Alles ziemlich entsetzlich. Die Bewertung der Proteste gegen die Corona-Politik geht völlig durcheinander. Freundschaften stehen in der Zerreißprobe.
Wir bringen hier gegenläufige Bewertungen. Zu Ihrer Information. Für Ihre eigene Urteilsbildung: 1. Die Ankündigung eines „Aktionstages gegen Verschwörungsmythen und Antisemitismus“ getragen von der Amadeu Antonio Stiftung. 2. Der Bericht eines Freundes, der die Demonstration in Stuttgart am 9. Mai besucht hat. 3. Die gegenläufige Bewertung der gleichen Demonstration und der Tagesschau-Berichterstattung. 4. Der Bericht der Wochenzeitung Kontext – auch zur Demonstration in Stuttgart vom 9. Mai. 5. Einen Leserbrief zur Berichterstattung des SWR von der Demonstration vom 9. Mai in Koblenz. – Albrecht Müller.
Sozusagen als krönenden Abschluss dieser Sammlung auseinanderfliegender Beurteilungen der Demonstrationen zitiere ich die Headline eines Artikels auf der Frontseite meiner Regionalzeitung von gestern:
„Bis auf Weiteres auf dem Höhenflug. Die Corona-Politik der Regierung im Urteil der Bürger: Eine Umfrage gibt Aufschluss“.
So ist es wohl. Die Regierung und insbesondere Angela Merkel sind auf dem Höhenflug. Das kann man wohl aus dieser Umfrage herauslesen, auch wenn Auftraggeber Bertelsmann und ausführendes Institut Allensbach wenigstens ein bisschen Zweifel verdient gehabt hätten.
Die Opposition ist gespalten bis nicht existent. Das gilt auch für wichtige, von den NachDenkSeiten häufig zitierte Kabarettsendungen. Nicht für alle.
Eine kompakte und funktionierende Gegenöffentlichkeit gibt es wegen der so außerordentlich gegenläufigen Einschätzung durch Personen und Gruppen, die man vor kurzem noch als Verbündete beim notwendigen Aufbau dieser Gegenöffentlichkeit hätte betrachten können, nicht mehr. Das ist eine ausgesprochen deprimierende Entwicklung. Um diese Entwicklung sichtbar zu machen, sind die 5 folgenden Texte dokumentiert:
- Die Ankündigung eines „Aktionstages gegen Verschwörungsmythen und Antisemitismus“ getragen von der Amadeu Antonio Stiftung.
#glaubnichtalles was du hörst!
Aktionstag gegen Verschwörungsmythen und Antisemitismus am 15. Mai
Amadeu Antonio Stiftung | 6. Mai 2020
Derzeit erreichen Fake-News und Verschwörungsmythen rund um das Corona-Virus ein Millionenpublikum: im Netz, auf der Straße und im Bekanntenkreis. Solche teils harmlos wirkenden Verschwörungsmythen ebnen den Weg in antisemitische und rassistische Weltbilder, die zu konkreten Angriffen auf konkrete Gruppen führen: Jüdinnen und Juden, asiatisch gelesene Personen, Asylsuchende, Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Wissenschaftler*innen sind davon betroffen.
Aber was sind Verschwörungsmythen überhaupt und wie erkenne ich sie? Was ist eigentlich das strukturell antisemitische an ihnen und was kann ich dagegen tun?
Die Amadeu Antonio Stiftung veranstaltet am 15. Mai 2020 zusammen mit dem Anne Frank Zentrum einen Digitalen Aktionstag gegen Verschwörungsmythen und Antisemitismus, um Tipps im Umgang mit Verschwörungsmythen zu geben, demokratiestärkende Narrative und Gegenerzählungen im Netz zu stärken. Und um anzuregen, sich bei so manchen Meldungen zu fragen:
Seriously? #glaubnichtalles was du hörst!Der digitale Aktionstag ist zugleich der Auftakt der bundesweiten Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus. Wer also in den kommenden Wochen ebenfalls Veranstaltungen planen möchte oder andere kreative Ideen im Umgang mit Verschwörungsmythen und Antisemitismus hat, meldet sich unter [email protected].
Programm (wird fortlaufend aktualisiert)
15.05.2020, 10 Uhr
Auftaktdiskussion: „Wie bedrohen Coronavirus-Verschwörungsmythen die Demokratie – und was können wir tun?“ im Livestream via Facebook und YouTube.
