Der IG-Metall-Vorsitzende Hofmann hat die neue SPD-Spitze heftig kritisiert, weil diese die Kaufprämie für Verbrennerfahrzeuge abgelehnt hat. Der SPD könnte das – aus meiner Sicht zu unrecht – schaden. Bei den Mitgliedern der IG Metall und den in der Autoindustrie Beschäftigten wird die IG Metall Beifall bekommen. Ob die Kritik der IG Metall der Gewerkschaftsbewegung insgesamt nutzt, ist zweifelhaft. Mit welchem Recht nimmt eine Gewerkschaft für sich das Privileg in Anspruch, dass ihr Industriezweig von uns Steuerzahlern besonders gefördert wird? Es gibt viele Wirtschaftszweige, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Corona und dem Lockdown leiden. Und es gibt viele, die eine Schlüsselfunktion haben – auch jenseits der Autoindustrie. Albrecht Müller.
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Der Einzelhandel und das Gastgewerbe, die Stahlindustrie, der Maschinenbau und die Bauwirtschaft, die Möbelindustrie, der Laden- und Messebau, Chemiebetriebe und die Textilwirtschaft, die Getränkewirtschaft, die Ausrichter von Veranstaltungen, der gesamte Kulturbetrieb, das Gesundheitswesen – die Beschäftigten all dieser Wirtschaftszweige leiden unter den getroffenen Maßnahmen. Manche leiden wegen geringerer finanzieller Ressourcen und stärkerer Betroffenheit sogar um vieles mehr als die Beschäftigten der Automobilindustrie.
Mit welchem Recht nimmt sich eine Branche und nimmt sich die Gewerkschaft einer Branche das Privileg heraus, Schlüsselindustrie zu sein? Eine Schlüsselfunktion zu haben, könnten auch die IT-Branche, die Chemie, die Bauwirtschaft, der Maschinenbau, die Krankenhäuser usw. beanspruchen.
Es tut mir ausgesprochen leid, einem Gewerkschafter und den damit verbundenen Betriebsratsvorsitzenden deutlich zu widersprechen. Ich tue das auch deshalb, weil die zuvor skizzierte und beanspruchte Sonderrolle der IG Metall und der Automobilwirtschaft dem Zusammenhalt der Gewerkschaften insgesamt schaden wird. Solche spalterischen Aktionen tun der Gewerkschaftsbewegung und ihrem Ansehen insgesamt nicht gut. Ich widerspreche dem Vorstoß des IG-Metall-Vorsitzenden auch deshalb, weil dabei deutlich erkennbar ist, dass seine Kritik eine SPD-innerparteiliche Stoßrichtung hat. Offensichtlich schadet seine Intervention insbesondere den neuen Vorsitzenden. Und das soll wohl auch so sein, um das neue Führungsgespann auch bei der Suche nach dem oder der kommenden Spitzenkandidaten/in zu schwächen.
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