anfragen an die Bundesregierung sind auf dem Weg.
    Quelle: Andrej Hunko via Facebook
  14. Oskar Lafontaine: «Aufstehen» plant neuen Anlauf
    Saarbrücken – Die ausgebremste linke Sammlungsbewegung «Aufstehen» kann nach Ansicht des Linke-Politikers Oskar Lafontaine jetzt neu an Fahrt gewinnen. «Durch die Corona-Krise und die vorher sich abzeichnende Wirtschaftskrise werden die sozialen Verwerfungen in Deutschland stärker», sagte der frühere Linke-Chef, der als Mit-Initiator der Bewegung gilt, der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. «Aufstehen» bringe soziale Themen nach vorne: Daher sei es nun Zeit für die Bewegung, «noch einmal einen neuen Anlauf zu machen». Die Bewegung war Anfang September 2018 gegründet worden.
    Im Zeichen eines Neustarts werde der Trägerverein von «Aufstehen» an diesem Mittwoch (17. Juni) in einer Online-Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand wählen. Es gebe zudem Planungen, wieder Veranstaltungen zu machen, sagte Lafontaine…
    Quelle: Wormser Zeitung

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