Veranstaltet von: Amadeu Antonio StiftungTeilnehmende:
- Patrick Gensing (ARD-Faktenfinder)
- Anetta Kahane (Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung)
- Melanie Hermann (Projekt „No World Order – Handeln gegen Verschwörungsideologien und Antisemitismus“)
- Johannes Baldauf (Public Policy Manager, Facebook)
- Moderation: Simone Rafael (belltower.news)
15.05.2020, 14 Uhr
„Antisemitismus, Verschwörung und Rechtsterrorismus: Der Anschlag in Halle und seine Konsequenzen“
Veranstaltet von: Amadeu Antonio StiftungDie Diskussion findet via Zoom statt, zusätzlich wird die Veranstaltung auf YouTube übertragen. Den Link zur Teilnahme erhalten Teilnehmende nach Anmeldung via [email protected]. Weitere Informationen finden Sie in der Facebook-Veranstaltung.
Teilnehmende:- Matthias Quent (Direktor des IDZ Jena)
- Veronika Kracher (Journalistin)
- Ruben Gerczikow (JSUD)
- Moderation: Nikolas Lelle (Aktionswochen gegen Antisemitismus)
Usw. hier Fortsetzung des Programms und des Textes.
Anmerkungen dazu:
Der Hinweis auf diesen Aktionstag wurde von einer Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion der Linken über einen größeren Verteiler herumgeschickt. Eine Leserin der NachDenkSeiten hat uns darauf aufmerksam gemacht. Sie war genauso erstaunt wie ich, dass die Demonstrationen gegen den Lockdown jetzt nicht nur als von Verschwörungstheoretikern und von Rechtsradikalen bestimmt charakterisiert werden, jetzt kommt auch noch der Vorwurf des Antisemitismus dazu.
- Der kurze Bericht eines Freundes, der die Demonstration in Stuttgart am 9. Mai besucht hat:
„Lieber Albrecht,
ich war auf der Demo am Samstag in Stuttgart. Dort waren sehr viele Leute (geschätzt 20-30000) von Normalos bis Freaks, aber die Veranstaltung wird für mich klar von den Rechten gekapert. Da sind rechtsextreme Ordner:
Als Redner war der Allgemeinmediziner Wilfried Geissler dabei, der bereits auf einer „Diesel Demo“ der AFD gesprochen hat.
youtube.com/watch?v=CGcKs7YISHsDer neoliberale Professor Steffen Homburg war zumindest bis vor ein paar Jahren ein Unterstützer der AFD.
youtube.com/watch?v=o50KRlPvK4M
youtube.com/watch?v=c51A8cGWGyEIch finde deine Bewertung dieser Bewegung allein aus der Perspektive einer angeblichen Meinungsmache sehr problematisch. Wenn man das Etikett der Rechtslastigkeit falsch findet, sollte man sich doch anschauen, wer dort auftritt und was dort erzählt wird.“
Soweit aus der Mail meines Freundes aus Stuttgart. Es folgt die eines Autors, der für die NachDenkSeiten schon über die vorige Demonstration berichtet hatte.
- Der Bericht des Autors Constantin Schnell über die Demonstration vom 9. Mai 2020
ARD-Tagesschau: Verschwörungstheoretiker? Oder doch Rechtsextreme?
Letzte Wochen haben wir analysiert, wie die ARD-Tagesschau über die Demonstration in Stuttgart am 2. Mai berichtete – nämlich verzerrt, um es mal vorsichtig zu formulieren. Auch in dieser Woche wurde in der Tagesschau wieder über die Stuttgarter Demonstration berichtet, und zwar 39 Sekunden lang weitgehend sachlich. Dann allerdings webt der Tagesschau-Bericht subtil eine Interpretation ein, die gut ausgebildeten Journalisten peinlich sein sollte. Im nachfolgenden Text betrachten wir den Bericht der Tagesschau im Detail.
Zu Beginn der „Mahnwache für das Grundgesetz“ in Stuttgart am 9. Mai erinnerte Organisator Michael Ballweg die Presse an ihre Verantwortung, eine Plattform für einen offenen, sachlichen Diskurs zu bieten und zitierte dazu auch aus meinem Artikel auf den Nachdenkseiten. Er gebe diese Woche im Übrigen keine Interviews, hängte er an. Dann spielte vor über 10.000 Menschen (es können auch 20.000 gewesen sein, sehr schwer zu schätzen) den Sprechertext der Tagesschau vom 2. Mai ein, in dem es hieß: „Zu den Teilnehmern zählen neben Impfgegnern auch Verschwörungstheoretiker und Anhänger der Pegida-Bewegung.“ Das führte am 9. Mai zu einem extralauten Buhkonzert auf dem Wasen – kein Wunder, waren doch ganz ähnliche Menschen gemeint wie die, die jetzt auf dem Platz standen.
Für ARD-Journalisten ist es natürlich ziemlich peinlich, von den Bürgern (nein, nicht nur von „linken Spinnern“, sondern auch von vielen braven Bürgern und Rundfunkgebührenzahlern) ausgebuht zu werden. Ihren handwerklichen Fehler durften sie also nicht wiederholen, und so fiel der Beitrag der 20-Uhr-Tagesschau des 9. Mai scheinbar sachlicher aus. Aber leider konnte sich die Tagesschau-Redaktion auch darin einer verzerrenden Wertung nicht enthalten. Nach dem groben Fehler vom 2. Mai beschloss man aber, nun etwas subtiler vorzugehen. Der Tagesschau-Sprecher moderierte den Tagesschau-Beitrag vom 9. Mai folgendermaßen an: „Zur größten Kundgebung in Stuttgart kamen nach Angaben der Veranstalter 5.000 Menschen, etwa halb so viele wie genehmigt waren.“ Der Veranstalter, Michael Ballweg, stand auf der Bühne und konnte schnell erfassen, dass es deutlich mehr als 5.000 waren. Die Tagesschau berief sich also zu unrecht auf ihn – und nannte eine falsche Zahl. Egal, kleine Fehler passieren.
Dann startet der Beitrag mit dem Off-Text:
„Es sind ungewohnte Bilder in Zeiten von Infektionsschutz und Kontaktbeschränkungen. Hier auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart demonstrieren Tausende gegen die Einschränkungen der Corona-Maßnahmen. Unter ihnen Familien mit Kindern, Junge und Alte. […]Unter den tausenden Demonstranten waren auch Anhänger von Verschwörungstheorien und Gegner von angeblich geplanten Zwangsimpfungen.“
Von der Behauptung, es seien Verschwörungstheoretiker und Gegner eines angeblichen Impfzwangs unterwegs, wollte man sich also nicht verabschieden. Was zu einer Linie passt, die wir hier analysierten. Aber immerhin sind ja nun auch Familien, Junge und Alte dabei. Man möchte sich ja von Michael Ballweg kein zweites Mal öffentlich vorführen lassen.
Spannend wird es nach 39 Sekunden. Im Bericht geht es nun nahtlos weiter mit zwei Interviews, die beide nicht in Stuttgart gedreht wurden. Der erste Interviewte wird mit der Bauchbinde „Oliver Decker Rechtsextremismusforscher Universität Leipzig“ vorgestellt, der zweite als Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD). Daran schließen sich Bilder einer Demo in Nürnberg an, die insbesondere laut skandierende junge Männer und gepanzerte Polizisten zeigen. Darüber spricht der Sprecher (und zwar ohne Pause direkt angeschlossen an die Bilder aus Stuttgart):
„In ganz Deutschland entstünden gerade vielfältige Bewegungen gegen die Corona-Maßnahmen, beobachtet der Extremismus-Forscher Oliver Decker. [O-Ton Decker:] Es eint sie aber auf jeden Fall ein Protest, auch teilweise ein Bürgerprotest, eine Vorstellung davon, dass etwas in den letzten Wochen schiefgelaufen ist. Und dieser Prostest, danach sieht es aus, wird gleichzeitig dann auch wieder gezielt manipuliert und auch eingesetzt von der extremen Rechten. [Off-Text:] Auch die Politik beobachtet die Protestbewegungen mit Sorgen, fürchtet, dass die Stimmung im Land kippen könnte. [O-Ton Georg Maier:] Es ist eine Mischung, die für sich genommen fragwürdig ist, weil es enormen Zulauf bekommt und gegebenenfalls dazu beiträgt, dass einzelne sich radikalisieren, und das ist genau, was mir Sorge macht. […] [O-Ton Polizeisprecher:] Man hat hier unter anderem Leute aus dem rechtsextremen Spektrum beobachten können […] [Off-Text:] Nach Angaben der Polizei waren darunter auch einschlägig bekannte Mitglieder der rechtsextremen Szene.“
Nun erwarten wir von der Tagesschau natürlich nicht nur zu erfahren, was passiert ist, sondern auch eine sachlich gebotene Einordnung. Schauen wir also genau hin, wie die Demonstration in Stuttgart gedeutet wird: Der Beitrag von 1:51 Minuten beginnt in den ersten 0:39 Minuten mit der Berichterstattung von der bundesweit größten Demonstration; auf den Bildern sind sehr viele friedliche Menschen zu sehen. Direkt angehängt fallen nun in den nächsten 1:12 Minuten die Vokabeln „Extremismusforscher“, „Rechtsextremismusforscher“, „manipuliert“, „fragwürdig“, „radikalisieren“, „extreme Rechte“, „rechtsextremes Spektrum“, „einschlägig bekannte Mitglieder der rechtsextremen Szene“. Für Otto Normalzuschauer ist die Sache klar: Da und dort in Deutschland wird demonstriert, und die Rechten nutzen das für ihre Zwecke. Subtext: Halte dich fern!
In Stuttgart waren unter den 10.000 bis 20.000 Demonstranten sicher auch einige Rechte. Ein AfD-Politiker wurde gesehen, ich selbst habe einige eindeutig dem rechten Spektrum zuordenbare Männer in kurzen Haaren und Nationaler-Widerstand-T-Shirts und jemanden mit einem Lonsdale-T-Shirt gesehen. Signifikant mehr sichtbar Rechte waren es nach meiner Einschätzung nicht – und ich war im Gegensatz zu den Tagesschau-„Kollegen“ vor Ort. (Auf diesem Videobericht der Bild-Zeitung kann man sich ein Bild davon machen, was in Stuttgart los war.) Aus welchem Grund stellen die Tagesschau-Redakteure also im Schneideraum einen so deutlichen Zusammenhang her?
Nachtrag: Die Tagesschau hat den Bericht am 12. Mai aus der Sendung, die im Tageschau-Archiv im Internet abrufbar ist, entfernt. Der Hinweis lautet: „Die Sendung wurde wegen eines Insertfehlers im Beitrag zu „Corona-Fällen in Schlachthöfen“ nachträglich bearbeitet. Wegen eines inhaltlichen Fehlers wurde der Beitrag „Zahlreiche Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen“ nachträglich entfernt“.
Welcher Fehler ist denn da gemeint? Hier die ursprüngliche Sendung.
- Der Bericht der Wochenzeitung Kontext von heute – auch über die Demonstration in Stuttgart vom 9. Mai
Querdenken an der FrontlinieWährend andere Veranstaltungen noch verboten sind, versammeln sich gut 10.000 Menschen auf dem Cannstatter Wasen: Friedensbewegte und Neonazis, Freigeister und Geistfreie. Das durchmischte Publikum demonstriert für – Verschiedenes. Eine Maske trägt kaum wer – außer Stargast Ken Jebsen. …
kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/476/querdenken-an-der-frontlinie-6733.html
(wenn Sie den Link öffnen, dann können Sie den kompletten Artikel von Kontext lesen)
- Das Schreiben des Dipl. Psych. Norman Reim, Psychologischer Psychotherapeut vom 12. Mai an den SWR wegen dessen Berichterstattung über die Demonstration in Koblenz vom 9. Mai
Sehr geehrte Damen und Herren,am vergangenen Sonntag bin ich sehr über Ihre Berichterstattung über die Demo gegen die Coronaeinschränkungen in Koblenz erschrocken.
Ich war mit Freunden und Kollegen auf dieser Demo, die ich allesamt eher dem linksintellektuellen Spektrum zuordnen würde, darunter Ärtze, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter. Ich war von Anfang bis Ende anwesend und habe die Veranstaltung sehr anders erlebt, als es Ihr Bericht vermittelt. Dieser fokussierte auf die mutmaßlich aus dem rechten Hintergrund kommenden Veranstalter, die „Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker und Impfgegener“. Wie mir von anderen Anwesenden berichtet wurde, scheinen wohl unter den Veranstaltern tatsächlich Leute aus dem rechten Spektrum zu sein, was mich doch erschrocken hat, ich habe hingegen keine einzige rechtsextremistische Kundgebung gehört. Auch hat niemand generell etwas gegen Impfungen geäußert (lediglich gegen Impfpflicht) und die Ängste hinsichtlich eines zu großen Einflusses von Superreichen, wie Bill Gates, sind durch die bekannten Fakten (Spenden an WHO, RKI und Charite etwa), zumindest nachvollziehbar und diskussionswürdig.
Es war äußerst friedlich, es wurde über den zu großen Einfluss von Bill Gates auf die weltweite Gesundheitspolitik gesprochen und die Sorge vor einer Impfpflicht kundgetan. Dies geschah auch in Anlehnung an das desaströse Ostersonntaginterview mit Bill Gates in den Tagesthemen, das auch ich als reine Propaganda ohne jegliche kritische journalistische Nachfrage durch Ingo Zamperoni erlebt habe. Ich selbst saß damals geschockt vor dem Bildschirm und fragte mich: „Oh mein Gott! Haben die Verschwörungstheoretiker recht? Wie kann dieser Mann behaupten, dass er 7 Milliarden Menschen impfen wolle, bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 7,7 Milliarden Menschen?“ Wie sollte ich mir dies anders erklären, als durch eine geplante Impfpflicht? Ich bekam Angst. Nicht vor dem Virus. Sondern vor der Impfung. Zu allem Überfluss zeigten sich sowohl Söder (CSU) als auch Habeck (GRÜNE) in der Medienberichterstattung auch noch „offen“ für eine Impfpflicht! Wenn ich dann noch höre, dass ein RNA-Impfstoff im Gespräch ist, der einen völlig neuen Typ Impfstoff ohne klinische Vorerfahrungen darstellt, so dass wir nichts über seine Risiken und Nebenwirkungen, schon gar nicht hinsichtlich seiner Langzeitfolgen wissen, verunsichert die angedachte verkürzte Zulassungszeit noch zusätzlich. Insofern kann ich die Sorge der „Impfkritiker“ durchaus nachvollziehen! Statt diese Sorge, für die die ARD selbst den Grundstock gelegt hat, ernst zu nehmen, fällt Ihnen jedoch nichts anderes ein, als impfkritische Forderungen nach Entscheidungsfreiheit pauschal mit dem Begriff „Impfgegner“ abzutun! Ist das Aufklärung? Ist das Journalismus? Kommen Sie damit Ihrem Auftrag nach wahrheitsgetreuer und differenzierter Berichterstattung sowie Förderung des Meinungspluralismus nach, wie es sich eigentlich für die gebührenfinanzierte „4. Gewalt“ in einer Demokratie gehört?
Ähnlich diffarmieren Sie die Kritik an Bill Gates mit dem Wort „Verschwörungstheoretiker“. Die Tagesthemen haben doch die Vorlage für diese „Verschwörungstheorie“ gelegt! Der Duden definiert Verschwörung als „gemeinsame Planung eines Unternehmens gegen jemanden oder etwas“. Nun, wenn eine Massenimpfung von Wenigen gegenüber der Masse der Vielen geplant wird, entspricht das dann nicht etwa dieser Definition? Wenn ein Stragiepapier der Bundesregierung in ihrer Corona-Medienstrategie explizit erwähnt, dass das „worst-case-Szenario“ darzustellen ist, um „die gewünschte Schockwirkung im Volk“ zu erzielen und damit freier wissenschaftlicher Diskurs unterdrückt wird und anderlautende wissenschaftliche Meinungen, wie der des renommierten Mikrobiologen und Infektionsepidemiologen Sukhard Bhakdi, durch fragwürdige „Faktenchecks“ aus der öffentlichen Diskussion ausgeschlossen werden, ist das dann keine Verschwörung? Wenn die Homepage eines Herrn Wodarg lahmgelegt wird, ebenso wie die email-Adresse eines Herrn Bhakdi, wenn Zensur in sozialen Medien gefordert wird, ist auch das keine Verschwörung? Und nicht zuletzt: Wenn der SWR eine Demo völlig falsch darstellt, ist das nicht auch eine Verschwörung?
Warum haben Sie einseitig pauschal behauptet, dass dies eine Veranstaltung von „Reichsbürgern, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern“ war? Warum haben Sie einseitig und unwahr von „zahlreichen Ausschreitungen und Festnahmen“ berichtet, die unter anderem wegen „Zeigen des Hitlergrußes“ zustande kamen? In der Zeit, als ich da war, gab es EINEN Zwischenfall, der durch das übermäßig harte Einschreiten eines Polizeitteams gegenüber einem einzelnen Demonstranten zustande kam, weil dieser keine Maske trug. Wie sich herausstellte, hatte der Demonstrant ein ärtzliches Attest, dass er als Asthmatiker keine solche Maske tragen dürfe ohne das Risiko eines Asthmaanfalles einzugehen. Die Polizei wurde freundlich zu einer Stellungnahme ans Mikrofon gebeten, ohne dieses Angebot anzunehmen. Die folgenden Buh-Rufe gegen die Polizeit beantwortete die Veranstaltungsleitung völlig deeskalierend mit der Äußerung, wir seien alle eine „Menschheitsfamilie“ und wir dürften uns nicht in Uniformierte und Nichtuniformierte spalten lassen. Mich persönlich hat das sehr berührt, in ihrer Berichterstattung ist nichts davon zu finden.
Solche Berichterstattung macht es mir nicht gerade leicht, den öffentlich-rechtlichen Medien noch zu vertrauen. Ich war so entsetzt, dass ich mir auch die Frage stellte, ob sie über die, mir eher fern stehende, Pegidabewegung ebenso einseitig diffarmierend berichten und berechtigte Sorgen der Bürger einfach unterschlagen. Schon lange habe ich daran gezweifelt, dass unter den Demonstranten nur „Rechte“ sind.
Ich bin Psychologe und Psychotherapeut. Als Psychotherapeut bin ich bemüht, die sehr individuell und subjektiv ausgeprägten Sorgen der Menschen einzufühlen und zu verstehen, selbst wenn Sie meiner eigenen Weltsicht widersprechen. Als wissenschaftlicher Psychologe verstehe ich etwas von Manipulationsstrategien. Und ich bin entsetzt über das Gebahren der Leitmedien, die die alternativen Medien diffarmierend und undifferenziert als „Fake-News-Medien“ darstellen und selbst nicht müde werden, zu verschweigen, zu zensieren und zu lügen.
Was denken Sie denn, was Sie mit solcher Lügen-Berichterstattung erreichen? Sie treiben nicht nur frustrierte „Wutbürger“ von sich weg, auch Scharen gebildeter, differenzierter, eher linksorientierter und friedensaktivistischer Menschen werden sich mehr und mehr von den Staatsmedien abwenden und tun das jetzt schon. Gerade wir Gebildeten riechen Manipulation und mediale Gleichschaltung 100 Meter gegen den Wind. Und wir sind dankbar für die ehrliche Arbeit ehrenwerter Journalisten wie dem guten Albrecht Müller mit seinen Nachdenkseiten, dem Rubikon mit Menschen wie Rainer Mausfeld, Daniele Ganser oder Hans Joachim Maaz im Hintergrund, und ja, auch Ken Jebsen, der zuweilen vielleicht etwas emotional überreagiert, aber um echte Aufklärung als leidenschaftlicher Kämpfer für Frieden und Demokratie bemüht ist und immer wieder spannende Gäste interviewt. Das Interview mit Professor Bhakdi ist ein echtes Schmankerl an Qualitätsjournalismus. Davon können die Leitmedien noch was lernen! Das kann der gute Ken auch! Auch wenn er persönlich zuweilen hinterfrangenswerte Ansichten vertritt, die man unbedingt selbst überprüfen sollte.
Sehr geehrtes SWR-Team! Ich wäre erleichtert, wenn Sie diese desaströse, einseitige, lückenhafte und verlogene (Ich habe keinen einzelnen Hitlergruß gesehen und keine Verhafungen beobachten können) Berichterstattung aufklären und vernünftig begründen könnten. Ich wäre dankbar, wenn Sie meinen Glauben an Ihre journalistische Arbeit wenigstens ein bisschen wieder herstellen könnten. Vielleicht tun sie das ja wirklich in der Sorge um rechte Verschwörungen, ich weiß es nicht. Aber dann kann Ihnen meine Darstellung hoffentlich helfen, Ihre Medienstrategie zu überdenken und zu erkennen, dass Sie, im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung, die Dämonen erst schaffen, gegen die Sie anschreiben.
Über Antwort, schriftlich oder auch per mail, würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl. Psych. Norman Reim
Psychologischer Psychotherapeut
56068 Koblenz